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- Franziskaner-Museum 〈Villingen-Schwenningen〉 (11) (entfernen)
Villingen hat seine wesentlichen Züge mit
dem markanten Straßenkreuz, den Tortürmen
und der Stadtmauer durch die Jahrhunderte
bewahrt. Dennoch hat sich das Antlitz der Stadt
immer wieder grundlegend gewandelt. Viele einst
wohlbekannte Orte sind längst in Vergessenheit
geraten, und wo es keine Zeitzeugen mehr gibt,
muss die Geschichte aus verstreuten Notizen
und wenigen, von der Zeit gezeichneten Relikten rekonstruiert werden. So ist es auch mit dem
Villinger Schützenhaus, das sich vor Jahrhunderten auf dem längst verschwundenen Lindenwasen
befand – und von dem noch heute einige Objekte
im Franziskanermuseum zeugen.
Familiengeheimnisse
(2021)
Fastnacht ist kein Brauchtum, sondern eine
Lebenseinstellung: So würde wohl mancher
überzeugte Fastnachter beschreiben, was ihm die
„fünfte Jahreszeit“ bedeutet. Tatsächlich besitzt
die Fastnacht im schwäbisch-alemannischen
Raum eine weit über die Brauchtumspflege
hinausgehende soziale und teils auch politische
Bedeutung, die ihr einen herausragenden Stellenwert im regionalen Selbstverständnis verleiht.
Dies ist bekannt und wird teilweise augenzwinkernd, teilweise mit Unverständnis zur Kenntnis
genommen. Was jedoch vielen Menschen nicht
bewusst ist, ist die Tatsache, dass nicht wenige
Objekte der Alltagskultur auch eine fastnächtlichen Bedeutungsebene aufweisen.
Olga Adelmann (Geigenbaumeisterin und Restauratorin im Museum für Musikinstrumente in
Berlin) hat 1989 mit ihrer Publikation „Die
Alemannische Schule. Geigenbau des 17. Jahrhunderts im südlichen Schwarzwald und in der
Schweiz" diese Form der Geigenbaukunst wiederentdeckt und in der Fachwelt bekannt gemacht.
Manche Heimatforscher begannen schon damals,
für das heutige Vorhaben unserer Ausstellung einen
wichtigen Grundstein zu legen. Noch vor dem
Erscheinen der Publikation hegte der bekannte
Geigenbaumeister Hans Schicker in Freiburg die
Idee, mehr über unsere Vorfahren im Schwarzwald
herauszufinden. Durch häufigeren Kontakt mit
Wolfgang Kury reifte diese Idee zu dem Vorhaben,
eine Ausstellung machen zu wollen. So ist es den
beiden Geigenbaumeistern Hans Schicker (Freiburg) (inzwischen leider verstorben) und Wolfgang
Kury (Villingen-Schwenningen) zu verdanken, dass
weitere genealogische Recherchen in Tauf- und
Sterbebüchern in der Region stattfanden - ausgehend von den ersten fassbaren Schwarzwälder
Geigenbauern, Adam Kirner ( um 1600 - vor
1654), Josef Meyer (um 1610 - 1682) und Franz
Straub (um 1640- um 1696) -daraus ergaben sich
jedoch viele neue Erkenntnisse, die erstmals in
dieser Ausstellung und der begleitenden Publikation zusammenfassend dargestellt werden können.
Dank sei hier auch Robert Meister (VillingenSchwenningen) gesagt, der durch seinen begeisterten und sehr aktiven Einsatz zum Vorankommen
sehr viel beiträgt.
Schwarzwälder Geigen sind bei weitem nicht so
berühmt wie Schwarzwälder Uhren, Schinken oder
Kirschtorte. Dass der Schwarzwald einst auch ein
Zentrum des Geigenbaus war, ist nur den wenigsten bekannt. Umso interessanter sind die
Zeugnisse, die diesen Handwerkszweig belegen
oder illustrieren helfen.
Das Schild einer Musikuhr aus der Sammlung des
Franziskanermuseums bietet einen ungewöhnlichen Einstieg in das Thema. Das Schild ist mit
44 x 64 cm sehr groß, was sich aus der Größe des
Uhr- und Musikwerks ergibt, dem es vorgesetzt ist.
Denn der Sinn des Uhrschildes bestand - neben
dem Hauptzweck, Träger des Zifferblattes zu sein -
darin, Werk und Glocke zu verbergen. Dem quadratischen Schild wurde daher ein Halbkreis aufgesetzt, der im Durchmesser etwas kleiner war und
die Glocke verdeckte. Während die Zwickel, welche das Zifferblatt freilässt, häufig mit ornamentalen Blumen (,,Apfelrosen") verziert sind, bietet dieser Halbkreis Raum für figürliche Darstellungen.
Im vorliegenden Fall ist hier eine Genreszene, eine
typische Situation aus dem Alltag der damaligen
Zeit, dargestellt.
Menschen und Landschaften
(2005)
Vom 14. Februar bis zum 18. April 2004 wurde im Franziskanermuseum die Ausstellung „Menschen und Landschaften. Kunst aus Villingen“ gezeigt. Höhepunkte des lokalen Kunstgeschehens des 17. bis 20. Jahrhunderts aus Museumsbeständen – darunter eine Reihe von Neuerwerbungen der vergangenen Jahre, die erstmals zu sehen waren –
bildeten den Grundstock der Ausstellung. Doch erst großzügige Leihgaben aus Privatbesitz machten es möglich, bewusst Schwerpunkte zu bilden. Oberstes Kriterium für die Auswahl der Exponate war künstlerische Qualität. Das ist eine sehr ungenaue Größe und in einem kulturgeschichtlich ausgerichteten Museum wird sie nur selten benutzt. Doch je besser ein Bild ist, desto aussagekräftiger ist es auch als Zeichen seiner Zeit und des kulturellen Umfeldes, in dem es entstand, desto mehr
Zeugniswert für die Geschichte vor Ort hat es.
Spurensuche im Museum
(2014)
Das Franziskanermuseum in Villingen-Schwenningen
gehört zu jenen Museen, die in einer ehemaligen
Klosteranlage untergebracht sind. Das
kulturgeschichtliche Regionalmuseum stellt zwar
keine Mönche aus, doch hat es dieses Jahr ein
Thema gewählt, das die eigene institutionelle Vergangenheit
betrifft: Beim Umbau eines Villinger
Bürgerhauses wurden 175 beidseitig bemalte
Bretter in einer Balkendecke entdeckt, die sich als
zersägte Kulissen eines klösterlichen Schultheaters
entpuppten. Dieser europaweit einzigartige Fund,
seine Restaurierung, Einordnung und Deutung
wird vom 30. November 2013 bis 23. Februar 2014
als Museumskrimi in einer Sonderausstellung präsentiert.
Der Vergleich mit einer Detektivgeschichte
liegt deshalb nahe, weil die Vorarbeiten zur Ausstellung
dem Alltagsgeschäft eines Kriminalkommissars
ähneln, der einen Fall lösen möchte.
Schultheater und Fastnacht
(2015)
Villingen, kurz vor der Mitte des 18. Jahrhunderts:
Schon seit langer Zeit bevölkern am schmotzigen
Donnerstag sowie am Fastnachtsmontag und
-dienstag Narro, Stachi und Wuescht die Straßen
und Wirtshäuser der Stadt, strählen ihre werten
Mitbürger und lassen es sich gutgehen. Einen
organisierten Umzug gibt es allerdings nicht, noch
nicht.
Auch die Studenten der beiden Villinger Gymnasien
der Benediktiner und der Franziskaner sind
auf der Gass. 1745 wurde das aktenkundig, als der
Magistrat sie einsperren ließ, weil sie gegen ein
Fastnachtsverbot verstoßen hatten. 1 Überliefert
ist auch, dass sie sich offenbar mit Begeisterung
am Bombardement mit Schneebällen, Eisstücken,
Steinen oder Prügeln eines Jeden beteiligten, der
es als Nichtvillinger wagte, mit einem gemieteten
Narrokleid auf die Straße zu gehen. 2
Moden
(2015)
Im Jahre 2012 gingen die TU Dortmund und das Franziskanermuseum Villingen-Schwenningen eine Kooperation ein, um die volkskundliche Sammlung des Lenzkircher Uhrenfabrikanten Oskar Spiegelhalder, die sich seit 1929 im Franziskanermuseum befindet, genauer zu erforschen. Im Rahmen dieses von der Volkswagenstiftung geförderten Projekts sollte der Nachlass des Sammlers ausgewertet und die Objekte der Sammlung neu inventarisiert werden. Der Projekttitel „Das Unsichtbare und das Sichtbare. Zur musealen Herstellung von Region am Beispiel der Schwarzwaldsammlung Oskar Spiegelhalders“ wirft
zunächst Fragen auf.
Die Ausstellung „Moden. Schwarzwälder und andere Hüte”, welche die Ergebnisse eines dreijährigen Forschungsprojekts einer breiten Öffentlichkeit vermittelte, wurde 2015 vier Monate lang, von April bis August, im Franziskanermuseum
Villingen gezeigt. Insgesamt haben 3334 Besucherinnen und Besucher die Ausstellung gesehen. Ein breit gefächertes Begleitprogramm beleuchtete zusätzliche Aspekte. Besonders gelobt wurden die anhaltende Präsenz des Themas in den Medien, die professionelle, ästhetisch ansprechende Gestaltung der Ausstellung und der Werbemedien, das gute Marketing und die interessante und vergnügliche Umsetzung der Inhalte. Der Riesenbollenhut auf dem Osianderplatz war ein Anziehungspunkt
für Einheimische und Touristen und wurde gern als Fotokulisse genutzt.
Die erstmals 2017 gefeierte urkundliche Ersterwähnung von Schwenningen, Villingen und
Tannheim (so nicht die alphabetische, sondern
Reihenfolge im Urkundentext) stellte nicht nur
manchen Bürger und manche Bürgerin, sondern
auch das Franziskanermuseum vor eine Herausforderung: Was feiern wir da eigentlich und
warum?
Das Franziskanermuseum zeigt zum Jahresbeginn 2020 in Zusammenarbeit mit der Historischen Narrozunft e.V. die Ausstellung "Familiengeheimnisse. De Narro un si ganz Bagasch." In Daniel Kehlmanns Bestseller „Tyll“ heißt es: "Doch dann hätten sie begriffen, dass jeder Gaukler ein wenig Teufel sei und ein wenig Tier und ein wenig harmlos auch….". Diese fast
nebensächliche Bemerkung des Romanerzählers eröffnet das Bedeutungsspektrum der Gaukler- oder Narrenfigur, das auch die Ausstellung ausloten möchte. Tatsächlich werden in der Ausstellung als „Ur-Typen“ (Archetypen) nicht nur Teufel und Tier vorgestellt, sondern auch der Bauer (und weitere), der sich hier vielleicht hinter dem Adjektiv „harmlos“ versteckt, das nichts
Anderes meint als „von einfachem Gemüt“.