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Nur vereinzelt sind autobiographische Quellen einfacher, nicht zu den Oberschichten gehörenden Menschen aus früheren Jahrhunderten überliefert. Historisch arbeitende Disziplinen wie Volkskunde und Geschichtswissenschaft begannen sich
erst in den letzten Jahrzehnten für diese Schriften zu interessieren und erschlossen
dadurch für die Forschung neue Zugänge zur Vergangenheit.
Aus dem Hegau wurden bislang nur wenige entsprechende Zeugnisse veröffentlicht. Am bekanntesten aufgrund des Inhaltes und der Darstellungskraft ist der
unter dem Titel »Aus vergangenen Tagen. Erlebnisse eines Höhgaubewohners in
der Franzosenzeit 1795-1815. Aus dem Tagebuch des ehemaligen Bärenwirts
und Vogtes Ferdinand Müller in Welschingen« 1893/94 erst im »Höhgauer Erzähler« und 1894 in Engen als Sonderdruck herausgegebene Bericht. Die für die
Zeitung bearbeiteten, an einigen Stellen gekürzten, an anderen erweiterten und
mit Fehldeutungen versehenen Aufzeichnungen behandeln die Zeit um 1800, als
das revolutionäre Frankreich und das konservative Österreich im Hegau miteinander um die Macht in Europa rangen. Sie sind nur ein Teil der »Lebensgeschichte«
Ferdinant Müllers. Das Original galt lange als verschollen und wurde 2001 zum
ersten Mal vollständig veröffentlicht.
In der heutigen Zeit hat der Bürger kein Verständnis mehr für die Eingriffe des Staates in die Privatsphäre seiner Mitbürger im Zeitalter des Absolutismus. Das bedeutet, daß wir in unserem Fall nach dem Territorium und dessen Landesherrn fragen müssen, dem das Städtchen Lichtenau in dem behandelten Zeitabschnitt angehörte. Das „Vaterländchen" von Lichtenau,
zusammen mit seinen vier Gerichtsorten Seherzheim, Muckenschopf, Helmlingen und Grauelsbaum war die Grafschaft Hanau-Lichtenberg, im Volksmund kurz „Hanauerland" genannt. Das genannte Territorium bestand aus 11 Ämtern, von denen zwei rechts des Rheins lagen, nämlich die Ämter Lichtenau und Willstätt, die andern aber im Unterelsaß bzw. der
Südpfalz (Amt Lemberg). Es war eine Schöpfung des unterelsässischen Adelsgeschlechts der Lichtenberger, das es verstand, vom 13. bis zum 15. Jahrhundert sich diesen Kleinstaat zu schaffen, dessen Verwaltung aber frühzeitig von der Stammburg in das zentral gelegene Buchsweiler verlegt wurde. Im Jahre 1480 erlosch das Haus Lichtenberg im Mannesstamm (Graf Jacob). Über die weibliche Linie kam die Herrschaft schließlich in die Hände eines Zweiges der Grafen von Hanau. Die neuen Landesherrn nannten sich deshalb Grafen von Hanau-Lichtenberg. Was die Residenzen der Grafen und die Verwaltung anbetrifft, so blieb alles beim alten.
Im Protokoll des Schwenninger Kirchenkonvents
findet sich unter dem Datum des 6. Januar 1670
die folgende Eintragung:
Klag.
Verena Jerg Müllers fraw solle ihr kindt
nach Villingen zue den nonnen getragen haben
weilen es ein Je(r)ma[lichs] kindtlin seie.
Verantwortung
Gestehts, allein Viel weiber habens ihr gerathen,
Undt habe sie sich ihres kindts erbarmet; Sie wolle
es nimmer thun, Sie habe nit gewust, daß es so Viel
auff sich habe.
Die Ratsprotokolle sind eine wichtige Informationsquelle
für viele Bereiche des täglichen Lebens.
Politische, wirtschaftliche und gesellschaftliche
Fragen wurden in diesem Gremium beraten und
entschieden. Im Folgenden sollen einige Schlaglichter
einen Eindruck vom sozialen Miteinander
in Villingen vermitteln.
Es fällt auf, dass bei moralischen Fragen wie
ledige Mutterschaft oder Ehebruch im Rat nur
'Verfehlungen' von Frauen verhandelt werden.
Hier einige Beispiele:
10. Nov. 1734 „Cäzer Mädle, ein Tropf”, die
schon zum zweiten Mal ledig schwanger wurde,
wird, da sie für eine Geldstrafe zu arm ist und aufgrund
ihrer Verstandesschwäche und schwachen
Persönlichkeit weder für eine Kerker- noch eine
Schanzenstrafe in Frage kommt, mit 20 Rutenstreichen
auf den entblößten Rücken gezüchtigt.
Als Zeugen wohnen der Exekution Dr. Ummenhofer
und Herr Kreuzer bei.
Anfang Juli 2020 wurden in Ludwigsburg in der Gartenstraße von dem Kölner Künstler Gunter Demnig als Teil des bekannten »Stolperstein-Konzepts« zwei neue Gedenksteine verlegt. Sie erinnern an das Schicksal von Karl Ebel und Josef Michelbacher und darüber hinaus an eine lange Zeit nicht anerkannte Opfergruppe der NS-Diktatur: An Menschen, die den Nationalsozialisten als »Asoziale« galten und im ersten Halbjahr 1938 im Rahmen der Aktion »Arbeitsscheu Reich« zu Tausenden festgenommen und in Konzentrationslager verschleppt wurden. Josef Michelbacher starb im März 1939 im KZ Dachau, Karl Ebel sechs Monate später im KZ Mauthausen.
»Bei Königs unterm Fußboden«
(2007)
In alten Gemäuern werden im Dachstuhl oder unter den Fußböden immer wieder kuriose Fundobjekte oder ganze Fundkomplexe entdeckt. Anlässlich des Bamberger Kongresses »Depotfunde« im Jahr 2005 beschäftigten sich Archäologen und Historiker erstmals umfassend mit dieser Quellengattung. Der Inhalt eines Hortes oder Depots besteht aus Gegenständen, die durch eine positive Auslese aus unbekannten Gründen verborgen wurden. In diesem Sinn können als Depotfunde alle Gegenstände bezeichnet werden, »die absichtlich in einen Gebäudehohlraum eingebracht und dort eingeschlossen wurden – und sei es als Akt der Abfallentsorgung, bei dem es sich ja keineswegs um einen zufälligen oder versehentlichen Prozess handelt«. Derartige Vorgänge können auch in mehren Phasen abgelaufen sein. Depotfunde können noch weiter systematisch unterteilt werden: Zunächst gibt es die »Verlustobjekte«, die als »Zufallsfunde« durch die Dielenritzen gerutscht sind, etwa Münzen, Nadeln oder Spielkarten. Echte »Fehlbodenfunde« lagern in Hohlräumen zwischen den Deckenbalken und Bodenbrettern oder in Gewölbezwickeln. Dort sorgt das Material für Schalldämmung und Wärmeisolierung. Selten sind diese Füllungen einheitlich, zumal sie meist durch Zufallsfunde und bei späteren Reparaturen nachträglich eingebrachtes Material ergänzt wurden.
Literarisch, aber auch in den Erinnerungen alter Menschen war Kinderarbeit ganz selbstverständlich. Aber was heißt Kinderarbeit eigentlich? Normalerweise wurde im 19. und 20. Jahrhundert
unter Kinderarbeit die berufliche Tätigkeit von schulpflichtigen Kindern unter 14 Jahren verstanden. Die Altersgruppe zwischen 14 und 16 Jahren zählte zu den jugendlichen Arbeitern.
Am Morgen des 29. April 1836, ihrem 26. Geburtstag, wird die ledige Cäcilia Debold aus Eichelberg, die am 12. April 1836 in der Heidelberger Entbindungsanstalt zum zweiten Mal mit einem Kind niedergekommen war, nach Hause entlassen und macht sich mit ihrem 17 Tage alten Säugling zu Fuß auf den Weg in ihren Heimatort im Kraichgau. Die Heidelberger Entbindungsanstalt, die 2016 ihr 250-jähriges Bestehen feiern konnte, wurde 1766 von dem Heidelberger Arzt Franz Anton May als Hebammenschule in Mannheim gegründet. Anlass dazu war die äußerst komplizierte Niederkunft der Kurfürstin am 29. Juni 1761, die dem neugeborenen Thronfolger das Leben gekostet hatte. Nur mit Mühe hatte man das Leben der Kurfürstin retten können. Der Kurfürst wollte daraufhin das Geburts- und Hebammenwesen in der Kurpfalz verbessern und beauftragte den Leibarzt der Kurfürstin, Franz Anton May, mit der Einrichtung einer Hebammenschule. Dr. May, ein Mann mit Weitblick und Visionen, wollte mit dieser in den Anfangsjahren „Accouchement“ genannten Anstalt aber nicht nur eine verbesserte Hebammenausbildung bewirken; zugleich war er bestrebt, dort auch männliche Mediziner an die Geburtshilfe heranzuführen, und so das ganze Geburtswesen in akademische und staatliche Kontrolle zu überführen. Da diese Hebammenschule auch als Entbindungshaus diente, in dem mittellose, meist ledige Schwangere ihre Kinder unentgeltlich zur Welt bringen konnten, war an praktischem Anschauungs- und Übungsmaterial für die werdenden Geburtshelferinnen und Geburtshelfer kein Mangel. Schließlich legte May auch großen Wert auf die sozialpsychologische Funktion dieser Anstalt, die dem damals weitverbreiteten Phänomen der Aussetzung oder gar Tötung neugeborener Kinder durch ledige Mütter Einhalt gebieten sollte.
Über Sozialfälle in der Biedermeierzeit kann man nur reden, wenn zunächst einmal die Begriffe klar sind. Ein Sozialfall, so sagt ein vor kurzem erschienenes Wörterbuch, ist jemand, der auf Sozialhilfe angewiesen ist. Sozialhilfe ist die Gesamtheit der Hilfen, die einem Menschen in einer Notlage von öffentlicher Seite
gewährt werden und ihm die materielle Grundlage für eine menschenwürdige
Lebensführung geben sollen. Das Wort gibt es erst seit dem Bundessozialhilfegesetz von 1961, wo es als Bezeichnung für alle bis dahin unter den Begriff der
öffentlichen Fürsorge fallenden Leistungen eingeführt wurde.
Auf der Internetseite der Stadt Leinfelden-Echterdingen kann man einen ortsgeschichtlichen Rundgang durch Echterdingen machen. [1]
Unter Nr. 27 gibt es
Informationen zum Gasthaus »Hirsch«. Durch sie erfährt man, dass der damalige Schultheiß Johann Ludwig Stäbler (1719 –1781, seit 1756 im Amt) das
Gasthaus 1772 mit Unterstützung des Herzogs Carl Eugen wiederaufgebaut
habe: »Der Landesherr [...] verkehrte nämlich gerne im Hause des schlagfertigen Schultheißen Stäbler, was nicht zuletzt an dessen junger, gut aussehender
Tochter Anna Katharina (geb. 1753) lag, der er ausgesprochen herzlich zugetan war. Als sie ein Kind von ihm erwartete, führte ihr der Herzog den Plieninger Wirtssohn Johann Friedrich Bayha als Ehemann zu. Sie waren tüchtig
und betrieben den Hirsch mit viel Erfolg. Auch der Herzog selbst war dort
noch oft als Gast, wenn er zur Jagd ging. [...] Das großformatige Ölgemälde
mit seinem Portrait, das der Herzog Karl-Eugen nach der Fertigstellung des
Hauses als Zeichen seiner besonderen Gunst gestiftet hatte, hängt noch heute
an seinem Platz im schön renovierten ›Saal‹ des Hirschs.«