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Wer kennt sie nicht, die Spottstrophen auf die Schwaben oder hat schon einmal davon gehört oder gelesen? Derbe Zusatzstrophen zum Badnerlied, mit denen bei baden-württembergischen Derbys verbale Kämpfe ausgetragen
werden und deretwegen es nach dem Bericht eines Lehrers zwischen Schülern aus den beiden Landesteilen bei einem Klassenausflug auch schon einmal zu Handgreiflichkeiten gekommen ist. Baden-Württemberg feiert heuer sein fünfzigjähriges Bestehen, aber eine Landeshymne, ein gemeinsames Lied, zu dem sich alle seine Bewohner bekennen, fehlt immer noch. Nach
wie vor singen die Badener mit Gefühlsüberschwang „Das schönste Land ... ", die Württemberger betrachten das historische Sagenlied vom „reichsten Fürsten" und die Hechinger und Sigmaringer das nostalgische Zollernlied (,,Nicht weit von Württemberg und Baden") als ihr Landeslied.
Im Jahre 1991 beschloss man im Kappelrodecker Gemeinderat eine Partnerschaft mit einer französischen Gemeinde einzugehen. Mit der Stadt Rosheim im Elsass wurde eine Kommune gefunden, die in der Struktur der von Kappelrodeck ähnelte. Man war sich schnell einig und die Partnerschaftsurkunde wurde im Oktober 1994 unterzeichnet. Diese Verbindung wird seither sehr intensiv gepflegt. Durch die relative Nähe von nur 70 km können auch spontane Treffen permanent stattfinden, was für eine lebendige Partnerschaft von großem Vorteil ist.
Im Jahr 2021 feiert die Evangelische Landeskirche in Baden nicht nur das Jubiläum ihrer Union, sondern auch 50 Jahre rechtlicher Gleichstellung im Pfarramt. Denn am 27. April 1971 wurde mit einem simplen, heute fast banal erscheinendem Satz Geschichte geschrieben: Pfarrer im Sinne der Grundordnung ist auch die Pfarrerin. Damit beendete die Landessynode 55 Jahre rechtlich legitimierter Diskriminierung von Theologinnen in der Evangelischen Landeskirche in Baden. Ein langer und steiniger Weg von der erstmaligen Zulassung einer Frau zu den theologischen Examina im Jahr 1916 bis zur ersten offiziellen badischen Gemeindepfarrerin im Dezember 1971. Der vorliegende Beitrag erläutert zunächst die grundlegenden Voraussetzungen zur Entstehung eines Theologinnenamtes, bevor die ersten Entwicklungsschritte dieses Amtes in Baden in Anlehnung an die Biographien von drei frühen badischen Theologinnen in den Blick genommen werden. Die Diskussion zwischen Landesbischof Julius Bender und Doris Faulhaber als Vertreterin des badischen Theologinnenkonvents im Zuge der Neuordnung der Landeskirche nach dem Zweiten Weltkrieg wird in einem eigenen Abschnitt vertiefend betrachtet. Im weiteren Verlauf werden
die wichtigsten gesetzlichen Regelungen bis 1971 vorgestellt.
Die unter wechselnden Namen seit 1949 publizierte regionale Kulturzeitschrift, zuletzt unter dem Namen „in Baden Württemberg" hat nach dem 49. Jahrgang ihr Erscheinen aus finanziellen Gründen eingestellt. Damit ist eine fast fünfzig Jahre gepflegte verlegerische Tradition einer südwestdeutschen Kulturzeitschrift zu Ende gegangen. Für die BADISCHE HEIMAT ist das Grund genug, die Entwicklung der Zeitschrift zu dokumentieren. Im einzelnen sind es zwei Motive, die uns veranlassen, das verlegerische Risiko, den Willen zur publizistischen Präsenz und die redaktionelle Arbeit der Zeitschriftenjahrgänge von 1949-2002 zu würdigen. Ein Motiv dabei ist die Verbundenheit der BADISCHEN HEIMAT mit dem G. Braun Verlag, wurden und werden doch die Hefte der BADISCHEN HEIMAT auch nach dem Zweiten Weltkrieg seit 1950 von G. Braun betreut. Ein zweites Motiv ist unsere Überzeugung, dass auch Periodika Teil einer heimatlichen, regionalen Verortung sein können. Die von Dr. Eberhard Knittel herausgegebene Zeitschrift „Baden" war in Themen und kontinuierlicher Erscheinungsweise geradezu in diesem Sinne gedacht.
35 Jahre Malkreis Tiengen
(2003)
Seit den frühen Jahren seines Bestehens ist es beim Maikreis Tiengen üblich geworden, außer seinen öffentlichen Aktivitäten alle fünf Jahre mit einer „Geburtstagsausstellung" in Erscheinung zu treten, meistens im heimischen Tiengen am Hochrhein. Nach 35 Jahren zeigten nun die Maikreismitglieder, 22 an der Zahl und drei Gäste, von September bis November 2002 insgesamt 76 Arbeiten, vorwiegend Ölgemälde, aber auch Aquarelle, Pastellzeichnungen und eine Rauminstallation, dieses Mal aber im Hans Thoma-Museum in Bernau im Schwarzwald.
Die Gartenstadt
(2003)
Im Rahmen des Begleitprogramms zur Landesausstellung „Mythos Jahrhundertwende" des Landesmuseums für Technik und
Arbeit in Mannheim im Millenniumsjahr 2000 hielt Herr Walter Pahl zu dem Themenschwerpunkt „Wohnen und Wohnideen" den Vortrag ,,Die Gartenstadt". Bei dem hier wiedergegebenen Text handelt es sich um eine überarbeitete Fassung des als Aufsatz in Heft 36/2000 der Reihe LTA-Forschung des Landesmuseums für Technik und Arbeit in Mannheim in gekürzter Form wiedergegebenen Vortragsmanuskripts. Walter Pahl, Betriebswirt (VWA), auch langjähriges Mitglied des Stiftungsrates des LTA, war von 194 7 bis 1988 geschäftsführender Direktor und bis 2000 Vorstandsvorsitzender der Gartenstadt- Genossenschaft Mannheim eG. sowie von 1968 bis 1991 Vorstandsmitglied GdW Bundesverband.
Die Spiegelmanufaktur (SAINT-GOBAIN GLASS DEUTSCHLAND GMBH) im Mannheimer Stadtteil Waldhof kann in diesem Jahr auf ein 150jähriges Bestehen zurückblicken. Ein Ereignis das aus mehreren Gründen gewürdigt werden soll. Ihre Errichtung auf einem von den Erben des Hofgerichtsrats und Hofbibliothekars Karl Theodor von Traitteur erworbenen Gelände auf dem Luzenberg leitete die Industrialisierung im Norden Mannheims ein. Luzenberg und Waldhof, es waren nur
kleine Ökonomiegüter, gehörten zur Gemarkung Käfertal und lagen weit vor den Toren der Stadt. Bis zu ihren Eingemeindungen 1897 bzw. 1913 lagen die selbständigen Gemeinden Käfertal und Sandhofen zwischen Mannheim
und der Landesgrenze zu Hessen. Die Gemeinde Käfertal hatte eine Gesamtfläche von über 1776 Hektar mit recht unterschiedlichen Bodenqualitäten, aber 1852 bevölkerten nur 1748 Einwohner das große Gebiet. Das sollte sich ab 1853 rasch ändern.
Aus aller Herren Länder
(2003)
Liselotte von der Pfalz, Schwägerin Ludwigs XIV., des Sonnenkönigs, erinnert sich in ihren berühmten Briefen vom französischen Hof in die Heimat gern an ihre pfälzische Kinderzeit. Immer wieder erwähnt sie dabei Menschen, denen sie damals begegnet ist. So erkundigt sie sich nach einem Stadtdirektor Clignet oder nach einem Jacob van Deyl, der aus den Niederlanden stammte. In Erinnerung geblieben ist ihr auch ein einfacher Messerschmied, dem sie häufig bei der Arbeit zugeschaut hat und von dem sie weiß, dass er ,,Anabaptist" (Täufer) ist. Vergessen hat sie weder den blinden französischen Pfarrer Jacques Couet du Vivier noch die „Polnisch, so die Socinianer hießen", oder die „Juden von Avignon". Alle diese Menschen lebten um 1665 innerhalb der Mauern derselben Stadt, und diese Stadt war Mannheim.
Seit 1909 existiert unser Landesverein Badische Heimat, gegründet kurze Zeit nachdem 1904 in Dresden in einem gesamtdeutschen Verband die Notwendigkeit, die Heimat zu pflegen und zu schützen, nachdrücklich gefordert worden war. Seit Generationen waren/sind nun Tausende aktiv, um den Reichtum in unserer so vielfältig strukturierten Kulturlandschaft zu entdecken und zu propagieren und ihr Wissen in politischen Programmen und Aktivitäten umzusetzen. Kultur wollen wir dabei auch zukünftig ganz bewusst sehr weit fassen als sehr komplexes Ganzes - eine Summe von Erfahrungen, Mannigfaltigkeit von Kenntnissen und Fertigkeiten, eine Vielfalt von ästhetischer Qualität und wandelbarem Kulturverständnis, ein Vielerlei von Kunstwerken, Bräuchen und Sitten, wie sie sich in unserer Heimat entwickelt haben und wie sie unser aller Leben bereichern und verfeinern können. Wir stehen zu vielen dieser Traditionen mit ihren geistigen und religiösen Wurzeln in unserer Heimat, die ja zumeist wesentlich im Rahmen der europäischen Kulturgeschichte geprägt sind. In der Kulturlobby - dieser Ausdruck sei mir gestattet - also in der Interessenvertretung aller künstlerischen Kräfte in Literatur, Theater, Musik, aller Formen der Bildenden Kunst usw. sehen wir deshalb unsere besondere, vornehme Aufgabe. Es geht um die Unterstützung für Archive und Museen (die aber dem interessierten Publikum viel leichter zugänglich sein müssen!); unser Engagement gilt der Denkmalpflege; unsere Stimme muss deutlich bleiben bei der Diskussion und Deutung geschichtlicher Vorgänge bzw. historischer Persönlichkeiten; wichtig ist uns der Erfahrungsaustausch über Vereinsgrenzen und politische Hürden hinweg. Es gibt viel zu tun, das Füllhorn unserer Möglichkeiten ist groß. Wir wollen hier verzichten auf lange Listen, auf eine umfassende Darstellung unserer Arbeitsbereiche; aber wir wollen nicht verzichten auf dieses Profil, Anpassung gilt nicht. Wir sagen laut und verständlich, woran wir glauben und wie wir unser Tun in Freiheit und Verantwortung begründen, selbstbewusst und hoffnungsvoll.
Ich begrüße Sie herzlich zum Symposium „Erinnerungskultur und Erinnerungsorte im deutschen Südwesten" im Neuen Ständehaus der Stadt Karlsruhe, in einem der herausragenden Erinnerungsorte an die demokratischen Traditionen unseres Landes. Das Badische Ständehaus, das hier an dieser Stelle gebaut wurde und in dem der badische Landtag erstmals am 4. November 1822, also vor fast genau 181 Jahren, tagte, dieses Ständehaus gilt zu Recht als ein Wegbereiter der Demokratie in Deutschland. Daran erinnert seit 1993 die „Erinnerungsstätte Ständehaus". Diese präsentiert die facettenreiche badische Landtagsgeschichte in einer Dauerausstellung und einem multimedialen Informationssystem. Die Stadt Karlsruhe hat hier mit Unterstützung des Landes Baden-Württemberg einen lebendigen Ort der Auseinandersetzung mit ihrer Geschichte und mit der des Landes Baden geschaffen. Aus Anlass der Eröffnung der Erinnerungsstätte Ständehaus vor zehn Jahren haben wir Sie heute zu diesem Symposium eingeladen, und ich freue mich, dass Sie dieser Einladung gefolgt sind.
Ein Haus und seine Besitzer
(2004)
Häuser können Geschichte(n) erzählen. Dies gilt selbst dann, wenn über ihre Bausubstanz wenig bekannt ist. ,,Bei aller Bedeutung, die seiner Baugeschichte zukommt - die Geschichte eines Hauses ist im wesentlichen die Geschichte seiner Bewohner, ihrer Familien, ihrer Arbeit, ihrer sozialen Beziehungen und wirtschaftlichen Bedingungen: Hausgeschichte setzt sich zusammen aus einer Summe zahlreicher individueller Lebensgeschichten." So schreibt Olivia Hochstrasser in ihrer Dissertation „Ein Haus und seine Menschen. 1549-1989. Ein Versuch zum Verhältnis von Mikroforschung und Sozialgeschichte". In dem folgenden Beitrag stehen die verschiedenen Besitzer eines Hauses in der Offenburger Hauptstraße zwischen Ende des 17. und Anfang des 19. Jahrhunderts im Mittelpunkt. Es geht um das Haus zwischen der zur damaligen Zeit sogenannten Kanzlei, dem
heutigen Rathaus, und dem Gasthaus Sonne.
Kommunen sind Orte der Daseinsfürsorge. Sie gewährleisten, dass ihre Bürger und Bürgerinnen Kindergärten, Schulen, gute
Straßen, Grünanlagen, Wasser und Strom erhalten. Darüber hinaus - und das ist das Besondere in Deutschland - tragen die Städte eine große Verantwortung für das kulturelle Angebot. Anders als in anderen Staaten gibt es bei uns ein dezentrales Angebot an Bibliotheken, Museen, kulturellen Veranstaltungsorten, Theatern, Musik- und Kunstschulen und Volkshochschulen. Das kulturelle Leben einer Stadt und damit die kulturellen Angebote für die Bürgerschaft werden als ein sogenannter weicher Standortfaktor gesehen. Die Kultur einer Stadt bestimmt Image und Anziehungskraft einer Kommune. Wo es ein reiches kulturelles Leben gibt, wohnen die Menschen gerne. Daher können Firmen sich dort niederlassen, weil es leichter möglich ist, gute Fachleute zu finden.
200 Jahre Neuschwetzingen
(2004)
Nur wenige Kilometer von der ehemaligen Residenzstadt des Herzogtums Neuburg a. d. Donau entfernt, liegt in einem früheren Moorgebiet, dem Donaumoos, das Dorf Neuschwetzingen, das im Jahre 2002 den 200. Jahrestag seiner Gründung feiern konnte. Bereits im Jahre 1778 beauftragte Kurfürst Carl Theodor erstmals eine eigens gebildete Hofkommission, einen Plan zur Trockenlegung des größten Niedermoors Süddeutschlands zu erarbeiten. Möglich wurde dies durch das ihm 1777 zugefallene Erbe, des Kurfürstentums Bayern, dessen Landesgrenze zum Herzogtum Pfalz-Neuburg mitten durch das Donaumoos führte und die nun bedeutungslos geworden war. Die Umsetzung der Planung gestaltete sich jedoch schwieriger als erwartet, wobei widrige Umstände der damaligen Zeit, wie z. B. der Bayerische Erbfolgekrieg, aber auch die zu erwartenden hohen Kosten eine schnelle Realisierung unmöglich machten.
100 Jahre für Baden
(2009)
»Die Universitätsbibliothek Freiburg hat sich angesichts ihres Alleinbesitzes an
den über 150 Jahrgängen der Freiburger Zeitung aufgerufen gesehen, der
Geschichtswissenschaft den Zugang zu dieser elementaren und ergiebigen
Quelle, die zudem auf das Engste mit Stadt und Region, aber auch Universität
verbunden ist, zu erleichtern und durch die Digitalisierung der Freiburger Zeitung den weltweiten Zugriff über das Internet zu ermöglichen. So soll nicht nur
der entfernt wohnende Historiker, sondern auch der hier ansässige Lokalforscher, über das Internet in den Artikeln, amtlichen Bekanntmachungen,
Annoncen und sonstigen Beiträgen der Freiburger Zeitung recherchieren.« [1]
Auf der Internetseite der Stadt Leinfelden-Echterdingen kann man einen ortsgeschichtlichen Rundgang durch Echterdingen machen. [1]
Unter Nr. 27 gibt es
Informationen zum Gasthaus »Hirsch«. Durch sie erfährt man, dass der damalige Schultheiß Johann Ludwig Stäbler (1719 –1781, seit 1756 im Amt) das
Gasthaus 1772 mit Unterstützung des Herzogs Carl Eugen wiederaufgebaut
habe: »Der Landesherr [...] verkehrte nämlich gerne im Hause des schlagfertigen Schultheißen Stäbler, was nicht zuletzt an dessen junger, gut aussehender
Tochter Anna Katharina (geb. 1753) lag, der er ausgesprochen herzlich zugetan war. Als sie ein Kind von ihm erwartete, führte ihr der Herzog den Plieninger Wirtssohn Johann Friedrich Bayha als Ehemann zu. Sie waren tüchtig
und betrieben den Hirsch mit viel Erfolg. Auch der Herzog selbst war dort
noch oft als Gast, wenn er zur Jagd ging. [...] Das großformatige Ölgemälde
mit seinem Portrait, das der Herzog Karl-Eugen nach der Fertigstellung des
Hauses als Zeichen seiner besonderen Gunst gestiftet hatte, hängt noch heute
an seinem Platz im schön renovierten ›Saal‹ des Hirschs.«
Bei systematischen Untersuchungen über einige frühe Tammer Bürgerfamilien (Neff, Wyrich, Weiß, Krauß, Trostel, Funduß/Fundeyß u. a.) hatte sich
ergeben, dass gegen Ende des 17. Jahrhunderts in diesem kleinen Ort, mit nur
noch 50 Haushaltungen, auch relativ viele aus der Schweiz stammende Einwohner lebten. Sie waren, wie z. B. die Neff, mit mehreren Stämmen, bereits
bald nach dem Dreißigjährigen Krieg eingebürgert worden oder lebten und
arbeiteten dort auch mit ihren Familien, unter Vorbehalt ihres Schweizer
Mannrechts. Außerdem hatten Frauen aus unterschiedlichen Orten in der
Schweiz in alte Tammer Bürgerfamilien eingeheiratet und bildeten zusammen
mit den Nachkommen der eingebürgerten Schweizer Spitzenahnen ein erkennbares Sippennetz mit Verschwägerungen und Patenschaften, das interessante genealogische Ansätze eröffnet.
Bei der Verzeichnung des Pfarrarchivs Grunbach, Dekanat Schorndorf, Rems-Murr Kreis sind wir auf Briefe und Postkarten von 2 Nachkommen ehemaliger Grunbacher Auswanderer aus den Jahren 1931–1933 gestoßen, die betroffen machen. So schreibt ein Wilhelm Knauer am 28.12.1931 an den damaligen
Ortspfarrer.[1]
Im Strom der Amerika-Auswanderer tauchen Träger des Namens Bunz (Namensvarianten sind Buntz, Bontz, Bonz) erst ab den 1830er Jahren in größerer
Zahl auf. Wir wissen von rund 50 Namensträgern, die im 19. und beginnenden
20. Jahrhundert parallel zu den von Deutschland ausgehenden Auswanderungswellen nach Nordamerika emigrierten und sich in den – von deutschen
Siedlern damals generell bevorzugten – Staaten der mittleren Atlantikküste
(New York, New Jersey, Pennsylvania) und des mittleren Westens (Ohio,
Indiana, Illinois, Wisconsin, Michigan, Iowa, Missouri) niedergelassen haben. [1]
Es gibt allerdings den – weder von Bonz noch der Auswanderer-Datenbank
des baden-württembergischen Landesarchivs erfassten – Ausnahmefall einer
Amerika-Emigration von Bunz-Namensträgern schon um die Mitte des
18. Jahrhunderts, als drei Brüder aus Niederstotzingen sich auf den Weg in die
damals noch ganz junge britische Kolonie Georgia machten. Ihre Geschichte
und die ihrer Nachkommen soll hier erzählt werden. [2]
In den vergangenen Jahrhunderten lockte Amerika Hunderttausende von
Europäern. Die Vereinigten Staaten galten als das Land der Freiheit und der
ungeahnten wirtschaftlichen Möglichkeiten. Wenig bekannt ist sowohl in der
Öffentlichkeit als auch in der deutschen Forschung, dass Großbritannien
ebenfalls ein Einwanderungsland für viele Europäer war. Zwar bewegte sich
Großbritannien als Einwanderungsland stets im Schatten Amerikas, doch bot
es für viele europäische Einwanderer reizvolle politische und wirtschaftliche
Perspektiven. Spätestens seit dem 18. Jahrhundert war Großbritannien ein
Land, in dem selbst der einfache Mann wirtschaftliche und soziale Freiheiten
genoss, die ihm in der kontinentaleuropäischen Heimat verschlossen waren.
Zeitgenössische Reisende, die England besuchten, sprachen voll Hochachtung
vom »Geist der Freiheit« und der »Idee der Gleichheit« in England.
Germans to Franklin County
(2007)
Franklin County, an der Grenze zu den U.S.-Staaten Vermont und New
Hampshire gelegen, ist der nördlichste Teil des Staates Massachusetts und grenzt
im Westen an den Staat New York. Massachusetts, einer der Neuengland-Staaten an der amerikanischen Ostküste, zählte seit den Tagen der Pilgrim Fathers
zu den klassischen Einwanderungsgebieten in der neuen Welt. Der nachstehende Artikel schlägt einen historischen wie menschlich-familiären Bogen von
einem kleinen Gebiet in Württemberg zu einem kleinen Gebiet im U.S.-Staat
Massachusetts nach Franklin County. Und obwohl diese Arbeit in erster Linie
für amerikanische Leser gedacht war, findet sie doch gewiss auch unser Interesse
auf dieser Seite der gedachten Brücke über den Atlantik.
2004 jährt sich zum 20. Mal die liechtensteinische Frauenstimmrechtsabstimmung
vom 29. Juni / 1. Juli 1984, die den Frauen den Weg zur politischen Gleichberechtigung ebnete. In der Schweiz, 1971, und im Fürstentum Liechtenstein, 1984, kam es zu einer sehr
späten Einführung des Frauenwahlrechtes. Scheinbar im Gegensatz dazu wurden Studentinnen in der Schweiz schon sehr früh, 1864, zugelassen. Im folgenden möchte ich die Zusammenhängende Entwicklung vom frühen Frauenstudium zum späten Frauenwahlrecht
in der Schweiz und im Fürstentum Liechtenstein aufzeigen.
„Mikrohistorie“, „Historisches Klein-Klein“, „Feld-Wald- und Wiesengeschichte“ – so wurde hier und da schon zu Unrecht
verhöhnt, was wir im Folgenden betreiben wollen. Wie gestaltete sich in der bäuerlichen Gesellschaft das Leben der Kinder?
Wo war ihr Spielplatz? Im Hof und um den Hof herum. Nur nicht an gefährlichen Stellen, in nächster Nähe am Löschweiher nicht, im Stall nicht, auf der Heubühne nicht, in der Küche nicht, wenn die „Tränke“ für die Kühe und die Schweine angerichtet wurde, da hätte ein Kind in einen Kübel fallen und sich „verbrühen“ können, wofür es leider Beispiele gibt. Das sagte man den Kindern sehr früh. Genau genommen war der ganze Hof ihr Spielplatz, aber Zeit zum Spielen hatten nur die Kleinkinder, solange ihre Kraft zur Handhabung von Heugabel und Rechen noch nicht reichte.
Diese Zeilen des Liedes „Rock and Roll“ vom Album „Led Zeppelin IV“ der Band „Led Zeppelin“ aus dem Jahr 1971 stehen nicht nur für den Rückblick auf eine vergangene Zeit mit musikalischen Eigenheiten. Zwei Jahre nach Veröffentlichung dieses Albums erschien im Jahr 1973 das Nachfolgealbum „Houses of the Holy“. Zwei Tage vor dessen offizieller Veröffentlichung spielte die Gruppe um Sänger Robert Plant am 24. März 1973 in der Ortenauhalle Offenburg. Erster Song der Setlist auf dieser Tour war „Rock and Roll“ und so begrüßte die Band auch das Offenburger Publikum mit den Worten, die historisierend für die Sehnsucht einer ganzen Generation standen.
Heinz G. Huber hat 1990 in „Ortenauer Lebensläufe“ und zuvor schon in mehreren Beiträgen in der Acher-Rench-Zeitung
(3.8., 8.8., 11.8.1989) die Geschichte dieser einzigartigen jüdischen Institution bereits geschildert. Dabei ist er vor allem auf
deren Gründer und Initiator Siegfried Schnurmann (geb. 1907 in Offenburg, gest. in Freiburg, begraben auf dem dortigen Jüdischen Friedhof) eingegangen, der ihm über das damalige Zustandekommen noch persönlich berichtet hatte.
Nach Auftauchen eines Briefumschlags aus den USA im Internet mit dem Absender „E. S. Ettenheimer & Co.“ und dem
Familiennamen „Ettenheimer“ ist für die Lokalgeschichte und die Geschichte der Juden in Ettenheim ein neues Aufgabengebiet entstanden. Die Wahrscheinlichkeit, dass die amerikanischen „Ettenheimer“ mit Ettenheim etwas zu tun haben könnten, ist relativ groß, da Personen bzw. deren Vorfahren, die einen Ortsnamen tragen, ursprünglich auch aus diesem Ort kamen oder eine besondere Beziehung dorthin hatten.
In den gut 100 Jahren zwischen dem Ende der Napoleonischen Kriege und der frühen Weimarer Republik haben fast 600
Schutterwälder Bürger ihre Heimat verlassen – eine überraschend große Zahl, wenn man bedenkt, dass das Dorf um die
Mitte des 19. Jahrhunderts lediglich 2000 Einwohner hatte. Dem Ruf von Kaiserin Maria Theresia folgend zogen bereits im
18. Jahrhundert einige Schutterwälder Familien weg, um sich in Ungarn eine neue Existenz aufzubauen. Anton Burckhart
jedoch, der sich 1761 das väterliche Erbe auszahlen ließ, um in das „Neue Land“ zu gehen, könnte der erste Schutterwälder
sein, der sein Glück nicht im Osten des Habsburgerreiches, sondern jenseits des Atlantiks suchte.
Bootsflüchtlinge 1939
(2016)
Am 13. Mai 1939 stach das Transatlantik-Passagierschiff „St.
Louis“ der Hamburg-Amerika Line (Hapag) in Hamburg in See.
An Bord waren über 900 Juden. Unter den Passagieren war –
neben 21 noch jüngeren Kindern – auch die 4-jährige Sonja
Maier aus Malsch bei Ettlingen. Es sollte keine lustige Seefahrt
werden.
Sonja Maier war die Tochter von Ludwig Maier (geboren am
19. August 1901) aus Malsch bei Ettlingen und Freya Valfer
(geboren am 29. Mai 1910) aus der Poststraße 2 in Kippenheim.
Die Hochzeit der beiden fand am 15. Januar 1933 im Wohnort
der Braut statt – es sollte die letzte Eheschließung unter der
Chuppa in der Kippenheimer Synagoge sein.
Dem Zeller Stadt-Archiv wurde vor einiger Zeit von privater Seite eine Akte mit dem Schriftverkehr über eine Vormundschaft in Zell-Oberentersbach übergeben. Vormundschaften gibt es bis heute und wird es auch künftig geben. Immer wieder sind Personen auf diese Unterstützung angewiesen. Der Begriff „Vormund“ wurde allerdings in jüngster Zeit durch den Begriff
„Gesetzlicher Betreuer“ ersetzt, und statt von einem „Mündel“ spricht man heute von einem „Betreuten“.
Zwei geschichtspolitische Themen bestimmen seit fast vierzig Jahren die lokale Erinnerungskultur der Stadt Offenburg: Die
Erinnerung an und die Auseinandersetzung mit der badischen Revolution von 1847–1849 sowie „Verfolgung und Widerstand“
in der NS-Zeit. In den beiden vergangenen Jahren zog die Kulturverwaltung gemeinsam mit dem Kulturausschuss und dem
Gemeinderat eine Bilanz über die städtische Erinnerungskultur der letzten vier Jahrzehnte und setzte die inhaltlichen Schwerpunkte für die zukünftige städtische Erinnerungspolitik. Gemeinsam entschied man sich bewusst dafür, dass auch in Zukunft „NS-Vergangenheit“ einerseits und „Demokratiebewegung des Vormärz“ andererseits Schwerpunkte der Erinnerungskultur in Offenburg bilden sollen. Der folgende Beitrag beschäftigt sich ausführlich mit der kommunalen Erinnerungskultur und ihrer Zukunft.
Vom 28. Juli bis 3. August 1930 fand um die Jugendherberge auf dem Sohlberg ein deutsch-französisches Jugendtreffen
statt. Während die deutschen Teilnehmer Mitglieder der Arbeitsgemeinschaft Karlsruher Jugendbünde waren, in der 40
weltanschaulich und konfessionell unterschiedliche Gruppen zusammengeschlossen waren, gehörten die französischen Teilnehmer „den allerverschiedensten politischen und weltanschaulichen Lagern“ an: Junge „Action Française“, „Jeunesses
Patriotes, „Hervéjugend“ und „Jeunesses Radicales“ waren vertreten sowie Mitglieder der „Völkerbundjugend“, der „Ligue
d’Action Republicaine et Socialiste“ und Anhänger der Zweiten und Dritten Internationale.
(„Und von dem Brunnen, von dem sie gesagt hatten [sie hätten ihn „verunreinigt“], den schöpfte man aus, da fand man nichts darin.“). Mit diesem prägnanten und zugleich entlarvenden Satz endet ein undatiertes, aber wahrscheinlich zwischen 10. und 14. Februar 1349 verfasstes Schreiben von Schultheiß, Bürgermeister und Rat der Stadt Offenburg an deren Kollegen in Straßburg, in dem diese detailliert über den Verlauf, das Ergebnis und die Folgen der um die Weihnachtstage 1348 in Offenburg durchgeführten Untersuchung zu einer angeblichen „Brunnenvergiftung“ durch die Juden ihrer Stadt und einer Nachbargemeinde informiert werden. Scheinbar nüchtern wird darin berichtet über die Gefangensetzung aller Offenburger Juden, die Anklage und zielgerichtete Befragung einzelner Beschuldigter, sowohl „freiwillig“ als auch unter Folter, die auf diese Weise erhaltenen Aussagen der Beschuldigten zu deren angeblichen Taten, ihren Zielsetzungen und Motiven, sowie über die gerichtlichen Beratungen, die Verurteilung und anschließende Vollstreckung der Urteile, die am Ende die Ermordung und Auslöschung der kompletten jüdischen Gemeinde in Offenburg bedeutete.
Es geht im folgenden um den Zusammenhang zwischen der differenzierten
Sozialstruktur der oberschwäbischen Siedlungen mit der Vereinödung, die den Zweck hatte, die Gemengelage der Parzellen durch größtmögliche
Arrondierung der Wirtschaftsflächen zu beseitigen, und die häufig mit dem
,,Ausbau", d .h. der Aussiedlung eines Teils der Anwesen, verbunden wurde.
Diese Innovation, die um die Mitte des 16. Jh. im Gebiet der Fürstabtei Kempten
ihren Ursprung hatte, breitete sich ja von dort in mehreren Schüben bis ins nördliche
Oberschwaben und den östlichen Hegau hinein aus, bis sie nach einem
Höhepunkt der Diffusion um die Wende vom 18. zum 19. Jh. gegen die Mitte des
19. Jh. südlich von Biberach und Saulgau sowie östlich von Meßkirch und
Stockach zum Stehen kam.
Hundertster Heftjahrgang im hundertundelften Vereinsjahr gebieten einen Blick zurück und einen Blick in die Zukunft. Da bereits zum 85. Jahrgang im Jahre 2005 von mir ein Aufsatz erschienen ist (BH 1/2005), beschränke ich mich auf die Jahre 2009 bis 2018, in denen sich nach dem Jubiläum 2009 bestimmte charakteristische Strukturmerkmale der Zeitschrift herausgebildet haben. Obwohl die Heimatvereine im Allgemeinen über die Klage des derzeitigen Zustandes hinaus wenig gewillt sind, eine mögliche Zukunft konkret in den Blick zu nehmen, sei ein Versuch gewagt. Eine Weiterentwicklung der Zeitschrift sehe ich in dem Arbeitsfeld »Lebensraum Oberrhein«(l’espace de vie et d’ action).
Im Rahmen des 900-jährigen Freiburger Stadtjubiläums ist ein virtueller Hörspaziergang zur jüdischen Geschichte und Gegenwart entstanden. »Schalom Freiburg«, seit April 2020 online, gibt an 28 Orten Einblicke in das jüdische Leben der Stadt. Das Projekt ging aus einer Kooperation zwischen der Israelitischen Gemeinde Freiburg, der Berliner Geschichtsagentur past[at]
present sowie Studierenden des Historischen Seminars der Universität Freiburg unter Anleitung von Dr. Heinrich Schwendemann hervor. Webseite: www.schalomfreiburg.de.
Es war richtig heiß in Freiburg am 3. Mai 1990, als wir, Familie Dinges, in Freiburg angekommen sind. Angekommen aus Russland als Aussiedler. Das Wort Aussiedler habe ich eigentlich noch nie gemocht, das hat etwas Negatives in meinem Verständnis. Wir waren jung, euphorisch und optimistisch. Also positiv gestimmt und voller Elan und Zuversicht haben wir in
Freiburg, unserer neuen Heimat, Fuß gefasst. Wir, das waren meine Schwiegereltern Johannes und Maria Dinges, mein Ehemann Alexander und ich Alla Dinges sowie unsere Töchter Olga (damals 5) und Anna (damals 2,5 Jahre jung).
Hubert Matt-Willmatt beschreibt nach einem jüngsten Besuch 2019 im rumänischen Banat den Aufstieg und Niedergang des »Alemannendorfes« Saderlach, das 1737 von Fricktälern / Hotzenwäldern besiedelt wurde: Saderlach ist Zădăreni – Zeit für ein umfassendes Resümee. In der Blütezeit 1937 wurde das 200-jährige Bestehen des Ortes im Beisein einer großen Delegation aus ganz Baden gefeiert, die politischen Rahmenbedingungen nach 1945 beförderten jedoch zunehmend den Wunsch zur Ausreise nach Deutschland.
In Friedrich Dürrenmatts 1949 uraufgeführter Komödie „Romulus der Grosse“ verkündet Spurius Titus Mamma: „Die Germanen kommen!“, woraufhin Achilles antwortet: „Die kommen schon
seit fünfhundert Jahren, Spurius Titus Mamma“.
Diese durchaus lakonische Antwort auf die
Bedrohung Roms durch die Germanen ließe sich auch auf die Mitte des 19. Jahrhunderts verstärkt
einsetzende Wanderungsbewegung von Nord nach Süd über den Rhein übertragen, wenn man das
Wort „Germane“ durch „Deutsche“ ersetzt, denn ein signifikanter Teil der heutigen Einwohner
der Schweiz – vor allem des deutschsprachigen Landesteils – hat Vorfahren, die irgendwann im
19. und 20. Jahrhundert aus den Staaten des Deutschen Bundes, dann aus dem Deutschen Reich
und seit 1949 aus der Bundesrepublik Deutschland eingewandert sind. Dies geschah nicht immer
gleichförmig, sondern in Wellen, die sich nach dem Konjunkturverlauf richteten, von den Weltkriegen bestimmt wurden und abhängig waren von innenpolitischen Diskursen zur vermeintlichen
„Überfremdung“ des Landes.
Hingewiesen sei hier nur auf die aktuelle Zuwanderungsdebatte in
der Schweiz mit der Annahme der von der Schweizer Volkspartei lancierten sogenannten Masseneinwanderungsinitiative im Februar 2014, welche die Zuwanderung wieder durch Höchstzahlen und Kontingente steuern will. Auslöser war die starke Zunahme der Arbeitsmigration aus
den Mitgliedsstaaten der Europäischen Union im Zuge des 2002 in Kraft getretenen und 2007
vollständig umgesetzten Abkommens über die Personenfreizügigkeit zwischen der Schweiz und
der EU. Dies war übrigens nicht zum ersten Mal der Fall, begleiten politische und gesellschaftliche Diskussionen über Ausländer und Zuwanderungszahlen die Schweizer Geschichte doch spätestens seit dem ausgehenden 19. Jahrhundert in mehr oder weniger regelmäßigen Abständen.
In Vorarlberg - und nicht nur dort - gibt es Menschen, die sich auf eine gemeinsame Herkunft als
Folge einer viele Jahrhunderte zurückliegenden Wanderung berufen: die Walser.
Gemeinhin wird angenommen, dass seit dem ausgehenden 12. Jahrhundert alemannische
Bewohner des oberen Wallis, wohin sie etwa 250 Jahre zuvor gekommen waren, ihre Heimat
verlassen und sich zunächst in benachbarten Hochtälern angesiedelt hätten. Später seien sie nach
Süden in das Monte Rosa- und das Ossolagebiet, nach Westen in das französische Chablais, nach
Osten ins Bündner Oberland, in das Rheinwaldtal sowie nach Davos vorgestoßen und schließlich
nach Liechtenstein und ins nachmalige Vorarlberg gelangt. Nach ihrer Herkunft habe man sie
"Walliser" bzw. späterhin verkürzt "Walser" genannt.
Als Gründe für die Wanderungen wurden Überbevölkerung, Naturkatastrophen, Klimaveränderungen, Seuchen oder auch die Feudalisierung des Wallis vermutet. Viele seien von Herrschaftsträgern, meist adeligen Grundherren, gruppenweise angeworben und in ihrem Machtbereich an-
gesiedelt worden, wobei nicht nur kolonisatorische, sondern auch militärische Überlegungen eine
Rolle gespielt hätten.
Ein aufgebockter Leiterwagen, dessen Räder fehlen. Zwei gebrannte Lehmziegel aus einem Trümmerhaufen. Und ein Paar unscheinbare Lederstiefel, das bei genauer Betrachtung einen Mikrokosmos an Bedeutungen offenbart. Diese drei Museumsdinge, die sich ihrer Herkunft, Machart und
Materialität nach unterscheiden, verbindet manches. Sie befanden sich über Jahrzehnte in Familienbesitz, bevor sie als Schenkungen dem Donauschwäbischen Zentralmuseum in Ulm (DZM)
anvertraut wurden. Ihre Vorbesitzer*innen brachten sie aus ihrer alten Heimat im südöstlichen
Europa mit in ihre neue Heimat Deutschland. Sie haben heute kaum einen materiellen Wert, aber
es haften Erinnerungen, Gefühle und teils traumatische Erlebnisse an ihnen, die bei der Übergabe
an das Museum überliefert wurden. Und: Die Objekte und ihre einstigen Eigentümer*innen haben eine (erzwungene) Migration hinter sich.
Anhand dieser drei Objekte möchte ich in diesem Beitrag auf folgende Aspekte eingehen:
Welche Rolle spielen „Heimat“ und „Migration“ für die Ausstellungs- und Sammeltätigkeit des
Donauschwäbischen Zentralmuseums? Welchen Widerhall erzeugt der am DZM etablierte Umgang mit den kontroversen und gefühlsbeladenen Begriffen bei den Museumsbesucher*innen?
Und schließlich: Welche Chancen und Grenzen ergeben sich durch die Thematik des Hauses für
interkulturelle Vermittlungsformate? Zunächst aber ist zu klären, wen wir überhaupt meinen,
wenn wir von „den“ Donauschwaben sprechen.
„Wohnoase auf dem Lande“
– so oder in ähnlicher Weise lauten die Titel von Verkaufsanzeigen
auf Online-Immobilienportalen für Bauernhäuser in der Schweiz. Nicht nur hier ist eine verstärkte Zuwendung zu ruraler Architektur und ländlich-geprägten Wohnstilen zu erkennen: In diversen Wohn-Magazinen wird der Landhausstil beworben, einige widmen sich sogar ausschließlich
diesem Bereich.
Auch die Einrichtungshäuser haben das Marktpotential des „Ländlichen“ für
sich entdeckt und bieten Möbel im Vintage- oder Landhausstil an. Darüber hinaus lässt sich auch
in der sozial- und kulturwissenschaftlichen Forschung ein wachsendes Interesse am Ländlichen
feststellen und so avancierten das Land und die Ländlichkeit vom einst „totgesagten Patienten“3
zum Konjunkturprogramm. Unter dem Oberbegriff „Doing rural“ werden neben den komplexen
und weitreichenden Transformationsprozessen, die auf dem Land stattfinden, auch alltägliche
ländliche Lebenswelten und Aushandlungsprozesse betrachtet.
Im 19. Jahrhundert wanderten Millionen deutscher Staatsangehöriger nach Amerika aus. Die
staatliche Steuerbehörde der USA verzeichnete für die Jahre 1831–1900 eine Gesamtzahl von
mehr als 5 Millionen deutscher Einwanderer, die einen Anteil von 25–34 % der Gesamteinwanderung ausmachten.
Unter ihnen waren auch über 600 Auswanderer aus der ehemaligen Gemeinde Winzeln (heute Fluorn-Winzeln) im Landkreis Rottweil.
Durch Auswanderung, später
auch durch Abwanderung in die Industriestandorte Oberndorf und Schramberg, sank die Bevölkerungszahl von 1.396 Einwohnern im Jahr 1841 auf 756 im Jahr 1887. Die meisten Menschen
wanderten in den Zeitabschnitten zwischen 1852–1854, 1865–1869 und 1882–1883 aus.
Schweizer am Schwarzen Meer
(2019)
Das Eidgenössische Departement für auswärtige Angelegenheiten veröffentlicht jeweils gegen
Ende Februar eine Auslandschweizerstatistik.1 Demnach lebten am Silvestertag 2016 insgesamt
774.923 Schweizerinnen und Schweizer im Ausland. Gegenüber dem Vorjahr entsprach dies einer Zunahme von 2,9 Prozent, was deutlich mehr war als in der Vorjahresbilanz. Bei der vorgenannten Gesamtsumme an Auslandschweizerinnen und -schweizern ist zu beachten, dass nur jene
Personen erfasst sind, die sich bei einer schweizerischen Vertretung irgendwo im Ausland angemeldet haben. Mitgezählt sind bei den rund 775.000 Personen auch die Doppelbürger, welche
beachtliche 73,5 Prozent der Gesamtzahl ausmachen. Nicht erfasst sind indes alle jene Schweizer
und Schweizerinnen, die heute keinen Schweizer Pass mehr besitzen, aber schweizstämmig sind
und auch die Traditionen ihrer alten Heimat – zumindest bei Festlichkeiten – mit Herzblut pflegen. Entsprechendes ist uns vor allem bekannt aus einschlägigen Schweizer Gründungen in den
USA und in Südamerika.
Alte Heimat - neue Heimat
(2019)
Die Tagung „Alte Heimat – Neue Heimat. Migrationen im alemannischen Raum“ vom 15. bis
zum 17. März 2017 war gemeinsam vom Alemannischen Institut, dem Institut für Volkskunde der
Deutschen des östlichen Europa Freiburg (IVDE) und der Stadt Lahr konzipiert und veranstaltet
worden.
Warum der Veranstaltungsort Lahr? Der Themenkomplex Migration – Integration –
neue Heimat spielt dort seit vielen Jahren eine zentrale Rolle – zunächst aufgrund der früheren
Stationierung kanadischer NATO-Soldaten, später jedoch vor allem im Zusammenhang mit der
Aufnahme und Ansiedlung von Russlanddeutschen aus der ehemaligen Sowjetunion. Oberbürgermeister Dr. Wolfgang G. Müller war 2017 für sein Engagement in dieser Hinsicht mit dem
World Mayor Prize ausgezeichnet worden.
„Um mich herum haben alle geweint, aber ich nicht, ich habe mich nur gefreut!“
Noch heute
lacht Agnes Hauser vor Freude, wenn sie von ihrer Abreise in die Schweiz erzählt. 1954 verließ sie ihr Elternhaus in Südbaden, um als Hausangestellte in Basel ihr Glück zu machen, wie
es zeitgenössisch hieß. Der sprichwörtliche Rat „Mädchen, geh in die Schweiz und mach dein
Glück!“ fand um 1900 Eingang in die Alltagssprache.
Er bezieht sich auf (süd-)deutsche Frauen
wie Agnes Hauser, die in die Schweiz gingen, um dort als ‚Dienstmädchen‘ zu arbeiten. Allein
die Tatsache, dass sich die Migration deutscher Frauen in schweizerische Haushalte in einer Redewendung verdichtet hat, lässt darauf schließen, dass es nicht nur einzelne Frauen waren, die an
dieser Migrationsbewegung teilnahmen. In der Tat stammte vom Beginn des 20. Jahrhunderts bis
weit in die 1960er Jahre hinein ein Großteil der Hausangestellten in der Schweiz ursprünglich aus
Deutschland oder Österreich. 1930 kamen etwa 29 Prozent der insgesamt 110.600 Hausangestellten aus dem Ausland, 1960 waren von den 81.600 Hausangestellten sogar 36 Prozent Ausländerinnen. Der Anteil der Deutschen und Österreicherinnen an den ausländischen Hausangestellten
betrug 1930 über 80 Prozent. 1960 hatte sich ihr Anteil zwar verringert, lag jedoch immer noch
bei 56 Prozent.
Abgesehen von den Kriegsjahren kamen im Untersuchungszeitraum jährlich
etwa 30.000 Deutsche und Österreicherinnen als ‚Dienstmädchen‘ in die Schweiz.
Fremde Heimat
(2016)
Vor 70 Jahren hatten Millionen Deutsche ihre Heimat verloren
und hofften auf eine Herberge im zerstörten Nachkriegsdeutschland. Städte und Dörfer haben unter großem Einsatz
die riesige Herausforderung gemeistert. Etwa 240 Personen aus
den Gebieten östlich der Oder-Neiße-Grenze und aus Ost- und
Südosteuropa sind in Steinach mittellos angekommen. Eine
große Zahl konnte sich hier einrichten und Wurzeln schlagen.
Andere sind weitergezogen. Einige waren bereit über Erlebtes
und Überliefertes zu sprechen. Die Neubürger von damals
haben auf vielfältige Weise das dörfliche Leben wieder mit aufgebaut, mit gestaltet und auch bereichert. Sie waren in der
neuen Heimat angekommen. Mit diesem Aufsatz soll an die
Flüchtlinge und Vertriebenen von damals erinnert werden.
Unberücksichtigt bleiben die Schrecken und Leiden derjenigen, die beim Einfall der Roten Armee als Jugendliche für Jahre
zur Zwangsarbeit nach Russland verschleppt worden waren. Es
hätte den Betroffenen unnötige Qualen bereitet. Es fehlen
auch die Schicksale der Menschen, die die sowjetisch besetzte
Zone verlassen mussten und die Geschichten der Russlanddeutschen, was den Rahmen dieser Arbeit gesprengt hätte
Schon vor mehr als 400 000 Jahren waren
Menschen in der Lage, „gefundenes Feuer“
(meist durch Blitzschlag entstanden) zu
bewahren und kontrolliert zu nutzen. Das
heilige Feuer war ursprünglich Eigentum
der Götter, und die Erkenntnis, dass das
dem Menschen so gefährliche und feindliche Feuer auch einen erhaltenden, wärmenden und leuchtenden Charakter hatte,
wenn man es beherrschte, ging einher mit
einer Schuldvorstellung, die sich im griechischen Mythos vom frevelhaften Raub des
Prometheus niederschlug. Das Feuer wurde zu einem religiösen
Ursymbol der Menschheit, das noch immer
von zentraler Bedeutung in den verschiedenen Kulten erscheint. Grablichter und
Ampeln sollen Dämonen und Geister vertreiben, und im „ewigen Licht“ der katholischen und orthodoxen Kirche wie auch in
der Synagoge brennt es als Symbol der
Gegenwart Gottes. Die Naturvölker kennen
Feuerkulte, Indianer Nordamerikas beten
es an, bei den Hereros Afrikas hüten es die
Häuptlingstöchter.
Die wissenschaftliche Auseinandersetzung mit Adel und Monarchie des 19. Jahrhunderts hat im
letzten Jahrzehnt in der Forschung einen regelrechten Boom erlebt. Dabei wurden nun auch für
diese Epoche Themenbereiche erschlossen, die für die Zeit des Mittelalters und der Frühen
Neuzeit schon lange zum Repertoire der Wissenschaft gehören. Erinnert sei hier nur an die Fragen nach Mentalitäten und Verhaltensweisen dieser traditionellen Führungsschicht, an die Bedeutung der Residenzen oder der Höfe oder auch an die Frage nach den Ausprägungen monarchischer bzw. adliger Repräsentation. Zu diesem letztgenannten Aspekt sind die öffentlichen
monarchischen Feiern zu rechnen, die ein Spezifikum der monarchisch-adligen Geschichte des
langen 19. Jahrhunderts darstellen und die von mehreren Publikationen der vergangenen Jahre
ins Zentrum gestellt wurden. Verwiesen sei hier nur auf die sehr anregende Studie über Monarchiejubiläen im 19. Jahrhundert, die Simone Mergen 2005 vorgelegt hat, oder auf die zwei Jahre später publizierte Dissertation von Matthias Schwengelbeck über die Huldigungsfeiern deutscher Fürsten. Durch derartige Arbeiten wurde die Forschung zu politischen Festen, die sich
für das 19. Jahrhundert bislang meist auf bürgerlich-oppositionelle Feiern konzentriert hatte, auf
eine bedeutend breitere Grundlage gestellt.
Unsere Vorstellung vom jüdischen Leben in ländlichen Gemeinden am Oberrhein ist in den
letzten Jahren durch einige anschauliche und prägnante Beiträge neu geprägt worden, sei es
durch regionalhistorische Ausstellungen, die Neuausgabe der Werke von Jakob Picard, die Verfilmung des Strittmatter-Stückes „Viehjud Levi“ oder durch die Lektüre des Bestsellers „Melnitz“ von Charles Lewinsky. Inzwischen kann man davon ausgehen, dass jüdische Geschichte
im alemannischen Raum ein eigenes Assoziationsfeld eröffnet und nicht mehr nur als Vorgeschichte zu einer bürgerlich-städtischen Kultur des deutschen Judentums gesehen wird. Nun
birgt zwar die Opposition von süddeutsch verortetem „Landjudentum“ versus preußisch verortetem „Stadtjudentum“ eine eigene Problematik in sich, weshalb ich im Folgenden auch auf diese Begriffe verzichte, doch ist es generell ein lohnender Ansatz, für die Geschichte des Judentums im Dreiländereck eigene Grundmuster und Entwicklungslinien zu suchen. Die kleineren
politischen und wirtschaftlichen Einheiten der Koexistenz von Juden und Christen in den Dörfern links und rechts des Oberrheins – bis ins späte 19. Jahrhundert die überwiegende jüdische
Lebensform in der Region – fanden in der wissenschaftlichen Bearbeitung vor allem als „Nachbarschaften“ und gemeinsame Handlungsräume Interesse.