Publikationen der BLB
Am 24. Juli 2011 verstarb in Karlsruhe im Alter von 77 Jahren Dr.
Gerhard Stamm. Er war von 1973 bis 1996 Leiter der
Handschriftenabteilung der Badischen Landesbibliothek. Mit der
Veröffentlichung von drei gedruckten Katalogen machte die
wissenschaftliche Beschreibung der
Handschriften der Badischen Landesbibliothek
in seiner Amtszeit einen großen Sprung nach
vorn. Das deutsche Bibliothekswesen verliert
mit Gerhard Stamm einen seiner
profundesten Kenner des Alten Buches.
Ende 2015 konnte die Badische Landesbibliothek in Karlsruhe
auf fünf Jahre Kulturgutdigitalisierung zurückblicken. Mit einem Scanner
und einem Buchtisch sowie dem Digitalisierungssystem Visual Library gestartet,
konnte die hauseigene Werkstatt in der Folgezeit ihre Erstausstattung um weitere
Scantechnik und zusätzliche Softwaremodule aufrüsten. Mit Hilfe von Drittmittel-
finanzierten Projekten gelang es, die Digitalisierungsstrategie des Hauses, die
auf mittelalterliche Handschriften, Musikalien und regionales Schrifttum gerichtet
ist, erfolgreich umzusetzen. Der Aufsatz benennt die Inhalte der wichtigsten
Digitalisierungsprojekte, die zwischen 2011 und 2015 durchgeführt wurden.
Erste Vorbemerkung: Der Verfasser ist in den zurückliegenden Jahren immer
wieder mit der Frage nach der modernen Landesbibliographie und ihren Dienstleistungen
für die Nutzer konfrontiert worden. Zu verschiedenen Anlässen hat er
seine Thesen als Einstieg in die Diskussion vorgetragen, meist vor Bibliographen,
manchmal auch vor Bibliothekaren und anderen Informationsspezialisten oder
vor Wissenschaftlern. Im Zentrum der Überlegungen stand dabei stets das Endprodukt,
so wie es der Nutzer als Internetangebot in Form eines webbasierten
OPAC vorfindet. Herstellungsverfahren und Arbeitsabläufe standen also nicht im
Fokus der Betrachtung und spielen im Folgenden auch nur insoweit eine Rolle,
wie sie das Rechercheangebot beeinflussen.
Die Bibliothek, um die es im Folgenden geht, ist gut 500 Jahre alt. Ebenso alt ist die Benutzung der Bücher dieser Bibliothek. Wie allgemein bekannt, ist das Merkmal der Benutzung bzw. Benutzbarkeit geradezu konstitutiv für den Begriff „Bibliothek“, oder anders gesagt: Ein mit Büchern und Bücherregalen vollgestopfter Raum ist keine Bibliothek. Gerade einmal halb
so alt ist indessen das Statut, in dem zum ersten Mal die Benutzung der Bibliotheksbestände geregelt wurde, nämlich 250 Jahre. In der folgenden Darstellung werden die 1771 in Kraft getretenen Regelungen den Ausgangspunkt bilden für die Betrachtung der Hofbibliothek und ihrer Benutzung von der zweiten Hälfte des 18. Jahrhunderts bis in die Zeit des Zweiten Weltkriegs. War die Ordnung von 1771 noch sehr kurz gehalten, stieg der Umfang der nachfolgenden Statuten deutlich an. Die Bestimmungen wurden teils differenzierter und ausführlicher, was angesichts der sich ständig erweiternden Benutzungsmöglichkeiten nicht weiter verwundern kann; teils wurden sie aber auch so unverhältnismäßig bürokratisch und kleinteilig, dass sich in ihnen – so ließe sich interpretieren – ein tiefes Misstrauen gegenüber den Nutzern offenbarte.
„Man thut dem Hofe sehr unrecht, wenn man ihn einer allzustarken Sparsamkeit beschuldiget“, bemerkte 1784 der brandenburgische Historiker Philipp Wilhelm Gercken nach seinem Besuch in Karlsruhe; Anlass zu diesem Gerücht, so meinte er, habe wohl die Mutter des Fürsten gegeben, „die, bey dem Anfall des Baden Badenschen Landes, die zugleich mitgeerbte enorme Schuldenlast klüglich zu mindern suchte und daher die Sparsamkeit einführte, ohne die der ganze Staat vielleicht zu Grunde gegangen wäre“. Ob der Vorwurf der „allzustarken Sparsamkeit“ in seiner Pauschalität zutrifft, soll hier nicht entschieden werden. Das Motiv der Sparsamkeit drängt sich freilich auf, wenn man beide Hofbibliotheken, die annähernd zu
gleicher Zeit erbaut worden sind, miteinander vergleicht, erst recht, wenn man die beiden Schlösser in die Betrachtung einbezieht: Die Anlage des Karlsruher Schlosses ist wahrlich gegenüber der Dimension in Mannheim „bescheiden“.
Das Adjektiv „bescheiden“ trifft leider aber auch auf die Quellenlage zur Karlsruher Hofbibliothek zu. Zwar gibt es auch über die Mannheimer Hofbibliothek keine monographische Gesamtdarstellung, doch mangelt es insgesamt nicht an Literatur über das Schloss und die Schlossbibliothek. Anders in Karlsruhe, wo keine moderne Baugeschichte des Schlosses, geschweige denn eine Geschichte der Schlossbibliothek existiert. Das gilt auch für das vorhandene Bildmaterial: Beide Schlossbibliotheken existieren heute nicht mehr, beide Schlösser wurden 1944 zerstört, aber vom Mannheimer Bibliothekssaal sind immerhin Vorkriegsaufnahmen erhalten.