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Carl Philipp von Venningen war - nach dem Tod seines Bruders Christian 1731 im Kindesalter - der einzige Sohn des Carl Ferdinand von Venningen (1693-1731) zu Eichtersheim und seiner Frau Elisabeth Claudia von Reichenstein. Als männlicher Nachkomme erbte er trotz seiner Schwester Maria Anna, die 1754 Carl Ferdinand Graf von Hatzfeld heiratete, den
gesamten Familienbesitz allein. Nach dem Jurastudium wurde Carl Philipp zunächst Kammer- und Hofgerichtsrat in Mannheim, dann 1750 zum Kurpfälzischen Wirklichen Adligen Regierungsrat mit Sitz und Stimme befördert.
„Bürger und Bauer scheidet nichts als die Mauer.“ Jacob und Wilhelm Grimm zitieren dieses Sprichwort in ihrem „Deutschen Wörterbuch“. Nach „Meyers Enzyklopädischem Lexikon“ konnte nur der vollberechtigte Bürger städtischen Handel und Gewerbe bestreiten und hatte Anteil am politischen und sozialen Leben der Stadt. Sobald Kurfürst Carl Philipp 1720 seine
Residenz von Heidelberg nach Mannheim verlegt, gewinnt die Stadt an Anziehungskraft für unternehmerisches Wirken und das Angebot an Arbeitsplätzen wächst. Als Carl Theodor 1743 die Regierung antritt, wird die Attraktivität des Mannheimer
Stadtlebens noch gesteigert. Unter Einsatz von Fleiß und Eigeninitiative erhalten viele Menschen eine Chance für ihr
persönliches Fortkommen. Bürger und Stadt gewinnen auf diese Weise gleichermaßen an Wohlstand. Was liegt also näher, als sich um die Aufnahme in die Bürgerschaft der aufblühenden Stadt zu bemühen!
Im Mittelalter bis weit in das 16. Jahrhundert hinein war es Rechtsbrauch, dass an der Stelle einer Bluttat, eines Mordes oder
Totschlages, ein Sühnekreuz errichtet werden musste. Es gehörte zur Rechtstradition, dass sich die Angehörigen des Täters und die Hinterbliebenen des Getöteten nach einem Totschlag durch einen Vergleich einigten, der neben der Zahlung von Schadensersatz auch eine öffentliche Sühne des Täters festsetzte. Zu den Sühneleistungen, die ein Übeltäter zur Erlangung der Absolution erbringen musste, zählten besondere Opfergänge, ein Gottesdienst mit Bußprozession oder eine Jahrtagsstiftung, Wachsspenden an die Kirche und Wallfahrten, aber vor allem die Aufstellung eines steinernen Sühnekreuzes. Hätte diese mittelalterliche Rechtsgewohnheit auch noch im 19. Jahrhundert Gültigkeit gehabt, dann stünde heute am Höhenweg vom Pflingsteck zum Hünersedel ein Sühnekreuz. Denn dort auf der Höhe, zwischen dem Heuberg und dem Hünersedel, oberhalb des „Hohbergs", auf der „Hohrüti", an dem alten Passübergang von Schweighausen nach Freiamt, von der Ortenau in den Breisgau, hat sich im Jahre 1828 ein versuchter Totschlag ereignet.
Verfaßte menschliche Gemeinschaften, wie es seit dem Hochmittelalter mitteleuropäische Städte nun einmal sind, kommen ohne eine gemeinsame Erinnerung nicht aus. Diese bündelt sich, wenn man wie heute, Anlaß hat, sich auf den Ausgangspunkt dieser Verfaßtheit zu besinnen, sich also der Bedeutung der Stadtrechtsverleihung für das Selbstverständnis des
Gemeinwesens zu vergewissern. Unserer Veranstaltung haftet daher etwas - im wohlverstandenen Sinn - Rituelles an, sie ist Teil der städtischen Erinnerungskultur. Daß es eine solche gibt und diese ihrerseits traditionsbildend wirkt, das bezeugt auch die draußen zu sehende Ausstellung mit Fotografien des Festumzugs zur 600-Jahrfeier.
Eine "Sehstadt"?
(2002)
Bruchsal geht mit seiner Geschichte als bedeutende „Gerichtsstadt" des 19. Jahrhunderts eigentlich recht stiefmütterlich um. In den stadtgeschichtlichen Annalen ist dies nur in Fragmenten vermerkt, die lediglich einzelne Hinweise enthalten. Für das Jahr 1846 ist beispielsweise festgehalten: ,,Verlegung des Hofgerichts von Rastatt nach Bruchsal". In den Beschreibungen der folgenden Jahre sind drei weitere Hinweise vorzufinden: „Am 09. Dezember 1851 trat Josef Viktor
von Scheffel beim Hofgericht Bruchsal als Sekretär ein, wo er bis 09. Mai 1852 tätig war. Hier lernte Scheffel den Kater ,Hiddigeigei' kennen, dessen Besitzer Hofgerichtsrat Preuschen war" (erstens). Unter dem Datum 23. September 1861 ist nachzulesen, dass „das im Kammerflügel des Schlosses untergebrachte Hofgericht den Leipziger Studenten Oskar Becker, der in der Lichtenthaler Allee in Baden-Baden einen Mordversuch auf König Wilhelm von Preußen unternommen hatte, zu
20 Jahren Zuchthaus verurteilte" (zweitens). Schließlich ist unter dem 6. Mai 1864 erwähnt: ,,Verlegung des Hofgerichts nach Karlsruhe." Dies wird durch die Feststellung ergänzt, dass „an seiner Stelle 1871 der neugebildete Verwaltungshof in den Kammerflügel des Schlosses" gekommen sei (drittens). Kein Wort ist darüber aufzufinden, dass in Bruchsal nach der Einverleibung des Fürstbistums Speyer nach Baden im ersten Jahrzehnt des 19. Jahrhunderts das höchste Gericht des Landes residierte und die Barockstadt damals so etwas wie eine „Residenz des Rechts" war.
Ein Grundlagenvertrag zwischen Kirche und Staat ist, wenn nicht ein Jahrhundertwerk, so doch ein Meilenstein in der Beziehungsgestaltung zwischen beiden Institutionen. Aufgrund ihrer Kultushoheit sind es grundsätzlich die Bundesländer, die mit den auf ihrem Gebiet liegenden Kirchen Verträge abschließen. Sie gelten als Staatsverträge, auch wenn sie sich selbst nicht
so nennen, sondern Kirchenvertrag oder Staatskirchenvertrag. Der baden-württembergische Vertrag von 2007 spiegelt das gewachsene Staat-Kirche-Verhältnis wider. Die Vorgeschichte dieses Vertrags führt zu den Anfängen der badischen Landeskirche zurück. Der Inhalt des Vertrags gestaltet die Gegenwart und weist in die Zukunft.
Im Jahr 2021 feiert die Evangelische Landeskirche in Baden nicht nur das Jubiläum ihrer Union, sondern auch 50 Jahre rechtlicher Gleichstellung im Pfarramt. Denn am 27. April 1971 wurde mit einem simplen, heute fast banal erscheinendem Satz Geschichte geschrieben: Pfarrer im Sinne der Grundordnung ist auch die Pfarrerin. Damit beendete die Landessynode 55 Jahre rechtlich legitimierter Diskriminierung von Theologinnen in der Evangelischen Landeskirche in Baden. Ein langer und steiniger Weg von der erstmaligen Zulassung einer Frau zu den theologischen Examina im Jahr 1916 bis zur ersten offiziellen badischen Gemeindepfarrerin im Dezember 1971. Der vorliegende Beitrag erläutert zunächst die grundlegenden Voraussetzungen zur Entstehung eines Theologinnenamtes, bevor die ersten Entwicklungsschritte dieses Amtes in Baden in Anlehnung an die Biographien von drei frühen badischen Theologinnen in den Blick genommen werden. Die Diskussion zwischen Landesbischof Julius Bender und Doris Faulhaber als Vertreterin des badischen Theologinnenkonvents im Zuge der Neuordnung der Landeskirche nach dem Zweiten Weltkrieg wird in einem eigenen Abschnitt vertiefend betrachtet. Im weiteren Verlauf werden
die wichtigsten gesetzlichen Regelungen bis 1971 vorgestellt.
Bereits im September 1945, nur rund vier Monate nach Kriegsende, erschien das Gesetzes- und Verordnungsblatt (GVBL.) der Badischen Landeskirche wieder – die erste Ausgabe vom 13. September 1945 umfasste lediglich drei Seiten: einziger Inhalt war der erste Brief des badischen Landesbischofs Julius Kühlewein an alle evangelischen Gemeinden, den er schon am 26. Juni 1945 verfasst hatte. Die letzte Ausgabe des Gesetzes und Verordnungsblattes vor dem Kriegsende war am 11. November 1944 in Karlsruhe veröffentlicht worden. Nach den schweren Bombenangriffen auf Karlsruhe am 27. September und am 4. Dezember 1944, bei denen auch das Dienstgebäude des Oberkirchenrates in der Blumenstraße schwer beschädigt worden war, konnte das Gesetzesblatt nicht mehr hergestellt werden. Das Gesetzes- und Verordnungsblatt gehörte zu den ersten Publikationen, die die US-Amerikaner in ihrer Besatzungszone genehmigten. Auf der letzten Seite trug das GVBl. in den ersten Nachkriegsjahren den Lizenzvermerk der US-Besatzungsbehörde Mit Genehmigung der Publications Control 7.8.45 beziehungsweise später Mit Genehmigung der Publications Control Nr. 4785. Die ersten Ausgaben des Gesetzes- und Verordnungsblattes der Evangelischen Landeskirche in Baden sind ein beeindruckendes atmosphärisches Zeugnis über die Sorgen und Nöte jener ersten Nachkriegsjahre.
Die Evangelische Landekirche in Baden hat seit 1821 den Bekenntnistand einer sog. Bekenntnisunion. Vor allem von lutherischer Seite hat es seit jeher starke Vorbehalte gegen die Unionsbildungen gegeben. Bereits im 19. Jahrhundert hat das zur Separation der Evangelisch-Lutherischen Kirche in Baden von der Landeskirche geführt. Aber auch innerhalb der Landeskirche gab es heftige Auseinandersetzungen über das Verhältnis von Lehr- und Kircheneinheit in der Union und die Frage, welche Bedeutung der Anerkennung bestimmter Bekenntnisschriften in der Kirchenverfassung theologisch und rechtlich zukommt. Dieser Streit wurde zuletzt mit Vehemenz im Zusammenhang mit der Neuordnung der kirchlichen Verhältnisse nach dem Ende des Zweiten Weltkriegs in öffentlicher Synodaldebatte ausgetragen. In der Diskussion
über den Vorspruch zur neuen Grundordnung der Landeskirche von 1958 war vor allem der Wortlaut von Abs. 4 hoch kontrovers, der damals in der heute noch gültigen Fassung wie folgt festgelegt worden ist: Sie anerkennt, gebunden an die Unionsurkunde von 1821 und ihre gesetzliche Erläuterung von 1855, namentlich und ausdrücklich das Augsburger Bekenntnis als das gemeinsame Grundbekenntnis der Kirchen der Reformation, sowie den kleinen Katechismus Luthers und den Heidelberger Katechismus nebeneinander, abgesehen von denjenigen Katechismusstücken, die zur Sakramentsauffassung der Unionsurkunde in Widerspruch stehen.
Pfarrer gefeuert! Er taufte keine Babys, so die Schlagzeile der Bildzeitung am 11. Februar 1969 über die Vorgänge um den Kieselbronner Pfarrer Johannes Weygand, die ganz im Stil der Zeitung natürlich vereinfachte und verkürzte, jedoch zielgenau die Problemstellung formulierte: Pfarrer gefeuert! – Es geht zum einen um das kirchliche Dienstrecht. Er taufte keine Babys. – Zum anderen geht es um die kirchliche Lehre und Praxis der Taufe. Sündiger Seelenhirte oder Möbelschreiner? – Ein Pfarrer, der sein eigenes Kind nicht tauft, so überschrieb die Zeit bereits zwei Monate zuvor, am Nikolaustag 1968, ihren etwas differenzierteren Artikel über die Geschehnisse in Kieselbronn und bezog sich auf eine Aussage Weygands, lieber wieder in seinem erlernten Handwerk weiterzumachen als wider seinen Glauben zu handeln: lieber rechtschaffener Möbelschreiner als sündiger Pfarrer. Damit soll Weygands Gewissensbindung gezeigt werden, die mit den Worten „Hier stehe ich und kann nicht anders“ mit derjenigen Martin Luthers auf dem Reichstag zu Worms verglichen wird – und mit der Beschreibung der
Stimmungsänderung von Kirchenleitung und Gemeinde in der Beurteilung Weygands durch die Ausrufe „Hosianna“ zu „Kreuziget ihn“ gar mit dem Schicksal Christi.