24.2015
Filtern
Erscheinungsjahr
- 2015 (4) (entfernen)
Dokumenttyp
Sprache
- Deutsch (4)
Gehört zur Bibliographie
- nein (4)
Schlagworte
- Wandmalerei (4) (entfernen)
Die Kirche ist eine neue Erfahrung. Die Beschäftigung mit den Wandbildern ist eine Freude. Als Begleitung bei der Betrachtung der Malereien im Chor diente die Untersuchung von Gabriela Nutz in Ebert/Beuckers, 2001, und ihre Dissertation Karlsruhe, 2002. Besonders berührt hat mich die vierte Szene im unteren Register der Südwand. Ich hatte Zweifel, ob eine Szene aus den Heiligenlegenden zu den anderen drei biblischen Szenen passt. Mit einiger Wahrscheinlichkeit ist aber wohl das Martyrium von Judas Thaddäus und Simon zu sehen. Auffallend ist der Lichtkörper, der regelrecht den Rahmen sprengt. Gabriela Nutz schreibt - wohl in Anlehnung an die Legende - dass auf das Gebet der Apostel die Dämonen aus den Götzenfiguren ausfahren und sie dann zerstören. Die rote Gestalt auf der linken Seite wäre dann einer dieser dämonisierten Götzenpriester.
Die Freilegung - mit Drahtbürsten! - der a secco Malerei von etwa 1230 im Chor
der ehemaligen Klosterkirche Lobenfeld unter der Ägide der Gebrüder Mezger hat
nicht nur allgemein dem Eindruck des Kirchenraumes unwiderruflich geschadet.
Seit 1910/12 bemühen sich Theologen und Kunsthistoriker um die Klärung der ungewöhnlichen
Ausmalung im Chor, die das Skriptorium der Augustinerkanoniker
Frankenthal verantwortete.
Der Freiburger Theologieprofessor und Denkmalverantwortliche Joseph Sauer hat
sich seit 1910 damit auseinander gesetzt (Freiburger Diözesanarchiv 1912 und bei
Oechelhäuser, Die Kunstdenkmäler im Großherzogtum Baden, 1913 ). Beide bewerteten
die Architektur, besonders jedoch die Wandbilder, sehr hoch. Paul Clemen
(1866-1947), seit 1893 Konservator der Rheinprovinz, hat sich mit den jüngeren
Lobenfelder Malereien beschäftigt, ansonsten waren die „Schätze" weitgehend
vergessen.
Die acht szenischen Bilder der Südwand (S) teilen sich in eine obere (Sl-S4) und in eine untere Reihe (S5-S8). Nur eine Darstellung auf den acht Bildern war bisher immer unbestritten, nämlich die Abbildung Daniels in der Löwengrube (rechts der
Mitte, S7). Bei der ersten Beschreibung der Lobenfelder Wandmalereien nach ihrer Entdeckung ist außerdem das Bild ganz rechts unten (S8) sehr plausibel auf ein Martyrium gedeutet worden, das aus der Verweigerung einer Götzenanbetung resultiert. Und inzwischen ist noch ein Bild der unteren Reihe identifiziert: Aus Buchstabenresten ergibt sich, dass die Darstellung unmittelbar links neben Daniel aus dem alttestamentlichen Buch Hiob stammt (S6). Es handelt sich um eine im Mittelalter unzählige Male abgebildete Szene, in der Hiob in seinem Elend von seiner Frau und seinen Freunden verspottet wird.
Die spätromanischen Malereien auf der Nord-, Ost- und Südseite des Chores der ehemaligen Klosterkirche St. Maria stellen einen fortlaufenden Zyklus dar. Der Blick des Betrachters im Chorbogen der Vierung wird von links nach rechts, von der Nordwand über die Ostwand zur Südseite geleitet. Ihm wird die Heilsgeschichte in Szenen vor Augen gestellt, von der Schöpfung bis zur Auferstehung, mit der Person und dem Werk des Erlösers, Jesus Christus, im Mittelpunkt.