Drittes Reich
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Die Adresse ist im heutigen Mannheim nicht zu finden. Die Menschen, das Haus, sogar die Straße sind verschwunden. Die Hausbewohner fehlen im Adressbuch der Stadt seit 1940. In Archiven dagegen geben schriftliche Dokumente Auskunft. Auch in den Erinnerungen ehemaliger Mannheimer in den USA und in Israel leben das Mietshaus und seine Bewohner in schmerzlicher Erinnerung fort. Einige wenige der früheren Bewohner oder Besucher haben überlebt. Sie, die hier als Kinder oder junge Menschen ein und aus gingen, erinnern sich durchaus. Juden lebten hier bis zum 22. Oktober 1940, dem Tag, an
dem die Reise in die Todeslager begann. Wie konnten über 2000 unschuldige Menschen einer Stadt mit Wissen der
Bevölkerung aus ihren Wohnungen abgeführt, deportiert und später getötet werden? Was war da vorausgegangen, wie sah die psychologische und technische Vorbereitung aus, wie konnte alles mit Wissen, vielleicht sogar mit Billigung der Nachbarn geschehen? Eine gültige Antwort wird es wohl nie geben. Dieser Beitrag ist der Versuch einer Rekonstruktion der Ereignisse in einem Wohnhaus.
Am 15. April 1937 verhafteten Beamte der Zollfahndung den Geschäftsleiter der Bezirkssparkasse Elzach, Erwin Stengler. Wer davon erfuhr, konnte es nicht fassen: Stengler war ein angesehener Bürger der Stadt. Bald munkelte man hinter vorgehaltener Hand, dass es sich um ,,krumme Geschäfte", um Devisenvergehen handeln solle, ja, obwohl Parteimitglied, habe der
Sparkassenleiter einem Juden geholfen. Stengler galt als korrekter, anständiger Geschäftsmann, er hatte sich um die Sparkasse verdient gemacht. Dass er gegen Gesetze verstoßen, vielleicht sogar die Bank geschädigt haben sollte, war unvorstellbar.
Es dürfte wenig Schulen in Deutschland geben, die so gut erforscht sind wie die Reichsschule für Volksdeutsche, die von 1940 bis 1944 in der Illenau bei Achern eingerichtet war. Die dortige Heil- und Pflegeanstalt war im Zuge der Euthanasieaktionen geräumt worden. In den Jahren 1990/91 sind an der Universität Innsbruck gleich zwei Magisterarbeiten über die Schule in Achern entstanden. Beide Arbeiten beruhen nicht auf Archivstudien, sondern auf Interviews mit Schülerinnen, Lehrerinnen und Unterrichtsleiterinnen. Nachdem die Autorinnen Wieser und Mayr festgestellt hatten, dass sie am gleichen Thema arbeiten, einigten sie sich darauf, die Interviews mit den Schülerinnen in Südtirol regional aufzuteilen. Die Interviews mit Lehrerinnen und Direktorinnen in Deutschland führten sie gemeinsam, so dass die Ergebnisse der beiden Arbeiten nicht stark voneinander abweichen.
Beim Blättern in alten Chroniken und Dorf- oder Stadtgeschichten fallen
immer wieder Katastrophenberichte ins Auge, bei denen vor allem über
Hochwässer und deren Folgen berichtet wird. So schilderte Philipp Ruppert eine Hochwasserkatastrophe in Achern: ,,Zwei Jahre später (1570), am
Freitag und Samstag vor Nikolaus, riß eine Überschwemmung zu Kappel,
Ober- und Unterachern alle Stege und Brücken fort bis auf die Landbrücke
und brach über das Feld den Kirchweg hinunter in das Dorf ein. Durch diese Überschwemmung war das Wehr im Feldbach sehr schadhaft geworden
und es mußte 1575 mit vieler Mühe und großen Kosten ein neues angelegt
werden." [1]
Mit großer Mehrheit hat der Deutsche Bundestag am 6. Juli 2000 das Gesetz zur Errichtung einer Stiftung „Erinnerung, Verantwortung und Zukunft" verabschiedet. Es trat am 12. August 2000 in Kraft. Zweck der Stiftung ist es, über Partnerorganisationen Finanzmittel zur Gewährung von
Leistungen an ehemalige Zwangsarbeiter aus der Zeit des Nationalsozialismus bereitzustellen.
Eine wichtige Rolle bei der Beschaffung von Daten der Nachweise nehmen die Archive ein. Denn ohne die in Archiven verwahrten Unterlagen
können die meisten ehemaligen Zwangsarbeiter den Nachweis nicht erbringen.
Nur noch wenigen ist heute wohl bekannt, dass sich auf dem Kniebis das
„Führerhauptquartier Tannenberg" befand, das, wenn auch nur wenige
Tage, Hitler als Standquartier diente. Mit dem Bau der Anlage war im Zuge der Vorbereitungen des Westfeldzuges am 1. Oktober 1939 begonnen
worden. Die Anlage, welche zwei Bunker und eine Baracke umfasste, lag
an der Schwarzwaldhochstraße, rund einen Kilometer entfernt vom Gasthaus „Alexanderschanze", am Rand einer hochmoorartigen Lichtung. Die
Gesamtanlage war von Stacheldrahthindernissen umgeben, um unkontrollierten Zugang zu verhindern. Geheimhaltung wurde in jeder Beziehung
als wichtig angesehen, kritisierten die „Geheimen Lageberichte aus dem
Reich" des SD doch bereits im November 1940, dass in Gaststätten und
Verkehrsmitteln zu offen über wahrgenommene Truppenbewegungen diskutiert werde.
"Geschichte ist das, was ein Zeitalter am anderen interessiert". Dieser Satz wird Jacob Burckhardt (1818-1897), dem bekannten Schweizer Historiker, zugeschrieben. Er ist in mehrfacher Weise Kern- und Angelpunkt der Geschichtsdidaktik: zum einen ist klar, dass es dort, wo kein Interesse (im ursprünglichen lateinischen Sinn von inter esse), keine Fragestellung auf Schülerseite besteht, um den Lernerfolg schlecht bestellt ist. Zum anderen muss in einem propädeutischen, wissenschaftlich ausgerichteten Geschichtsunterricht deutlich werden, dass Geschichte nichts Vorgegebenes, sondern Rekonstruktion der Vergangenheit mit Hilfe von Quellen und wissenschaftlicher Quellenkritik ist. Geschieht dies nicht, so werden die Aufträge von Schulgesetz, Bildungs- und Lehrplänen nicht erfüllt. Zum Idealbild des mündigen Bürgers kann die Beschäftigung mit Geschichte beitragen, indem sie dazu verhilft, die gegenwärtige Welt besser zu verstehen, in der gegenwärtigen Welt reflektiert handeln zu können, an den Quellen und durch Quellenkritik bestimmte Fähigkeiten wie z. B. Kritikfähigkeit und analytisches Denken zu erwerben sowie die persönliche und gesellschaftliche Identitätsbestimmung und die Werte, die ihr zugrunde liegen, besser zu verstehen.
Vier Fotos aus Lörrach
(2002)
Es könnte ein Bühnenbild sein, zum Beispiel eine Opernschlussszene, in der noch einmal alle Personen auftreten und sich dorthin gestellt haben, wo der Regisseur sie haben will. Vom in der Mitte die Hauptdarsteller, in ihrem Rücken, teils direkt hinter ihnen stehend, das mitspielende Volk, teils, um die Bildchoreografie zu steigern, von zwei Fenstern im ersten Stock eines die Szene abschließenden Hauses aus zuschauend. Eine grandiose Finalmusik ist zu hören, denn die Vernunft und das Gute haben gesiegt, und alle Beteiligten singen sich in den Triumph der Menschlichkeit hinein, ehe der Vorhang fällt und begeisterter Applaus aufrauscht. Nichts von alledem. Das Foto zeigt vier ältere Frauen und drei Männer in Wintermänteln, Hüten und Handgepäck, deren Blicke ins Leere fallen. Am linken Bildrand ist ein Uniformierter zu sehen, er hat den Mund geöffnet und erhebt den Zeigefinger der rechten Hand.
Seit dem 1. September 1939 ist Krieg. Der Angriff der deutschen Wehrmacht auf Polen ist in vollem Gange. England und Frankreich erklären daraufhin Deutschland am 3. September 1939 den Krieg.
Zu den Familien mit wehrfähigen Männern flatterten Einberufungsbefehle. Die Grundnahrungsmittel wurden rationiert, Brot, Fleisch, Butter,
Zucker gab es nur auf Lebensmittelkarten zu kaufen. Dem „Normalverbraucher" stand die geringste Kalorienmenge zu. Schuhe und Kleidung
waren nur auf Bezugscheine erhältlich. Die Einheitsseife und Tabak gab es
auf Zuteilung zu kaufen.
Die dramatischen Tage des Zusammenbruchs liegen jetzt weit über fünfzig
Jahre zurück. Die Zahl derer, die die schlimmen Tage vor der Kapitulation
und danach mit Bewusstsein miterlebt haben, verringert sich ständig. Aus
diesem Grunde mag die Veröffentlichung der Kriegschronik einer kleinen
mittelbadischen Stadt besonderes Interesse beanspruchen. Sie beruht zum
kleineren Teil auf Aktenstudium oder auf Auskünften von anderen; zum
weitaus größeren Teil hat der Verfasser die geschilderten Vorgänge an Ort
und Stelle, seit 16. Oktober 1944, miterlebt und unmittelbar schriftlich
festgehalten. Der Autor - mein Vater, Landgerichtsdirektor i. R. Dr. J. B.
Ferdinand, Chronist und Ehrenbürger der Stadt Ettenheim (1880-1967) -
hat die Niederschrift am 25. November 1945 abgeschlossen; sie umfasst
die Zeit von Kriegsbeginn im Jahre 1939 bis zum 1. November 1945.
Vorbemerkung: Aus Anlass des 60. Jahrestages der Deportation Bruchsaler Juden in das südfranzösische Lager Gurs 1940
haben sich in den Monaten September bis November 2000 an der Bruchsaler Balthasar-Neumann-Schule II 22 Schüler des Berufskollegs Fachhochschulreife (JBKFH) im Alter von 22 bis 28 Jahren mit diesem Thema auseinandergesetzt. Im Generallandesarchiv Karlsruhe und im Stadtarchiv Bruchsal wurden Akten und Dokumente zu diesem Thema eingesehen. Im Rahmen der vorliegenden Sozialstudie sollten die Fragen herausgearbeitet werden: wer waren diese Menschen,
die man deportierte, welcher Schicht entstanden sie, lassen sich Veränderungen der Sozialstruktur im Bruchsal der 1930er Jahre erkennen?
Es waren hauptsächlich drei Gründe, die mich bewogen, neben der Fülle bislang publizierter Bild- und Textdokumente zum französischen Deportations- und Internierungslager Gurs nach weiteren Belegen zu suchen: Zum einen die Vorbereitung auf eine fünftägige Gedenkstätten-Gruppenreise im Herbst 2000, die mich über Orleans und Oradour-sur-Glane (b. Limoges) nach Gurs, ca. 13 km nordwestlich von Oloron-Ste. Marie an der Route D 936, ins Departement Pyrenees-Atlantiques und von dort via Noe (b. Toulouse) in das gleichermaßen berüchtigte ehemalige Lager Les Milles östlich von Aix-en-Provence und schließlich nach Carpentras geführt hat. Zusammengenommen anläßlich des sechzigsten Jahrestages der Deportation von sechseinhalbtausend badischen und saarpfälzischen Juden am 22. Oktober 1940. Zum anderen war es meine Vermutung oder eher Zuversicht, aufgrund positiver Erfahrungen bei der Beschaffung von westalliierten Aufklärerfotos zur Totalbombardierung meiner Heimatstadt Halberstadt im nordöstlichen Harzvorland am 8. April 1945 sowie zum fünf Kilometer weiter südlich gelegenen, am 11. April von US-Truppen befreiten KZ Langenstein-Zwieberge, daß solche Senkrechtluftaufnahmen aus zumeist 6 bis 9 Kilometer Höhe auch für Orte außerhalb der reichsdeutschen Grenzen, also für die von der Wehrmacht besetzten Gebiete existieren müßten. Fotodokumente jedenfalls, die das von den ehemals
Internierten so intensiv erinnerte kilometerweite Ausmaß des hier interessierenden südwest-französischen Lagers Gurs besonders deutlich werden ließen. Drittens lag mir daran, mit Hilfe der mutmaßlich zu beschaffenden Luftbilder die bislang publizierten lediglichen Lagerskizzen bzw. -pläne nebst zugehörigen Erläuterungen zu verifizieren, sie authentisch belegt zu
ergänzen und die Fotodokumente anhand eigener Erkenntnisse während der Gedenkstättenbesichtigung - soweit es die Zeit unserer Gruppe dort zuließ -, sachlich weitgehend korrekt zu beschriften.
Einem Thema, das in den letzten Jahren heiß
diskutiert wurde und immer noch wird, stellt
sich auch der Geschichts- und Heimatverein.
Bei einem Vortragsabend im Refektorium des
Franziskaner, der in Zusammenarbeit mit dem
Stadtarchiv durchgeführt wurde, beleuchtete
der Kulturwissenschaftler und Historiker Stefan
Alexander Aßfalg dieses heikle Thema. Er hat
darüber seine Diplomarbeit geschrieben und
einen umfassenden Beitrag in dem Buch „Villingen-Schwenningen – Geschichte und Kultur“
veröffentlicht. Das Buch wurde 1999 von der
Stadt Villingen-Schwenningen aus Anlass des Jubiläumsjahres herausgegeben. Die Diplomarbeit
ist im Stadtarchiv einzusehen.
Ein Ereignis, das sich wie kaum ein anderes in
die Geschichte der Klosterschulen St. Ursula einprägte, geschah vor 60 Jahren. Damals versuchten die braunen Machthaber die in der Bevölkerung hoch geschätzte kirchliche Lehranstalt
durch Verbot auszulöschen. Diesen Vorgang
rückte die Schulleitung im November 2000 in
den Blickpunkt. Die Situation im Jahre 1940 beschreibt Schulleiter Dr. Josef Oswald in einem
Bericht, der im Schulbrief 1/2000 erschienen ist.
Die Sorgen und Probleme der Privatschulen, besonders die in kirchlicher Trägerschaft, im Dritten Reich, hat Dr. Oswald in einer größeren Abhandlung unter dem Titel „Ende und Neubeginn“ bereits im Katalog zur Ausstellung „Ein
Haus mit Villinger Geschichte“ beschrieben.
Am 25. Juli 1998 wurde im Urenwald bei Haslach im Kinzigtal die „Gedenkstätte Vulkan" eingeweiht. Mehr als 53 Jahre nach Kriegsende entstand endlich in dem Gebiet, in welchem Häftlinge aus 19 Ländern von September 1944 bis April 1945 ihre Gesundheit einbüßten oder gar ihr Leben ließen, eine Stätte, die an jene schrecklichen Ereignisse erinnert.
„Und dann kam der 30. Januar 1933, der Tag der Machtübernahme durch Adolf Hitler, und mit allen Deutschen erlebten auch die Steinacher die Jahre der Wiedergeburt und des Wiederaufstiegs Deutschlands." Mit diesem Satz beschrieb O.A. Müller 1939 in der kleinen Chronik zur 800 Jahrfeier Steinachs den Übergang zum Dritten Reich. Wohin diese ,,Wiedergeburt" und der „Wiederaufstieg" führten, das wissen wir heute. Damals ahnten jedoch die wenigsten, daß durch die Ernennung Hitlers zum Reichskanzler der Grundstein für ein menschenverachtendes totalitäres System gelegt worden war, das Verfolgung, Vernichtung, Krieg und Zerstörung bringen sollte. Wahrscheinlich hatten sich die wenigsten, die in der Folgezeit der NSDAP zuliefen, mit allen Facetten und Forderungen des Nationalsozialismus auseinandergesetzt. Viele reihten sich gerne und mit
Begeisterung bei den erfolgreichen Nationalsozialisten ein. Dies war in den Dörfern im badischen Schwarzwald nicht anders als in weiten Teilen des übrigen Reiches.
Im Sommer 1944 näherten sich amerikanische und französische Truppen vom Westen her dem Elsaß, das damals als Reichsgebiet galt und zusammen mit Baden einen Gau bildete. Am 28. August ließ daher das Badische Innenministerium einen Runderlaß an die Landräte über den Bau einer „Schutzstellung West". Es sollten Hitlerjungen im Alter von 14 bis 18 Jahren eingesetzt werden, nicht länger als zwei bis drei Wochen. Zur Beaufsichtigung, Unterstützung und Betreuung der Jugendlichen werden HJ-Führer, politische Leiter, Lehrer und Gesundheitspersonal zum Einsatz gebracht ... Die Errichtung der Schutzstellung West wird zunächst öffentlich nicht erörtert; eine propagandistische Auswertung ähnlich wie in Ostpreußen ist zunächst nicht vorgesehen. In der Umgebung der Baustellen konnte die gesamte Bevölkerung herangezogen werden. Trotz der Geheimhaltungsvorschrift wurde wenige Tage später ein öffentlicher Aufruf publiziert. In ihm ist der Kreis der Betroffenen stark erweitert. Es werden nun alle männlichen Personen von 14 und 65 Jahren und alle weiblichen Personen von 16 bis 50 zur Herstellung einer Vogesenstellung und der Verteidigungsbereitschaft des Westwaldes einberufen. Dieser Aufruf stammt von der Gauleitung. Das Kompetenzgerangel beginnt also schon im Vorfeld, ein Rundbrief des Innenministers und ein Aufruf des Gauleiters stehen sich gegenüber.
„Wisse ein jeder: Vergessen ist niemand, vergessen ist nichts." So lautet die Inschrift auf dem Mahnmal für die „Opfer der Gewalt 1933-1945", welches auf dem Geschwister-Scholl-Platz in Schwenningen am Neckar sich befindet, der in düsteren Tagen der Stadtgeschichte „Horst-Wessel-Platz" hieß. Vergessen sei auch nicht Karl Schäfer, der vorbildliche Schwenninger Sozialdemokrat, der dem Nationalsozialismus widerstand - nicht in Gedanken nur, in Taten auch. Von ihm ist zu erzählen, der das Dritte Reich in Deutschland selbst bekämpfte, vieles wagte und - vieles verlor. Die Ruhe. Die Geborgenheit der Familie. Das Leben zuletzt. Nicht die Überzeugung, nicht die Gesinnung, nicht die Standhaftigkeit.
Im folgenden Beitrag soll anhand zweier Beispiele - der Lonza-Werke GmbH Waldshut und der Aluminium GmbH Rheinfelden - die Rolle Schweizer Industriebetriebe am Hochrhein zur Zeit der NS-Herrschaft beleuchtet werden. Schwerpunkte sind dabei die Einbindung in die deutsche Kriegswirtschaft und der Einsatz von Zwangsarbeitern, über deren Entschädigung zur Zeit bekanntlich heftig diskutiert wird.
,,Der Vorgang selbst wurde von der Bevölkerung kaum wahrgenommen", stand im Abschlußbericht an den Leiter des Sicherheitsdienstes, Heydrich. Die Deportation vom 22. Oktober 1940 hatte sämtliche noch in Baden und der Pfalz lebenden Juden betroffen, darunter auch die Juden der Ortenau. Sie wurden morgens abgeholt, zusammengetrieben in verschiedenen Lagern oder Hallen (in Offenburg war es die Turnhalle der Oberrealschule, heute Schillerschule), und danach mit Lastwagen zu den Bahnhöfen gebracht. Dort standen die Sonderzüge bereit, die sie in das Internierungslager Gurs in Südfrankreich transportierten. Allerdings: ganz unbemerkt war dieses Verbrechen nicht geblieben. Und für die Ortenau konnten Gerhard Finkbeiner und Robert Krais inzwischen sogar Fotos ausfindig machen, die mit versteckter Kamera in Kippenheim aufgenommen wurden. Der Amateurphotograph Wilhelm Fischer aus Dörlinbach im Schuttertal war damals zufällig in Kippenheim unterwegs und wurde Zeuge der Zwangsdeportation. Heimlich fotografierte er den Abtransport. Erschütternde Dokumente der Heimatgeschichte.
Der 15. Juli 1942 war ein Mittwoch. Reinhold Birmele, achtundzwanzigjähriger Gehilfe in der Gärtnerei Rappenecker, bearbeitete ein Grundstück in der Freiburger Beethovenstraße. Wegen epileptischer Anfälle in der Vergangenheit hatte er nicht als Soldat in den Krieg ziehen müssen. Nebenan, Nr. 9, lag der Garten, der zur Villa des ehemaligen Bankdirektors Hein gehörte. Birmele hatte schon oft dort gearbeitet. Nur flüchtig war er hingegen bisher der achtundfünfzigjährigen Hausgehilfin der Familie Hein, Maria Weber [Name geändert, H. H.], begegnet, die gerade in den Garten trat; er wußte nicht einmal ihren Namen. Sie kamen ins Gespräch. Dabei stellte sich heraus, daß Frau Weber in St. Peter beheimatet war und Reinhold Birmele ihre dort verheiratete Schwester kannte. Sie habe jetzt Ferien und wolle ihre Schwester wieder einmal besuchen, meinte Birmele die Hausgehilfin zu verstehen. Ihm kam die Idee, sie zu fragen, ob sie nicht gemeinsam dorthin wandern wollten. Er war ein großer Naturfreund und jeden Sonntag draußen in den Bergen. Birmele wollte dann, nach dem Besuch der Bekannten in St. Peter, über den Kandel zurück nach Kollnau laufen, wo er wohnte. Eine richtige Verabredung war es wohl nicht, aber Birmele dachte, Maria Weber habe seinem Plan zugestimmt.
Der letzte Offenburger Rabbi
(2000)
Im September 1938, wenige Wochen vor dem Novemberpogrom, kam ein junger Mann über die hohen jüdischen Feiertage (Rosch Haschana, Jom Kippur, Versöhnungsfest) in die Offenburger Gemeinde: Bernhard Gries, geb. 22.4.1917 in Landeshut (Schlesien). Sein Vater war Weingroßhändler in Hirschberg (Riesengebirge) und hatte zwei Söhne: Bernhard und Heinz.
Bernhard besuchte nach Oberrealschule und Abitur die Fraenkelsche Stiftung in Breslau, ein bekanntes Rabbinatsseminar, und machte dort eine Ausbildung zum Religionslehrer.
„Die Schwarzen sind da, der Krieg ist aus!" Dieses Bild vom Einmarsch dunkelhäutiger marokkanischer Soldaten, die in der französischen Armee dienten, bestimmt die Erinnerung an das Kriegsende in Zell am Harmersbach am 19. April 1945. Schon wenige Wochen vor dem offiziellen Ende des Zweiten Weltkrieges in Europa am 8. Mai 1945 erlebte die Bevölkerung in Südbaden ihren „Tag der Befreiung", wie ihn Ex-Bundespräsident Richard von Weizsäcker in seiner weltweit beachteten Rede in der Feierstunde am 8. Mai 1985 im Deutschen Bundestag in Bonn zum 50. Jahrestag des Kriegsendes bezeichnete. Die detailgetreue Erinnerung an dieses historische Datum ist als einschneidendes Erlebnis bei Zeitzeugen und in Publikationen noch präsent. Im Tausendjährigen Reich nahmen viele nach der anfänglichen Begeisterung über Hitler die brutale Diktatur erst richtig wahr, als sie durch die Kriegswirren mit Not, Hunger, Angst, Luftschutzkeller, Volkssturm ... für jeden selbst spürbar wurde.
Wenn man von den Rheinauer Juden spricht, sind damit die Juden aus dem ehemaligen Neufreistett und aus Rheinbischofsheim gemeint. Die erste schriftliche Erwähnung der „Bischemer" Juden stammt aus dem Jahr 1717. Die Neufreistetter Juden wurden ein wenig später, nämlich im Zusammenhang mit der Stadtgründung, eingeladen, sich hier niederzulassen und sind urkundlich zum ersten Mal im Jahr 1756 erwähnt. Im Lauf der Geschichte war der Anteil jüdischer Einwohner an der Gesamtbevölkerung schwankend. Er betrug in Neufreistett z.B. bis zu 20% und war in beiden Gemeinden in der Zeit bis 1945 deutlich höher als der Anteil katholischer Bürger.
Mannheim war während des Zweiten Weltkriegs (was die Zahl der Luftangriffe und der über ihr abgeworfenen Bomben angeht) wie keine andere südwestdeutsche Stadt heimgesucht worden. Das Schwerste aber schien ihr erst noch bevorzustehen, als der Oberbefehlshaber der alliierten Streitkräfte General Dwight D. Eisenhower in einem Flugblatt vom 17. März 1945 den Kriegsindustrien Frankfurts und Mannheim-Ludwigshafen „ein erbarmungsloses Bombardement“ ankündigte und die Bewohner aufforderte, sich selbst und ihre Familien „unverzüglich außerhalb der Kampfzone in
Sicherheit zu bringen“, „weil weder Bunker noch Unterstände Sicherheit gewähren“ könnten. Nachdem die ersten alliierten Einheiten in der Nacht vom 22./23. März bei Oppenheim den Rhein überschritten hatten, stießen sie von Norden her auf Mannheim vor. Am Morgen des 28. März nahm das 933. US-Feldartilleriebataillon, das der 44. US-Infanteriedivision vorübergehend bei der Operation zugeordnet worden war, das Wasserwerk im Käfertaler Wald und richtete dort seine Kommandozentrale und den Feuerleitstand ein. Bei der Besetzung stellten die Amerikaner überrascht fest, daß vom Wasserwerk trotz der Zerstörung der Brücken über den Rhein und Neckar noch eine direkte Telefonleitung zum Verwaltungsgebäude der Stadtwerke in K 5 bestand. Über diese Leitung versuchten die Amerikaner - freilich vergeblich -
die Stadtverwaltung zu einer kampflosen Übergabe zu bewegen.
Ein Akt der Verzweiflung
(2000)
Die von langer Hand und unter strikter Geheimhaltung vorbereitete Deportation von 350 jüdischen Männern, Frauen und Kindern aus Freiburg nach Gurs schlug sich im Tagebuch der Polizeidirektion, das für den 22. Oktober 1940 auch den Besuch der Sicherheitsdienste (SD) von Mülhausen und Freiburg vermerkt, in einer siebenzeiligen Notiz nieder: ,,Dienstag, 22. Oktober und Mittwoch, 23. Oktober 1940: An beiden Tagen wurden die jüdischen Familien abtransportiert. Hierbleiben durften nur diejenigen Juden, bei denen entweder der Mann oder die Frau arischer Abstammung sind. Weiter blieben auch die Mischlinge hier. Zwei Juden haben Selbstmord verübt; eine Jüdin hat sich die Pulsadern durchschnitten und starb in der Klinik, ein Jude hat sich erhängt. Der Abtransport ging in aller Ordnung vor sich."