Drittes Reich
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Die von den Nationalsozialisten eingeleitete Ausrottung der Sinti und Roma hat einen langen
Vorlauf in Europa und Deutschland. Sie konnte sich auf Vorurteile, auf Misstrauen und
Abneigung bis hin zu offener Feindschaft stützen, die sich seit dem Mittelalter in der
Bevölkerung entwickelt hatten und fest verwurzelt waren.
In Freiburg - wie überall in Deutschland - verlief die „Aussonderung aus der Volksgemeinschaft" nach 1933 fast reibungslos. Offene Proteste oder Widerstand gab es nicht. Im
Gegenteil! Obwohl viele Sinti wie auch die Juden als deutsche Staatsbürger integriert waren
und sogar im Ersten Weltkrieg die ihnen doch immer wieder abgesprochene patriotische
Gesinnung gezeigt hatten, konnten sich die Nazis stillschweigender Zustimmung weiter
Bevölkerungskreise zu ihrem Vorgehen sicher sein. ,,Das Feindbild ,Zigeuner' war", wie es
Reimar Gilsenbach formuliert, ,,altüberliefert, es war in der Masse der Deutschen stärker verinnerlicht als das Feindbild ,Jude' ... "[1]
Behördliche Erlasse gegen die Sinti und Roma gibt es seit dem Mittelalter und schon ein
erster Höhepunkt dabei ist mit dem Namen Freiburg verbunden. Zu den vielen
Beratungsthemen, die 1498 auf der Tagesordnung des von Kaiser Maximilian I. nach Freiburg
einberufenen Reichstages standen, gehörte auch die Frage, wie zu verfahren sei mit denen, "so
sich zcigeiner nennen und wider und für in die land ziehen etc." [2] Angeblich besaß man "glauplich
anzeig, dass sie eifarer, usspeer und verkuntschafter der cristen lant", also Spione der Türken,
die das Heilige Römische Reich bedrohten, seien. Alle Reichsstände wurden angewiesen, bis
Ostern 1499 die Sinti und Roma aus "den landen teutscher nacion" zu vertreiben. Wer sie danach
noch oder wieder im Reich antreffe, dürfe ungestraft gegen sie vorgehen.
Am 16. August 1942 erhielten Adolf und Pauline Besag aus der Freiburger Erbprinzenstr. 8 ein
Einschreiben aus Karlsruhe von der Bezirksstelle Baden-Pfalz der Reichsvereinigung der Juden
in Deutschland (RJD): Auf behördliche Weisung eröffnen wir Ihnen, dass Sie zur Teilnahme
an einem am Samstag, den 22. August 1942 von Karlsruhe abgehenden Abwanderungstransport
bestimmt sind. Wir bitten Sie, die nachstehenden Anweisungen genau durchzulesen
und zu befolgen und in Ruhe die Vorbereitungen für Ihre Abreise zu treffen. Sie werden nach
Möglichkeit im Laufe der nächsten Tage von einem unserer Mitarbeiter aufgesucht, der Ihnen
mit Rat und Tat zur Seite stehen wird. Anträge auf Befreiung von der Teilnahme am Abwanderungstransport
sind zwecklos. Wir bitten daher, hierwegen weder schriftlich noch mündlich an
uns heranzutreten. Auch die Einreichung ärztlicher Atteste muss unterbleiben. Dass Anträge
an Behörden ohne Einholung einer Auskunft bei uns unzulässig sind, ist unseren Mitgliedern
bekanntgegeben worden. Sie müssen sich in Ihrer Wohnung am 21. Augustabreise bereithalten [...].
Betrachtet man die Geschichte des Breisgau-Geschichtsvereins „Schau-ins-Land" in der NS-Zeit, kommt man nicht umhin, auch die Geschichte der Gesellschaft für Beförderung der
Geschichtskunde - oder kurz Freiburger Geschichtsverein - zu behandeln. Denn traditionell wird
der heutige Verein als die Vereinigung des Breisgauvereins „Schau-ins-Land" mit der Gesellschaft
für Beförderung der Geschichtskunde gesehen. Die Umstände der Fusion lassen sich jedoch,
auch nach Durchsicht aller Unterlagen in den Vereinsnachlässen im Stadtarchiv Freiburg, nicht
vollständig klären. Es ist kein Dokument zu finden, welches den gewollten Zusammenschluss
beider Vereine belegt. So bleiben nur die Aussagen der Zeitzeugen Karl Siegfried Bader und
Berent Schwineköper, die von der Vereinigung berichten. Es steht anhand der Vereinsunterlagen
unzweifelhaft fest, dass sich 1947 zunächst nur der Breisgauverein „Schau-ins-Land" neu gründete. Die frühesten Schriftstücke mit dem heutigen Vereinsnamen Breisgau-Geschichtsverein
„Schau-ins-Land" datieren übrigens erst aus dem Jahr 1953. Unter den Mitgliedern 1947 waren
Namen vertreten, die auch in den Mitgliederlisten des Historischen Vereins zu finden sind, sodass
man von einer personellen Union sprechen kann.
Die Gemeinde Nordrach mit ihren etwa 2000 Einwohnern erstreckt sich in einem langen, verzweigten Tal. Die Bauernhöfe
liegen teilweise weit entfernt vom Dorfkern an den Berghängen. Drei bis vier Kilometer von der Dorfmitte in östlicher
Richtung liegt der Stollengrundhof. Der Weg zu ihm führt steil hoch durch den Wald. Zur Zeit des Nationalsozialismus lebte
auf dem Stollengrundhof die Bauerfamilie Birk. Georg Birk, der Bauer, starb 1938 an Multipler Sklerose. Seine Frau Franziska
Birk, geb. Pfundstein, und er hatten fünf Kinder, einen Sohn und vier Töchter.
Es war im Februar 1945. Mein Mann war schon im Dezember 44 zu den nach Hinterzarten
ausquartierten beiden Töchtern gegangen, weil die Gestapo ihn zum Schippen einziehen wollte.
Ich ging nicht mit, ich hätte ihn gefährden können. Außerdem musste jemand in der Wohnung
bleiben, um die Post auf Umwegen nachzuschicken und etwaige Recherchen abzufangen. Auch
musste ich den Kanarienvogel, der etwas krank war, versorgen. In Hinterzarten waren die Zimmer nur mit einem elektr. Öfchen notdürftig heizbar (zu kalt für den Vogel) [...]. So beginnt der Bericht über ein persönlich erlebtes, dramatisches Ereignis gegen Ende
des Krieges. Der Verfasserin Gertrud Gurlitt, in der Freiburger Burgunderstr. 30 wohnhaft,
ist offenbar bewusst, dass sie sich augenblicklich in einer bedrohlichen Lage befindet. Soll sie,
ohne zu zögern, dem Willen der Gestapo nachkommen und sich als Jüdin einem unbestimmten
Schicksal ausliefern - oder kann sie es wagen, unter Umgehung dieses Befehls die in Hinterzarten ausquartierte Familie zu besuchen und sie über ihre eigene Bedrohung zu informieren?
In beiden Fällen würde sie ein großes Risiko eingehen und mit Maßnahmen gegen ihre Freiheit
rechnen müssen. Und um beide Optionen in Ruhe gegeneinander abzuwägen, bleibt ihr keine
Zeit.
Eugen Selber (1895-1982)
(2015)
Drei französische Soldaten standen in der Tür und richteten ihre Gewehre mit aufgepflanztem
Bajonett auf ihn. Monsieur Selber? An diese Szene am 21. Mai 1945 erinnert sich Ingeburg
Selber noch heute, als wäre es gestern geschehen. Die Soldaten verhafteten ihren Vater als Gestapobeamten und brachten ihn ins Gefängnis, wo er ein Dreivierteljahr blieb, bevor er in ein
Internierungslager eingeliefert wurde. Dabei hatte sich Ingeburg Selber so gefreut, dass der
Krieg vorbei war. Nach dem furchtbaren Luftangriff auf Freiburg am 27. November 1944 war
ihre Mutter Elisabeth (1901-1986) aus Angst, er könne sich wiederholen, mit ihr nach Burg/Höfen bei Kirchzarten auf einen Bauernhof gezogen. Ihr Vater kannte den Hofbesitzer, der damals
auch Bürgermeister von Burg war. Nun waren sie vereint wieder nach Freiburg zurückgekehrt.
Allerdings: Ihr Onkel Fritz Richter (1879-1947), der Inhaber des „arisierten" ehemaligen Kaufhauses Knopf, und seine Frau Bertha (1881-1962), eine Schwester ihres Vaters, waren bei dem
Luftangriff ausgebombt und nach Kriegsende von der französischen Militärverwaltung aus
dem Haus, in das sie hatten einziehen können, ausgewiesen worden. Eugen Selber hatte ihnen
daraufhin seine leer stehende Wohnung in der Kartäuserstraße 20 zur Verfügung gestellt. Die
Familie Selber wohnte deshalb bei einer Schwester der Mutter, Margarete Rink (1913-2009),
in der Kartäuserstraße 32. An diesem Tag, dem 21. Mai, hatte lngeburg Selber ihren Vater zu
Dr. Heinrich Mohr (1874-1951) begleitet. Dieser war ein bekannter katholischer Theologe, der
schon 1932 zur Wahl der NSDAP aufgerufen hatte und bei der Großveranstaltung zum 1. Mai
1933 als Redner aufgetreten war. Mehrfach hatte er mit der Gestapo zusammengearbeitet. Nach
Kriegsende diente er sich der französischen Militärregierung an. Wollte sich Eugen Selber mit
ihm beraten? Auf dem Nachhauseweg waren sie bei Fritz Richter vorbeigegangen. Er hatte sie
mit der schlechten Nachricht empfangen, dass die Franzosen da gewesen seien und nun in der
Kartäuserstraße 32 warteten. Und tatsächlich - als Ingeburg und Eugen Selber dort klingelten
und ihnen die Mutter öffnete, standen die Franzosen bereit und führten den Vater ab. Erst 1948
sollte Ingeburg ihn wiedersehen.
Am 12. Mai 1944, einem strahlenden Frühlingstag, flogen wieder schwere amerikanische Bomber und Jäger ihre Angriffe gegen das Deutsche Reich. Die Luftkämpfe mit deutschen Jagdflugzeugen wurden wie so oft von der deutschen Zivilbevölkerung vom Boden aus verfolgt. Besonders für die Kinder waren diese Kämpfe am Himmel ein besonderes Ereignis.
Einem Thema, das in den letzten Jahren heiß
diskutiert wurde und immer noch wird, stellt
sich auch der Geschichts- und Heimatverein.
Bei einem Vortragsabend im Refektorium des
Franziskaner, der in Zusammenarbeit mit dem
Stadtarchiv durchgeführt wurde, beleuchtete
der Kulturwissenschaftler und Historiker Stefan
Alexander Aßfalg dieses heikle Thema. Er hat
darüber seine Diplomarbeit geschrieben und
einen umfassenden Beitrag in dem Buch „Villingen-Schwenningen – Geschichte und Kultur“
veröffentlicht. Das Buch wurde 1999 von der
Stadt Villingen-Schwenningen aus Anlass des Jubiläumsjahres herausgegeben. Die Diplomarbeit
ist im Stadtarchiv einzusehen.
Ein Ereignis, das sich wie kaum ein anderes in
die Geschichte der Klosterschulen St. Ursula einprägte, geschah vor 60 Jahren. Damals versuchten die braunen Machthaber die in der Bevölkerung hoch geschätzte kirchliche Lehranstalt
durch Verbot auszulöschen. Diesen Vorgang
rückte die Schulleitung im November 2000 in
den Blickpunkt. Die Situation im Jahre 1940 beschreibt Schulleiter Dr. Josef Oswald in einem
Bericht, der im Schulbrief 1/2000 erschienen ist.
Die Sorgen und Probleme der Privatschulen, besonders die in kirchlicher Trägerschaft, im Dritten Reich, hat Dr. Oswald in einer größeren Abhandlung unter dem Titel „Ende und Neubeginn“ bereits im Katalog zur Ausstellung „Ein
Haus mit Villinger Geschichte“ beschrieben.
„Wisse ein jeder: Vergessen ist niemand, vergessen ist nichts." So lautet die Inschrift auf dem Mahnmal für die „Opfer der Gewalt 1933-1945", welches auf dem Geschwister-Scholl-Platz in Schwenningen am Neckar sich befindet, der in düsteren Tagen der Stadtgeschichte „Horst-Wessel-Platz" hieß. Vergessen sei auch nicht Karl Schäfer, der vorbildliche Schwenninger Sozialdemokrat, der dem Nationalsozialismus widerstand - nicht in Gedanken nur, in Taten auch. Von ihm ist zu erzählen, der das Dritte Reich in Deutschland selbst bekämpfte, vieles wagte und - vieles verlor. Die Ruhe. Die Geborgenheit der Familie. Das Leben zuletzt. Nicht die Überzeugung, nicht die Gesinnung, nicht die Standhaftigkeit.
In einem "kurzen Rückblick auf den Weg des Vereins"" konnte der Verfasser nur über "spärlich fließende Quellen" während des Dritten Reiches berichten (Reichelt 1970: 14 f). Seit Beginn der systematischen Durchsicht und vorläufigen Inventarisierung des Vereinsarchivs (2000-2003) und seiner Überführung in die Geschäftsstelle des Vereins wurden aber aufschlussreiche Akten der Jahre 1932-1945 gesichtet. so dasss nun erstmals ein genaueres Bild dieser Zeit rekonstruiert werden kann.
Über 10 000 aus südwestdeutschen Heil- und Pflegeanstalten in grauen Bussen transportierte
Menschen wurden 1940 in der »Vernichtungsanstalt« Grafeneck im Rahmen des »Euthanasie-
Programms« des NS-Regimes getötet. Viele davon auch aus der Region Neckar-Odenwald. An
das Schicksal dieser Opfer einer mörderischen Politik zu erinnern, ihre Lebensgeschichten zu
ermitteln und festzuhalten und ihrer somit würdig zu gedenken, haben sich Arbeitsgruppen
in Buchen und Mosbach vorgenommen. Sie leisten damit ebenso wie der Verband der Odenwälder
Museen mit seiner ersten Buchpublikation Beiträge zu einer Gedenkkultur, die zunehmend
aufholt, was jahrzehntelang versäumt wurde.
Die „Rechtsgrundlage“ war eine allgemeine Verordnung des einstigen „Reichsführers SS“ Heinrich Himmler (1900–45), dem nationalsozialistischen Politiker und Organisator staatlichen Terrors. In Villingen traf es den jungen Polen Marian Lewicki, der hier als Zwangsarbeiter beschäftigt war. (Vgl. Geschichts- und Heimatverein Villingen, Jahresheft XIII, 1988/89, S. 72 ff.) Im März 1942 wurde er an einer Eiche im Tannhörnle, wenige Meter südlich des sogenannten Sandwegles nach Pfaffenweiler, gehängt. Sein Verbrechen: Er liebte eine junge Villingerin und traf sich mit ihr. Die damals Achtzehnjährige berichtete: „Es war
meine erste Liebe“. Im März 1988 setzte der Geschichts- und Heimatverein Villingen dem Gedenken ein Sühnekreuz, das von einem deutschen und einem polnischen Priester geweiht wurde.
Der »neue Geist« des Nationalsozialismus fiel in Hockenheim auf fruchtbaren Boden. Schon
früh ließen sich Männer und Frauen von den nationalsozialistischen Ideen vereinnahmen,
doch es gab auch Widerstand. Im Zuge der Gleichschaltung gaben alle demokratisch gewählten
Gemeinderäte ihre Mandate zurück. Für die Jugend baute die Stadt ein Jungvolkheim.
Große Sonnenwendfeiern fanden nach germanischer Sitte statt. Ein NS-Zensor wachte über
die Presseberichte der Zeitungen. Im Heldenkeller misshandelten die Ortsnazis Andersdenkende.
Jüdische Familien wurden aufgefordert, Hockenheim zu verlassen. Die bereits publizierten
Werke über das Dritte Reich verharmlosen das Ausmaß der Gräueltaten, welche
Hockenheimer ihren Mitmenschen angetan haben.
Der Begriff der "Fahrbereitschaft" bezeichnet an sich einen Wagenpark samt dem dazugehörenden Personal für die Dienste der Verwaltung, des Militärs oder der Wirtschaft. Neben dieser bis heute unter den Bezeichnungen "persönlicher Fahrer des... " oder "öffentlicher Fuhrpark" anzutreffenden Einrichtung firmierte jedoch bis zum Ende der 1940er Jahre eine Verwaltungsstelle eigener Art. Recht häufig stößt man in der Kriegszeit und unmittelbaren Nachkriegsgeschichte auf diese weitgehend dem Vergessen anheim gefallene und durchgängig als "Fahrbereitschaft " bezeichnete Organisationseinheit, die für Landkreise und Städte wie auf Anforderung der Besatzungsbehörde oder der für verschleppte Ausländer zuständigen UNRRA, danach der OIR/IRO, Personen- und Warentransporte der unterschiedlichsten Art auszuführen hatte und der weitere Kompetenzen im Transportwesen zugeeignet waren. Ihre Anfänge reichen dabei zeitlich zurück in die zweite Hälfte der 1930er Jahre als dem Beginn einer gelenkten und für Kriegsvorbereitungen wie Kriegführung notwendigen Bewirtschaftung aller Transportkapazitäten.
Die anfänglichen Erfolge der Deutschen Wehrmacht hatten sich schon lange in
Misserfolge gewandelt; an allen Fronten rückten die Alliierten vor. Der Krieg war
nicht mehr zu gewinnen, obwohl Durchhalteparolen und Berichte über angebliche
Wunderwaffen der Bevölkerung den Anschein geben sollten, dass die Rückschläge
nur temporär seien.
Für die Zivilbevölkerung war es eine Katastrophe, dass die Lufthoheit über
Deutschland völlig verloren gegangen war und zugleich die Alliierten dazu
übergingen, gezielt die Städte mit Flächenbombardements zu zerstören - eigentlich
ein Verstoß gegen die Genfer Konvention und das Völkerrecht. Man denke an
Dresden oder Hamburg, aber auch an Mannheim, Pforzheim, Heilbronn oder
Bruchsal. Jedoch waren auch kleinere Gemeinden nicht sicher. Wie viele
Augenzeugen berichten, griffen ab 1944 Jagdflugzeuge nicht nur Industrieanlagen
und Verkehrsknotenpunkte an, sondern - wie ein Zeuge meinte - ,,alles was denen
vor den Lauf kam", also auch Zivilpersonen: Bauern auf dem Feld, fahrende Autos
etc.
„Neu bemalt blau-rot“
(2011)
Laut Inventareintrag des damaligen Museumsleiters Paul Revellio kam 1942 eine „Vitrine aus
Nußbaum (Wilhelminische Zeit)“ in die Altertümersammlung der Stadt. Als Name des Voreigentümers notierte Revellio: „Israel Bloch,
Villingen“. Als Kaufpreis werden 70 Mark angegeben. Dahinter steht in gleicher Handschrift, jedoch
mit anderer Tinte: „25.6.1951 mit 200 Mark von
M. Bloch von neuem gekauft“ – ein Eintrag, der
sich auch auf eine zuvor genannte Biedermeier -
vitrine bezieht
Wer die lokalhistorischen Forschungen zu Unterkirnach oder im unteren Kirnachtal
zur Hand nimmt, stößt im Zusammenhang mit dem einstigen Burghotel und
späteren Kloster Maria Tann auf den Hinweis, die Gebäude hätten ab 1941 eine
größere Anzahl von „Slowenen“ beherbergt.
Doch keine Ortsgeschichte und keine regionalgeschichtliche Forschung hat
sich bisher näher für die Frage interessiert, aus welchen Gründen und unter
welchen Bedingungen hier eine für den Landkreis Villingen beträchtliche Anzahl
Personen untergebracht war, die 1945 fast alle nach dem Zusammenbruch den Weg
zurück in die Heimat fanden.
Ganz unbemerkt dürfte der Aufenthalt von immerhin zuletzt rund 500 Personen in dem nach 1920 dem Orden der Schulbrüder dienenden Gebäudekomplex
nicht gewesen sein. Schließlich mussten die Lagerbewohner versorgt werden,
bestand eine Verwaltung mit Kontakten in umliegende Orte und Dienststellen. Doch
scheint auch den Slowenen bis heute ein Vergessen beschieden zu sein, das sie mit
der nach tausenden zählenden Gruppe der Zwangsarbeiter und der nach hunderten zählenden Gemeinschaft der volksdeutschen Umsiedler in den einstigen Landkreisen Donaueschingen und Villingen teilen. Jahrzehntelang waren sie aus dem
kollektiven Gedächtnis getilgt und dies wohl aus Gründen, die eine eigene Untersuchung wert wären.
Wären das im Walde bei Hammereisenbach stehen gelassene Schlittenhaus und ein
im karpatischen Stil verziertes Waldarbeiterhaus nicht gewesen, wäre man nicht auf
jene Volks- und Berufsgruppe gestoßen, die in der regionalen Geschichte zum Zweiten Weltkrieg bis heute keine Erwähnung gefunden hat und über deren Schicksal
nur wenig in Erfahrung zu bringen ist. Die Rede ist von den ungarischen Waldarbeitern, besser gesagt den ethnischen Ungarn aus den Karpaten des heutigen Rumänien, welche Ende 1942 und nochmals 1943 angeworben wurden und im
badischen Schwarzwald vorwiegend auf dem Gebiet des heutigen Schwarzwald-Baar-Kreises zum Einsatz kamen.
Auf Messers Schneide
(2012)
1940 und 1941 hätte das Blumberger Bergwerk eigentlich wachsen und gedeihen
sollen. Tatsächlich aber musste Bergwerksdirektor Dr. Hans Bornitz Krisenmanagement betreiben. Absatzprobleme und Fachkräftemangel kennzeichneten die
Lage. Schuld daran hatte der im Herbst 1939 begonnene Krieg. Die grenznahen
Saarhütten lagen bis zum Sommer 1940 still und fielen als Erzabnehmer aus. Die
Ruhrwerke arbeiteten zwar noch, weigerten sich aber, größere Mengen aus Blumberg zu beziehen. Als die Saarhütten nach dem Frankreichfeldzug ihre Produktion
wieder aufnehmen konnten, hatten sie Zugriff auf die lothringischen und luxemburgischen Minettegruben. Deren Erze konnten sie wirtschaftlicher, das heißt mit
deutlich geringerem Kokseinsatz, verhütten als das Blumberger Erz. An ihm besaßen
die Saarhütten fortan keinerlei Interesse mehr. Zwar waren sie der Doggererz AG
(DAG) gegenüber bindende Abnahmeverpflichtungen eingegangen, doch lauerten
sie seit Juli 1940 nur auf eine Gelegenheit, den unwirtschaftlichen Erzabbau zu drosseln oder ganz einzustellen. Nur das Reichswirtschaftsministerium (RWM), das
50 % des Aktienkapitals vertrat, glaubte noch an eine Zukunft des Unternehmens.
Es bestärkte den Vorstand darin, den Betrieb trotz der ungünstigen Situation
konsequent fortzusetzen und auszubauen.