230 Christentum, Christliche Theologie
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Die Feier der religiösen Feste ist in der Regel im Verlauf des Kirchenjahrs im jährlichen Rhythmus innerhalb der Kirchen erlebbar. Der öffentliche Raum, die Straßen und Plätze der Dörfer und Städte sind der Schauplatz des Fronleichnamsfestes in seiner unübersehbaren Gestalt der Fronleichnamsprozession.
Das war mindestens 1200 Jahre in der Kirchengeschichte nicht so. Am Anfang des 13. Jahrhunderts pflegten religiöse Frauenkreise in Brabant, Flandern und in der Wallonie besondere neue Formen der eucharistischen Frömmigkeit. Juliana von Lüttich, gestorben 1258, schaute in einer Vision die helle Mondscheibe mit einem dunklen Fleck am Rand. Die Deutung, die ihr dafür eingegeben wurde, war: Der Kirche fehlt ein Fest zur
besonderen Verehrung der Eucharistie: Ein solches Fest ordnete Bischof Robert von Lüttich 1246 für seine Diözese an
Verantwortlichen des Grünflächenamtes und deutete die Reliefs mit der Schrift auf den drei Seiten
der Stele. Dekan Kurt Müller, der die Texte entworfen hatte, sprach ein Segensgebet. Günter Rath,
der Vorsitzende des Geschichts- und Heimatvereins, übergab das kostbare Werk der Wertschätzung und der Fürsorge der Öffentlichkeit, die
in großer Zahl an der Einweihungsfeier teilgenommen hatte. Von den üblichen, in den meisten
katholischen Kirchen zu entdeckenden 14 Kreuzwegstationen wurden drei ausgewählt:
Jesus wird zum Tod verurteilt.
Klein, noch unter der untersten Stufe steht wehrlos
der angeklagte, gefesselte Jesus. Fünf Stufen höher,
fast auf dem Richterstuhl sitzend wäscht Pilatus
nach gefälltem Urteil sich „in Unschuld" die
Hände. Der deutende Satz lautet:
DIE HANDLANGER
DAS UEBEL JEDER
EPOCHE
Eine Krippe (lat. Presepium) ist zunächst eine
im Fels gehauene Rinne oder eine aus Holz gezimmerte Vorrichtung zur Fütterung von Stalltieren.
Sprechen wir von einer „Weihnachtskrippe“,
dann wird der Satz lebendig aus dem Lukasevangelium: „Und sie gebar ihren Sohn, den
Erstgeborenen, wickelte ihn in Windeln und legte
ihn in eine Krippe, weil für sie kein Platz in der
Herberge war“. Von dieser originalen Krippe ist
verständlicherweise nichts erhalten geblieben. Die
Herkunft der seit dem frühen 5. Jahrhundert in
Maria Maggiore in Rom verehrten Holzkrippe ist
nicht verlässlich bekannt, obwohl ein paar
Brettchen davon sogar in die Reliquiensammlung
des Reichskleinodienschatzes aufgenommen worden waren.
Just im Jahr des 200sten Unionsjubiläums blicken die jüdischen Gemeinden hierzulande auf 1700 Jahre Präsenz nördlich der Alpen, beginnend im Köln des vierten Jahrhunderts. Eine zeitliche Koinzidenz, die neu nach der Beziehung der Kirche zum Judentum fragen lässt. Auch die badische Union hat sich in mühsamen Schritten erst befreien müssen von den alten überkommenen Mustern der Judenfeindschaft. Tiefgreifende Neuaufbrüche im christlich-jüdischen Verhältnis liegen in den 1980er Jahren. Es hat wohl die Spanne der 40 Jahre nach der Schoa gebraucht, bis es zu substanziell wirklich neuen Überzeugungen kam: Das wegweisende Synodalwort der badischen Landeskirche 1984 formulierte die nicht mehr zu hintergehende Einsicht in die Treue Gottes zu seinem Volk, die unverbrüchlich ist und in das Selbstverständnis
auch der christlichen Kirche eingezeichnet bleibt. Wurde in der christlichen Tradition die Kirche weithin als Nachfolgerin und Erbin eines abgetanen Judentums verstanden, so begegnet heute die Kirche – auch die badische – den jüdisch glaubenden Menschen als Partnerinnen und Partner unter dem weiten Bogen der Beziehung zu dem einen Gott.
Das Leben und Arbeiten im Kloster unterscheidet sich in vielen Bereichen vom Leben eines Berufstätigen mit Familie oder als
Single. Im Kloster gibt es keine getrennten Bereiche, d. h. wir sind Lebensgemeinschaft und Arbeitsgemeinschaft in einem. Diese Lebensform ist eine große Bereicherung aber auch eine Herausforderung, da wir denselben Menschen beim Beten und beim Essen, bei der Arbeit und in der Freizeit begegnen. Die meisten Menschen kennen ja die Trennung von Privat- und Berufsleben.
Der Nachlass des Prälaten Hans Bornhäuser fand, nachdem bereits 2008 kleinere Teile eines „Nachlasses Bornhäuser“ durch den verstorbenen Prälat i.R. Gerd Schmoll übergeben worden waren, im Februar 2013 mit der Übernahme des Hauptnachlasses von der Witwe Ilse Bornhäuser in Freiburg seinen Weg in das Landeskirchliche Archiv Karlsruhe.
Der Bestand beinhaltet 283 Verzeichnungseinheiten mit einem Umfang von insgesamt 1,9lfden. Metern und
einer Laufzeit von 1900 bis 1987. Er umfasst Dokumente aus dem beruflichen wie aus dem persönlichen Leben.
Hans Bornhäuser entstammte einer religiös geprägten Familie: Am 21. Februar 1908 wurde er als erstes Kind des Pfarrers
Wilhelm Bornhäuser und dessen Frau Helene geb. Gonser in Uiffingen bei Boxberg geboren. 1910 wurde der Vater an die Stiftsanstalten in Freiburg versetzt, wo Hans Bornhäuser seine Kindheit und Jugend verbrachte. 1926 nahm er das
Studium der Theologie, Philosophie und Geschichte an der Universität Marburg auf, wo sein Onkel Karl Bornhäuser als Theologieprofessor wirkte. Während seiner Studienzeit verbrachte Hans Bornhäuser einige Semester an der Theologischen Schule in Bethel und an der Universität Erlangen.
„Ein reiner Irrsinn“
(2014)
„Man kann nicht darüber hinwegsehen, dass im Elsass, wenn es um Religionsfragen geht, das ganze Land sich in zwei feindliche Lager spaltet. Und sogar Leute, die durch öffentliche oder andere Stellung, durch ihre Erziehung, den Rang, den sie in der Gesellschaft einnehmen, von diesen Einflüssen verschont sein sollten, verhalten sich wie die Anderen“. Diese Aussage des Präfekten Sers, eines Protestanten, vom Juli 1843, führt uns unumwunden in diese unfriedliche Welt ein. Es geht um die Simultankirchen, die von den Katholiken und den Lutheranern, seltener von den Calvinisten, zum Gottesdienst benutzt wurden.
Seit 1981 öffnet sich Schloss Bruchsal erstmals wieder im Hauptgeschoss für eine große Sonderausstellung. Zu sehen gibt es eine Vielfalt von Zeitzeugen, anhand derer bekannte und unbekannte Seiten der Säkularisation aufgeschlagen werden. Wer die prächtigen, lehrreichen und faszinierenden Stücke betrachtet, staunt, woher sie überall zusammengetragen wurden. Die Staatlichen Schlösser und Gärten Baden-Württemberg veranstalten zusammen mit der Stadt Bruchsal die facettenreiche Präsentation beeindruckender Objekte, vor allem aus dem badischen, aber auch ausgewählte Beispiele aus dem württembergischen Gebiet. Der Blick auf die Säkularisationsjahre 1802-1806 - 200 Jahre danach - führt uns in eine spannende Phase der Geschichte des heutigen Baden-Württemberg. Eine der größten Umbruchzeiten, die es in der europäischen Geschichte gegeben hat, war in Gang. Der Name Napoleon steht für diese Zeit. Er hat die neue Ordnung eingeführt, zunächst in Frankreich, dann in ganz Mitteleuropa. Besitzungen und Rechtstitel der Klöster und geistlichen Herrschaften wurden in weltlichen Besitz umgewandelt. Neue Territorialgebilde entstanden. Schloss Bruchsal, als vorherige Residenz der Fürstbischöfe von Speyer war selbst ein Schauplatz der Säkularisation. Durch die Auflösung des kleinen eigenständigen geistlichen Staates verlor es seine zentrale Rolle als Hauptstadt.
Die Geschichte der Gründung des Klosters Mariental in Steinheim an der Murr ist
schon mehrfach thematisiert worden. Zu der von Berthold von Blankenstein und
seiner Gattin Elisabeth durchgeführten frommen Stiftung sind gleich mehrere
urkundliche Zeugnisse überliefert und doch wurde in der Literatur eine »eigentliche Gründungsurkunde« vermisst. In der Tat ist in einem Teil der einschlägigen
Dokumente von der geplanten, in anderen von der bereits vollzogenen Klostergründung die Rede. Gewissermaßen an der Schnittstelle zwischen beiden Gruppen steht jene, heute im Hauptstaatsarchiv Stuttgart aufbewahrte Urkunde, in der
die Stifter Berthold und Elisabeth von Blankenstein eine Reihe von Verfügungen
bezüglich ihrer Stiftung treffen. Einerseits wird in dem Stück eine bereits gegründete Kirche der Nonnen (ecclesiam sanctimonialium, quam ... fundavimus) erwähnt, andererseits wird deutlich, dass Kloster und Klausur noch nicht eingerichtet sind. Bestimmungen hinsichtlich der Klostervogtei, einem im Wortsinn grundlegenden Element der Klosterverfassung, sind ebenfalls hier zu finden. Dies lässt
vermuten, dass unsere undatierte Urkunde zwischen der von Bischof Heinrich
von Speyer am 31. Dezember 1254 ausgestellten Genehmigung für die Klostergründung und Klosterausstattung5 und der am 18. November 1255 vom Propst
von Beutelsbach auf Weisung des Papstes vollzogenen Inkorporation der Steinheimer Pfarrkirche mit allem Zubehör in das Kloster Mariental einzuordnen ist. Da
die Forschung heute bei Gründungsvorgängen allgemein von einem »gestreckten
Verlauf« ausgeht, dürfen wir das von Berthold und Elisabeth von Blankenstein
ausgestellte Dokument, in dem sich der Stifterwille manifestiert, durchaus als
»Gründungsurkunde« des Klosters Mariemal in Steinheim betrachten. Bemerkenswert ist, dass eine Bestimmung der Klostergründer mindestens drei Jahrhunderte überdauert hat: In der 1577 von der württembergischen Klosterhofmeisterei
aufgenommenen Beschreibung der Baulichkeiten im Klosterbezirk findet sich eine
Vorschrift hinsichtlich der Benutzung der Klostermühle in genau der Form, wie
sie 1255 festgelegt wurde.
Die protestantische Kirchengemeinde Sulzburg im Spiegel eines Visitationsberichts aus dem Jahre 1800
(2000)
Die Kirchenvisitation ist so alt wie die christliche Gemeinde. Bei den ersten Gemeinden wurde die Visitation von der Urgemeinde in Jerusalem wahrgenommen. Auch die Reisen des Paulus waren z. T. Visitationen, Besuche einer befreundeten
Autorität, aber auch Prüfungen und Kontrollen, die das Gemeindeleben fördern, stärken und - wenn nötig - befrieden sollten. ,,Visitationen sind eine eigentümliche Zwischenform zwischen brüderlichem Besuchsdienst und kirchenleitender Aufsicht über das Leben in den Einzelgemeinden," heißt es in einem großen Kirchenlexikon. Aus reformatorischem Geist wurden die Visitationen in den protestantischen Ländern zu einer kollegialen Aufsicht, die den Schwerpunkt auf Erziehung und Belehrung der Gemeindeglieder legte. Luthers Katechismen sind aus Visitationserfahrungen entstanden. Und im 18. Jahrhundert forderte der Superintendent von Dresden, daß im Rahmen der Visitationen mit allen erwachsenen Gemeindemitgliedern ein
Katechismusexamen abgehalten werden solle.
Den freiwilligen Wechsel der Deutschen aus dem demokratischen Staat, der Weimarer Republik hieß (1919-1933), in die nationalsozialistische Diktatur können wir heute nur noch verstehen, wenn wir in die Geschichte blicken. Daß ein sehr großer Teil der Menschen, die den christlichen Kirchen, der evangelischen wie der katholischen, angehörten, diesen Übergang begrüßt hat, wollen wir nicht gerne hören und mögen wir nicht glauben. Es ist aber so, und es läßt sich auch erklären. Während kirchentreue Katholiken bis 1933 durch die offiziellen Erklärungen ihrer Kirche auf Distanz zur NSDAP als Partei gehalten wurden, waren die Protestanten, die keine hierarchisch-autoritäre Kirche kennen, zunächst anfälliger. Als aber die NSDAP begann, unmittelbar in das kirchliche Leben einzugreifen und sich in Glaubensfragen einzumischen, entstanden in den protestantischen Kirchen unbeugsame Widerstandsgruppen, denen auch Menschen angehörten, die sich den NS-Ideen zunächst geöffnet hatten. Die Widerstandskraft der „Bekennenden Kirche" hat die NSDAP bis zu ihrem Ende nicht überwinden können.
Die Hofkreuze von Hofstetten
(2003)
Die Hofkreuze in Hofstetten sind Hochkreuze und tragen alle einen Christus-Korpus. Geht man der Geschichte und den Inschriften der Kreuze nach, entdeckt man, dass viele Leute, meistens Bauern, Hofkreuze aus Dankbarkeit, zur Erinnerung an Menschen, als Mahnmal, als Gotteslob, zum Schutz vor Seuchen und Blitzeinschlägen oder in Verbindung mit einem
Gelübde errichtet worden sind. Heute werden keine Hofkreuze mehr gebaut, weil viele Menschen nicht mehr so religiös eingestellt wie früher sind. Allerdings entdeckt man am Straßenrand oft Kreuze, die an einen Unfall erinnern und die Vorbeifahrenden mahnen sollen.
Eligius, auch Eulogius genannt, zählte einst zu den populärsten Kirchenheiligen,
dessen Verehrung sich nicht nur in zahlreichen Patrozinien und ikonographischen Darstellungen, sondern auch in einem reichen religiösen Volksbrauchtum niedergeschlagen
hat. Der Schwerpunkt seiner Verehrung befindet sich in Nordfrankreich und Belgien,
doch von hier aus breitete sich sein Kult über ganz Europa aus. Auch im deutschen Südwesten und im Bodenseegebiet sind zahlreiche Spuren der Eligiusverehrung überliefert.
Wer war der Heilige, wie hat sich seine Verehrung verbreitet? Welche Kultzeugnisse hat er im Bistum Konstanz hinterlassen und wie erklärt sich, dass Eligius im Unterschied zu vielen unbekannt gebliebenen fränkischen Heiligen so populär geworden ist?
Die drei Protagonisten dieser Tagung sind im Abstand jeweils eines halben Jahrhunderts geboren: Friedrich Reiser 1401, Jakob Wimpfeling 1450, Sebastian Franck 1499. Wimpfeling ist Reiser und wohl auch Franck nie begegnet, aber Wimpfeling
wusste von Reiser, und Franck wusste von Wimpfeling. Als Reiser 1458 in Straßburg als rückfälliger Ketzer verbrannt wurde, besuchte der junge Wimpfeling die Lateinschule seiner Heimatstadt Schlettstadt. Erst vierzig Jahre später interessierte ihn jene Ketzerverbrennung aus einem nicht bekannten Grunde sehr. Sein Freund Geiler von Kaysersberg stellte 1497 in Straßburg Nachforschungen über „diesen Friedrich“ an und übermittelte das Ergebnis nach Speyer, wo Wimpfeling damals als Domprediger wirkte. Vier Jahre später machte Wimpfeling, der inzwischen in Straßburg lebte, von den Informationen Geilers Gebrauch im zweiten Buch seiner Schrift „Germania“, mit der er beim Rat der Stadt dafür warb, dass dieser zum Wohle Straßburgs ein Gymnasium für die 15- bis 20jährigen als Ausbildungsstätte für die künftige Führungsschicht einrichten möge. Diese sollte einmal mit derselben Weisheit regieren, die der Stra?burger Rat schon in früheren Zeiten bewiesen habe. Wimpfelings Aufzählung vorbildlicher Maßnahmen schockierte damals nicht, sie entsprach vielmehr gängiger Regierungslehre.
Seit einiger Zeit beschäftigt sich in St. Georgen ein
Gremium bestehend aus Vertretern verschiedener
Gruppierungen damit, Spuren des ehemaligen
Klosters St. Georgen sichtbar zu machen. Eine
zweiwöchige Veranstaltung in der Lorenzkirche,
der ehemaligen Leutekirche des Klosters, war
der Anfang. Vorträge und musikalische Veranstaltungen ergänzten die Ausstellung von Gegenständen und Bildern.
Das 1084 gegründete Benediktiner-Kloster des heiligen Georg hatte eine wechselvolle Geschichte.
Von seiner großen Bedeutung im 12. und 13. Jahrhundert zeugen nur noch alte Urkunden und Akten.
Als Württemberg die gesamte Schirmvogtei über
das Kloster besaß, führte Herzog Ulrich zwangsweise den evangelischen Glauben in St. Georgen
ein und vertrieb die Mönche. Nach einer kurzen
Zwischenstation in Rottweil bauten diese ihre Besitzung in Villingen zu einem Kloster aus. Es hieß
nun „Kloster St. Georgen, dermalen zu Villingen".
Nach der Zerstörung der Klostergebäude in
St. Georgen im Jahre 1633 wurden diese nie mehr
aufgebaut. Nachdem die Ruinen noch über 200
Jahre lang das Ortsbild bestimmten, führten
Brandunglücke und die rasche Entwicklung des
Ortes im 19. Jahrhundert zum fast vollständigen
Verschwinden der Klosterüberreste. Dies machte es
für die Veranstalter sehr schwierig, Klosterspuren
aufzuzeigen. Einzige greifbare Zeugen aus der
St. Georgener Klosterzeit sind am Ort ein paar
Grabplatten von Erbbegräbnissen, einige Steine
von der Klosterkirche und ein kleiner Rest der ehemaligen Klostermauer.
Am 22. Juni 1914 schreibt der 77jährige Albert Helbing, Exzellenz und wirklicher Geheimrat und seit 1903 Präsident des
Evangelischen Oberkirchenrats der badischen Landeskirche, an seinen Schwager Heinrich Spengler: Ob für mich auch noch einmal eine kurze Zeit der Ruhe hienieden anbrechen wird? Ich sehne mich oft unaussprechlich danach. Aber es scheint fast, als ob mir dieses Glück nicht sollte beschieden werden. Vom 8.-16. d.M. war ich wieder in Eisenach, fand bei meiner Rückkehr viel Arbeit und Sorgen und stehe nun vor der Generalsynode, die voraussichtlich kein sonderliches Vergnügen aber jedenfalls eine große Anstrengung sein wird. Das ist nun die achte, die ich erlebe, die dritte als Präsident und diese zum
größten Teil [mit] neuen erstmals gewählten Mitgliedern. Indes – Deus providebit. Schon drei Jahre zuvor zeigte der damals 74jährige Amtsmüdigkeit und wollte zurücktreten. Aber seine Tochter schreibt ihm: Deinen Rücktritt würde ich in erster
Linie für Dich bedauern. Die Tätigkeit würde Dir doch sehr fehlen. Doch darüber werden wir jedoch miteinander reden. Offenbar hast Du wieder Unannehmlichkeiten haben müssen. Und so bleibt der greise Kirchenpräsident weiter im Amt in der Blumenstraße in Karlsruhe, dem sogenannten Roten Haus. Im Jahr 1907 hatte er den unter seiner Regie erbauten Dienst- und Wohnsitz der badischen Kirchenleitung bezogen. Seit 1906 verwitwet lebte er dort in unermüdlicher Tätigkeit, stets aufs äußerste bedacht, alle Fäden in der Hand zu behalten und die Zügel nicht zu verlieren. Einer seiner Gegner auf der Linken, der Mannheimer Pfarrer Ernst Lehmann, hat seine Amtszeit nach seinem Tod und nach dem Ende des Ersten Weltkrieges mit dem ambivalenten Begriff der „Ära Helbing“ gekennzeichnet, die an ihm hängen geblieben ist.
Die Arbeit befasst sich mit der Neuordnung der „Vereinigten Evangelisch-protestantischen Landeskirche Badens“ nach Kriegsende. Sie basiert darauf, dass sich zwischen 1933 und 1945 in Freiburg Widerstand gegen das totalitäre Regime früh organisierte, und will zeigen, wie sich der Freiburger Widerstand auf den Wieder- und Neuaufbau der badischen Landeskirche ausgewirkt hat. 1945 waren einzig der Landesbischof und zwei Oberkirchenräte noch verfassungsgemäß besetzt, Bischof D. Julius Kühlewein und die Oberkirchenräte Dr. Otto Friedrich und Gustav Rost. Um nach dem Krieg die Ordnung wiederherzustellen beschloss der Evangelische Oberkirchenrat (EOK) im Juli 1945, die Zuständigkeit des Erweiterten Oberkirchenrates (ErwOKR), die 1934 im Verlauf der Eingliederung der Landeskirche in die Reichskirche an den EOK übertragen worden waren, wieder herzustellen. Verfassungsgemäß musste der ErwOKR dafür zunächst mit Hilfe der Landessynode neu gebildet werden. Da nach 1934 jedoch keine verfassungsgemäße Landessynode mehr bestand, wurde dem Landesbischof die Ernennung aller sechs (zuvor waren es vier) Mitglieder des ErwOKR übertragen.
Es gibt verschiedene Wege, sich mit Geschichte zu beschäftigen. Einer davon ist der Zugang über Biographien. Ob ich die Vergangenheit geistesgeschichtlich oder sozialgeschichtlich deute, ob ich nach Verfassungen, Gesetzen oder Bekenntnissen frage, immer ist der Mensch der Agierende und der Reagierende, Täter und Opfer. Er ist Träger neuer Ideen und Verteidiger der alten. Er findet Verhältnisse von seinen Vorfahren vor und gestaltet neu für seine Nachkommen, er ist Kind seiner Zeit und gleichzeitig prägt er seine Zeit. Was ich intellektuell sezieren und unterscheiden kann, fließt zusammen in der Existenz eines Menschen. In einer Biographie muss darum beides zum Ausdruck kommen: was der Mensch vorfindet und was er selbst beiträgt. Nun gibt es einen Faktor, der den Menschen in doppelter Hinsicht prägt, der seine Verhältnisse, die Bedingungen, die er vorfindet, mitbestimmt, und gleichzeitig seine körperlichen, seelischen und geistigen Fähigkeiten bedingt: die Familie. Neben der „Biographie“ eines Einzelnen ist darum auch die „Oikographie“ einer Familie, eines Geschlechts, von Interesse, vor allem dann, wenn Familien Geschichte geprägt haben. Betrachtet man die Geschichte der badischen Landeskirche, dann sind es bestimmte Namen, die unter den Pfarrern, später auch Pfarrerinnen, immer wieder auftauchen, seit dem 16. Jahrhundert begegnen uns beispielsweise die Familien Fecht, Hitzig, Sachs oder Eisenlohr und bis in die heutige Zeit hinein Bender, Kühlewein oder Schmitthenner. Nicht immer sind Vater und Sohn gleichermaßen bedeutsam in ihrem Beitrag für die Geschichte, nicht immer folgt der Sohn dem Vater in das geistliche Amt, manchmal sind es erst Enkel oder Urenkel, und nicht immer übernimmt der Nachkomme automatisch die theologische Position seiner Vorfahren, oft muss er sich nicht nur mit dem theologischen Erbe seiner Zeit, sondern mit dem theologischen Erbe der Väter auseinandersetzen, um eine eigene Position zu finden. Und dennoch findet man immer wieder auch das Familientypische.
Eine Familie, die unsere badische Kirche und Gesellschaft seit dem 18. Jahrhundert geprägt hat, ist die Familie Frommel. Zahlreiche Theologen, Künstler und andere Gelehrte hat sie hervorgebracht. Der vorliegende Aufsatz porträtiert den ersten Pfarrer der Familie, Johann Christoph Frommel (1724-1784), und macht durch kurze Lebensskizzen einiger seiner Nachkommen beispielhaft deutlich, wie stark Pfarrfamilien vom 18. bis 20. Jahrhundert kulturprägend und –tragend waren.
Pfarrer gefeuert! Er taufte keine Babys, so die Schlagzeile der Bildzeitung am 11. Februar 1969 über die Vorgänge um den Kieselbronner Pfarrer Johannes Weygand, die ganz im Stil der Zeitung natürlich vereinfachte und verkürzte, jedoch zielgenau die Problemstellung formulierte: Pfarrer gefeuert! – Es geht zum einen um das kirchliche Dienstrecht. Er taufte keine Babys. – Zum anderen geht es um die kirchliche Lehre und Praxis der Taufe. Sündiger Seelenhirte oder Möbelschreiner? – Ein Pfarrer, der sein eigenes Kind nicht tauft, so überschrieb die Zeit bereits zwei Monate zuvor, am Nikolaustag 1968, ihren etwas differenzierteren Artikel über die Geschehnisse in Kieselbronn und bezog sich auf eine Aussage Weygands, lieber wieder in seinem erlernten Handwerk weiterzumachen als wider seinen Glauben zu handeln: lieber rechtschaffener Möbelschreiner als sündiger Pfarrer. Damit soll Weygands Gewissensbindung gezeigt werden, die mit den Worten „Hier stehe ich und kann nicht anders“ mit derjenigen Martin Luthers auf dem Reichstag zu Worms verglichen wird – und mit der Beschreibung der
Stimmungsänderung von Kirchenleitung und Gemeinde in der Beurteilung Weygands durch die Ausrufe „Hosianna“ zu „Kreuziget ihn“ gar mit dem Schicksal Christi.