320 Politikwissenschaft
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„Staub, nichts als Staub“
(2020)
Am 24. März 1946 stimmten die Bad Rappenauer Gemeinderäte für Fritz Hagner als Gemeindeoberhaupt und wählten den kommissarisch von der amerikanischen Besatzungsmacht eingesetzten Nachkriegsbürgermeister Walter Staubitz ab. Durch die Ernennung des Antifaschisten Walter Staubitz zum Bürgermeister in Bad Rappenau wollten die Amerikaner nach der Hitler-Diktatur die Menschenwürde, das Rechtsstaatsprinzip und gleichberechtigte Mitwirkungsmöglichkeiten für alle Bürger absichern. Unter Achtung dieser Grundsätze entscheidet in einer freiheitlichen Demokratie die Mehrheit der Wähler, welchen Weg die Politik nimmt. Staubitz, der Bad Rappenau demokratisieren wollte, war selbst nicht demokratisch legitimiert und die Mehrheit der Bad Rappenauer unterstützte ihn nicht. Nach seiner Abwahl verabschiedete er sich durch die aus der Nazizeit verbliebenen Ortslautsprecher von der Bevölkerung. In Anspielung auf seine Vorgänger, Philipp Freudenberger (Bürgermeister 1895–1922) und Hermann Hofmann (Bürgermeister 1922–1945) resümierte er: „Freudenberger: die Freude; Hofmann: die Hoffnung; Staubitz: Staub, nichts als Staub“. Als Staubitz ab 1951 als Mitglied der kommunistisch ausgerichteten „Sozialdemokratischen Aktion“ für den Frieden eintrat und gegen die Westbindung der Bundesrepublik protestierte, entfernte er sich noch weiter von der Bevölkerungsmehrheit und wurde aus der SPD ausgeschlossen. Damit nicht genug: Die Generalbundesanwaltschaft warf ihm inmitten der McCarthy-Ära vor, durch einen Umsturz das System der sowjetischen Besatzungszone auf Westdeutschland übertragen zu wollen. Er kam in Untersuchungshaft auf den Hohen Asperg.
In den Jahren unmittelbar nach dem Zweiten Weltkrieg hat sich in Südwestdeutschland
eine intensive Neugliederungsdiskussion abspielt. Sie ist nicht zu
verwechseln mit der Gründungsgeschichte des Bundeslandes Baden-Württemberg.
Der „Kampf um den Südweststaat" begann sich erst nach der Bekanntgabe
der Frankfurter Dokumente durch die Westallierten (hier besonders des
Dokuments Nr. II über die Länderneugliederung
) und dem anschließenden
Treffen der südwestdeutschen Regierungschefs auf dem Hohenneuffen im August
1948 zu intensivieren. Die Diskussion der Jahre 1945 bis 1947 war hingegen
von stammesföderalistischen Projekten geprägt, die allesamt die Restauration
der zu Beginn des neunzehnten Jahrhunderts durch Kaiser Napoleon I. geformten
Staaten im Südwesten verwarfen. Die Idee einer alpinen Konföderation (Alpenland) und der Plan einer schwäbisch-alemannischen Demokratie (Alemannien)
standen auf der Tagesordnung.
60 Jahre Baden-Württemberg
(2013)
Die Geschichte des Landes Baden-Württemberg begann offiziell am 25. April 1952
um 12.30 Uhr. Die Geschichte begann allerdings nicht in feierlicher, friedlicher
Sitzung der am 9. März 1952 gewählten Verfassunggebenden Versammlung. Sie begann vielmehr, man muss es so sagen, mit einem Eklat. Ausgelöst hat diesen Eklat
kein anderer als einer der wichtigsten Wegbereiter unseres Bundeslandes: Reinhold
Maier.
Am meisten ist damals ein Pressefoto in Erinnerung geblieben. Das Bild zeigt den
soeben gewählten Ministerpräsidenten Reinhold Maier, der, am Rednerpult stehend,
seine goldene Taschenuhr, ein Familienerbstück wie man vermuten darf, empor hält
und den Abgeordneten mitteilt, dass in diesem Augenblick »die Länder Baden, Württemberg-Baden und Württemberg-Hohenzollern zu einem Bundesland vereinigt
sind«. Beim Blick auf die Taschenuhr sagte Reinhold Maier in feierlichem Ton:
»Meine Frauen und Männer, Gott schütze das neue Bundesland«.
Das Sitzungsprotokoll weist aus, dass an dieser Stelle laute Pfuirufe im Saal ertönten.
Sie kamen aus den Reihen der CDU. Die Stenografen waren wegen des Tumultes nicht
in der Lage, die Pfuirufe zu identifizieren. Aber jeder im Saal wusste: Die Volksvertretung des neuen Bundeslandes, die nun eine Verfassung ausarbeiten sollte, war tief
in zwei Lager gespalten, in ein Regierungslager und ein Oppositionslager, bestehend
aus der größten Fraktion, der CDU-Fraktion, und einigen wenigen KPD-Vertretern.
Die Regierungskoalition, die Reinhold Maier soeben mit 64 Stimmen zum Regierungschef gewählt hatte, bestand aus Sozialdemokraten, DVP/FDP-Abgeordneten und der
Fraktion des »Bundes der Heimatvertriebenen und Entrechteten – Deutsche Gemeinschaft«.
Die Polen, deren Staat nach den drei Teilungen zwischen Russland, Preußen und Österreich am Ende des 18. Jahrhunderts seine Unabhängigkeit verlor, haben diese Tatsache niemals akzeptiert und versuchten, sowohl mit diplomatischen als auch
militärischen Mitteln politische Souveränität wiederzugewinnen. Zu der nationalen Freiheit sollte sie zuerst Tadeusz Kosciuszko führen, dann Napoleon. Auf dem Wiener Kongress 1815, mit dem die Restaurationszeit in Europa einsetzte, wurde auch das Königreich Polen restauriert, diesmal unter der königlichen Obhut des Zaren und der Verfassung. Das erweckte manche Hoffnungen auf Erlangung des Selbstbestimmungsrechts. Diese erwiesen sich jedoch als illusorisch. Das eigenartige Gebilde, die konstitutionelle Monarchie mit dem alleinherrschenden Zaren-König an der Spitze, stürzte ein. Die absolutistische Regierungspraxis des Zarenreiches, zu deren Mitteln nicht selten das Spitzelsystem der Geheimpolizei und Missachtung der
Verfassung gehörten, ließ sich mit dem Streben der Polen nach ihren in der Verfassung garantierten Rechten und mit der wiederbelebten Idee der völligen Unabhängigkeit von Russland nicht vereinbaren.
Der Höllhof im Reichenbacher Ortsteil Mittelbach (Gengenbach), früher „Buttenhöll" genannt, oben im Talende am Moosbach gelegen, dürfte im 13. Jahrhundert als ein Dinghof des Benediktinerklosters Gengenbach entstanden sein.Ein erster nachweisbarer Besitzer war um 1600 ein Sebastian Sibert. 1632 heiratete dessen Witwe Anna Maria Falckin den aus Schönberg stammenden Michael Wußler. Familie Wußler besaß den Hof dann bis ins 19. Jahrhundert.
Die Wahlfälschungen in Seelbach im Jahre 1842 beurteilte der Alterspräsident Johann Nepomuk Wetzel in seiner Stellungnahme vor der Zweiten Kammer der badischen Landstände am 1. Juni 1842 als einen Skandal von nationaler Bedeutung. ,,Zum ersten Mal", so der Deputierte, ,,erscheint hier die deutsche, die badische Ehre befleckt durch bestimmte Anklagen des Verbrechens der Geldbestechung zur Verfälschung der Volkswahlen." Was hatte sich an Skandalösem in Seelbach, in der Provinz Badens, zugetragen, um schließlich als „Seelbacher Wahlskandal von 1842" in die badische Parlamentsgeschichte einzugehen? Am 2. April 1842 erhob Michael Müller, Müllermeister auf der "Unteren Mühle" zu Dautenstein, als Beschwerdeführer von vierzehn namhaften Seelbacher Bürgern gegen die am 30. März 1842 in Seelbach durchgeführte Wahlmännerwahl beim Großherzoglichen Badischen Oberamt Lahr Einspruch.