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Die badischen Hofprediger haben sich nicht in das Bewusstsein einer interessierten kirchengeschichtlichen Öffentlichkeit eingeprägt als Träger eines Amtes, dessen Funktion sich einem heutigen Betrachter nicht sofort erschließt. Dabei war das Amt des Hofpredigers eines der vornehmsten unter den Theologen der Markgrafschaft und des Großherzogtums Baden, das von einer Anzahl hoch bedeutender Persönlichkeiten ausgeübt wurde, die, wenn auch eher in einem anderen Zusammenhang, einen hohen Bekanntheitsgrad über die Residenz hinaus erlangt haben. Ich erinnere nur an den
Prälaten Karl Wilhelm Doll oder den Prälaten und Kirchenpräsidenten Albert Helbing. Die Beschäftigung mit den Hofpredigern erschien wohl lange Zeit nicht opportun zu sein. Doch der Boom der Residenzen- und Elitenforschung in den letzten Jahren hat selbstverständlich auch die Hofprediger wieder in den Blick der Forschung gerückt. In einer Projektbeschreibung der Herzog-August-Bibliothek Wolfenbüttel „Obrigkeitskritik und Fürstenberatung. Die Oberhofprediger in Braunschweig-Wolfenbüttel 1568–1714“ heißt es: „Protestantische Hofprediger der Frühen Neuzeit
agierten in einem Schnittfeld zwischen höfischer Seelsorge, gelehrten theologischen Diskursen, institutioneller Herrschaftsgestaltung, Politikberatung und persönlichem Glauben. Sie bildeten zweifellos eine besonders einflussreiche Gruppe im Spektrum frühneuzeitlicher Eliten, deren nähere Erforschung das Verständnis für die politische
Kultur, die Ausbildung der modernen Staatlichkeit und die Entwicklung von Kirche und Theologie zwischen dem 16. und 18. Jahrhundert vertieft.“
Auch wenn es schon lange kein eigenständiges Land Baden mehr gibt, so besteht doch weiterhin eine Evangelische
Landeskirche in Baden, deren »Sprengel« deckungsgleich mit dem Territorium des ehemaligen Großherzogtums Baden ist. Seit 1821 ist die Badische Landeskirche eine unierte Kirche, in der die unterschiedlichen lutherischen und reformierten
Traditionen der Territorien aufgingen, aus denen das Großherzogtum Baden gebildet wurde. Bis heute ist die alte Landeshauptstadt Karlsruhe Sitz der Evangelischen Landeskirche geblieben, die ihren Verwaltungssitz im Evangelischen
Oberkirchenrat in der Blumenstraße 1–7 gefunden hat.
Mannheim liegt im Zentrum der Kurpfalz, einst eines der ersten Territorien des Heiligen Römischen Reiches, das als einziges weltliches Fürstentum bereits 1802/03 von der politischen Landkarte verschwand. Der Name des Landes lebt wenigstens geographisch und politisch in der rheinischen Pfalz fort, auch wenn der politische Schwerpunkt einst rechtsrheinisch lag. Die Kurpfalz war seit den 1560er Jahren ein reformiert geprägtes Land, das im 18. Jahrhundert eine verspätete, dafür aber eine als
umso bedrückender empfundene Gegenreformation erfuhr, die auch im Reich heftige Reaktionen hervorrief.
Die finanziellen Leistungen des Staates an die Kirchen stehen immer wieder in der Kritik der Öffentlichkeit, weil die Ursachen und Voraussetzungen für die Zuweisung sog. Staatsleistungen an die Kirchen häufig nicht bekannt sind. Zu unterscheiden sind dabei einerseits „Staatsleistungen“, die der Staat der Kirche für bestimmte vertraglich vereinbarte Leistungen zugesteht, die andernfalls vom Staat erbracht werden müssten, die aber die Kirchen übernommen haben, etwa im Bereich der Schulen, der Diakonie etc. Andererseits beziehen sich „Staatsleistungen“ auf Ansprüche der Kirchen, die sich aufgrund der Inkamerierung oder Säkularisation von Kirchengut seit der Reformation ergeben haben, die also gewissermaßen als Entschädigungsleistung für vom Staat entfremdetes Kirchengut zu verstehen sind. Über diese historisch begründeten Staatsleistungen kursieren in der evangelischen Kirche auch in Fachkreisen zum Teil unrichtige Vorstellungen, so etwa wenn diese Leistungen einseitig aus der „Säkularisation“ der Jahre 1802/03 hergeleitet werden, die die evangelische Kirche vermögensrechtlich nur in geringem Maße betraf. Für die evangelischen Kirchen muss man hierbei vielmehr vor allem auf die Säkularisationen der Reformationszeit zurückblicken und auch die „verdeckten“ Säkularisationen durch politische Entscheidungen in der Mitte des 19. Jahrhunderts mit berücksichtigen.
Im Oktober 1807 wurde in Karlsruhe der Evangelische Oberkirchenrat als neue Behörde installiert. In ihr wurden die bisher bestehenden Kollegien des evangelisch-lutherischen Kirchenrats in Karlsruhe und des reformierten Kirchenrats-Kollegiums in Heidelberg, die damit beide aufgelöst wurden, in einer einheitlichen Verwaltung zusammengefasst. Wir haben es hier mit einem ersten Schritt zu einer „Union“ der beiden Konfessionen zu tun, wenn sie auch verordnet und zunächst nur auf die Verwaltung bezogen war. Die Vorgeschichte dieser „Verwaltungs-Union“ reicht knapp fünf Jahre zurück. Im Vorgriff auf den Reichsdeputationshauptschluss hatte die Markgrafschaft Baden im November 1802 unter anderem von Teilen des rechtsrheinischen Gebiets der Kurpfalz Besitz ergriffen. Damit hatte sie – nach dem Anfall der katholischen Markgrafschaft Baden-Baden 1771 – ein zusätzliches konfessionspolitisches Problem „geerbt“, denn die Kurpfalz war stark reformiert geprägt, während die alte Markgrafschaft Baden-Durlach ein lutherisches Territorium (mit einigen wenigen Waldensergemeinden) gewesen war. Diese Situation verschärfte sich 1806 mit dem Anfall weiterer Gebiete, darunter Teile des Herzogtums Leiningen, in dem es ebenfalls einen starken reformierten (ehemals kurpfälzischen) Bevölkerungsanteil gab.
Die Pauluskirche
(2021)
Der erste offizielle evangelische Gottesdienst
mit den wenigen protestantischen Einwohnern
in Villingen wurde am Sonntag, dem 12. Februar 1854, vormittags um 10.30 Uhr im Saal des
Strafgerichtsgebäudes von Villingen in der Niederen Straße 94 gefeiert.
Allerdings war 1537 – 1539 während der Pestflucht der Freiburger Universität schon einmal
ganz kurz durch Magister Blasius Müller im
Münster „lutherisch gepredigt“ worden (Heinrich Neu, Bd. 2, S. 422). Wie Isabel Schaeffer
in ihrer Staatsexamensarbeit über die Pestflucht
der Universität Freiburg nach Villingen darlegt,
fielen damals die Reaktionen des Villinger Rates
und des Münsterpfarrers auf Müllers Predigten,
der als Freiburger Hochschullehrer in Villingen
Grammatik unterrichtete, nahezu vernichtend
aus. In den Senatsprotokollen der Universität
Freiburg von 1535 und 1536 kann man lesen,
dass die schriftlich kundgetane Empörung des
Münsterpfarrers Laurentius Hering im Senat
geteilt wurde.
Johann Peter Hebel war schon im Jahre 1801 mit einem größeren katechetischen Projekt befaßt, nachdem er von Geheimrat Nikolaus Friedrich Brauer den Auftrag erhalten hatte, den Katechismus Johann Gottfried Herders für den Schulgebrauch in
Baden zu bearbeiten. Zu einer Publikation dieser Bearbeitung, die in Hebels Nachlass bedauerlicherweise nicht überliefert ist, kam es allerdings nicht. Dass sich Hebel der ihm übertragenen Aufgabe nur widerwillig stellte und er der Herderschen Vorlage
sehr kritisch gegenüberstand, ist ersichtlich aus einem Brief an seinen Freund Friedrich Wilhelm Hitzig vom 14. April 1801
Proteste gegen Protestanten
(2018)
Mit dem 31. Oktober 2017, der einmalig in ganz Deutschland ein Feiertag war, ist ein besonderes Jahr zu Ende gegangen. Zahlreiche Veranstaltungen erinnerten daran, dass vor 500 Jahren in Wittenberg eine Kirchenreformation angestoßen wurde, als Martin Luther 95 Thesen an die Tür der Schlosskirche schlug. Reformationsjahr oder Lutherjahr – es hat gewaltig „geluthert“, und kaum jemand konnte sich den vielfältigen, zuweilen auch originellen Gedenkformen entziehen. Schon in früheren Jahrhunderten wurde der Reformation mit großen Gottesdiensten und Umzügen gedacht. Luther als Person kollektiver Erinnerung war im 16., 17. und frühen 18. Jahrhundert der Reformator der Kirche, der das Evangelium wiederentdeckt und den Gottesdienst gereinigt hatte. Seit dem 18. Jahrhundert sah man in ihm den Aufklärer, dem man Gewissensfreiheit und Bildung verdankte. Daneben schob sich im Verlauf des 19. und frühen 20. Jahrhunderts der „deutsche“ Luther als Inbegriff der Deutschen, der alle ihre guten und auch schlechten Wesenszüge repräsentierte – bis ihn die „Deutschen Christen“ für den Nationalsozialismus reklamierten.
Am 10. Dezember 1520, genau nach Ablauf jener 60 Tage, die der Papst in seiner Bannandrohungsbulle Luther und seinen Anhängern als Widerrufsfrist nach Bekanntgabe der Bannandrohungsbulle gesetzt hatte, als im Westen des Reiches und den Niederlanden bereits die Scheiterhaufen loderten, auf denen die Schriften Luthers und seiner Anhänger zu Asche wurden, verbrannten Studenten der Universität Wittenberg vor dem direkt neben dem Augustinerkloster liegenden Elstertor mehrere Exemplare des kirchlich-kanonischen Rechtes, während Luther selbst die Bannandrohungsbulle ins Feuer warf. Wir können das, was damit geschah, in seiner revolutionären Bedeutung nur ermessen, wenn wir uns daran erinnern, dass nach eben diesem geistlich-päpstlichen Recht und seinen Ordnungen die westlich-katholische Kirche seit dem Hochmittelalter strukturiert wurde und die römisch-katholische Kirche bis zum Jahr 1917 und dem Erlass des Codex iuris canonici nach diesem Recht gelebt hat.
Die geschichtliche Bedeutung des Augsburger Religionsfriedens „als die auf das Reich […] bezogene Lösung jenes universellen Problems, das eine gute Generation zuvor mit der Reformation aufgebrochen war“, ist unstrittig. Sein berühmter
Grundsatz ‚Cuius regio, eius religio‘ – wenn so auch erst 1612 von dem Greifswalder Juristen Joachim Stephani formuliert – prägte über ein Jahrhundert die konfessionelle Landkarte des Reiches. Der Religionsfrieden sprach den Reichsständen die
Entscheidung über das in ihrem Herrschaftsgebiet geltende Bekenntnis zu und dehnte damit den Landfrieden dauerhaft auf den religiös-kirchlichen Bereich aus. Der Blick der Forschung fokussierte sich denn auch auf geschlossene Territorien wie Sachsen, Württemberg u. a. m., was nicht zuletzt der günstigen Quellenlage geschuldet war. Hierzu hat Axel Gotthard zurecht angemerkt, dass der Religionsfrieden zwar den Religionsbann der Reichsstände komplettierte, für die „Schütterzonen“ des Reiches aber genug Fragen offenließ. Man darf hinzufügen, hätten seine Schöpfer auch nur den Versuch unternommen, all die offenen Fragen zu lösen, er wäre schwerlich auf den Weg gebracht worden. Zu diesen „Schütterzonen“ zählte nicht zuletzt Franken mit der Präsenz zahlreicher reichsritterschaftlicher Herrschaften. Für solche Räume findet sich im Zedlerschen Universallexikon den Begriff „Territorium non clausum“.