Geschichte der Juden
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Der älteste Beleg für die Ansässigkeit eines Juden in der freien Reichsstadt Breisach stammt aus der Regierungszeit König Albrechts I., der 1308 von seinem Neffen Johann Parricida ermordet wurde. Die im Stadtarchiv Konstanz aufbewahrte Urkunde, in der Schultheiß und Rat der Stadt Breisach kundtun, dass „Smariant der Jude von Brisach vnser burger" für das den Bürgern von Konstanz verliehene Gut von Heinrich dem Schuler von Freiburg entschädigt worden sei, wurde am 27. Dezember 1301 in Breisach ausgestellt. Derselbe Smariant ist 1316 als Kreditor des Burkart von Üsenberg belegt, der die Schulden seines Tochtermannes, des Markgrafen Heinrich von Hachberg, die dieser bei dem Breisacher Juden gemacht hatte, auf sich nahm. Die beträchtliche Höhe der nicht bezifferten Schuldsumme ist daraus zu ermessen, dass der Markgraf seinem
Schwiegervater für dessen Bürgschaftsleistung Burg und Stadt Burkheim und die markgräflichen Rechte und Besitzungen im Talgang von Oberrotweil und Oberbergen sowie das Dorf Jechtingen als Eventualpfand einräumte.
Jacob Samson von Rathsamhausen zu Ehenweyer (1666-1731) wurde im August 1699 bei der Ortenauischen Reichsritterschaft immatrikuliert, nachdem er durch die 1698 geschlossene Ehe mit der verwitweten Sophia Dorothea von Löwen geborenen von der Grün ( 1679-1739) Grundherr zu Nonnenweier, Allmannsweier und Wittenweier geworden war. Einer der ersten Juden, die sich zu seinen Lebzeiten in Nonnenweier niederließen, war Wolf Wertheimer, der seinen im Herbst 1720 verstorbenen Sohn Lipmann um ein Jahr und fünf Monate überlebte und wie dieser auf dem ältesten Teil des jüdischen Friedhofs von Schmieheim begraben liegt.
Vor gut 650 Jahren
(2000)
„Gegen eine Welt von Feinden kann sich keiner wehren.“ Galt dies im April 1944 für Hannah Arendt als Erklärung, warum die jüdische Untergrundarbeit erst dann einsetzte, als die nicht-jüdische Zivilbevölkerung mehrheitlich ihre feindliche Haltung aufgab, so kann diese nüchterne Erkenntnis auch das Fazit für die Verfolgungen der Jahre 1348/49 bilden. Die sog. Pestpogrome überstand im gesamten westlichen Teil des Deutschen Reiches nur die jüdische Gemeinde von Regensburg. Für Berthold Rosenthal waren sie 1927 der „Höhepunkt der Leiden Israels“. Nach den Pogromen bildeten sich nur noch in einem Teil der früheren Städte die Gemeinden neu, ihre vormalige Größe wurde nirgendwo erreicht. Hatte man vor 1349 den Juden und Jüdinnen gelegentlich Bürgerrechte und bleibendes Wohnrecht zugestanden, so konnten sie danach nur noch zeitlich befristete „Schutzbriefe“ erhalten. „Judenpolitik“ wurde Sache der Städte, was die Vertreibungen aus ihnen hundert Jahre später möglich machte. Wie war es zu „der Welt ihrer Feinde“ gekommen?
Eigentlich war ich auf der Suche nach Werken von Harry Breßlau, Vater von Helene Breßlau, Alberts Schweitzers Ehefrau. Über Helene Schweitzer-Breßlau ist 1998 eine gründliche Biographie erschienen, in der auch ausführlich ihres Vaters gedacht wird. Als einziger Jude im Deutschen Reiche hatte er es (1904) zum Rektor einer Universität gebracht, nämlich der Kaiser-Wilhelm-Universität in dem noch nicht so lange wieder deutschen Straßburg. 1848 in Dannenberg geboren, war Breßlau nach Studien in Göttingen und Berlin bei Gustav Droysen promoviert worden, seit 1877 Extraordinarius für mittelalterliche Geschichte und historische Hilfswissenschaften an der Univerität Berlin. Einunddreißigjährig geriet er im ,,Antisemitismusstreit" (1879/ 80) mit dem Kollegen Heinrich von Treitschke aneinander, welcher die Parole „Die Juden sind unser Unglück" in den Preußischen Jahrbüchern 1879 und 1880 salonfähig gemacht hatte. Danach waren „verschiedene Versuche, ihm in Berlin ein Ordinariat zu schaffen, gescheitert". Seit 1890 Ordinarius in Straßburg, machte sich Breßlau vor allem mit seiner „Urkundenlehre" und als Mitglied der Zentraldirektion der Monumenta Germaniae Historica einen national und international anerkannten Namen.
Wann sich die ersten Juden im Kraichgau angesiedelt haben, ist nicht mehr feststellbar. Vermutlich haben jedoch bereits in der Zeit der Römer jüdische Händler unser Gebiet durchzogen. Die Fernstraße, welche die römischen Provinzhauptstädte Mainz und Augsburg verband, durchquerte den Kraichgau, und auch unsere unmittelbare Heimat war durch Straßen erschlossen. Die römischen Bauernhöfe zwischen Steinsfurt und Sinsheim, bei Wiesenbach oder Bad Rappenau-Zimmerhof und nicht zuletzt die villa rustica auf Neidensteiner und der vicus nediensis auf Spechbacher Gemarkung sind Zeugen einer römischen Besiedelung in unserem Raum.
Ein zwischen 1383 und 1386 angelegtes Verzeichnis der von den Straßburger Juden alljährlich zu zahlenden Steuern enthält die Namen von 25 Familienoberhäuptern, von denen der an erster Stelle genannte Symunt alias Simon von Deneuvre mit 406
Gulden und der 1390 nach Mainz verzogene Mennelin von Ulm mit 270 Gulden mehr als ein Drittel (38 %) zum Steueraufkommen der jüdischen Gemeinde beitrugen. Wie aus diesem Gewerfrodel zu ersehen ist, gehörten Mathis von Breisach, der schon 1383 in Straßburg wohnte, und sein Bruder Salomon, der an Weihnachten 1387 für seinen Abzug 5 Gulden bezahlte, um 1385 zu jenen 10 Steuerpflichtigen, die weniger als 30 Gulden zum jährlichen Gewerf der jüdischen Gemeinde in Höhe von insgesamt 1779 Gulden beisteuerten. Vom weiteren Schicksal der beiden aus Breisach stammenden Brüder nach der im Herbst 1390 erfolgten Ausweisung der Juden aus Straßburg und ihrem späteren Aufenthaltsort haben wir keine Kenntnis.
Die Entwicklung des jüdischen Schulwesens in Baden im 19. Jahrhundert ist vor dem Hintergrund der Judenemanzipation zu sehen, die insbesondere mit den Konstitutionsedikten 1807/08 in eine neue Phase eintrat. Kernanliegen der Emanzipation war die Integration des jüdischen Bevölkerungsteils in die christliche Gesellschaft, wobei naturgemäß die Unterrichtung der Kinder eine entscheidende Rolle spielte. So wurde im 9. Konstitutionsedikt (dem eigentlichen „Judenedikt" vom 13. Januar
1809) die Schulpflicht auch für israelitische Kinder festgeschrieben. Das galt auch für Heidelsheim, bedeutete aber nicht, dass sofort eine jüdische Schule errichtet wurde. Insofern kann die genauere Betrachtung der Entwicklung eines Ortes die Schwierigkeiten und Entwicklungen des jüdischen Schulwesens in Baden aufzeigen, wobei Heidelsheim typisch für eine
Landgemeinde mit einem relativ großen jüdischen Bevölkerungsteil ist. Wesentliche Aspekte der Entwicklung im 19. Jahrhundert sollen im Folgenden angesprochen werden.
Grußwort zur Vorstellung des Buches über die Synagoge Kippenheim, vorgetragen am 10. November 2002
(2003)
Wenn ich heute an meinem 80. Geburtstag nach Kippenheim gekommen bin, um Ihnen als Nachfahre von Kippenheimer Juden meinen Dank für Ihre große Mühe und Ihren Einsatz für die Erhaltung und Würdigung der Zeugen aus Stein abzustatten, welche die einstmalige Anwesenheit von Juden an diesem lieblichen Ort dokumentieren, so bedarf dies einer Rechtfertigung.
Der Moment zu gehen
(2004)
Mit dem Fall des Eisernen Vorhangs waren die alten Landkarten ungültig geworden. Und manche Begriffe erhielten eine neue, vorher allerhöchstens momentan angedachte oder, wer weiß, erträumte Dimension. Am 20. Januar 1991 beschlossen Bundesregierung und Ministerpräsidenten der Länder zusammen mit dem Zentralrat der Juden in Deutschland, jüdischen Flüchtlingen aus der GUS und den Baltischen Staaten den Status von Kontingentflüchtlingen zu gewähren, wie er 1973 zuerst den chilenischen Flüchtlingen zugute gekommen war. Dieser Status meint: unbegrenztes Aufenthaltsrecht mit Arbeitserlaubnis ohne Asylverfahren. Im Hintergrund dieser Maßnahme stand zweifellos das Schulternwollen einer gewaltigen Verantwortung: dieses Deutschland dürfe jüdischen Flüchtlingen niemals mehr die Tür vor der Nase zuschlagen. In den kleinen, überalterten jüdischen Gemeinden in diesem Land indes, die mitunter nur mit Mühe einen Minjan für ihre Schabbatgottesdienste aufbrachten, glomm noch ein anderer Hoffnungsfunke auf: dass sie nämlich durch diese jüdischen Emigranten - gewissermaßen als Vitaminstoß in durchaus heroischer Dosis - wieder zu Kräften kommen könnten.
Das Spätmittelalter brachte auch auf der Baar Schritt für Schritt die immer weiter gehende Ablösung der Naturalwirtschaft durch die Geldwirtschaft. Eine nicht unwichtige Rolle spielten dabei Juden - durchaus nicht begeistert, sondern von christlicher Seite in dieses Tätigkeitsfeld gedrängt, andererseits jedoch mit unübersehbarer beruflicher Kompetenz. In Erscheinung tritt dabei schon 1324 der Jude Jacklin von der Rottweiler Gemeinde, der immerhin Kaiser Ludwig den Bayern zu seinen ,,Kunden" zählen konnte. In der Mitte des 15 . Jahrhunderts ist in ähnlichem Zusammenhang Leo oder Löw der Jude von Villingen zu nennen.
Der Kippenheimer Höfer-Fund
(2007)
Mit der offiziellen Übergabe von mehreren hundert professionell restaurierten und archlvisch erschlossenen Originalunterlagen als Depositum an das Kreisarchiv des Ortenaukreises am 24. September 2004 fand ein Projekt des Fördervereins Ehemalige Synagoge Kippenheim e.V. seinen erfolgreichen Abschluss, das in Zusammenarbeit mit dem Hauptstaatsarchlv Stuttgart und durch die großzügige Förderung der Stiftung Kulturgut Baden-Württemberg einen in Form und Umfang einzigartigen Bestand zur Geschichte des Ortenauer Landjudentums der Forschung zugänglich macht. Mitte der 1990er-Jahre hatte der Kippenheimer Metzgermeister Hans Höfer während Renovierungsarbeiten auf dem Dachboden seines Hauses, verborgen unter alten Schindeln und teilweise eingewickelt in Einschlagpapiere, zahlreiche Dokumente und Schriftstücke gefunden, die sich der Familiengeschichte der im 19. Jahrhundert in diesem Haus lebenden jüdischen Familie Weil/Weill zuordnen ließen. Hans Höfer wandte sich mit seinem überraschenden Fund an den Förderverein Ehemalige Synagoge Kippenheim e.V. Nach einer längeren Vorlaufphase, in der das Material erstmals gesichtet wurde und vor allem Fragen zu den Besitzverhältnissen und der endgültigen Aufbewahrung geklärt werden mussten, konnte der Bestand zwischen 2003 und 2005 archivisch aufgearbeitet werden.
28. Januar 2007: Auf dem jüdischen Friedhof Diersburg und vor dem Rathaus der Gemeinde werden zwei Gedenktafeln enthüllt, die an die lange Anwesenheit der Juden in Diersburg erinnern. Arnold Lederer, mit über 90 Jahren einer der beiden letzten noch lebenden Juden aus der Gemeinde, ist eigens zu dieser Veranstaltung, für deren Zustandekommen er sich seit Jahren engagiert hatte, von Paris angereist. In einer von vielen Gästen besuchten Feierstunde würdigen Redner aus Politik, Gemeinde, Kirchen und Vereinen die Steinsetzung als Zeichen der Erinnerung, als Aufforderung und als Hoffnungssignal. Arnold Lederer, seine Gattin und die ebenfalls angereiste Eva Mendelsson, geb. Cohn, deren Familie großmütterlicherseits mit Diersburg verbunden ist, danken allen Anwesenden in bewegenden Worten für diese Stunde. An erster Stelle nennen sie dabei Frau Gisela Stoffel, die langjährige Leiterin der Mitgliedergruppe Hohberg des Historischen Vereins für Mittelbaden.
Schon seit Jahren besucht Arnold Lederer regelmäßig in den Ferien zusammen mit seiner Frau sein Diersburg: Hier wurde er 1913 geboren! Hier hatte die Familie Lederer seit Generationen gelebt und gearbeitet, hier ging Arnold zur Volksschule, hier hatte sein Vater Moritz ein Stoffgeschäft, hier, auf dem jüdischen Friedhof unten am Dorfbach, liegen seine Vorfahren: Die Lederers gehören seit Jahrhunderten zur jüdischen Landgemeinde Diersburg.
Am Abend des 29. Dezember 1936 notierte Marie Luise Kaschnitz, die das Jahresende auf dem
elterlichen Schloss in Bollschweil verbrachte, in ihr Tagebuch: 'Gespräch über das Kinderheim.
Mama bedauert, dass es nicht möglich ist, die Kinder vor dem Ablauf des Mietkontraktes zu
vertreiben. Es sei eine Schande für eine Gemeinde. Diese Äußerung erschütterte mich sehr. Vor
2 Jahren noch hätte sie den Fall, einer natürlichen Gutmütigkeit folgend, ganz anders beurteilt.'
Die Erinnerung an das hier angesprochene Kinderheim, da jüdische Kinderheim „Sonnenhalde", ist heute fast ganz untergegangen - nur wenige der älteren Bollschweiler wissen noch
davon-, und auch die Herausgeber der Kaschnitz-Tagebücher konnten es nicht verifizieren, im
Anmerkungsapparat fehlt, obwohl die Textstelle au ich heraus nicht recht verständlich wird,
jeder erläuternde Hinweis. Erst spät, und für manche Fragen zu spät, ist auch der Verfasser
durch eine Anfrage au Jerusalem auf da Kinderheim aufmerksam geworden, dessen kurze
Geschichte durchaus allgemeine Interesse beanspruchen kann, allein schon weil es eines jener zahlreichen lokalen Beispiele dafür ist wie ich jüdische Bürgerinnen und Bürger in der
NS-Zeit trotz aller Repressalien neue Lebens- und Berufschancen zu schaffen suchten.
Im Frühjahr 1933 bereiteten die deutschen Turner ihr 5. Deutsches Turnfest in Stuttgart (21. - 30. Juli 1933) vor. Aus diesem Anlass bat Edmund Neuendorff, der Vorsitzende der Deutschen Turnerschaft, Adolf Hitler um die Schirmherrschaft. In diesem Antragsschreiben war zu lesen: ,,Mit ungeheurem Jubel ist von der gesamten Deutschen Turnerschaft der Sieg der
Deutschen Freiheitsbewegung und die Ergreifung der Macht durch Sie mein Führer begrüßt worden. Die Deutsche Turnerschaft hat sich sofort der nationalen Regierung zur Verfügung gestellt (...) und sie hat, soweit es überhaupt noch nötig war, sofort eine Neugestaltung ihres äußeren und inneren Aufbaus vorgenommen. Die verhältnismäßig wenigen Marxisten
und Juden, die sich in der Turnerschaft befanden, haben sie verlassen müssen. (...) Der Führergedanke ist durchgeführt. (... ) Schulter an Schulter mit SA und Stahlhelm tritt die Turnerschaft den Vormarsch ins Dritte Reich an."
Von S'Franke
(2010)
Fast 103 Jahre alt geworden wäre vor drei
Jahren Frau Bertha Frank, einst Landesprodukte-Handel Brettener Str.19 in Eppingen. Sie verstarb 2006 an ihrem Alterssitz
in den Vereinigten Staaten. Ihr Mann Arthur
im Außendienst, war sie Mutter und Verkäuferin in einem und sehr beliebt. Erzählt
ein Mädchen vom Geschenk eines Matzenbrotes beim Einkaufen von Mehl oder
Hühnerfutter (Muskator), kommt heute
noch der Protest der Buben: "unn mir
häwwe Gutsele kriegt". Indessen der Bub
(heute ist er 95), der damals die Enten freitags durchs "Knorre" Gässle hinab in die
nahe Elsenz trieb, bekam auch ein Matzenbrot und manchmal sogar ein "Fuffzigerle", was zu jener Zeit für ein Kind sehr
viel Geld bedeutete.
Was der am 4. Juni 1929 in Eppingen geborene Werner Frank ursprünglich als Arbeit
eines Familienforschers begann, wurde
zum einzigartigen Vermächtnis eines
Eppinger Landjudenkindes: Sein 928 Seiten starkes Buch "Legacy ("Vermächtnis") –
Sage einer deutsch-jüdischen Familie über
Zeit und Umstände hinweg" in englischer
Sprache enthält Geschichte und Schicksal
von Juden in Deutschland zwischen 1710
und 2002 am Beispiel der Familie Frank
aus Eppingen. Von dem Buch gibt es noch
keine komplette deutsche Übersetzung,
aber es steht in mehreren Eppinger Privathaushalten sowie im Stadtarchiv, der Stadtbücherei und der Bibliothek des Eppinger
Gymnasiums.
Eine Quelle von unschätzbarem Wert für die jüdische Familienforschung sind die hebräischen Eheverträge (Tena'im) des 18. Jahrhunderts, die bei den königlichen Notaren im oberen und unteren Elsass hinterlegt und von Salomon Picard und
Andre Aaron Fraenckel der Forschung zugänglich gemacht wurden. Verwandtschaftliche Verbindungen zwischen Mitgliedern der großen jüdischen Gemeinde im oberelsässischen Biesheim und jenen der beiden kleineren Gemeinden im unterelsässischen Diebolsheim und im badischen Muggensturm dokumentiert ein Ehevertrag, der „am Sonntag, dem 33. Tag
des Omer-Zählens", im Jahr 5510 des jüdischen Kalenders „hier im Dorf Biese im Lande Oberelsass" geschlossen wurde.
Wenn wir unser Verhältnis zu Juden und
Jüdischer Geschichte betrachten, wird sofort an das
3. Reich und die Ermordung der Juden gedacht.
Dieser Blick bleibt notwendig. Aber daneben ist
auch ein anderer Blickwinkel nötig. Geschichte
nimmt immer nur einen Verlauf, aber es bestehen
verschiedene Möglichkeiten und wir sollten versuchen,
diese verschiedenen Möglichkeiten wahrzunehmen.
Das 3. Reich war nicht die einzige
Möglichkeit der Geschichte.
Die Sichtweise der jüdischen und nichtjüdischen
Bevölkerung Villingens zum Ende des 19. Jahrhunderts war eine andere. Die Bevölkerung lebte
nicht mit Blick auf die Katastrophe, sondern mit
Blick auf die vielfältigen Möglichkeiten des Lebens
und des Zusammenlebens.