Drittes Reich
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Ab 1940 entwickelte sich die leergeräumte Heil- und Pflegeanstalt Illenau bei Achern zu einem Zentrum nationalsozialistischer Schulpolitik. Zuerst wurde eine Reichsschule für Volksdeutsche eingerichtet. Gemeint sind Südtiroler Mädchen, deren Eltern für die Auswanderung nach Deutschland optiert hatten, nachdem Hitler Mussolini Südtirol überlassen hatte. Diese Mädchen sollten in der Illenau auf das Leben in Deutschland und das deutsche Schulwesen vorbereitet werden. Hinzu kam 1941 eine Nationalpolitische Erziehungsanstalt (Napola) für Mädchen, eine Eliteschule, die aber bereits 1943 in die Schule des Klosters Hegne am Bodensee umzog, wo sie unter dem Namen Deutsche Heimschule als Versuchsschule weitermachte. Dafür wurde in der Illenau im September 1943 auch noch eine Napola für Jungen gegründet.
Nach der Auflösung der Heil- und Pflegeanstalt in der Illenau bei Achern 1940 wurden nach und nach drei nationalsozialistische Internatsschulen dort eingerichtet. Zuerst wurde im November 1940 eine Reichsschule für Volksdeutsche geschaffen, für Kinder von sogenannten Optanten aus Südtirol, die für Deutschland bzw. das angeschlossene Österreich optiert hatten und umsiedeln wollten, nachdem Hitler gegenüber Mussolini auf die Rückgabe von Südtirol verzichtet hatte. In die Illenau kamen die Mädchen, während für die Südtiroler Jungen eine solche Reichsschule in der noch 1939 von den Franzosen geräumten Heil- und Pflegeanstalt Rufach im besetzten Elsass eingerichtet wurde. Die Schule in der Illenau führte ab Herbst 1943 die Bezeichnung Deutsche Heimschule. Die Leitung hatte die Studienrätin Klara Keit.
Die Stadt Konstanz und ihre Umgebung wurden im Laufe des Zweiten Weltkriegs
zu einem bevorzugten Ziel von Privatpersonen, Firmen, Behörden, militärischen Dienststellen und Lazaretten, die in dieser Region Schutz suchten, da sie, abgesehen von Friedrichshafen, vom Kriegsgeschehen weitgehend verschont blieb. Ein offizielles Evakuierungsprogramm bestand zwischen dem bombengefährdeten Gau Westfalen-Süd und
dem Gau Baden. Auf Grund dieser Vereinbarung wurden im Rahmen einer »Kinderlandverschickung« Schüler aus Dortmund und die Oberschule Witten an der Ruhr im Juli
1943 nach Konstanz verlegt. Sie wurden dort bis Dezember 1944 betreut und unterrichtet, anschließend wurden sie nach Oberbayern weitergeschleust.
Die Konstanzer Gruppe der Zeugen Jehovas, damals Ernste Bibelforscher genannt,
bildete sich 1921 mit etwa 15 Personen. In den unruhigen Zeiten der Weimarer Republik
hatten die Zeugen Jehovas zeitweise großen Zuspruch. Bei Werbeveranstaltungen in Konstanz ab 1920 waren die Säle des Konzilsgebäudes gut gefüllt. Eine Veranstaltung hieß:
Die Welt ist am Ende – Millionen jetzt Lebender werden nie sterben! Eine andere hieß: Die Zeit ist
herbeigekommen! [1] Reisende Bibelforscher betreuten die ersten Anhänger in der Region. Ihr
Auftreten war fromm erscheinend, würdevoll und ernst. Ihren Bartschnitt ahmten sie Christus nach.
Sie trugen einen schwarzen Rock, versehen mit einer Anstecknadel, die Kreuz und Krone darstellte. Die
einheimischen Anhänger missionierten wiederum sonntags mit dem Fahrrad bis in den
Hegau und in den Linzgau hinein, und sie hielten Kontakt zu Schweizer Zeugen Jehovas.
Die Versammlungen der 20er Jahre wurden von einem Erntewerkvorsteher und gewählten Ältesten geleitet. Ab 1932 sprach man von Dienstleitern und Brüdern, ab 1936 von
Gruppendienern, die nicht mehr gewählt, sondern ernannt wurden. Außer öffentlichen
Vorträgen wurden regelmäßige wöchentliche Zusammenkünfte abgehalten, sei es Gruppen-Wachtturm-Studium oder Lobpreisungs- und Gebetsversammlungen.
Es dürfte wenig Schulen in Deutschland geben, die so gut erforscht sind wie die Reichsschule für Volksdeutsche, die von 1940 bis 1944 in der Illenau bei Achern eingerichtet war. Die dortige Heil- und Pflegeanstalt war im Zuge der Euthanasieaktionen geräumt worden. In den Jahren 1990/91 sind an der Universität Innsbruck gleich zwei Magisterarbeiten über die Schule in Achern entstanden. Beide Arbeiten beruhen nicht auf Archivstudien, sondern auf Interviews mit Schülerinnen, Lehrerinnen und Unterrichtsleiterinnen. Nachdem die Autorinnen Wieser und Mayr festgestellt hatten, dass sie am gleichen Thema arbeiten, einigten sie sich darauf, die Interviews mit den Schülerinnen in Südtirol regional aufzuteilen. Die Interviews mit Lehrerinnen und Direktorinnen in Deutschland führten sie gemeinsam, so dass die Ergebnisse der beiden Arbeiten nicht stark voneinander abweichen.
Das Leben des Schauspielers Willy Schürmann-Horster (1900-1943) ist bis auf die
12 Monate seines Aufenthalts in Konstanz eigentlich ganz gut bekannt. Nach Schulzeit
und Besuch der Schauspielschule von Luise Dumont in Düsseldorf, an der auch Gustav
Gründgens Schüler war, spielte und inszenierte er ab 1920 im Rheinland politisch-revolutionäres Theater mit zeitgenössischen Autoren wie Maxim Gorki, Ernst Toller, Georg
Kaiser, Erich Mühsam, Bert Brecht und Friedrich Wolf, aber auch Georg Büchner. Daneben befasste er sich stets mit den Klassikern. Vorübergehend war er 1923 sogar Mitglied
der KPD, wurde aber nach seinen Aussagen im Prozess von 1943 wegen politischen Differenzen ausgeschlossen. Seine Theatergruppen trugen Namen wie »Jungaktivistenbund«
(1920), »Junge Aktion«, »Freie Volksbühne«, »Notgemeinschaft Düsseldorfer Schauspieler« und besonders erfolgreich die »Truppe im Westen«, ein 1930 entstandenes Schauspielerkollektiv. Die Witwe erinnerte sich später an ihn: Deutlich sehe ich Willy Schürmann
noch vor mir, den mitreißenden Regisseur bei der Gestaltung eines Aktschlusses: Die revolutionären Arbeitersehen dem Tode entgegen, schließen sich eng zusammen und singen: "Brüder in eins nun..."
"Geschichte ist das, was ein Zeitalter am anderen interessiert". Dieser Satz wird Jacob Burckhardt (1818-1897), dem bekannten Schweizer Historiker, zugeschrieben. Er ist in mehrfacher Weise Kern- und Angelpunkt der Geschichtsdidaktik: zum einen ist klar, dass es dort, wo kein Interesse (im ursprünglichen lateinischen Sinn von inter esse), keine Fragestellung auf Schülerseite besteht, um den Lernerfolg schlecht bestellt ist. Zum anderen muss in einem propädeutischen, wissenschaftlich ausgerichteten Geschichtsunterricht deutlich werden, dass Geschichte nichts Vorgegebenes, sondern Rekonstruktion der Vergangenheit mit Hilfe von Quellen und wissenschaftlicher Quellenkritik ist. Geschieht dies nicht, so werden die Aufträge von Schulgesetz, Bildungs- und Lehrplänen nicht erfüllt. Zum Idealbild des mündigen Bürgers kann die Beschäftigung mit Geschichte beitragen, indem sie dazu verhilft, die gegenwärtige Welt besser zu verstehen, in der gegenwärtigen Welt reflektiert handeln zu können, an den Quellen und durch Quellenkritik bestimmte Fähigkeiten wie z. B. Kritikfähigkeit und analytisches Denken zu erwerben sowie die persönliche und gesellschaftliche Identitätsbestimmung und die Werte, die ihr zugrunde liegen, besser zu verstehen.
"Umschulung"
(2013)
Dieser Text ist in einer französischen Original-Version 2010 unter dem Titel "Umschulung. Témoignages d’instituteurs alsaciens déplacés en pays de Bade (1940–1945)" erschienen. Der Verfasser widmet diese deutsche, gekürzte Version seinen deutschen Freunden und bedankt sich bei seinem Kollegen und Freund Herrn Anton Burkard aus Merzhausen für seine Hilfe bei der Übertragung dieser Fassung ins Deutsche.
Während der deutschen Besatzung Frankreichs wurden elsässische Lehrerinnen und Lehrer in Deutschland einer sogenannten Umschlung unterzogen. Sie müssen nun nach dem deutschen Lehrplan unterrichten, der ihnen in mehrmonatigen Lehrgängen "beigebracht" wird. Deutsch ist nun Schulsprache und bis 1941 wird auch noch in Sütterlinschrift geschrieben. Es finden auch Lehrgänge für nationalsozialistisches Geschichtsdenken statt. Die mehrmonatigen Aufenthalte bei der Besatzungsmacht sind für viele der jungen Lehrerinnen und Lehrer eine schwere psychische Belastung. Zeitzeugenberichte sind die Grundlage dieses Beitrags.
Der folgende Aufsatz beschäftigt sich mit der Frage, welche Faktoren eigentlich bei der „Erklärung“ eines historischen Phänomens beachtet werden müssen. Genauer gesagt geht es um die Frage, wie der Aufstieg des Nationalsozialismus in den heutigen Stadtteilen von Lahr - damals noch selbständigen Dörfern - „erklärt“ oder beschrieben werden kann. Was war eigentlich ausschlaggebend? Die politische oder soziale „Großwetterlage“? Oder das politische Personal vor Ort? Strukturen oder Menschen?
Das Stolpersteinprojekt des Kölner Künstlers Gunter Demnig hat inzwischen über die Grenzen Deutschlands hinaus Verbreitung gefunden. Freiburg war die erste süddeutsche Stadt, in der auf Betreiben der Initiatorin Marlis Meckel diese – vom Rat der Stadt einstimmig beschlossene – ungewöhnliche Form des Gedenkens realisiert wurde. In den mehr als zehn Jahren des Bestehens der Freiburger Stolperstein-Initiative sind 350 Stolpersteine meist vor den ehemaligen Wohnungen der Opfer des NS-Terrors in der Stadt verlegt worden. Angesichts der Monstrosität der NS-Verbrechen werden auch in Zukunft mit der Unterstützung der Bevölkerung und der Medien weitere Verlegungen für die Angehörigen der betreff enden Opfergruppen (neben jüdischen Verfolgten und Ermordeten u. a. auch politische Widerständler, Zeugen Jehovas, Euthanasieopfer Deserteure, Homosexuelle) stattfinden.
Es waren hauptsächlich drei Gründe, die mich bewogen, neben der Fülle bislang publizierter Bild- und Textdokumente zum französischen Deportations- und Internierungslager Gurs nach weiteren Belegen zu suchen: Zum einen die Vorbereitung auf eine fünftägige Gedenkstätten-Gruppenreise im Herbst 2000, die mich über Orleans und Oradour-sur-Glane (b. Limoges) nach Gurs, ca. 13 km nordwestlich von Oloron-Ste. Marie an der Route D 936, ins Departement Pyrenees-Atlantiques und von dort via Noe (b. Toulouse) in das gleichermaßen berüchtigte ehemalige Lager Les Milles östlich von Aix-en-Provence und schließlich nach Carpentras geführt hat. Zusammengenommen anläßlich des sechzigsten Jahrestages der Deportation von sechseinhalbtausend badischen und saarpfälzischen Juden am 22. Oktober 1940. Zum anderen war es meine Vermutung oder eher Zuversicht, aufgrund positiver Erfahrungen bei der Beschaffung von westalliierten Aufklärerfotos zur Totalbombardierung meiner Heimatstadt Halberstadt im nordöstlichen Harzvorland am 8. April 1945 sowie zum fünf Kilometer weiter südlich gelegenen, am 11. April von US-Truppen befreiten KZ Langenstein-Zwieberge, daß solche Senkrechtluftaufnahmen aus zumeist 6 bis 9 Kilometer Höhe auch für Orte außerhalb der reichsdeutschen Grenzen, also für die von der Wehrmacht besetzten Gebiete existieren müßten. Fotodokumente jedenfalls, die das von den ehemals
Internierten so intensiv erinnerte kilometerweite Ausmaß des hier interessierenden südwest-französischen Lagers Gurs besonders deutlich werden ließen. Drittens lag mir daran, mit Hilfe der mutmaßlich zu beschaffenden Luftbilder die bislang publizierten lediglichen Lagerskizzen bzw. -pläne nebst zugehörigen Erläuterungen zu verifizieren, sie authentisch belegt zu
ergänzen und die Fotodokumente anhand eigener Erkenntnisse während der Gedenkstättenbesichtigung - soweit es die Zeit unserer Gruppe dort zuließ -, sachlich weitgehend korrekt zu beschriften.
Dieser Artikel ist ein Zwischenbericht über Dr. Maulhardts Forschungen zum Leben und Sterben von Marian Lewicki (Marian) in Villingen. Er ist eine Zusammenfassung seines Vortrags am 24. April 2015 im Villinger Fidelisheim. Seine Recherchen, insbesondere was Lewickis Ermordung anbetrifft, sind noch nicht abgeschlossen. Die nachfolgende Darstellung
nutzt zum ersten Mal Quellen, die bisher verschlossen waren. Sie beinhalten vor allem zeitgenössische Dokumente, die beim International Tracing Service (ITS) in Bad Arolsen archiviert
sind, sowie Aussagen der nächsten Angehörigen, die Dr. Maulhardt ausfindig machen konnte. Der ITS ist ein Zentrum für Dokumentation, Information und Forschung über die nationalsozialistische Verfolgung, Zwangsarbeit, den Holocaust sowie die Überlebenden nach dem Ende des Dritten Reichs.
Ein Datum muss vor allem korrigiert werden: Der Todestag von Marian ist der 5. März 1942. Auf dem Sühnekreuz steht fälschlicherweise 1943. Aber auch die Gestapoakten enthalten Fehler: So wird in diesen Unterlagen das Geburtsjahr mit
1908 angegeben, was mich beim Anblick des Fotos, auf dem Marian als Soldat zu sehen ist, irritiert hat. Tatsache ist, dass er am 29. April 1918 geboren wurde.
In meinem Beitrag „Geschichtsschreibung
zum Nationalsozialismus in Villingen-Schwenningen“
anlässlich der 2017 statt gefundenen
Tagung „Kommunen im Nationalsozialismus“
habe ich dargelegt, dass das dunkelste Kapitel der
Villinger Stadtgeschichte, die Periode des Nationalsozialismus, noch mehr erhellt werden muss.
Dazu zählt insbesondere die Zeit des 2. Weltkriegs. Die Geschichte des Villinger Kriegsgefangenen-Mannschafts-Stammlagers (Stalag) VB ist
dabei nahezu ein schwarzer Fleck. Im Anschluss
an die Tagung hat das Stadtarchiv Villingen-Schwenningen das ‘Büro für Unternehmens- und
Stadtgeschichte Zeitlupe‘ in Freiburg beauftragt, eine grundlegende Studie zur „Geschichte des
Villinger Kasernengeländes“ mit dem Schwerpunkt Stalag VB anzufertigen, die seit 2019 vorliegt.
Dabei mangelt es nicht an Quellen, zumal
der 1. Lageroffizier Johannes Götz (1892-1984)
zu Lebzeiten einen umfangreichen archivischen
Nachlass
dem Stadtarchiv übergeben hat. Das
Thema Kriegsgefangenenlager hat auch einen
aktuellen Bezug, da das Gelände zurzeit einer
zivilen Nutzung zugeführt wird.
Der folgende Beitrag entstand im Rahmen eines Forschungspraktikums im Stadtarchiv über die in Offenburg stationierten SS-Baubrigaden. Auf das Thema wurde ich durch einen Besuch im Museum des früheren Konzentrationslagers Natzweiler aufmerksam. In einer Karte des Museums war Offenburg als „Camp annexe" (Nebenlager) verzeichnet. Bei einer Recherche in diese Richtung stieß ich im Staatsarchiv Freiburg auf einen Bericht der Landeszentrale für politische Bildung Baden-Württemberg, demzufolge es in Offenburg kein Neben- oder Außenlager des KZ-Natzweiler gab und auch unklar sei, was sich stattdessen zur Zeit des Zweiten Weltkriegs in der im Bericht genannten Ihlenfeldkaserne befunden habe. Bei der weiteren Materialsuche entdeckte ich die Dissertation von Bernd Boll mit dem Titel „Kriegswirtschaft und Zwangsarbeit in Offenburg 1939 bis 1945". In diesem Buch ist auch von KZ-Häftlingen die Rede, welche in Offenburg für die Reparatur der Gleisanlagen und die Entschärfung von Blindgängern eingesetzt wurden. Diese Reparaturarbeiten wurden in Folge der Luftangriffe auf die Gleisanlagen nötig, um den militärischen Nachschub an die Westfront aufrechterhalten zu können. Bernd Boll bezeichnet diese Baubrigaden als rollende Konzentrationslager. Sie wurden mit KZ-Häftlingen der Stammlager Sachsenhausen, Flossenbürg und Buchenwald ausgestattet. Bis zum Ende des Krieges waren in Offenburg die 8., 9. und 10. SS-Baubrigade sowie ein Bauzug des Konzentrationslagers Flossenbürg stationiert.
Mit dem Machtantritt der Nationalsozialisten 1933 war ein außerordentliches Interesse des Staates an den Kirchenbüchern entstanden. Deren Auswertung hatte das fatale Ziel, die „Rassezugehörigkeit der Volksgenossen“ über Abstammungsnachweise festzustellen, damit „sich die Volksgemeinschaft im nationalsozialistischen Staat konstituieren konnte.“ Kein Vierteljahr nach der Machtergreifung der Nationalsozialisten wurde am 7. April 1933 das so genannte Berufsbeamtengesetz erlassen, das von den Staatsbediensteten den Nachweis der „arischen“ Herkunft verlangte. Mit
diesem Gesetz wurde es ermöglicht, jüdische und politische unliebsame Beamte in den Ruhestand zu versetzen oder zu entlassen. In den Folgejahren wurden zahlreiche Durchführungsbestimmungen erlassen, die auch Richter, Lehrer, Hochschullehrer und Notare als Beamte im Sinne dieses Gesetzes benannten und schließlich auch Angestellte und Arbeiter des Öffentlichen Dienstes, aber auch der Reichsbank und Reichsbahn einbezogen. Der Nachweis der „arischen“ Herkunft wurde durch beglaubigte Abschriften christlicher Taufen und Trauungen von Eltern und Großeltern aus den Kirchenbüchern erbracht und in einem „Ahnenpass“ eingetragen (s. Abb. 1 bis 3). War ein solcher Nachweis nicht zu erbringen oder belegte der Kirchenbuchauszug Informationen über die Taufe eines Juden, so war die „Nichtdeutschblütigkeit“ ermittelt. Die
„Rassezugehörigkeit“ wurde also durch die Konfession der Vorfahren nachgewiesen – ausschlaggebend war demnach nicht, ob es sich um „bekennende“ Juden handelt, sondern ob sich unter den Vorfahren auch Konvertiten befinden.
Eine französische Lehrerin aus dem besetzten Elsass, Hélène Garnier, wird umgeschult, nach Wieblingen und Edingen versetzt und unterrichtet dort bis zum Einmarsch der Amerikaner 1945. Die zwangsweise Umschulung elsässischer Lehrer und Lehrerinnen nach der Besetzung des Elsass ist ein wenig bekanntes Kapitel der deutsch-französischen Geschichte des Zweiten Weltkriegs, das wir – Daniel Morgen und Günter Lipowsky – in dem 2014 erschienenen Buch mit Hilfe von etwa hundert Zeitzeugenaussagen und an Hand der vorhandenen Archivalien in den Archiven des Oberrheins
schildern und analysieren.
Kislau ist heute ein Begriff geworden. Was Dachau für Bayern und Oranienburg für Norddeutschland bedeutet, bedeutet Kislau für Baden. Dies wurde im Januar 1936 in einer Sonderausgabe des ‚Stürmer‘ behauptet. Dass sich im ehemaligen
Bischofsschloss Kislau im heutigen Bad Schönborn von 1933 bis 1939 ein Konzentrations- und Bewahrungslager befand, ist heute kaum bekannt. Während die später eingerichteten Konzentrations- und Vernichtungslager im kulturellen Gedächtnis stark verankert sind, wissen bislang nur wenige, dass bereits 1933 etwa 100 Konzentrationslager im Reichsgebiet errichtet wurden. Auch die Geschichte des badischen Konzentrationslagers Kislau ist noch nicht detailliert erforscht. Der 2012 gegründete Lernort Zivilcourage & Widerstand e.V. hat es sich zur Aufgabe gemacht, auf dem Areal des ehemaligen Konzentrationslagers einen Lernort zu schaffen. Als frühes Lager steht Kislau an der Schnittstelle von Weimarer Republik und NS-Regime und damit von Demokratie und Diktatur. Am Beispiel Kislaus sollen in der Vermittlungsarbeit des Lernorts die Unterschiede beider Systeme herausgearbeitet und diskutiert werden. Hierfür bedarf es grundlegender Kenntnisse über die Geschichte des Ortes. In diesem Zusammenhang sind die Verfasserin und ihre Kollegin auch forscherisch tätig und versuchen, bestehende Forschungslücken sukzessive zu schließen.
Nachdem bereits 1927 unter Vorsitz des Nazivordenkers Alfred Rosenberg der „Kampfbund für Deutsche Kultur“ gegründet worden war, begann mit dem Aufstieg der Nationalsozialistischen Deutschen Arbeiterpartei (NSDAP) Anfang der 1930er-Jahre, die Intoleranz gegenüber avantgardistischen Künstlern einen zunehmend repressiven Charakter anzunehmen. Gleich nach der sogenannten „Machtergreifung“ durch die Nationalsozialisten am 30. Januar 1933 wurde der gesamte Kulturbereich zentralisiert und im Interesse der neuen Machthaber durchstrukturiert. Dem im März 1933 eingerichteten Reichsministerium für Volksaufklärung und Propaganda unter Leitung von Joseph Goebbels kam dabei eine zentrale Rolle zu. Durch das wenige Wochen später erlassene Gesetz zur Wiederherstellung des Berufsbeamtentums wurden zahlreiche jüdische und nicht systemkonforme Lehrende an den Akademien sowie Mitarbeiter von Museen in ganz Deutschland entlassen. Schließlich wurden im Juli auf Erlass des Reichsministeriums alle Künstlervereinigungen und Kunstvereine gleichgeschaltet und in das Reichskartell der bildenden Künste überführt. Wenige Wochen später erfolgte die Gründung der Reichskulturkammer. Sieben Einzelkammern erfassten sämtliche kulturellen Bereiche: Musik, Theater, Schrifttum, Presse, Rundfunk, Film und auch die bildenden Künste. Wer der Reichskulturkammer bis zum 15. Dezember 1933 nicht beitreten wollte oder konnte, hatte fortan keine Möglichkeit mehr, seinen Beruf auszuüben. Voraussetzung für die Aufnahme war die deutsche Staatsangehörigkeit und der Nachweis einer „arischen“ Abstammung, doch auch aus politischen oder anderen Gründen „unerwünschte“ Künstler konnten mit dieser perfiden Maßnahme auf Einfachste ausgegrenzt werden.
Über 10 000 aus südwestdeutschen Heil- und Pflegeanstalten in grauen Bussen transportierte
Menschen wurden 1940 in der »Vernichtungsanstalt« Grafeneck im Rahmen des »Euthanasie-
Programms« des NS-Regimes getötet. Viele davon auch aus der Region Neckar-Odenwald. An
das Schicksal dieser Opfer einer mörderischen Politik zu erinnern, ihre Lebensgeschichten zu
ermitteln und festzuhalten und ihrer somit würdig zu gedenken, haben sich Arbeitsgruppen
in Buchen und Mosbach vorgenommen. Sie leisten damit ebenso wie der Verband der Odenwälder
Museen mit seiner ersten Buchpublikation Beiträge zu einer Gedenkkultur, die zunehmend
aufholt, was jahrzehntelang versäumt wurde.
Am 16. August 1942 erhielten Adolf und Pauline Besag aus der Freiburger Erbprinzenstr. 8 ein
Einschreiben aus Karlsruhe von der Bezirksstelle Baden-Pfalz der Reichsvereinigung der Juden
in Deutschland (RJD): Auf behördliche Weisung eröffnen wir Ihnen, dass Sie zur Teilnahme
an einem am Samstag, den 22. August 1942 von Karlsruhe abgehenden Abwanderungstransport
bestimmt sind. Wir bitten Sie, die nachstehenden Anweisungen genau durchzulesen
und zu befolgen und in Ruhe die Vorbereitungen für Ihre Abreise zu treffen. Sie werden nach
Möglichkeit im Laufe der nächsten Tage von einem unserer Mitarbeiter aufgesucht, der Ihnen
mit Rat und Tat zur Seite stehen wird. Anträge auf Befreiung von der Teilnahme am Abwanderungstransport
sind zwecklos. Wir bitten daher, hierwegen weder schriftlich noch mündlich an
uns heranzutreten. Auch die Einreichung ärztlicher Atteste muss unterbleiben. Dass Anträge
an Behörden ohne Einholung einer Auskunft bei uns unzulässig sind, ist unseren Mitgliedern
bekanntgegeben worden. Sie müssen sich in Ihrer Wohnung am 21. Augustabreise bereithalten [...].
Es war im Februar 1945. Mein Mann war schon im Dezember 44 zu den nach Hinterzarten
ausquartierten beiden Töchtern gegangen, weil die Gestapo ihn zum Schippen einziehen wollte.
Ich ging nicht mit, ich hätte ihn gefährden können. Außerdem musste jemand in der Wohnung
bleiben, um die Post auf Umwegen nachzuschicken und etwaige Recherchen abzufangen. Auch
musste ich den Kanarienvogel, der etwas krank war, versorgen. In Hinterzarten waren die Zimmer nur mit einem elektr. Öfchen notdürftig heizbar (zu kalt für den Vogel) [...]. So beginnt der Bericht über ein persönlich erlebtes, dramatisches Ereignis gegen Ende
des Krieges. Der Verfasserin Gertrud Gurlitt, in der Freiburger Burgunderstr. 30 wohnhaft,
ist offenbar bewusst, dass sie sich augenblicklich in einer bedrohlichen Lage befindet. Soll sie,
ohne zu zögern, dem Willen der Gestapo nachkommen und sich als Jüdin einem unbestimmten
Schicksal ausliefern - oder kann sie es wagen, unter Umgehung dieses Befehls die in Hinterzarten ausquartierte Familie zu besuchen und sie über ihre eigene Bedrohung zu informieren?
In beiden Fällen würde sie ein großes Risiko eingehen und mit Maßnahmen gegen ihre Freiheit
rechnen müssen. Und um beide Optionen in Ruhe gegeneinander abzuwägen, bleibt ihr keine
Zeit.
Emigration oder Deportation?
(2010)
Am Morgen des 22. Oktober 1940 wurde mit der gesamten badischen auch die Ihringer jüdische Gemeinde aus ihren Häusern vertrieben und, nur mit geringem Handgepäck versehen, nach Gurs ins französische Pyrenäenvorland deportiert. Die Wohnungen wurden versiegelt, das Inventar unter beschämenden Bedingungen versteigert, Soldaten einquartiert.
1. ABSCHIED FÜR IMMER?
„Die Fenster und Läden wurden geschlossen,
die Leitungen abgestellt. Der Polizist,
der manchmal oben bei mir zum Rechten
sah, bemerkte, dass ich noch Butter, Brot,
Käsekuchen, Äpfel einpacken sollte. So als Proviant
für ein paar Tage – als ob es mir ums
Schlucken gewesen wäre.
Die Türen wurden geschlossen, mit Papierstreifen
versiegelt. Ohne zu fragen, lud ich
unser Gepäck auf das Wägele, das das Mädchen
ziehen half. Ihre eigenen Sachen stellte sie im
Nachbarhaus ab. Wir standen schon vor der
hinteren Haustüre (für Lieferanten und Menschen
2. Klasse), die Polizei hinter uns, als
Pfarrer W. bestürzt durch den Garten kam,
nach wenigen Worten verstand, uns die Hand
drückte, ein Wort mit auf den dunklen Weg
gab, der alten Vierundachtzigjährigen und uns
Jüngeren. Dann gingen wir zum Auto. Ich
noch einmal an unserem Haus vorbei. Frau
Amtsrichter Kehrle begegnete uns. Hinter
einem Vorhang bewegte sich eine Gestalt. Wir
gingen stumm und tränenlos. Marie und ich
mit dem Wägele voraus.“
Mit dem Erscheinen des sechsten und zugleich Registerbandes der Quellenedition „Die Evangelische Landeskirche in Baden im ,Dritten Reich‘“ im Jahr 2005 wurde eines der großen editorischen Langzeitprojekte der deutschen kirchlichen Zeitgeschichte abgeschlossen. Anders als bei der Dokumentation des württembergischen Kirchenkampfes durch Gerhard Schäfer – für sich genommen eine geradezu singuläre Dokumentationsleistung – steht bei dem im Auftrag des Evangelischen Oberkirchenrats Karlsruhe in Kooperation mit dem Verein für Kirchengeschichte in der Evang. Landeskirche in Baden zustande gekommenen Editionsprojekt nicht die „Kirchenkampf“-Geschichte im engeren Sinn im Vordergrund. Das Karlsruher Projekt hat sich, wie bereits das Geleitwort von Landesbischof Dr. Klaus Engelhardt zum ersten, 1991 erschienenen Band zeigt, die Kontextualisierung der Auseinandersetzung zwischen Landeskirche und NS-Regime in der Kirchen- und Allgemeingeschichte des 20. Jahrhunderts zum Ziel gesetzt.
Vor 75 Jahren wurde hier in Villingen im Tannhörnle der polnische Zwangsarbeiter Marian Lewicki an einer Eiche erhängt. Er war von einem Gericht zum Tode verurteilt worden, nachdem er und eine junge deutsche Frau wegen einer Liebesbeziehung denunziert worden waren. Zu einer Stunde des Gedenkens versammelten sich am 5. März 2017 zahlreiche Bürger unserer Stadt um das Sühnekreuz ( Abb. 1). Oberbürgermeister Rupert Kubon gedachte in einer Ansprache des furchtbaren
Ereignisses, Altdekan Pfarrer Kurt Müller sprach abschliessend ein Gebet.
Vorbemerkung: Das Stadtmuseum in der Tonofenfabrik, ein aufregendes Projekt, ein Glücksfall für Lahr: Raus aus den beengten
Verhältnissen in der Villa Jamm, Platz für die übergroße Fülle an Exponaten, von der Römerzeit über die Stadtgründung bis zum
Grizzlybären. Um die bewegte Geschichte unserer Stadt darzustellen, hat Gabriele Bohnert, die Leiterin des Museums, eine Menge
erstklassigen Materials - und doch nicht genug. Ende 2015 fragt sie die Mitglieder des Fördervereins nach Dokumenten und Exponaten
zum Ersten und Zweiten Weltkrieg, denn „leider wurde zu diesem Thema nichts gesammelt“. Die Geschichte: Ich gehöre zu der Generation, die das Ende des Zweiten Weltkriegs als Kind noch in Erinnerung hat. Dazu gehört vor allem ein einschneidendes Ereignis: der nächtliche Absturz eines englischen Bombers im Litschental bei Seelbach, weniger als drei Kilometer von meinem Elternhaus entfernt. Und der Besuch
zusammen mit meinem Vater und den Brüdern an der Absturzstelle, wo deutsche Soldaten die Trümmer des riesigen viermotorigen
Lancaster-Bombers bargen, der, kurz nachdem er seine Bombenlast im vorderen Litschental abgeworfen hatte, an einer Bergwand im
Wald zerschellt war. Ich erinnere mich daran, dass mein Vater den deutschen Soldaten gegen ein Kistchen Zigarren etwas abgehandelt
hatte, ein kompaktes Steuerelement aus dem Cockpit des Flugzeugs. Bis zu Gabriele Bohnerts Rundruf lag dieses „Artefakt“ fast vergessen auf meinem Speicher. War das nicht genau das Richtige für die Sammlung?
Das nachfolgend abgedruckte, zeitgeschichtliche Gutachten wird zur Dokumentation der Auseinandersetzung mit dem Nationalsozialismus und seinen Folgen im Bodenseeraum veröffentlicht. Es wurde am 5. Februar 2014 im Rahmen einer Pressekonferenz auf der Insel Mainau der Öffentlichkeit übergeben.1 Das Gutachten unter dem
Titel »Lennart Bernadotte (1909–2004) während der Zeit des Nationalsozialismus und
in den unmittelbaren Nachkriegsjahren« wird hier in vollem Umfang abgedruckt. Zur
besseren Anschaulichkeit wurde es um Abbildungen aus dem Gräflich Bernadotte’schen
Familienarchiv und aus anderen Archiven ergänzt.
Im Bundesarchiv in Berlin-Lichterfelde, untergebracht auf dem Kasernengelände
der ehemaligen preußischen Hauptkadettenanstalt und später der Leibstandarte-SS
Adolf Hitler, werden unter anderem die erhaltenen SS-Führerpersonalakten verwahrt.
Unter den abertausenden von Dokumenten befindet sich auch das zu Papier verdichtete
Leben von Heinrich Koeppen, dem ersten
Kommandanten der Kaserne in Radolfzell. Bislang ist in der zeitgeschichtlichen
Forschung über den SS-Obersturmbannführer nur bekannt, dass er im September
1939 in Polen den »Heldentod« fand und
deshalb die Kaserne nach ihm benannt
wurde. Ansonsten liegt sein Leben bis
heute gänzlich im Dunkeln. Was lässt sich
auf der Grundlage eines in Berlin gemachten Quellenfundes mit Gewissheit über
Heinrich Koeppen aussagen?
Wenn in diesem Buch einige Unglücke und katastrophale Momente der Geschichte der Stadt Lahr und ihrer Umgebung erzählt werden sollen, dann dürfen die alliierten Fliegerangriffe zum Ende des Zweiten Weltkrieges nicht fehlen. Denn immerhin wurden bei den 16 Angriffen vom 10.08.1944 bis zum 18.04.1945 auf die Stadt Lahr 85 Zivilisten getötet und 156 verletzt. Außerdem wurden 130 Gebäude total zerstört und 275 weitere Häuser schwer beschädigt. Von den 5.480 Wohnungen in Lahr galten 580, also fast 10 Prozent, als verloren. Im Kreis Lahr wurden rund 23 Prozent der Industriebetriebe mittel und schwer beschädigt.
Er hieß Eulenhorst und Krähenhorst und
befand sich auf der Nordseite des Alt-Rohrbacher Weges (von Rohrbach her Eppinger
Steige und Weg) im Birkenwald und im
Gewann Rohrbacher Weg. „Eppingen beinahe Garnisonstadt, nachdem es 1564/65
auch vorübergehende Universitätsstadt
war!” hatte ein fürstlich-patriotischer Geschichtsschreiber gejubelt.
Nun bekam die Stadt eine Garnison, wenn
auch unter ganz anderen, widrigen Umständen.
Eppingen 1933-1939
(2010)
„Den Frieden zu erringen, der Nation
Selbstbestimmungsrecht zu sichern, die
Verfassung zu sichern und zu behüten, die
allen deutschen Männern und Frauen die
politische Gleichberechtigung verbürgt,
dem deutschen Volk Arbeit und Brot zu
schaffen, ein ganzes Wirtschaftsleben so zu
gestalten, dass die Freiheit nicht Bettelfreiheit, sondern Kulturfreiheit werde” dies
waren die Ziele, die nach dem 1. Weltkrieg
der 1925 leider zu früh verstorbene Reichspräsident Friedrich Ebert1 anstrebte, der
SPD Mann aus Heidelberg, der das
Deutschlandlied am 11. August 1922 als
Nationalhymne eingeführt hatte. Indes, es
sollte anders kommen. Die schreckliche
Inflationszeit war noch nicht vorbei.
Die Adresse ist im heutigen Mannheim nicht zu finden. Die Menschen, das Haus, sogar die Straße sind verschwunden. Die Hausbewohner fehlen im Adressbuch der Stadt seit 1940. In Archiven dagegen geben schriftliche Dokumente Auskunft. Auch in den Erinnerungen ehemaliger Mannheimer in den USA und in Israel leben das Mietshaus und seine Bewohner in schmerzlicher Erinnerung fort. Einige wenige der früheren Bewohner oder Besucher haben überlebt. Sie, die hier als Kinder oder junge Menschen ein und aus gingen, erinnern sich durchaus. Juden lebten hier bis zum 22. Oktober 1940, dem Tag, an
dem die Reise in die Todeslager begann. Wie konnten über 2000 unschuldige Menschen einer Stadt mit Wissen der
Bevölkerung aus ihren Wohnungen abgeführt, deportiert und später getötet werden? Was war da vorausgegangen, wie sah die psychologische und technische Vorbereitung aus, wie konnte alles mit Wissen, vielleicht sogar mit Billigung der Nachbarn geschehen? Eine gültige Antwort wird es wohl nie geben. Dieser Beitrag ist der Versuch einer Rekonstruktion der Ereignisse in einem Wohnhaus.
Am 12. Mai 1944, einem strahlenden Frühlingstag, flogen wieder schwere amerikanische Bomber und Jäger ihre Angriffe gegen das Deutsche Reich. Die Luftkämpfe mit deutschen Jagdflugzeugen wurden wie so oft von der deutschen Zivilbevölkerung vom Boden aus verfolgt. Besonders für die Kinder waren diese Kämpfe am Himmel ein besonderes Ereignis.
Im Sommer 1944 näherten sich amerikanische und französische Truppen vom Westen her dem Elsaß, das damals als Reichsgebiet galt und zusammen mit Baden einen Gau bildete. Am 28. August ließ daher das Badische Innenministerium einen Runderlaß an die Landräte über den Bau einer „Schutzstellung West". Es sollten Hitlerjungen im Alter von 14 bis 18 Jahren eingesetzt werden, nicht länger als zwei bis drei Wochen. Zur Beaufsichtigung, Unterstützung und Betreuung der Jugendlichen werden HJ-Führer, politische Leiter, Lehrer und Gesundheitspersonal zum Einsatz gebracht ... Die Errichtung der Schutzstellung West wird zunächst öffentlich nicht erörtert; eine propagandistische Auswertung ähnlich wie in Ostpreußen ist zunächst nicht vorgesehen. In der Umgebung der Baustellen konnte die gesamte Bevölkerung herangezogen werden. Trotz der Geheimhaltungsvorschrift wurde wenige Tage später ein öffentlicher Aufruf publiziert. In ihm ist der Kreis der Betroffenen stark erweitert. Es werden nun alle männlichen Personen von 14 und 65 Jahren und alle weiblichen Personen von 16 bis 50 zur Herstellung einer Vogesenstellung und der Verteidigungsbereitschaft des Westwaldes einberufen. Dieser Aufruf stammt von der Gauleitung. Das Kompetenzgerangel beginnt also schon im Vorfeld, ein Rundbrief des Innenministers und ein Aufruf des Gauleiters stehen sich gegenüber.
Betrachtet man die Geschichte des Breisgau-Geschichtsvereins „Schau-ins-Land" in der NS-Zeit, kommt man nicht umhin, auch die Geschichte der Gesellschaft für Beförderung der
Geschichtskunde - oder kurz Freiburger Geschichtsverein - zu behandeln. Denn traditionell wird
der heutige Verein als die Vereinigung des Breisgauvereins „Schau-ins-Land" mit der Gesellschaft
für Beförderung der Geschichtskunde gesehen. Die Umstände der Fusion lassen sich jedoch,
auch nach Durchsicht aller Unterlagen in den Vereinsnachlässen im Stadtarchiv Freiburg, nicht
vollständig klären. Es ist kein Dokument zu finden, welches den gewollten Zusammenschluss
beider Vereine belegt. So bleiben nur die Aussagen der Zeitzeugen Karl Siegfried Bader und
Berent Schwineköper, die von der Vereinigung berichten. Es steht anhand der Vereinsunterlagen
unzweifelhaft fest, dass sich 1947 zunächst nur der Breisgauverein „Schau-ins-Land" neu gründete. Die frühesten Schriftstücke mit dem heutigen Vereinsnamen Breisgau-Geschichtsverein
„Schau-ins-Land" datieren übrigens erst aus dem Jahr 1953. Unter den Mitgliedern 1947 waren
Namen vertreten, die auch in den Mitgliederlisten des Historischen Vereins zu finden sind, sodass
man von einer personellen Union sprechen kann.
„Neu bemalt blau-rot“
(2011)
Laut Inventareintrag des damaligen Museumsleiters Paul Revellio kam 1942 eine „Vitrine aus
Nußbaum (Wilhelminische Zeit)“ in die Altertümersammlung der Stadt. Als Name des Voreigentümers notierte Revellio: „Israel Bloch,
Villingen“. Als Kaufpreis werden 70 Mark angegeben. Dahinter steht in gleicher Handschrift, jedoch
mit anderer Tinte: „25.6.1951 mit 200 Mark von
M. Bloch von neuem gekauft“ – ein Eintrag, der
sich auch auf eine zuvor genannte Biedermeier -
vitrine bezieht
Warum haben die Katholiken die Hitler-Diktatur nicht verhindert? Hatten sie keine Möglichkeit dazu? Oder wollten sie sich gar nicht ernsthaft gegen die Nazis wehren? Wer (oder was) hat sie gehindert, der NSDAP den Weg zur totalen Machtergreifung zu versperren? Es gibt neue Quellen, neue Gesichtspunkte, neue Einschätzungen hierzu.
»1940 – Zur Erinnerung an alle behinderten Menschen aus diesem Heim, die unter der nationalsozialistischen Herrschaft ermordet wurden. Zur dauernden Mahnung an uns, jeder Menschenverachtung und Unduldsamkeit zu wehren – 1997«. So lautet die Inschrift des Mahnmals am heutigen Behindertenheim Markgröningen, das zum hundertjährigen Bestehen der Einrichtung eingeweiht wurde, fast sechzig Jahre nach den Krankenmorden des Jahres 1940. Vorausgegangen waren Recherchen von Mitgliedern der Alexander-Seitz-Geschichtswerkstatt Marbach, die auch in Aufsätzen publiziert worden waren, und ein Vortrag vor Ort, der sich mit den damaligen Geschehnissen befasst hatte und zur Gründung des Arbeitskreises Mahnmal führte. Inzwischen sind weitere Jahre vergangen, und das Gedenken an die Deportationen vor mehr als 75 Jahren gab den Anlass, noch einmal näher nachzuforschen und einen Blick auf die damaligen Ereignisse und die damals agierenden
Personen zu werfen. Hierfür konnten weitere Quellen ausgewertet werden, die bei den ersten Forschungen von Rudi Maier und Klaus Schönberger noch nicht zugänglich waren und daher keine Berücksichtigung finden konnten.
Wenn man von den Rheinauer Juden spricht, sind damit die Juden aus dem ehemaligen Neufreistett und aus Rheinbischofsheim gemeint. Die erste schriftliche Erwähnung der „Bischemer" Juden stammt aus dem Jahr 1717. Die Neufreistetter Juden wurden ein wenig später, nämlich im Zusammenhang mit der Stadtgründung, eingeladen, sich hier niederzulassen und sind urkundlich zum ersten Mal im Jahr 1756 erwähnt. Im Lauf der Geschichte war der Anteil jüdischer Einwohner an der Gesamtbevölkerung schwankend. Er betrug in Neufreistett z.B. bis zu 20% und war in beiden Gemeinden in der Zeit bis 1945 deutlich höher als der Anteil katholischer Bürger.
Bei den Großdeportationen der südwestdeutschen jüdischen Bevölkerung durch die NS-Gauleiter Adolf Wagner und Josef Bürckel vom 22. Oktober 1940 handelte es sich um terminlich koordinierte, aber separate Abschiebungs-Aktionen. Dies zeigt sich deutlich auch an der unterschiedlichen Durchführung der Transporte. Gemeinsam hatten sie das Ziel Südfrankreich, worüber in Mannheim sogar offiziell und schon am frühen Morgen durch den Gestapo-Chef informiert wurde. Auch der Gestapo-Referent „für Judensachen“ Philipp Haas gab in Karlsruhe diese Auskunft und fügte, vielleicht zur eigenen Beruhigung, hinzu, „die Fahrt gehe nach dem Süden, in ein warmes Land“. Dass die Massenvertreibung rücksichtslos und zynisch auf das jüdische Fest „Sukkot“ gelegt wurde, könnte Anlass geben, dahinter eine besonders bösartige Schikane des Antisemitismus
zu vermuten. Als Erklärung bietet sich aber auch der Umstand an, dass die Kinder schulfrei hatten und nicht aufsehenerregend aus den Schulen abgeholt zu werden brauchten.
Heinrich Hansjakob (1837–1916) gehört mit seinen 74 Werken bis heute zu den bekanntesten
Schriftstellern Badens. Der Autor von »Bauernblut« und »Erzbauern« wurde von den
Nationalsozialisten vereinnahmt und seine Bücher als »Blut- und Boden-Literatur» verfälscht.
Manfred Hildenbrand untersucht die Hintergründe dieser Fehlinterpretation.
Die anfänglichen Erfolge der Deutschen Wehrmacht hatten sich schon lange in
Misserfolge gewandelt; an allen Fronten rückten die Alliierten vor. Der Krieg war
nicht mehr zu gewinnen, obwohl Durchhalteparolen und Berichte über angebliche
Wunderwaffen der Bevölkerung den Anschein geben sollten, dass die Rückschläge
nur temporär seien.
Für die Zivilbevölkerung war es eine Katastrophe, dass die Lufthoheit über
Deutschland völlig verloren gegangen war und zugleich die Alliierten dazu
übergingen, gezielt die Städte mit Flächenbombardements zu zerstören - eigentlich
ein Verstoß gegen die Genfer Konvention und das Völkerrecht. Man denke an
Dresden oder Hamburg, aber auch an Mannheim, Pforzheim, Heilbronn oder
Bruchsal. Jedoch waren auch kleinere Gemeinden nicht sicher. Wie viele
Augenzeugen berichten, griffen ab 1944 Jagdflugzeuge nicht nur Industrieanlagen
und Verkehrsknotenpunkte an, sondern - wie ein Zeuge meinte - ,,alles was denen
vor den Lauf kam", also auch Zivilpersonen: Bauern auf dem Feld, fahrende Autos
etc.
Das „Führerhauptquartier Tannenberg" auf dem Kniebis ist manchem nicht unbekannt - die „Entourage des Führers", welche Hitler bei seinem Aufenthalt auf dem Kniebis besucht oder begleitet hat, ist aber nicht weniger interessant. Die „Teilnehmerliste" anlässlich des „Führeraufenthaltes" wirft ein bezeichnendes Licht auf den „Hofstaat des Führers". So war der Kniebis im Strom der Zeit zu einem Wassertropfen geworden, in welchem sich manches fokussiert hat. Für die Wachmannschaften des „Reichs-Sicherheits-Dienstes", welche einen Teil des Führerbegleitkommandos stellten, hatte man übrigens eigens besondere Erkennungsmarken - heute „dog tags" genannt - entwickelt und ausgegeben, welche die Aufschrift „Tannenberg" trugen.
Am Karfreitag 1945 verhaftete eine Volkssturmeinheit unweit von Bad Rippoldsau, das unterhalb des Kniebismassivs liegt,
zwei Flüchtlinge: zwei junge Menschen, welche die Not der Zeit in die Welt hinausgeworfen hatte, wo sie versuchten, ihr
Leben zu retten. Doch sie trafen auf den SS- und SD-Führer, SS-Totenkopfringträger, SS-Ehrendegenträger und „Inhaber des
SS-Julleuchters", den zeitweiligen NSDAP-Ortsgruppenleiter von Wolfach, Karl Hauger, der seines Zeichens - sozusagen
neben seinen unzähligen NS-Parteibeschäftigungen - auch noch Forstamtsleiter des Staatlichen Forstamtes II in Wolfach,
der damals für Bad Rippoldsau zuständigen Forstbehörde, war. Ein Mann, der seine Unterwürfigkeit zu Partei und Staat auch
durch die Tatsache zum Ausdruck brachte, dass er nicht etwa, wie damals noch weithin üblich, im Frack und Zylinder zum
Traualtar schritt: Der Forstmann heiratete 1934 auch nicht, wie eigentlich zu erwarten gewesen wäre, in Forstuniform, sondern
in der schwarzen Uniform der SS. Karl Hauger, im Volksmund von manchen noch heute der „kleine Hitler von Wolfach" genannt, war sich selbst nicht zu schade dafür, sich eigenmächtig zum Richter zu erheben und zum Hinrichter zu erniedrigen.
Nur noch wenigen ist heute wohl bekannt, dass sich auf dem Kniebis das
„Führerhauptquartier Tannenberg" befand, das, wenn auch nur wenige
Tage, Hitler als Standquartier diente. Mit dem Bau der Anlage war im Zuge der Vorbereitungen des Westfeldzuges am 1. Oktober 1939 begonnen
worden. Die Anlage, welche zwei Bunker und eine Baracke umfasste, lag
an der Schwarzwaldhochstraße, rund einen Kilometer entfernt vom Gasthaus „Alexanderschanze", am Rand einer hochmoorartigen Lichtung. Die
Gesamtanlage war von Stacheldrahthindernissen umgeben, um unkontrollierten Zugang zu verhindern. Geheimhaltung wurde in jeder Beziehung
als wichtig angesehen, kritisierten die „Geheimen Lageberichte aus dem
Reich" des SD doch bereits im November 1940, dass in Gaststätten und
Verkehrsmitteln zu offen über wahrgenommene Truppenbewegungen diskutiert werde.
Straßburg und Bad Rippoldsau
(2019)
Bad Rippoldsau lag und liegt idyllisch und recht abgeschieden, heute in einer Art Dornröschenschlaf – trotzdem dass der Ort
noch lange deutlich vom Nachruhm der großen „Goeringer-Zeit“ (vom Ende des 18. Jahrhunderts bis zum Beginn des 20. Jahrhunderts) zehren konnte. Und zwischenzeitlich durch die „Schwestern der Liebe vom kostbaren Blut“ und die zur Zeit
ihres Bestehens erfolgreiche Klinik Bad Rippoldsau das medizinische Bäderwesen bis zur Gesundheitsreform in den 90er
Jahren des vorigen Jahrhunderts in hoher Blüte stand. Für die Fürsten zu Fürstenberg waren in ihrer Zeit als Landesherren stets Zimmer bereitzuhalten gewesen. Hier waren seit der Erhebung zum Großherzogtum die Landesherren zu Gast, hier wurde durch Großherzog Ludwig 1821 der Grundstein für die Vereinigte Evangelisch-Protestantische Landeskirche in Baden gelegt. Obwohl Bad Rippoldsau traditionell ein bedeutender, katholischer Wallfahrtsort ist: Noch heute genießt das Gnadenbild der Gottesmutter in der Wallfahrtskirche Mater Dolorosa in Bad Rippoldsau nicht nur an den traditionellen Wallfahrtstagen höchste Verehrung. Baden und das Elsass verbindet traditionell mehr als nur der Rhein, und diese Verbindung der Landschaft zwischen Schwarzwald und Vogesen geht weiter zurück als bis zur Eheschließung des späteren Großherzogs Karl Friedrich Ludwig mit Stépanie de Beauharnais, Kaiserliche Hoheit, Fille de France und Adoptivtochter Napoleons.
Bad Rippoldsau, das unter der Badeigentümer-Dynastie der Goeringer nicht nur zu einem der bedeutendsten Bäder des
Schwarzwaldes, sondern zu einem Heilbad von Weltruf geworden war, hatte nach dem ständigen und kontinuierlichen Aufschwung von 1777 bis zum Tode Otto Goeringers (Otto Goeringer sen. 1853–1920, zu Kaisers Zeiten Leutnant der Reserve mit früherem Standort in Colmar, zuerst Alleineigentümer des Bades Rippoldsau, später Direktor der Bad Rippoldsau AG) in den Zeiten der Weltwirtschaftskrise existenziell zu kämpfen. Selbst die hervorragenden Einrichtungen des Fürstenbaus (der bereits 1865 errichtete Fürstenbau war zu seiner Zeit eines der modernsten Hotels in Europa) und der Villa Sommerberg (nicht weniger luxuriös und modern) sowie die fachliche Leitung durch den Hotelier von Weltruf, Ferdinand Huse, vermochten den Niedergang nicht zu verhindern. Huse war an den Katarakten des Nils genauso zu Hause wie in den allerersten Hotels Europas. Er sollte später das Kurhaus Sand zu höchster Blüte bringen.
Vor etwa 3 Wochen brachte mir mein zuständiger Blockleiter einen Mahnzettel ins Haus, dessen Aufschrift vor dem Abhören ausländischer Sender warnt. Leider war meine Neugierde immer noch größer als die Angst, so dass ich auch trotz des Zettels noch einige Male ausländische Sender abhörte. Mit diesen Worten gestand der Metallarbeiter Ernst W. ein, verbotenerweise
ausländische Stationen eingeschaltet zu haben. Das Hören ausländischer Sender war mit Kriegsbeginn aufgrund der „Verordnung über außerordentliche Rundfunkmaßnahmen" des Reichspropagandaministers Joseph Goebbels verboten worden. Diese so genannte Rundfunkverordnung vom 1. September 1939 unterschied nach zwei Tatbeständen: Abhören (§ 1)
und Weiterverbreiten (§ 2).
Zu Beginn des Schuljahres 2014/2015 hat sich am Anne-Frank-Gymnasium Rheinau eine klassen- und stufenübergreifende Arbeitsgemeinschaft gebildet, deren Teilnehmerinnen, mit hoher intrinsischer Motivation, den Staffelstab der Erinnerung ergriffen haben, um außerhalb des Regelunterrichts und mit einem regionalgeschichtlichen Schwerpunkt auf der Geschichte der ehemaligen jüdischen Gemeinden Neufreistett und Rheinbischofsheim folgende - von den Teilnehmerlnnen selbst
formulierte - Leitfrage zu bearbeiten: Was hat die Shoa mit Rheinau zu tun und in welcher medialen Ausprägung kann heute
daran erinnert werden? In den sich anschließenden Ausführungen wird zunächst eine der Teilnehmerlnnen, Tina Schadt
(Klasse 10), in Form eines Werkstattberichts ihre Erwartungen und Erfahrungen bei der Auseinandersetzung mit der jüdischen
Geschichte zur Zeit des Nationalsozialismus in ihrer Heimatgemeinde darlegen. Hieran schließen sich exemplarische Überlegungen zur „Holocaust Education" in der gegenwärtigen bundesdeutschen Erinnerungskultur an.
Der Umgang mit der zwölfjährigen Herrschaft des Nationalsozialismus gerade
auf lokaler Ebene ist über Jahrzehnte hinweg eher von Verdrängung und Verschweigen als von Aufarbeitung und Offenlegung der Fakten geprägt gewesen.
Diese Haltung wurde in vielen Kommunen eingenommen – so auch in Villingen.
Aber in den letzten Jahren ist dieses Defizit in vielen Städten und Gemeinden der
Region behoben worden. Zu nennen ist insbesondere die äußerst informative und
detaillierte Arbeit von JÜRGEN KLÖCKLER über Konstanz, aber auch in Städten
und Gemeinden aus der Region wie Furtwangen, Sankt Georgen, Unterkirnach
oder VS-Weilersbach war es möglich, die Zeit des Nationalsozialismus als Teil der
eigenen politischen Geschichte anzunehmen und entsprechend offen in den örtlichen Chroniken oder Stadtgeschichten darzustellen. Auch für Villingen gibt es
ausführliche Darstellungen einzelner Ereignisse aus der NS-Zeit; in einer Reihe
von Veröffentlichungen wird punktuell auf verschiedene Aspekte eingegangen.
Was jedoch fehlt, ist eine zusammenhängende Darstellung und Untersuchung der
politischen Entwicklung der Villinger Kommunalgeschichte, in der die schrittweise Verdrängung der demokratischen Institutionen, das Verhältnis zwischen
Stadtverwaltung und der NSDAP, die Formen der Anpassung der städtischen Gesellschaft an die nationalsozialistische Diktatur und die Rolle der handelnden Personen – um nur einige Aspekte zu nennen – genauer untersucht und dargestellt
werden. Zu diesen Themen soll hier ein Beitrag geleistet werden.