Kaiserreich
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Mehr als andere Städte im Deutschen Kaiserreich lässt sich Freiburg im Ersten Weltkrieg aufgrund seiner Nähe zu den elsässischen Kriegsschauplätzen als "Frontstadt" bezeichnen. Was vielen nicht bekannt ist: Während des Ersten Weltkriegs erlebte die Bevölkerung die meisten Luftangriffe auf eine Stadt im gesamten Deutschen Reich. Diese werden im Rahmen einer Ausstellung im Museum für Stadtgeschichte von Juli bis Dezember 2014, neben dem Lazarettwesen, eines der Spezialthemen sein. Anhand verschiedener Objekte und Lebenserinnerungen wird dargestellt, wie sich die Bombardierungen, zusätzlich zu den "normalen" Kriegsbelastungen, auf den Alltag der städtischen Bevölkerung auswirkten; auch an die knapp 30 Opfer wird dabei erinnert.
Als im Jahre 1956 das Jubiläum des Offenburger Grimmelshausen-Gymnasiums zum 75-jährigen Bestehen als Vollanstalt gefeiert wurde, gab es neben dem Festakt in der Stadthalle, Festgottesdiensten, Ausstellungen und einer schuleigenen Theateraufführung der Antigone des Sophokles auch eine Totenehrung vor dem neuen Gedenkstein im Schulgarten. In der
Festschrift dieses groß gefeierten Jubiläums referierte der damalige Direktor 0. Walzer die Entwicklung der Schule seit ihrer
Gründung als Franziskanergymnasium im Jahre 1660. Dabei ging er abschließend auch auf „den gewaltigen Eingriff in den
Organismus der Schule" ein, den die beiden Weltkriege gebracht hätten. Der Zweite Weltkrieg war damals gerade einmal
gut zehn Jahre vorbei, der Erste erst 40 Jahre. Nach diesem Rückblick waren im Ersten Weltkrieg zwischen 1914 und 1918
vier Lehrer und 23 Schüler gefallen, im Zweiten 56 Gymnasiasten, 23 wurden noch vermisst. Im Jahr zuvor hatte man am
03.03.1955 nahe dem Schuleingang einen hohen Granitstein für die Gefallenen eingeweiht, der die ebenfalls Horaz entlehnte Inschrift trug: non omnis moriar (,,ich werde nicht ganz sterben"; Horaz, carmen III, 30, 6). Der Stein steht noch heute in der Südwestecke des Schulgeländes, die bronzenen Buchstaben der Inschrift wurden allerdings irgendwann einmal gegen Ende des letzten Jahrhunderts entwendet.
Nach vier harten und unter großen Verlusten durchgestandenen Kriegsjahren war das Deutsche Reich im August 1918 am
Ende. Das Volk war erschöpft und kriegsmüde. Die militärische Lage wurde immer aussichtsloser. Als dann auch noch
Ende September die Verbündeten zusammenbrachen und um Frieden baten, beschloss die deutsche Heeresleitung, die Alliierten ebenfalls um einen Waffenstillstand zu ersuchen. Die militärische Führung hatte damit eingeräumt, dass der Krieg
nicht mehr zu gewinnen war. Die Reichsregierung unter Prinz Max von Baden richtete am 4. Oktober ein entsprechendes
Waffenstillstandsgesuch an den amerikanischen Präsidenten Wilson. Am 5. November waren die Alliierten schließlich zu
Waffenstillstandsverhandlungen bereit.
Marbach im Sommer 1914
(2014)
Erst im Abstand von hundert Jahren gelangt die Bedeutung des Jahres 1914 richtig
ins allgemeine Bewusstsein. Erst jetzt wird deutlich, wie alle die großen Umwälzungen
des 20. Jahrhunderts in den Geschehnissen jenes Jahres ihren Ausgang nahmen. Im
Folgenden soll gezeigt werden, wie sich das große Weltgeschehen in der kleinen Stadt
Marbach ausgewirkt hat, was die Bürger zu spüren bekamen, wie sich ihr Leben verändert hat, womit sie fertig werden mussten.
Dazu ist erforderlich, dass die Stadt von 1914 zunächst vorgestellt wird. Marbach
wies damals zwei Wachstumsspitzen auf: im Osten den schon 1879 eröffneten Bahnhof und im Süden das 1903 eröffnete Schillermuseum. Entlang den strahlenförmig
vom mittelalterlichen Stadtkern ausgehenden Straßen entstanden mehr und mehr
landwirtschaftliche Anwesen, deren Besitzer aus der Enge der Altstadt aussiedelten.
An der Straße zum Bahnhof wurden in sicherer Entfernung zur Kernstadt auch mehrere
ländliche Villen gebaut, die heute im Verlauf von Güntterstraße und Goethestraße
noch erhalten sind. Was es in Marbach im ersten Jahrzehnt des 20. Jahrhunderts nicht
gab, war ein weiträumiger Stadtentwicklungsplan, der eine klare Trennung zwischen
Wohn- und Gewerbe- bzw. Industriegebiet vorgesehen hätte. Es gab fabrikähnliche
Anwesen im Westen an der Ludwigsburger Straße, eine Schuhfabrik beim Schillermuseum, Möbelfabriken beim Bahnhof und an der Schillerstraße, und die Ludwigsburger Firma Franck betrieb eine Zichorienfabrik an der Straße nach Rielingshausen.
Aber nicht nur Aussiedlerhöfe und Fabriken wurden gebaut. Es war ein Jahrzehnt,
in dem auch eine ganze Reihe öffentlicher Bauten errichtet wurde. Ein Jahr nach dem
Schillermuseum konnte die städtische Turnhalle an der Haffnerstraße eingeweiht
werden, die lange Zeit auch als städtische Festhalle diente. Zwei Jahre später erstrahlte
in Marbach elektrisches Licht.
Veröffentlichungen zum Ersten Weltkrieg sind im „Erinnerungsjahr 1914" Legion. Die Lokalgeschichte zeichnet ein eigenes, detailliertes Bild, wie der Krieg über die kleinen Ortschaften unvermittelt hereinbrach und nahezu jeden Lebensbereich
grundlegend veränderte. Oberharmersbach, eine Gemeinde am Talschluss mit rund 2000 Einwohnern, war überwiegend landwirtschaftlich geprägt. In der fast ausschließlich katholischen Wählerschaft erzielte die Zentrumspartei Ergebnisse über der 90-%-Marke, Liberale und Sozialdemokraten landeten zu Kaisers Zeiten jeweils abgeschlagen bei wenigen Dutzend Stimmen. Verankert in einem damals heilen katholisch-christlichen Weltbild, lebte und erlebte die Bevölkerung ihren Alltag. Die Arbeit auf dem Feld, im Wald oder in der Werkstatt bestimmte den Tages- und Jahresablauf, unterbrochen durch kirchliche Feiertage, Feste im Familienkreis, Kaisers Geburtstag oder auch das eine oder andere größere Ereignis, wie die Einweihung der Harmersbachtalbahn im Dezember 1904.
Der Erste Weltkrieg spielt im kollektiven Gedächtnis der Deutschen bis heute eine eher untergeordnete Rolle und stand hierzulande trotz seiner kaum zu unterschätzenden historischen Folgen immer im Schatten des Zweiten Weltkriegs. Damit steht Deutschland im auffälligen Gegensatz zu seinem Nachbarland Frankreich, wo der Erste Weltkrieg (»La Grande Guerre«) stets als der bedeutendere der beiden Weltkriege galt und dementsprechend die öffentliche Erinnerung an ihn deutlich ausgeprägter ist. Dennoch kann der aufmerksame Betrachter auch heute noch, 100 Jahre nach Ausbruch des Ersten Weltkriegs immer wieder auf einzelne Erinnerungsspuren an diesen Jahrhundertkrieg« (Jens Essen) stoßen. So sind hier zunächst die zahlreichen Kriegerdenkmäler auf den Friedhöfen oder öffentlichen Plätzen der Gemeinden und Städte zu nennen, die nach 1918 errichtet wurden und bei denen angesichts der ungeheuren Opferzahlen im Unterschied zu älteren Denkmälern sowohl das Motiv der Heldenehrung als auch des Totengedenkens anzutreffen sind. Überdies verdienen aber auch die vereinzelt anzutreffenden Denkmäler Beachtung, die der privaten Erinnerungskultur zuzuordnen sind und die
uns in Gestalt von Grabmälern, Wegkreuzen oder anderen Zeugnissen im öffentlichen Raum begegnen. Der Beitrag will ausgewählte öffentliche (Kriegerdenkmäler) und private Denkmäler (wie z. B. die Vogesenkapelle bei St. Peter oder einzelne Grabmäler oder Wegkreuze) an den Ersten Weltkrieg aus dem Gebiet des Dreisamtals und des angrenzenden Hochschwarzwalds sichtbar machen und ihre Geschichte freilegen. Anhand von ausgewählten Erinnerungsorten soll so in einem relativ eng umgrenzten geographischen Raum aufgezeigt werden, wie dieses weltgeschichtliche Ereignis in vergleichsweise unscheinbaren und häufig kaum mehr beachteten Zeugnissen unserer Lebenswelt seinen bleibenden Niederschlag gefunden hat. Der Aufsatz beabsichtigt auch einen Beitrag dazu zu leisten, den Blick der Leserinnen und Leser für solche noch immer anzutreffenden Denkmäler des Ersten Weltkriegs zu schärfen und sie im Jubiläumsjahr 2014 in neuer Weise wahrzunehmen.