Kaiserreich
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Für die Zeitenwende 1918/1919, den Zusammenbruch des Kaiserreichs, die Revolution und die Einführung einer neuen
Staatsverfassung, hat sich in Kehl eine einzigartige Quelle erhalten, die es ermöglicht, die Geschehnisse vor Ort aus einer ganz persönlichen Perspektive zu rekonstruieren: das Tagebuch von Mathias Nückles V.
1914 befanden sich Straßburg und Kehl im wilhelminischen Kaiserreich und waren durch den Rhein in zwei politische Einheiten getrennt: das Großherzogtum Baden rechts und das Reichsland Elsass-Lothringen links des Flusses. Die wirtschaftliche Einheit blieb aber gewahrt und gefestigt durch die Rheinbrücke und die Tramlinie. Bei Ausbruch des Krieges war das demographische Gewicht beider Städte sehr ungleich. Die Metropole des Elsass’ zählte 180.000, Kehl, das 1910 teilweise noch ländlich geprägt war, nur 9000 Einwohner. Nach dem Ausbruch des Krieges gehörten beide Städte zum Festungsbereich und lebten somit unter dem Befehl des gemeinsamen Festungskommandanten, was öfter den Handel und den Verkehr zwischen beiden Ufern behinderte. Dazu kam noch der politische Unterschied zwischen dem Großherzogtum und dem
Reichsland. Seit Kriegsausbruch wurde die Rheinbrücke stark kontrolliert. Die badischen Staatsangehörigen brauchten eine behördliche Genehmigung, um das Elsass zu betreten, wie auch umgekehrt die Elsässer nicht ohne entsprechende Dokumente den Rhein überqueren durften. Die Truppen, die nach Westen fuhren, wurden an der Brücke informiert, dass sie nun eine „unzuverlässige“ Gegend betreten würden, was die jungen elsässischen Soldaten sehr beleidigte, wie mir ein Augenzeuge aus Obermodern im Hanauerland bestätigte. Wenigstens
blieb der ganze Festungsbereich auf beiden Seiten des Rheins während der vier Kriegsjahre von Bombardierungen und anderen Zerstörungen verschont.