Spätmittelalter
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Der Kaiser in seiner Stadt
(1998)
Verfaßte menschliche Gemeinschaften, wie es seit dem Hochmittelalter mitteleuropäische Städte nun einmal sind, kommen ohne eine gemeinsame Erinnerung nicht aus. Diese bündelt sich, wenn man wie heute, Anlaß hat, sich auf den Ausgangspunkt dieser Verfaßtheit zu besinnen, sich also der Bedeutung der Stadtrechtsverleihung für das Selbstverständnis des
Gemeinwesens zu vergewissern. Unserer Veranstaltung haftet daher etwas - im wohlverstandenen Sinn - Rituelles an, sie ist Teil der städtischen Erinnerungskultur. Daß es eine solche gibt und diese ihrerseits traditionsbildend wirkt, das bezeugt auch die draußen zu sehende Ausstellung mit Fotografien des Festumzugs zur 600-Jahrfeier.
Beginn der Abrissarbeiten auf dem Gelände des
künftigen Müller-Drogeriemarktes, im Bereich
Riet-, Färber-, Brunnenstraße, machten sich
neun junge Archäologen auf die Suche nach
mittelalterlichen Zeugnissen der Stadtgeschichte.
Die Maßnahme wurde mit insgesamt 135000
DM vom Arbeitsamt im Zuge eines Programms
für Langzeitarbeitslose gefördert.
Im Sommer des Jahres 1462 wurde der einem angesehenen Überlinger Geschlecht
entstammende Klaus Besserer auf Weisung des Rates seiner Heimatstadt in Haft
genommen. Schenkt man den späteren Darstellungen der städtischen Obrigkeit
Glauben, so war das Sündenregister des Patriziers zu diesem Zeitpunkt in der Tat
beachtlich. Mehrfach hatte Besserer in der Vergangenheit gegen den städtischen
Frieden verstoßen. Auch von betrügerischen Machenschaften ist in den Quellen
die Rede. Im Dezember 1461 hatte sich der Rat mit der Auseinandersetzung des
Patriziers mit Tristan Musierer zu befassen. In der burger stube zum Löwen hatte
Besserer einen Streit mit Musierer vom Zaun gebrochen und frävenliche wort an
Tristan geleit. Etliche Jahre später bestätigten Zeugen, die von einer kaiserlichen
Kommission vernommen wurden, diesen Vorwurf. Zugleich verwiesen sie aber
darauf, dass auch Musierer seinen Widerpart geschmäht und ihm vorgehalten habe, ain wissenklicber boßwicht zu sein. Während des lautstarken Wortwechsels
soll Besserer jedoch ainen blossen tegen under sinem mantel getragen haben, was
für die städtische Obrigkeit der eigentliche Anlass zum Einschreiten war. Die Verfehlungen des mehrfach auffällig gewordenen Bürgers ahndete der Rat schließlich
mit Ehren- und Geldstrafen.
Der Schweizerkrieg, wie er von Seiten der Deutschen, oder der Schwabenkrieg,
wie er von Seiten der Schweizer genannt wird, war eine blutige Auseinandersetzung zwischen König Maximilian sowie Adels-, Fürsten- und Städtebünden einerseits und der Eidgenossenschaft mit ihren Verbündeten andererseits. Die erste
Jahreshälfte 1499 war von Kämpfen entlang der heutigen Nord- und Ostgrenze
der Schweiz bestimmt. Die Schweizer siegten in vielen kleinen Scharmützeln und
vor allem in den entscheidenden Schlachten an der Calven im Mai und von Dörnach im Juli. Dennoch dauerte es noch einige Monate, bis im September 1499 in
Basel offiziell Frieden geschlossen wurde. Durch diesen Vertrag schied die Eidgenossenschaft faktisch aus dem Reich aus2.
Der Verlauf des Krieges an seinen verschiedenen Schauplätzen war komplex
und ist schwer durchschaubar, deshalb fehlt es bis heute an einer gültigen Gesamtdarstellung. Das weitgespannte Kriegsgebiet zerfiel 1499 in mehrere Regionen, in
denen Aktion und Reaktion unmittelbar aufeinander folgten, während strategische, regionsübergreifende Pläne immer wieder im Ansatz steckenblieben oder
scheiterten. Am Westufer des Bodensees und am Oberrhein gab es einerseits die
Kriegsregion Hegau und östlicher Klettgau sowie den Bereich Konstanz-Reichenau/Thurgau. Die Schweizer waren im Thurgau überwiegend defensiv eingestellt
und versuchten, durch ihr Militärlager im Schwaderloh Konstanz und die von
dort aus operierenden Truppen des Schwäbischen Bundes zu neutralisieren. Dagegen agierten die Eidgenossen im Hegau und Klettgau offensiv bei der Verteidigung des zugewandten Ortes Schaffhausen und seiner Umgebung, während sich
die Hegauer Adligen auf verschiedene kleinere Einfälle in das Schweizer Gebiet
beschränken mussten.
Für das Badische Landesmuseum und die Staatliche Kunsthalle ist es eine große Freude, dass Sie so zahlreich unserer Einladung gefolgt sind. Es ist ein ganz außergewöhnliches Ereignis, das uns heute in Karlsruhe zusammenführt. Erstmals haben das Badische Landesmuseum und die Staatliche Kunsthalle die Kräfte verbunden, um gemeinsam unter unterschiedlichen
Gesichtspunkten die wieder als geheimnisvoll empfundene Epoche des Spätmittelalters durch die Zusammenführung großartiger Kunstwerke darzustellen und erneut zu befragen.
Das Badische Landesmuseum darf heute, gemeinsam mit der Staatlichen Kunsthalle Karlsruhe, die Große Landesausstellung 2001 des Landes Baden-Württemberg eröffnen, wie wir dies bereits 1998 (mit der 48er Revolution) und 1999 (mit den Jahrhundertwenden) tun durften. Im Jahre 1970 hat das Badische Landesmuseum unter meinem Vorvorgänger Prof.
Dr. Ernst Petrasch, den ich sehr herzlich unter uns begrüßen möchte, eine grundlegende und bis heute wegweisende Ausstellung „Spätgotik am Oberrhein“ veranstaltet, in der eine Vielzahl der bedeutendsten Werke der Skulptur, der
Goldschmiedekunst, des Textil, der Glasmalerei und der Grafik aus jener Zeit des Spätmittelalters zusammengeführt war. Eine solche Ausstellung wäre heute, 30 Jahre danach, vor allem aus konservatorischen Gründen nicht mehr wiederholbar. Für das Badische Landesmuseum stellte sich daher die Frage, wie unser Haus das Thema dieser Landesausstellung formulieren und sich damit an dem trinationalen Projekt der oberrheinischen Museen in der Schweiz, in Frankreich und in Deutschland „Um 1500: Epochenumbruch am Oberrhein“ beteiligen könne.
Zu Beginn der 1460er Jahre schrieben Bürgermeister und Rat der Reichsstadt Ravensburg in einer umfangreichen und detaillierten Ratsinstruktion an einen namentlich nicht genannten Sachwalter am kaiserlichen Hof. Der städtische Gesandte wurde angewiesen, mit gebürlichen worten gegenüber der kaiserlichen Majestät darzulegen, dass man seitens der Stadtführung der Auffassung sei, dass die benachbarte Gemeinde Altdorf weder eines Jahr- und Wochenmarktes sowie der daraus resultierenden Zölle und Nutzen noch eines Befestigungsrechtes bedürfe, da dies in solicher genächde by ainer richstatt nicht sin sülle. Außerdem verwies man auf die Lage der Stadt zwischen fünf gotzhusern, mit den die Ravensburger nicht in ainen, sunder in merigen weg merklich überladen syen, was zu erheblichen Verlusten bei den Tor- und Warenzöllen führe. Kernpunkt der Ravensburger Argumentation bildete aber der Hinweis auf die enormen finanziellen Belastungen, die der Stadt durch ihre Beteiligung am Krieg gegen Herzog Ludwig von Bayern und Herzog Albrecht von Österreich entstanden seien und die Ravensburg mit einer Gesamtsumme von 8 000 Gulden bezifferte. Da man noch die Schulden an Meister Ulrich Riederer zurückzahlen müsse, könne die Stadt keine weiteren finanziellen Einbußen hinnehmen." Seitens der Stadtführung suchte man das Reichsoberhaupt davon zu überzeugen, dass ein konsolidierter Stadthaushalt und eine stabile Wirtschaftslage eine notwendige Voraussetzung sei, den Kaiser auch weiterhin in kriegen und herzugen zu unterstützen, wie das die Stadt nach eigenem Ermessen auch bisher gehorsam, willig und berait getan habe.
Zwischen Baden und Kurpfalz
(2002)
Die Anfänge der Stadt Heidelsheim liegen im Dunkeln. Wann genau hatte der deutsche König - wohl zur Zeit der Staufer - die Siedlung zur Stadt erhoben beziehungsweise ausgebaut? 1241 wird der Ort als Reichsstadt sichtbar. Doch das Interesse des Königs an seiner Stadt hielt nicht lange an. 1311 genehmigte nämlich der König die Verpfändung Heidelsheims an Graf Konrad von Vaihingen und an Markgraf Rudolf IV. von Baden. Was bedeutete dies für die Stadt? Heidelsheim hatte nun plötzlich drei Stadtherren oder besser gesagt zwei Pfand- und einen Stadtherrn. Denn der König blieb weiterhin nominell Stadtherr, wenn er auch kaum noch stadtherrliche Funktionen ausübte. Mit der Pfandschaft waren vor allem Nutzungsrechte und genau definierte Einkünfte verbunden. Verpfändungen von Städten, gerade durch den König, waren an der Tagesordnung. Durch die Verpfändung erhielt der König vom Grafen von Vaihingen 800 Pfund und vom Markgrafen von Baden 1000 Pfund - oder Dienste in angemessener Größenordnung. Der König nahm nämlich für die Reichspfandschaften bei der Vergabe normalerweise gar kein Geld des Gläubigers.
Als Klara, Pfalzgräfin von Tübingen, geborene Gräfin von Freiburg, am 9. Juni 1358 die Herrschaft Freiburg an ihren Stiefonkel Egen II. von Freiburg verkaufte, fand nach nur 18 Monaten die erste und einzige weibliche Regentschaft über Freiburg ihr Ende. Dem Verkauf gingen eineinhalb Jahre gerichtlicher Auseinandersetzungen über den Rechtsanspruch der beiden Parteien auf die Adelsherrschaft voraus, deren Druck Klara letztendlich weichen musste. Es stellt sich die Frage, worauf Klara und Egen ihre jeweiligen Ansprüche gründeten, doch darüber hinaus gilt es zu bewerten, ob die Position Klaras als Stadtherrin vor dem Hintergrund der Chancen von Frauen auf Partizipation an Herrschaft allgemein eine außergewöhnliche Ausnahme darstellt.