Heft 3
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Am 30. Juni 2002 trat Hauptkonservatorin Dr. Grit Arnscheidt, Stellvertretende Direktorin der Reiss-Engelhorn-Museen in Mannheim, in den Ruhestand. Mannheim war die Wahlheimat der in Düsseldorf aufgewachsenen Rheinländerin. Nach einem Studium der Geschichte, Kunstgeschichte und Anglistik in München, Heidelberg und London, nach Promotion und einer mehrjährigen Tätigkeit als wissenschaftliche Assistentin an der Universität Heidelberg kam sie 1974 nach Mannheim, das fortan nicht nur ihr berufliches Tätigkeitsfeld, sondern auch bevorzugter Gegenstand ihrer Forschungen werden sollte. Als Konservatorin im Städtischen Reiß-Museum bzw. später den Reiss-Engelhorn-Museen hat sie in zahlreichen Ausstellungen und Sonderschauen, Veröffentlichungen und Vorträgen, Exkursionen und Führungen unaufdringlich, doch beharrlich für Mannheimer Stadtgeschichte geworben und auf Eigenart, Gestalt und Wandel dieser Kulturregion aufmerksam gemacht. Interesse für historische Zusammenhänge weckte sie zudem durch einen Lehrauftrag an der Fachhochschule für Gestaltung in
Mannheim.
Die Familie Kobell stammt ursprünglich aus Hessen. Der Name „Kobel" bzw. ,,Köbel" kann bis in das 17. Jahrhundert zurückverfolgt werden. Im Zuge der Französisierung im 18. Jahrhundert wurde das „l" verdoppelt, wobei sich diese Schreibweise allerdings erst gegen Ende des 18. Jahrhunderts durchsetzte. Als Stammvater gilt nachweislich Engelbert Kobell, Hochfürstlich Hessen-Darmstädtischer Schultheiß in Niederroßbach, der gegen Ende des 17. Jahrhunderts nach Frankfurt am Main übersiedelte. Sein Sohn Johann Heinrich erhielt dort 1716 die Bürgerrechte. Nach dem großen Brand von Frankfurt 1719 wanderte dieser jedoch mit seiner Familie nach Rotterdam aus. Mit Johann Heinrich Kobell d. Ä. spaltete sich die Familie fortan in eine deutsche und eine holländische Linie auf. Der um 1718 geborene Johann Heinrich d. J. blieb in Holland und war der Vater des späteren Marinemalers Hendrik Kobell sowie des Landschafts- und Tiermalers Jan Kobell. Sein etwa um ein Jahr älterer Bruder Balthasar wurde in Mannheim ansässig und stieg unter Kurfürst Carl Theodor als hoher Finanzbeamter bis zum
kurpfälzischen Hofkammerrat auf.
Das Neckarauer Heimatmuseum kann auf eine wechselvolle Geschichte zurückblicken. Seit 1997 ist es im ehemaligen Badehaus in der Rathausstraße hinter dem Neckarauer Rathaus untergebracht. Es wurde auf Betreiben des Firmengründers Friedrich Julius Bensinger als Betriebsbad der Rheinischen Gummi- und Celluloidfabrik, später „Schildkröt AG", um die
Jahrhundertwende erbaut und später der Stadt Mannheim und der Neckarauer Bevölkerung als Volksbad geschenkt. Bis in die 60er Jahre war es in Betrieb.
Im vergangenen Jahr feierte unser Bundesland seinen fünfzigsten Geburtstag. Allenthalben wurden besondere Veranstaltungen, Vorträge und Events organisiert, und auch die Stadt Mannheim beging das Landesjubiläum auf vielfältige Weise. Große Beachtung fand dabei die Plakatausstellung des Stadtarchivs, eröffnet auf dem Mannheimer Stadtfest am
24. Mai 2002 mit dem abgeleiteten Slogan eines Wahlplakats zur Volksabstimmung von 1951: Mannem vorne - erst recht im Südweststaat. Die Ausstellung erinnerte an den „heißen" Wahlkampf, an jene entscheidende Abstimmung in den damaligen Bundesländern Württemberg-Baden, Baden und Württemberg-Hohenzollern am 9. Dezember 1951. Damals war der nordbadische Abstimmungsbezirk, vor allem Mannheim, das berühmte Zünglein an der Waage. Mit 63% votierten die
Mannheimerinnen und Mannheimer für den Südweststaat. Das Bundesland Baden-Württemberg konnte entstehen. Die Wanderausstellung mit den Wahlplakaten der frühen 50-er Jahre fand nach mehreren Stationen innerhalb Mannheims sowie in Laudenbach an der Bergstraße sogar den Weg bis in die Landeshauptstadt: Zum Abschluss wurde sie ab dem 3. Dezember 2002 auf Einladung der SPD-Fraktion im Stuttgarter Landtag gezeigt.
„Meine Herkunft ist mein Schicksal", sagte Rene Schickele, 1883 geboren. Er verkörpert die Situation des im Elsass Geborenen, der ein Leben lang den Ausgleich über den Rhein hinweg sucht, der ihn literarisch bauen will, mit literarischen Brücken, die diesen Brückenbau für immer dokumentieren: "Der Fremde", "Hans im Schnakenloch", "Das Erbe am Rhein", "Die Witwe Bosca", ,,Himmlische Landschaft" u. a., dazu viele Essays, vielfältige lyrische Belege, geschrieben von einem französischen Staatsbürger und einem deutschen Literaten.
Nachdem der Verfasser mehrere Abgeordnete des alten badischen Landtages (Ludwig Marum, SPD; Josef Ziegelmeyer, Zentrum; Rupert Rohrhurst, Nationalliberale Partei; Friedrich Weber, SPD und Johann Georg Banschbach, Konservative Partei) untersucht hat, beschreibt er nun mit Marie Bernays eine der ersten weiblichen Abgeordneten des demokratischen Parlaments in Karlsruhe, deren Todestag sich im Frühjahr 2004, am 22.4.1939, zum 65. Mal jährt.
Mauern sind Felsen aus Menschenhand. Als häufige und charakteristische Strukturelemente des Siedlungsbereiches kommt ihnen aus der Sicht des Naturschutzes eine besondere Bedeutung zu, da sie neben ihrer primären Funktion als Häuserwände, Gebäudeteile, Grundstücks- und Friedhofsmauern, Teile von Brücken, Bahn- und Hafenanlagen etc. auch einer Vielzahl von Tieren und Pflanzen als Ersatzlebensräume dienen können. Vor dem Hintergrund eines rasant fortschreitenden Artensterbens rücken derartige siedlungstypische Kleinstrukturen zunehmend in den Blickpunkt städtischer oder kommunaler Natur- und Biotopschutzmaßnahmen, die damit einen wichtigen Beitrag zur Sicherung der Biologischen Vielfalt „vor der eigenen Haustür" leisten können.
Mannheim 1666
(2003)
Die apokalyptischen Reiter, Symbol für die Plagen der Menschheit, versetzten im 17. Jahrhundert auch Mannheim in Angst und Schrecken. Die Stadt hatte noch die Verwüstungen des Dreißigjährigen Krieges zu überwinden, da traf sie das neue Unheil in Gestalt des Schwarzen Todes. Am Dienstag, 2. Januar 1666 leitete der Ratschreiber - was äußerst selten zum Jahreswechsel geschah - das Protokoll mit einem hoffnungsvollen Segensspruch ein: ,,Folget nun das 1666ste Jhar, Gott gebe ein gesundes
Neuwe Jhar". Ironie des Schicksals! Suchte er Hoffnung und Schutz, weil düstere Gerüchte an sein Ohr gedrungen waren? Hatte er bedrückende Ahnungen auf Grund von mancherlei Berichten oder einfach nur ein bisschen Zeit vor dem eigentlichen Sitzungsbeginn?
Die Adresse ist im heutigen Mannheim nicht zu finden. Die Menschen, das Haus, sogar die Straße sind verschwunden. Die Hausbewohner fehlen im Adressbuch der Stadt seit 1940. In Archiven dagegen geben schriftliche Dokumente Auskunft. Auch in den Erinnerungen ehemaliger Mannheimer in den USA und in Israel leben das Mietshaus und seine Bewohner in schmerzlicher Erinnerung fort. Einige wenige der früheren Bewohner oder Besucher haben überlebt. Sie, die hier als Kinder oder junge Menschen ein und aus gingen, erinnern sich durchaus. Juden lebten hier bis zum 22. Oktober 1940, dem Tag, an
dem die Reise in die Todeslager begann. Wie konnten über 2000 unschuldige Menschen einer Stadt mit Wissen der
Bevölkerung aus ihren Wohnungen abgeführt, deportiert und später getötet werden? Was war da vorausgegangen, wie sah die psychologische und technische Vorbereitung aus, wie konnte alles mit Wissen, vielleicht sogar mit Billigung der Nachbarn geschehen? Eine gültige Antwort wird es wohl nie geben. Dieser Beitrag ist der Versuch einer Rekonstruktion der Ereignisse in einem Wohnhaus.
Das im Norden der Oberrheinebene gelegene Neckarau - seit der Eingemeindung 1899 zu Mannheim gehörend - besteht als Gemarkung Neckarau aus den beiden Teilen Neckarau und Hermsheim. Von beiden besitzt Neckarau die ältesten Wurzeln, reichen diese doch bis in die Spätantike zurück, wo etwa zwischen 364 und 375 ein römisches Kastell (der Neckarauer Burgus) als strategische Festungsanlage am Rheinufer entstand. Die römischen Anlagen wurden zwischen 1926 und 1936 wiederentdeckt, wissenschaftlich ausgewertet und in Teilen in Museen verbracht, vor allem in das Mannheimer Reiß-Museum.
Am natürlichen Standort haben sich diese Zeugen spätantiken Wirkens in der Kurpfalz nicht erhalten, sie sind dem Siedlungsausbau der 50er und 60er Jahre des 20. Jahrhunderts zum Opfer gefallen.