Militär- und Wehrwesen
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Am 3. Oktober 1805 treffen Napoleon, der Kaiser der Franzosen, und Kurfürst
Friedrich von Württemberg in der Nähe des Ludwigsburger Schlosses zusammen.
Es ist keine freundschaftliche Begegnung. Stadlinger beschreibt in seiner »Geschichte
des württembergischen Kriegswesens« die politische Situation: »Die französischen
Heerscharen, ihren damaligen Kaiser als obersten Feldherrn an der Spitze, zogen
nämlich Ende September d. J. mit Blitzesschnelle über den Rhein nach Schwaben
gegen die schon in Bayern stehende kaiserlich österreichische Heeresmacht.
Napoleon, seine Garden voraus, kam den 3. Oct. am späten Abend in Ludwigsburg
an. Der Kurfürst von Württemberg empfing diesen unerwarteten Gast in dem
Residenzschlosse zu Ludwigsburg. Die erbetene Neutralität ward nicht gestattet.
Unter diesem Drang der Umstände konnte auch der Entschluss des Kurfürsten nicht
zweifelhaft sein, an welchen Heerestheil er seine Truppen anschließen lassen werde.
Ein Vertrag mit dem Kaiser von Frankreich hatte die Folge, dass Württemberg zu der
französischen Armee ein Contingent von 6300 Mann mit 800 Pferden und
16 Geschützen zu stellen hatte. Theils zur Ergänzung der schon bestehenden
Abtheilungen auf den Kriegsstand, hauptsächlich aber zu Formation neuer
Regimenter und Bataillone wurden Auswahlen zu Stellung von 3500 Recruten
ausgeschrieben.« Und weiter: »Zum Ausmarsche ins Feld wurden bestimmt: das
Chevaulegers-Regiment, eine Batterie reitende und eine Batterie Fußartillerie mit
16 Geschützen, und außer dem Leibgrenadier-, dem Garnisons-Bataillon und dem
Bataillon v. Romig alle übrigen 9 Infanterie-Bataillone. Am 6. und 22. Oct. und am
18. Nov. marschierten diese Abtheilungen aus dem Vaterlande ab nach Bayern,
schlossen sich an das französische Heer an und zogen mit diesem nach Österreich.«
Ludwigsburg, eine barocke Stadt, mit Stadtmauer und Toren bewehrt? Eine für uns
heute ungewöhnliche, jedoch für den Stadtgründer Herzog Eberhard Ludwig und
seinen übernächsten Nachfolger, Herzog Carl Eugen, eine gar nicht so abwegig erscheinende Vorstellung.
Bereits 1726 entwarf der junge Architekturstudent Johann Christoph David Leger,
wohl nach Anregung durch den Stadt- und Schlossbaumeister Donato Giuseppe Frisoni, den Plan einer sternförmigen Befestigungsanlage rund um Ludwigsburg im Stil
des bekannten französischen Festungsbaumeisters Sebastien Vauban. Der aufwendige Plan wurde nicht realisiert, doch verordneten 1730/31 zwei herzogliche Resolutionen, dass die Stadt nebst dem dazugehörenden Bezirk »zur Abhaltung des widerlichen Vagantengesindels mit einem Graben-Rampart und Palisaden umschlossen
werde«. 1732 begann man mit den Bauarbeiten im Süden der Stadt nach einem Plan
des Baumeisters Leopoldo Retti. Vollendet wurde das Befestigungswerk allerdings
nie; nach dem Tod von Herzog Eberhard Ludwig Ende Oktober 1733 kamen die
Arbeiten schnell zum Erliegen.
25 Jahre später griff Herzog Carl Eugen, mehr der Not als dem eigenen Wunsch
gehorchend, den Gedanken einer Stadtbefestigung wieder auf und ließ die Stadt mit
einer Mauer umgeben und mit Toren verschließen. Die Gründe für diesen Entschluss
werden am besten vor dem zeitgeschichtlichen Hintergrund des Siebenjährigen Krieges verständlich.
Im Herbst 2000 wurde die Filmakademie Ludwigsburg neun Jahre alt. Zunächst
in einem Provisorium in · der Weststadt untergebracht, konnte sie im September
1993 ihre drei Gebäude auf dem nahezu quadratischen Platz zwischen Mathildenstraße, Seestraße, Alleenstraße und Gewächshausweg beziehen und nun ist ostwärts davon auf dem Mathildenareal an der Alleenstraße ein weiteres Gebäude
hinzugekommen. Die Filmakademie hat sich inzwischen einen Ruf erworben, der
weit über die Grenzen der Stadt und des Landes hinausgeht. Sollte dies nicht
schon genug Anlass sein, der Vorgeschichte des Areals an der Mathilden-, See- und Alleenstraße nachzuspüren?
In der südöstlichen Ecke des Alten Friedhofs von Ludwigsburg befindet sich das vom
ehemaligen Sanitätsverein gestiftete Denkmal für jene deutschen Soldaten, zeitgenössisch als »Krieger« bezeichnet, die den Sieg im Deutsch-Französischen Krieg von
1870/71 mit ihrem Leben bezahlten und in der württembergischen Garnisonsstadt
bestattet wurden. Man erreicht das Denkmal in wenigen Schritten, wenn man sich,
vom Eingang in der Schorndorfer Straße kommend, nach rechts wendet. Dabei passiert man die neugotische Friedhofskapelle mit dem Mahnmal für die Toten des Zweiten Weltkriegs, die Gräber deutscher Gefallener des Ersten Weltkriegs und das dazugehörige Denkmal. Zwanzig Schritte südlich des Kriegerdenkmals befindet sich ein
Denkmal zur Erinnerung an die in Ludwigsburg verstorbenen französischen Soldaten
der Jahre 1870 und 1871. Ebenfalls in der Nähe des Denkmals, an der Nordseite der
alten Friedhofskapelle, ist eine 1876 von der Stadt gestiftete Erinnerungstafel für sieben in Frankreich gefallene Ludwigsburger zu sehen.
So wie in Ludwigsburg gibt es wohl in fast jeder deutschen Stadt Straßennamen
oder Denkmäler, die an den deutschen Sieg von 1870/71 erinnern. Dennoch ist der
Deutsch-Französische Krieg von 1870/71 heute, wie die beiden anderen deutschen
Einigungskriege der Jahre 1864 und 1866, im allgemeinen Bewusstsein kaum noch
präsent. Dass uns dieser Krieg heute sehr weit entfernt vorkommt, liegt sicher an der
Fülle an Ereignissen, die ihm folgten und die von noch größerer Bedeutung für
Deutschland und die Welt waren: Der Erste Weltkrieg und der Zweite Weltkrieg haben
den Krieg von 1870/71 weitgehend vergessen machen lassen, wie sich auch am Beispiel der Denkmalgruppe auf dem Alten Friedhof von Ludwigsburg anschaulich zeigen lässt. Neben den beiden Gedenkstätten zu den Weltkriegen wirkt das Denkmal
für die deutschen Toten von 1870/71 trotz seiner Größe an den Rand gedrängt und
in seiner historistischen Stilmischung aus antikisierenden Formen und vaterländischer Symbolik aus der Zeit gefallen. Das französische Denkmal ist sogar hinter Bäumen halb versteckt und nur zu finden, wenn man es gezielt sucht.