230 Christentum, Christliche Theologie
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900 Jahre Sankt Märgen
(2018)
Die Gemeinde Sankt Märgen beging das Gründungsjubiläum des bis 1806 am Ort bestehenden Klosters mit einer historischen Ausstellung. Das genaue Gründungsdatum ist nicht bekannt, doch es war um das Jahr 1118, dass Bruno, der Propst des Straßburger Domkapitels, im Schwarzwald ein Kloster gründete, das er der Gottesmutter Maria weihte.
Mit der Veröffentlichung seiner 95 Thesen hatte Martin Luther 1517 einen bemerkenswerten Beitrag zur weiteren Entwicklung der Reformation geleistet. Dies war EKD-weit Anlass für die Proklamation einer von 2008 bis 2017 währenden Dekade mit Jahresthemen, die jeweils einem besonderen Aspekt der Reformation gewidmet waren. Sie gipfelte im Jubiläumsjahr 2017 mit seinen vielfältigen Angeboten auf Ebene der EKD und ihrer Gliedkirchen, vielfach im Zusammenwirken mit staatlichen und anderen öffentlichen Einrichtungen. Die Gestaltung des Reformationsgedenkens in Baden war mit über 8.000 eigenen Projekten und Veranstaltungen eingebunden in diesen Kontext. Dennoch hatte sie unverkennbar ein ganz eigenes Profil. So war sie zum Beispiel vergleichsweise sehr viel weniger „lutherlastig“ als es dem allgemeinen EKD-Trend entsprach. Das spiegelte sich unter anderem darin wider, dass in den offziellen landeskirchlichen Verlautbarungen vornehmlich von „Reformationsdekade“, „Reformationsjubiläum“ oder „Reformationsgedenken“ die Rede war und nicht von „Lutherdekade“ oder „Lutherjubiläum“. Weitere besondere Charakteristika waren die ausgeprägte Basisorientierung des badischen Reformationsgedenkens, sein Interesse an der Beschäftigung mit Kerninhalten des Evangeliums und seine vielfältigen ökumenischen Akzentuierungen.
Villingen. „Mögen Sie Pommes und sind Sie älter als 45…?”– Dann haben Sie als Villinger der späten 60er Jahre bis 1984 ganz sicher mal die längsten Pommes der Region gegessen…! Denn die gab es nur in der Rietstraße 24, wenn auch nicht aus Riesen-Kartoffeln, dann aber aus Kartoffelmehl, Milch und Wasser und eben aus der Pommes-Presse. Gewirtet wurde im „Antoniuskeller” von 1912 bis 1984, im Volksmund „AK” genannt, von Karl und Klaus Faller und zu Anfang mit einem Café und Wein-Restaurant von Hermann Schäfer. Historisch geht der Name der Wirtschaft zurück auf die einstige Bruderschaft „St. Antoni Eremitae”, gegründet 1457, die von 1503 an bis 1785 nahe dem Franziskaner und dem Riettor hier auch
ein Kapelle hatte. Es war eine Männer-Bruderschaft, wie sie in Villingen gleich mehrfach auftraten und die in religiöser Überzeugung ihrer jeweiligen Gruppe im Franziskaner auch ihre Nebenaltäre pflegten: so die Schmiedeknechte, die Armbrustschützen, die Brüder des Hl. Sebastian und des Hl. Franziskus und die Mannsbilder vom „Leiden Christi”, die sich als Passionsbruderschaft sahen.
Das Antoniusfeuer
(2018)
Colmar, das unter den großen Kriegen der älteren und jüngeren Vergangenheit vergleichsweise wenig gelitten hat, ist Ziel vieler Besucher. Sie alle besichtigen die schöne Altstadt mit ihren Fachwerkbauten, das Gerberviertel und die Dominikanerkirche mit Martin Schongauers Madonna im Rosenhag. Die meisten aber kommen wegen des Isenheimer Altars, entstanden zwischen 1512 und 1516, jenem grandiosen Kunstwerk des 1528 in Halle verstorbenen Mainzer Hofmalers Mathis Neithart Gothart, den alle Welt unter dem Namen Matthias Grünewald kennt.
Das Kloster St. Margarethen wurde 918 durch Herzog Burkhart I. von Schwaben und seine Frau Reginlind am Ausgang des Elztales gegründet. Im Jahre 994 gelangte das Kloster ans Reich und erhielt großzügige Privilegien. Nach diesem Zeitpunkt sind keine Schenkungen mehr
nachweisbar. Die geringen Einnahmen und die sich durch Klimaverschlechterung und Pest im 14. Jahrhundert verstärkende Not führten zu einem Niedergang des Klosters. Im Jahre 1430
starb die letzte Äbtissin. 1431 erfolgte die Umwandlung des Klosters in ein Kollegiatstift.
Vom Mosaik in der Klosterkirche Schuttern ist vor allem die Szene auf dem rechten Rand bekannt: Kain erschlägt seinen
Bruder Abel. Die wütend vorgeschobene Unterlippe Kains – „er verzog sein Gesicht“, heißt es in Genesis 4,5 –, die stille Ergebung des zusammengesunkenen Abel, die Einpassung der Figuren in einen nur rund 50 cm breiten Streifen zeigen, dass hier Meister ihres Faches am Werk waren.Leider ist nicht mehr von ihrer Kunstfertigkeit zu bewundern, denn das Mosaik war weitgehend zerstört, als Karl List es bei einer Sondierungsgrabung im Auftrag des Landesdenkmalamtes 1972 entdeckte. Nur die linke und die rechte Randzone der kreisförmigen Darstellung mit dem Durchmesser 338 cm waren noch am ursprünglichen Ort erhalten. Wie Abbildung 1 zeigt, zieht sich ein breiter Störungsstreifen durch das Medaillon. Einzelne Trümmerteile und Steinchen konnten in der Schuttschicht zwischen Mosaikebene und dem ca. 120 cm darüber liegenden Bodenniveau der ausgegrabenen romanischen Kirche von Schuttern noch aufgefunden werden; der größte Teil aber ist verschwunden.
Von 1431 bis 1806 bestand in Waldkirch ein Kollegiatstift aus sechs Kanonikern unter der Leitung von Propst, Dekan und Kustos. Die Verfassung dieser geistlichen Korporation war über Statuten geregelt, die bis 1750 regelmäßig erneuert wurden. Ihren architektonischen Ausdruck fanden diese im barocken Stiftsbezirk, der geschlossen erhalten ist. Um die Stiftskirche von
Peter Thumb scharen sich zwölf Hauptgebäude, angeführt von Propstei (Elztalmuseum) und Dekanei (heute katholisches Pfarrhaus).
Die Ausstellung »Reformation! Der Südwesten und Europa« im Zeughaus C5 der Reiss-Engelhorn-Museen in Mannheim folgt auf die Ausstellung »Die Päpste und die Einheit der lateinischen Welt«. Sie soll eine Erweiterung der Päpste-Ausstellung sein
und zeigen, wie sich die Reformation wegen der Verweltlichung des Papsttums und der Kirche im Südwesten
Deutschlands ausgebreitet hat.
Anfang der 30er Jahre hatte die noch recht junge evangelische Gemeinde in Villingen gut 3.000 Gemeindemitglieder. Pfarrer war seit vielen Jahren Adolf Barner. Seit 1896 war er in der vier Jahre zuvor gegründeten Kirchengemeinde Villingen. Im Jahre 1902 wurde die Pfarrstelle errichtet und somit unabhängig von der Kirchengemeinde Mönchweiler. Er begleitete die Gemeinde durch ruhige Zeiten des Wachstums, sowie durch die Umbrüche zu Zeiten des Weltkrieges und der
anschließenden Neuorganisation in der Weimarer Republik. Adolf Barner war zeitweise auch (Hornberger) Dekan, Landessynodaler und Kirchenrat. 1926 war es von Villingen aus zur Bildung einer ersten Diasporagemeinde gekommen: Bad
Dürrheim mit umliegenden Dörfern im Brigachtal wurde abgetrennt und bekam einen eigenen Pfarrer.
Sich mit den 90er Jahren des 20. Jahrhunderts zu beschäftigen bedeutet, eine „Geschichte, die noch qualmt“, zu betrachten, wie die Historikerin Barbara Tuchman einmal den Gegenstand der jüngsten Zeitgeschichte metaphorisch umschrieben hat.
Folgt man der klassischen Definition von Hans Rothfels, so umfasst die Zeitgeschichte jene Jahrzehnte, die von einer noch lebenden Generation von Zeitzeugen bewusst miterlebt und mitgestaltet worden ist. Danach sind wohl die meisten hier Anwesenden Zeitzeugen der Kirchengeschichte der 1990er Jahre. Die kirchliche Zeitgeschichte unterscheidet sich von der übrigen Kirchengeschichtsforschung u. a. durch den Zugriff auf eine besondere Quellengattung: die Auskünfte der Zeitzeugen. Durch Interviews können Detailinformationen, atmosphärische und biographische Hintergründe sowie zeitgenössische Deutungsmuster ermittelt werden. Die Kommunikation zwischen Zeitzeugen und Historikern bietet
viele Chancen, sofern die strukturell unterschiedlichen Rollen der beiden akzeptiert werden. Der Zeitzeuge gibt innerhalb seines partikularen Erfahrungshorizonts seine subjektive Wahrnehmung von zeitgeschichtlichen Ereignissen wieder. Während der Zeitzeuge Geschichte erinnert, will der Historiker sie erforschen. Gebunden an wissenschaftliche Standards und kontrolliert von einer Fachöffentlichkeit analysiert er auf einer breiten Quellenbasis multiperspektivisch historische Ereignisse, Strukturen und Prozesse. Die neunziger Jahre sind bislang von der kirchlichen Zeitgeschichtsforschung allenfalls gestreift worden. Grund hierfür ist die zumeist 30jährige Sperrfrist für kirchliche und staatliche Akten, die für diesen Zeitraum noch nicht abgelaufen ist. Dennoch lassen sich anhand publizierter Quellen erste geschichtswissenschaftliche Streifzüge durch dieses Jahrzehnt unternehmen.