Drittes Reich
Filtern
Erscheinungsjahr
Dokumenttyp
- Wissenschaftlicher Artikel (165)
- Buch (Monographie) (1)
Sprache
- Deutsch (166)
Gehört zur Bibliographie
- nein (166)
Schlagworte
- Nationalsozialismus (93)
- Judenverfolgung (34)
- Weltkrieg 〈1939-1945〉 (27)
- Drittes Reich (21)
- Offenburg (16)
- Freiburg im Breisgau (14)
- Deportation (13)
- Baden (11)
- Heidelberg (11)
- Zwangsarbeiter (10)
In seinem sehr sachlichen und detaillierten Rechenschaftsbericht zu Beginn des Jahres 1933 sah Georg Würth, der im April 1932 für weitere zehn Jahre wiedergewählte Ortsvorsteher von Korntal, der zukünftigen Entwicklung seiner Gemeinde mit Optimismus entgegen. Dieser Bericht führte eine ganze Reihe von Maßnahmen zur Bekämpfung der Arbeitslosigkeit – der »größten Not des Jahres 1932« – an. Im letzten Teil seiner Rede beklagte er dann allerdings eine durch fortgesetzte Wahlen entstandene »dauernde Unruhe« und stellte in diesem Zusammenhang fest: »Eine Wahl löst die andere ab. So hatten wir im abgelaufenen Jahre in der Gemeinde Korntal nicht weniger als neun Wahlen, und zwar am 24. Januar 1932 die
Landwirtschaftskammer-Wahl, am 13. März und 10. April Reichspräsidenten-Wahl, am 20. April Gesellschaftsrats-Wahl, am 23. April Ortsvorsteher-Wahl, am 24. April Landtags-Wahl, am 19. Juli Pfarr-Wahl, am 31. Juli und 6. November Reichstags-Wahl.«
Die Rheinbrücke in Breisach
(2020)
Am 22. Oktober 2020 jährt sich zum 80. Mal die Deportation von 6.504 Deutschen jüdischer Herkunft in das französische Internierungslager Gurs am Fuß der französischen Pyrenäen. Im kollektiven Gedächtnis Südwestdeutschlands ist das Lager Gurs dadurch zentral mit den Opfern der sogenannten „Oktoberdeportation“ verbunden. Die Vorbereitung der „Judenaktion in Baden und in der Pfalz“ erfolgte von langer Hand und lieferte eine Art Masterplan für künftige Vertreibungen der Juden aus Deutschland.
Der 15. Juli 1942 war ein Mittwoch. Reinhold Birmele, achtundzwanzigjähriger Gehilfe in der Gärtnerei Rappenecker, bearbeitete ein Grundstück in der Freiburger Beethovenstraße. Wegen epileptischer Anfälle in der Vergangenheit hatte er nicht als Soldat in den Krieg ziehen müssen. Nebenan, Nr. 9, lag der Garten, der zur Villa des ehemaligen Bankdirektors Hein gehörte. Birmele hatte schon oft dort gearbeitet. Nur flüchtig war er hingegen bisher der achtundfünfzigjährigen Hausgehilfin der Familie Hein, Maria Weber [Name geändert, H. H.], begegnet, die gerade in den Garten trat; er wußte nicht einmal ihren Namen. Sie kamen ins Gespräch. Dabei stellte sich heraus, daß Frau Weber in St. Peter beheimatet war und Reinhold Birmele ihre dort verheiratete Schwester kannte. Sie habe jetzt Ferien und wolle ihre Schwester wieder einmal besuchen, meinte Birmele die Hausgehilfin zu verstehen. Ihm kam die Idee, sie zu fragen, ob sie nicht gemeinsam dorthin wandern wollten. Er war ein großer Naturfreund und jeden Sonntag draußen in den Bergen. Birmele wollte dann, nach dem Besuch der Bekannten in St. Peter, über den Kandel zurück nach Kollnau laufen, wo er wohnte. Eine richtige Verabredung war es wohl nicht, aber Birmele dachte, Maria Weber habe seinem Plan zugestimmt.
Ein Akt der Verzweiflung
(2000)
Die von langer Hand und unter strikter Geheimhaltung vorbereitete Deportation von 350 jüdischen Männern, Frauen und Kindern aus Freiburg nach Gurs schlug sich im Tagebuch der Polizeidirektion, das für den 22. Oktober 1940 auch den Besuch der Sicherheitsdienste (SD) von Mülhausen und Freiburg vermerkt, in einer siebenzeiligen Notiz nieder: ,,Dienstag, 22. Oktober und Mittwoch, 23. Oktober 1940: An beiden Tagen wurden die jüdischen Familien abtransportiert. Hierbleiben durften nur diejenigen Juden, bei denen entweder der Mann oder die Frau arischer Abstammung sind. Weiter blieben auch die Mischlinge hier. Zwei Juden haben Selbstmord verübt; eine Jüdin hat sich die Pulsadern durchschnitten und starb in der Klinik, ein Jude hat sich erhängt. Der Abtransport ging in aller Ordnung vor sich."
Am 15. April 1937 verhafteten Beamte der Zollfahndung den Geschäftsleiter der Bezirkssparkasse Elzach, Erwin Stengler. Wer davon erfuhr, konnte es nicht fassen: Stengler war ein angesehener Bürger der Stadt. Bald munkelte man hinter vorgehaltener Hand, dass es sich um ,,krumme Geschäfte", um Devisenvergehen handeln solle, ja, obwohl Parteimitglied, habe der
Sparkassenleiter einem Juden geholfen. Stengler galt als korrekter, anständiger Geschäftsmann, er hatte sich um die Sparkasse verdient gemacht. Dass er gegen Gesetze verstoßen, vielleicht sogar die Bank geschädigt haben sollte, war unvorstellbar.
Vor etwa 3 Wochen brachte mir mein zuständiger Blockleiter einen Mahnzettel ins Haus, dessen Aufschrift vor dem Abhören ausländischer Sender warnt. Leider war meine Neugierde immer noch größer als die Angst, so dass ich auch trotz des Zettels noch einige Male ausländische Sender abhörte. Mit diesen Worten gestand der Metallarbeiter Ernst W. ein, verbotenerweise
ausländische Stationen eingeschaltet zu haben. Das Hören ausländischer Sender war mit Kriegsbeginn aufgrund der „Verordnung über außerordentliche Rundfunkmaßnahmen" des Reichspropagandaministers Joseph Goebbels verboten worden. Diese so genannte Rundfunkverordnung vom 1. September 1939 unterschied nach zwei Tatbeständen: Abhören (§ 1)
und Weiterverbreiten (§ 2).
Die meisten Breisacher Juden wohnten am Ende des 19. Jahrhunderts noch immer in dem am Nordfuß des Breisacher Berges gelegenen Teil der Unterstadt, in dem ihre Vorfahren im 18. Jahrhundert fast alle zwischen den Judenhäusern gelegenen Christenwohnungen käuflich an sich gebracht hatten. Von den 113 Wohnhäusern dieses Stadtteils, der zwischen der Fischerhalde und dem Kupfertor liegt , gehörten um 1898 beinahe drei Viertel jüdischen Eigentümem. Der Anteil ihrer Häuser an der Gesamtzahl der Wohnhäuser ging von 77 % im Jahr 1900 auf 54 % im Jahr 1933 und auf 31 % im Jahr 1941 zurück.
„Die Schwarzen sind da, der Krieg ist aus!" Dieses Bild vom Einmarsch dunkelhäutiger marokkanischer Soldaten, die in der französischen Armee dienten, bestimmt die Erinnerung an das Kriegsende in Zell am Harmersbach am 19. April 1945. Schon wenige Wochen vor dem offiziellen Ende des Zweiten Weltkrieges in Europa am 8. Mai 1945 erlebte die Bevölkerung in Südbaden ihren „Tag der Befreiung", wie ihn Ex-Bundespräsident Richard von Weizsäcker in seiner weltweit beachteten Rede in der Feierstunde am 8. Mai 1985 im Deutschen Bundestag in Bonn zum 50. Jahrestag des Kriegsendes bezeichnete. Die detailgetreue Erinnerung an dieses historische Datum ist als einschneidendes Erlebnis bei Zeitzeugen und in Publikationen noch präsent. Im Tausendjährigen Reich nahmen viele nach der anfänglichen Begeisterung über Hitler die brutale Diktatur erst richtig wahr, als sie durch die Kriegswirren mit Not, Hunger, Angst, Luftschutzkeller, Volkssturm ... für jeden selbst spürbar wurde.
Der letzte Offenburger Rabbi
(2000)
Im September 1938, wenige Wochen vor dem Novemberpogrom, kam ein junger Mann über die hohen jüdischen Feiertage (Rosch Haschana, Jom Kippur, Versöhnungsfest) in die Offenburger Gemeinde: Bernhard Gries, geb. 22.4.1917 in Landeshut (Schlesien). Sein Vater war Weingroßhändler in Hirschberg (Riesengebirge) und hatte zwei Söhne: Bernhard und Heinz.
Bernhard besuchte nach Oberrealschule und Abitur die Fraenkelsche Stiftung in Breslau, ein bekanntes Rabbinatsseminar, und machte dort eine Ausbildung zum Religionslehrer.
,,Der Vorgang selbst wurde von der Bevölkerung kaum wahrgenommen", stand im Abschlußbericht an den Leiter des Sicherheitsdienstes, Heydrich. Die Deportation vom 22. Oktober 1940 hatte sämtliche noch in Baden und der Pfalz lebenden Juden betroffen, darunter auch die Juden der Ortenau. Sie wurden morgens abgeholt, zusammengetrieben in verschiedenen Lagern oder Hallen (in Offenburg war es die Turnhalle der Oberrealschule, heute Schillerschule), und danach mit Lastwagen zu den Bahnhöfen gebracht. Dort standen die Sonderzüge bereit, die sie in das Internierungslager Gurs in Südfrankreich transportierten. Allerdings: ganz unbemerkt war dieses Verbrechen nicht geblieben. Und für die Ortenau konnten Gerhard Finkbeiner und Robert Krais inzwischen sogar Fotos ausfindig machen, die mit versteckter Kamera in Kippenheim aufgenommen wurden. Der Amateurphotograph Wilhelm Fischer aus Dörlinbach im Schuttertal war damals zufällig in Kippenheim unterwegs und wurde Zeuge der Zwangsdeportation. Heimlich fotografierte er den Abtransport. Erschütternde Dokumente der Heimatgeschichte.