360 Soziale Probleme und Sozialdienste; Verbände
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Im mittelbadischen Raum sowie im angrenzenden Elsass, vor allem in Straßburg, und im angrenzenden Württemberg, hier
sei vor allem Freudenstadt genannt, bestanden bzw. bestehen zahlreiche, traditionsreiche Freimaurerlogen. Sie sind sich meist seit Jahrzehnten über Landesgrenzen hinweg treu verbunden. So pflegt zum Beispiel die Lahrer Freimaurerloge „Allvater zum freien Gedanken“, welche in diesem Jahr ihr 150-jähriges Stiftungsfest feiert, (seit einigen Jahren wieder) regelmäßigen Austausch mit den Logenbrüdern von Zürich. Traditionell sind im badischen Raum die Logen in Baden-Baden, Freiburg, Karlsruhe und Lahr, aber auch Freudenstadt, stets in lebhaftem Austausch.
Frauen der Illenau
(2018)
Die Acherner kennen die Geschichte ihrer Illenau, schließlich galt sie lange Zeit als eine der fortschrittlichsten Heil- und Pflegeanstalten Deutschlands. Sie wurde 1842 bei Achern als Zufluchtsort geistig kranker und nervlich angeschlagener Menschen eröffnet. Im Kapitel „Die Lage der Geisteskranken“ wird aufgezeigt, wie mit Menschen vor dem 19. Jahrhundert umgegangen wurde, die eine Geisteskrankheit aufwiesen, beziehungsweise wie sie behandelt wurden, wenn sie nicht ganz dicht waren. In der Illenau wurden diese Menschen als Menschen behandelt und nicht wie Tiere weggesperrt. Dies war einer der Gründe, warum die Illenau zu einer international anerkannten Einrichtung wurde.
Vom Mosaik in der Klosterkirche Schuttern ist vor allem die Szene auf dem rechten Rand bekannt: Kain erschlägt seinen
Bruder Abel. Die wütend vorgeschobene Unterlippe Kains – „er verzog sein Gesicht“, heißt es in Genesis 4,5 –, die stille Ergebung des zusammengesunkenen Abel, die Einpassung der Figuren in einen nur rund 50 cm breiten Streifen zeigen, dass hier Meister ihres Faches am Werk waren.Leider ist nicht mehr von ihrer Kunstfertigkeit zu bewundern, denn das Mosaik war weitgehend zerstört, als Karl List es bei einer Sondierungsgrabung im Auftrag des Landesdenkmalamtes 1972 entdeckte. Nur die linke und die rechte Randzone der kreisförmigen Darstellung mit dem Durchmesser 338 cm waren noch am ursprünglichen Ort erhalten. Wie Abbildung 1 zeigt, zieht sich ein breiter Störungsstreifen durch das Medaillon. Einzelne Trümmerteile und Steinchen konnten in der Schuttschicht zwischen Mosaikebene und dem ca. 120 cm darüber liegenden Bodenniveau der ausgegrabenen romanischen Kirche von Schuttern noch aufgefunden werden; der größte Teil aber ist verschwunden.
Einen der bedeutendsten Kunstschätze der Ortenau birgt die ehemalige Klosterkirche in Schuttern: das mittelalterliche Mosaik mit der Darstellung der biblischen Geschichte von Kain und Abel. Im März 2013 hatte die Verfasserin die Ehre, es restauratorisch begutachten und reinigen zu dürfen. Diese Maßnahme und die dabei gemachten technologischen Beobachtungen am Mosaik sind Gegenstand dieses Beitrags. Archäologie, Geschichte und Kunstgeschichte kommen
ebenfalls zu Wort, werden aber nicht im Detail ausgeführt, da sie bereits von berufener Seite behandelt wurden und werden.
Freiburg ist die Hauptstadt der Caritas in Deutschland. Gleich vier Caritasverbände haben hier ihren Sitz: Der Deutsche Caritasverband mit der Katholischen Hochschule in der Karlstraße. Der Caritasverband Freiburg – Stadt in der Herrenstraße mit seinen über die ganze Stadt verstreuten Einrichtungen. Der Caritasverband für den Landkreis Breisgau – Hochschwarzwald und der Caritasverband für die Erzdiözese Freiburg (Diözesan-Caritasverband) haben ihren Sitz im Weihbischof-Gnädinger-Haus am Ortseingang von Lehen. Monsignore Bernhard Appel war von 1992 bis 1997 Stellvertreter des Diözesan-Caritasdirektors und von 1997 bis 2017 Diözesan-Caritasdirektor. Er lebt im Ruhestand in Freiburg-Littenweiler. In diesem Beitrag soll von der Arbeit des Caritasverbandes für die Erzdiözese Freiburg in den zurückliegenden 30 Jahren berichtet werden. Dazu will ich zuerst die Arbeit der badischen Caritas in die Geschichte der katholischen Kirche und Entwicklungen in der Erzdiözese Freiburg einordnen und sodann einige Arbeitsfelder und Entwicklungen beschreiben.
Anlässlich des 175-jährigen Bestehens des Naturwissenschaftlichen Vereins Karlsruhe e.V.
(NWV) bereitete das Staatliche Museum für Naturkunde Karlsruhe (SMNK) unter maßgeblicher
Beteiligung des ehemaligen Leiters der Entomologischen Jugendarbeitsgemeinschaft, Dr. Peter Müller, die kleine Sonderausstellung „175
Jahre Naturwissenschaftlicher Verein Karlsruhe
e.V.“ vor, welche am 10. November 2015 eröffnet
wurde. Vorgestellt wurden, neben der Historie
des Vereins, berühmte Naturwissenschaftler aus
dem 19. und 20. Jahrhundert, die Mitglieder des
NWV waren. Jede Persönlichkeit vertrat dabei
in der Ausstellung eine bestimmte naturwissenschaftliche Disziplin.
Im Jahre 1804 wurde die Stelle des Stabsphysikus (Amtsarzt) im neu gegründeten
Stabsamts Eppingen mit dem „Doktor der
Heilkunde“ Ignaz Bauer besetzt. Dieser fertigte 1807 eine hoch interessante „Physikalisch- topografische Beschreibung des
Stabsphysikats Eppingen“ an, in der wir
Hinweise über das damalige Gesundheitswesen in Eppingen finden. Ignaz Bauer
schreibt: „Verwahrungshäuser für Kranke
und andere Personen haben wir leider
keine, indem die vormals städtischen Häuser vor einigen Jahren verkauft worden,
und in dem Fall epidemischer Krankheiten
und schnell um sich greifender Seuchen
würde man genötigt sein, einige vor der
Stadt sich befindende Wohnungen der Bürger, die geräumig sind, zu benutzen...".
Am 30. Juni 2004 wurde der stationäre
Betrieb im Eppinger Krankenhaus eingestellt. 109 Jahre lang erfüllte das Eppinger
Krankenhaus die wichtige Funktion einer
wohnortnahen Gesundheitsversorgung für
viele Bürger aus Eppingen und der nahen
Umgebung. Der Verlust dieser zentralen
Gesundheitseinrichtung stellt einen Einschnitt in der jüngeren Stadtgeschichte von
Eppingen dar. Deshalb soll im folgenden
Aufsatz die Geschichte des Eppinger Krankenhauses dargestellt und festgehalten
werden.
Freiburg kann beispielhaft für eine wiederholt von der Pest betroffene Stadt gelten. Wissenschaftler verschiedener Disziplinen befassten sich mit den verschiedenen
Aspekten des Themas. Die Historiker erforschen die zahlreichen Pestepidemien vor
ihrem historischen Hintergrund – wenn auch einschränkend gesagt werden muss,
dass sicherlich für das eine oder andere Jahr keine schriftlichen Dokumente vorliegen.
Neben der Geschichtswissenschaft ist die Pest als Thema in anderen Fachbereichen,
wie der Medizingeschichte, der Kunstgeschichte, der Volkskunde oder der Botanik,
präsent. Eine exakte medizinische Definition der als Pest bezeichneten Epidemien ist
jedoch schwierig und wurde im Rahmen dieser Untersuchung nicht angestrebt.
Vor 37 Jahren schrieb der Göttinger Wirtschafts- und Sozialhistoriker Wilhelm Abel die folgenden Sätze: „Es zeigt sich, dass auch die Geschichte des Abendlandes auf weite Strecken hin
eine Geschichte der Not, des Hungers und des Elends war. Das ist in unser Geschichtsbewusstsein noch kaum eingedrungen. [...] Zwar darf feudale Willkür nicht übersehen werden, doch
mehr noch, wenn auch vielleicht verflochten mit ihr, zogen die natürlichen Ressourcen der Versorgung mit Nahrungsmitteln Schranken. Freilich gilt dies nur für die ‚Armen‘. Doch sehr viele
waren arm in einem Zeitalter, da schon in guten Jahren nicht selten mehr als die Hälfte der Einkommen für Lebensmittel gebraucht wurde und in Notjahren die Preise der wichtigsten Brotfrucht auf das Doppelte, Dreifache und noch höher stiegen.“
Am 3. Oktober 1805 treffen Napoleon, der Kaiser der Franzosen, und Kurfürst
Friedrich von Württemberg in der Nähe des Ludwigsburger Schlosses zusammen.
Es ist keine freundschaftliche Begegnung. Stadlinger beschreibt in seiner »Geschichte
des württembergischen Kriegswesens« die politische Situation: »Die französischen
Heerscharen, ihren damaligen Kaiser als obersten Feldherrn an der Spitze, zogen
nämlich Ende September d. J. mit Blitzesschnelle über den Rhein nach Schwaben
gegen die schon in Bayern stehende kaiserlich österreichische Heeresmacht.
Napoleon, seine Garden voraus, kam den 3. Oct. am späten Abend in Ludwigsburg
an. Der Kurfürst von Württemberg empfing diesen unerwarteten Gast in dem
Residenzschlosse zu Ludwigsburg. Die erbetene Neutralität ward nicht gestattet.
Unter diesem Drang der Umstände konnte auch der Entschluss des Kurfürsten nicht
zweifelhaft sein, an welchen Heerestheil er seine Truppen anschließen lassen werde.
Ein Vertrag mit dem Kaiser von Frankreich hatte die Folge, dass Württemberg zu der
französischen Armee ein Contingent von 6300 Mann mit 800 Pferden und
16 Geschützen zu stellen hatte. Theils zur Ergänzung der schon bestehenden
Abtheilungen auf den Kriegsstand, hauptsächlich aber zu Formation neuer
Regimenter und Bataillone wurden Auswahlen zu Stellung von 3500 Recruten
ausgeschrieben.« Und weiter: »Zum Ausmarsche ins Feld wurden bestimmt: das
Chevaulegers-Regiment, eine Batterie reitende und eine Batterie Fußartillerie mit
16 Geschützen, und außer dem Leibgrenadier-, dem Garnisons-Bataillon und dem
Bataillon v. Romig alle übrigen 9 Infanterie-Bataillone. Am 6. und 22. Oct. und am
18. Nov. marschierten diese Abtheilungen aus dem Vaterlande ab nach Bayern,
schlossen sich an das französische Heer an und zogen mit diesem nach Österreich.«
Über Sozialfälle in der Biedermeierzeit kann man nur reden, wenn zunächst einmal die Begriffe klar sind. Ein Sozialfall, so sagt ein vor kurzem erschienenes Wörterbuch, ist jemand, der auf Sozialhilfe angewiesen ist. Sozialhilfe ist die Gesamtheit der Hilfen, die einem Menschen in einer Notlage von öffentlicher Seite
gewährt werden und ihm die materielle Grundlage für eine menschenwürdige
Lebensführung geben sollen. Das Wort gibt es erst seit dem Bundessozialhilfegesetz von 1961, wo es als Bezeichnung für alle bis dahin unter den Begriff der
öffentlichen Fürsorge fallenden Leistungen eingeführt wurde.
Mit dem Jahr 1500 kennzeichnet man landläufig den Übergang vom Mittelalter zur Neuzeit. Marbach war damals bereits mehrere Jahrhunderte lang im Besitz der Grafen, seit 1495 Herzöge von Württemberg und als Amtsstadt der politische und
juristische Mittelpunkt des Marbacher Amtsbezirkes. Somit galten die Grundgesetze des Herzogtums Württemberg, nach denen leichtere Vergehen mit Geld- und Haftstrafen, hingegen schwerere Verbrechen mit Landesverweisung, ja oft auch mit Leibes- und Todesstrafen vergolten wurden. Grundlage für die Urteile war ab 1555 die neue württembergische Landesordnung, aber auch Reichsgesetze, wie beispielsweise die 1530 vom Reichstag in Augsburg beschlossene Halsgerichtsordnung Kaiser Karls V, galt es zu beachten.
Richtstätten sind Bodenurkunden, die zusammen mit archivarischen Quellen Zeugnisse der Rechtsarchäologie darstellen und einen Einblick in die Rechtsauffassung und Alltagsgeschichte vergangener Zeiten ermöglichen. Die Hoch- oder Blutgerichtsbarkeit, also das Recht, über Leben und Tod zu richten, war ein Ausdruck landesherrlicher Gewalt und damit war die Richtstätte auch ein Herrschaftssymbol und Zeichen obrigkeitlicher Macht. Bis zum Beginn des 19. Jahrhunderts blieb der Galgen neben dem Pranger das wichtigste Strafwerkzeug. Deshalb wurden die Galgen an weithin sichtbaren Stellen aufgerichtet, meist in der Nähe wichtiger Landstraßen, an Wegkreuzungen oder an den Gemarkungsgrenzen einer Herrschaft, bevorzugt auf Anhöhen. Es galt das Prinzip der Abschreckung, denn die Richtstätte sollte jedem in einem Herrschaftsbereich Ankommendem oder Eindringendem mahnend vor Augen halten: Das ist dein Schicksal, wenn du eine Straftat begehst!
400 Jahre Marbacher Apotheke
(2008)
1241 erließ der Stauferkaiser Friedrich II. (1194-1250) eine Medizinalordnung, die erstmals eine Trennung der Berufe von Arzt und Apotheker gesetzlich vorschrieb. Bis in die Neuzeit hinein regelten die Städte das Apothekenwesen. In Norddeutschland wurden Apotheken teilweise in städtischer Regie geführt, während in Süddeutschland die privat betriebene, privilegierte Apotheke überwog. Anfangs waren die Apotheker fahrende Händler, ließen sich jedoch vor allem seit dem 14. Jahrhundert fest nieder. Daher war das Privileg zunächst an den Apotheker, nicht an eine bestimmte Apotheke gebunden. In Marbach wird erstmals im Jahr 1609 ein Apotheker mit dem Namen David Krönlein genannt. Er ist bereits in der Marbacher Musterungsliste von 1608 verzeichnet. Da im Regelfall in diesen Listen keine Berufe angegeben sind, können wir davon ausgehen, dass Krönlein schon damals mit seinem Apothekerprivileg eine Apotheke in Marbach betrieb, die demnach 2008 die 400. Wiederkehr ihrer Erstnennung feiern darf. Krönlein starb 1612 und hat einen gemeinsamen Grabstein mit seinem Schwiegervater Johannes Kopp in der Alexanderkirche.
Die Diskussion um die Nutzung des Hohenaspergs ist keine Angelegenheit der jüngsten Gegenwart. Vor fast 130 Jahren, am 5. Juni 1882, führte Justizminister Eduard
von Faber (1822–1907) vor dem Abgeordnetenhaus in Stuttgart aus: »Bekanntlich ist
für die derzeit auf Hohenasperg befindliche Garnison eine neue Kaserne in Heilbronn erbaut worden. Nach den Mitteilungen, die ich besitze, wird die Übersiedlung
voraussichtlich im nächsten Frühjahr, keineswegs übrigens vor Georgii, stattfinden.
[…] Unter den verschiedenen möglichen Verwendungen für erhebliche Staatszwecke,
welche nach dem Abzug der Garnison in Betracht kommen können, wird vielleicht
auch mitinbegriffen sein die Verwendung des Aspergs oder eines Theiles desselben
zu einer Filialstrafanstalt für Zuchthaussträflinge oder Landesgefängnissträflinge, was
einigermaßen nahe gelegt ist durch die bedauerliche Überfüllung unserer sämtlichen
Strafanstalten. Allein, meine Herren, in dieser Hinsicht ist sehr große Vorsicht geboten. Der Asperg ist, das wird sich nicht bestreiten lassen, für die Zwecke einer Strafanstalt sehr wenig geeignet. Ich erinnere nur an die große Schwierigkeit der Beschaffung des Trinkwassers, welches gegenwärtig täglich per Fuhre vom Thal zu Berg
heraufbefördert werden muß. Und an die ständigen Kosten, welche hiemit verknüpft
sind. Ich erinnere ferner an die Erschwerung und an die Hindernisse, welche einer
Strafanstalt für ihren Gewerbebetrieb erwachsen, wenn die Strafanstalt auf einem isolierten Bergkegel liegt.«
Trotz aller Bedenken fiel die Entscheidung zugunsten des Strafvollzugs. Am 3. Juni
1883 bewilligten die Standesherren den Nachtrag von 91 440 Mark zur »Errichtung
einer Filialstrafanstalt des Zuchthauses in Ludwigsburg auf Hohenasperg« ohne Debatte.
Die erste Hälfte des 19. Jahrhunderts, insbesondere die Zeit nach dem Wiener Kongress 1815, wird gern und oft als »gute alte Zeit« bezeichnet. Mit ihr verbinden sich
die Bilder kleinbürgerlicher Idyllen der Biedermeierzeit, wie sie uns beispielhaft von
den Gemälden Carl Spitzwegs oder Ludwig Richters bekannt und vertraut sind. Aber
war die Zeit wirklich gut?
Es war eine Zeit des Umbruchs und des Aufbruchs. Auf der einen Seite wehte seit
dem Tod König Friedrichs I. ein liberalerer Geist durch das Land Württemberg. Das
Bürgertum erstarkte, entdeckte sich selbst, traf sich in Vereinen. Neue Handwerksbetriebe wurden gegründet, zögerlich begann das Zeitalter der Industrialisierung. Auf
der anderen Seite hatten die gerade überstandenen napoleonischen Kriege die Bevölkerung durch Truppendurchzüge, Einquartierungen, Kriegsdienste, Requirierungen
und zusätzliche Steuerlasten ausgeblutet. Die langsam spürbare Erholung wurde
1816 von katastrophalen Missernten und einer in dieser Höhe noch nie gekannten
Teuerung jäh unterbrochen. Erwerbslosigkeit und Bettel, tiefste Armut, Hungersnöte
sowie Verwahrlosung waren die Folge und lasteten auf dem gerade zehn Jahre jungen
Königreich Württemberg.
In dieser Situation übernahm König Wilhelm I. Ende Oktober 1816 die Regierung
des Landes. Angesichts der bedrückenden Verhältnisse entwickelte die junge Königin
Katharina Ende 1816 einen Plan zur Bekämpfung der allgemeinen Not durch Gründung
eines Wohltätigkeitsvereins mit einer Zentralleitung in Stuttgart und der Aufgabe,
die öffentliche Staatsfürsorge und die freiwillige Privatfürsorge auf dem Gebiet der
Wohlfahrtspflege anzuregen, zu fördern und zu koordinieren.
Den Zauberspruch aus Goethes Gedicht »Der Zauberlehrling« hätten die Ludwigsburger gut gebrauchen können, als sie Mitte des 19. Jahrhunderts daran gingen, in
ihrer Stadt eine moderne Wasserversorgung einzurichten. Floss bei Goethe das Wasser
sofort nach dem Aufsagen des Zauberspruchs zur anfänglichen Freude des Lehrlings
reichlich und unerschöpflich ins Bad, so dauerte es in Ludwigsburg von der ersten
Anregung im Juni 1858 bis zu dem Zeitpunkt, als das Wasser wirklich aus dem Hahn
ins Bad fließen konnte, genau acht Jahre. Gründe dafür, warum alles so lange gedauert
hatte, gab es viele, stichhaltig und einzusehen sind aus heutiger Sicht nur die wenigsten.
Zugegeben, Bau und Betrieb des neuen städtischen Gaswerks belasteten ab Dezember
1858 die Stadtkasse erheblich und die Schulden der Anfang der 1840er Jahre durchgeführten Brunnensanierungen waren noch nicht vollständig bezahlt. Aber wen wundert
es, dass nach Einführung der neuen komfortablen Gasbeleuchtung weitere Begehrlichkeiten geweckt wurden. Engagierte Vertreter der Bürgerschaft wiesen wiederholt auf die
unzureichende und unsichere Wasserversorgung der Stadt hin und forderten Abhilfe.
Sie leisteten in Eigeninitiative wichtige Vorarbeiten zur Erschließung neuer Quellen,
doch Bürgermeister Dr. Karl Friedrich Bunz, nicht gerade als einer der innovativen
und engagierten Bürgermeister der Stadt bekannt – »schwung- und energielos« (Zitat
Belschner), zumindest was die städtischen, nicht aber die eigenen Belange anging –, saß
die »Wasserangelegenheit« bis zum Amtsantritt seines Nachfolgers Heinrich von Abel
Ende Juni 1864 zum Leidwesen der Stadt erfolgreich aus.
Am Brunnen vor dem Tore
(2013)
Als Franz Schubert das Lied vom Lindenbaum am Brunnen vor dem Tore Anfang
des 19. Jahrhunderts durch seine Vertonung in den Rang eines deutschen Volksliedes
erhob, waren Brunnen aus dem dörflichen und städtischen Alltagsleben noch lange
nicht wegzudenken: der einfache Dorfbrunnen, aus dessen Rohr das Wasser in einen
einfachen Steintrog floss, daneben die Viehtränke oder der repräsentative städtische
Marktbrunnen, als Demonstration herrschaftlicher Macht, mit dem Landesherrn in
seiner Mitte, mal gewappnet auf einer Säule, wie in Bietigheim zu Renaissance-Zeiten,
oder elegant auf einem Postament, wie in Ludwigsburg zu Zeiten des Barock.
Aber gleichgültig wie der Brunnen aussah, er versorgte Menschen und Tiere nicht
nur mit dem zum Leben notwendigen Wasser, sondern auch mit Arbeit. Der Beruf
eines herrschaftlichen oder städtischen Brunnenmachers war angesehen und verantwortungsvoll. Ihm zur Seite stand der Brunnenknecht, der für den Betrieb und die
Reinigung der Brunnen zuständig war. Die Reparatur- und Wartungsarbeiten schließlich beschäftigten Handwerker fast aller Zünfte.