577 Ökologie
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Daten zur Ökologie, zur Verbreitung und Habitateinnischung sind für die beiden im Freiland nicht unterscheidbaren Zwillingsarten, den Leguminosen- Weißling Leptidea sinapis und den Verkannten Leguminosen-Weißling Leptidea juvernica, kaum vorhanden. Aus diesem Grund wurde eine Habitatanalyse am Spitzberg bei Tübingen durchgeführt. In den Jahren 2018, 2019 und 2020 wurden insgesamt 96 Falter gefangen und mit Hilfe genitalmorphologischer Merkmale sowohl Art als auch Geschlecht bestimmt. Die Habitatwahl der beiden Arten unterschied sich am deutlichsten hinsichtlich der aufgesuchten Biotope. Im Vergleich zu L. sinapis besiedelte L. juvernica signifikant häufiger mesophile Grünländer. L. sinapis kam eher auf Magerrasen und Obstwiesen vor. Beim Faktor Sonneneinstrahlung und damit beim Wärmebedürfnis der beiden Arten wurde allerdings kein Unterschied festgestellt. Dagegen wurden Weibchen beider Arten, anders als die Männchen, signifikant häufiger an Orten mit höherer Sonneneinstrahlung und häufiger in den oberen Hangbereichen angetroffen. Dies wird mit der Suche der Weibchen nach geeigneten Eiablageplätzen in Verbindung gebracht. Insgesamt waren die ermittelten Unterschiede zwischen den bevorzugten Habitaten beider Arten am Spitzberg gering und deuten auf eine geringe bzw. noch nicht gefestigte ökologische Differenzierung der Zwillingsarten hin.
Im Rahmen eines Redynamisierungsprojektes wurden die Wanzengemeinschaften im Donau-Auwald zwischen Neuburg an der Donau und Ingolstadt von 2007 bis 2012 mit verschiedenen Fallensystemen vom Boden bis in die Baumkrone erfasst. Die Studie erbrachte den Nachweis von drei bisher selten nachgewiesenen Arten, die gleichzeitig Neufunde für Bayern darstellen; die Rindenwanze Aradus bimaculatus Reuter, 1873 (Aradidae), und die Blumenwanzen Temnostethus longirostris (Horváth,1907) und Xyloecocoris ovatulus Reuter, 1879 (Anthocoridae). Alle drei Arten wurden ausschließlich in Baumkronen von Eichen (Quercus robur L.) gefangen. Die drei Arten scheinen sehr versteckt unter der Rinde oder in Rindenritzen von Stamm und Ästen der Baumkrone zu leben. Wahrscheinlich bevorzugen diese Arten feuchtere Standorte wie z.B. in Auwäldern. Vor allem A. bimaculatus scheint dort jedoch xerotherme Habitate, wie die sonnenexponierten Eichenkronen auf den Brennen, zu präferieren. Weitere Baumkronenstudien sind erforderlich, um die Biologie und Ökologie dieser Arten detaillierter zu erforschen.
In Waldböden sind nicht nur chemische und physikalische Eigenschaften für die Bodenbiozönose wichtig, sondern auch
die Dynamik der organischen Streuauflage. Diese kann durch die Erfassung von Variablen aus dem Stickstoff- und Kohlenstoff-Kreislauf charakterisiert werden. Untersucht wurden dazu vier Bodendauerbeobachtungsflächen im Niedersächsischen Flachland, die Probennahme fand vier mal jährlich über zwei Jahre statt (1998 - 2000). Der Abbau von Zellulose und die Stickstoffmineralisationsleistungen wurden ein mal ermittelt. Über Korrelationskoeffizienten wurden die Zusammenhänge zwischen den Variablen, die ein Maß für die Versauerung sind, dem historischen Alter der Wälder und den Endprodukten der Stickstoff-Mineralisation dargestellt. Es ergaben sich keine deutlichen Zusammenhänge zwischen dem Grad an Versauerung und den Abbauleistungen. Der Ammonium-Gehalt war positiv mit der Menge an organischem Material und negativ mit dem mikrobiellen Zelluloseabbau gekoppelt. Es konnte keine Förderung mikrobieller Leistungen durch Ammonium festgestellt werden. Bildung von Nitrat und die höchsten N-Umsatzraten wurden nur in ehemals als Acker genutzten Standorten nachgewiesen. Die Kontinuität des Lebensraums des Waldbodens in den historisch alten Wäldern war ein wichtiger Einflussfaktor für die N-Mineralisation.
Neben Regenwürmern, denen weltweit eine besondere Rolle beim Abbau der organischen Substanz, der Nährstoffrückführung sowie der Bodenbildung und -Strukturierung zukommt, prägen in tropischen Landökosystemen Termiten und Ameisen als soziale Insekten durch ihren Individuen-und Artenreichtum die Bodenfauna. Als sogenannte Ökosystem-Ingenieure formen sie durch ihre Fraß-, Grab- und Nestbauaktivität sichtbar ihren Lebensraum und bestimmen zusammen mit den anderen Makrofauna-Vertretern (Regenwürmer, Asseln und Tausendfüßer) die Dynamik der Nährstoffkreisläufe.
Während eines Zeitraums von 5 Jahren (1981 - 1985) wurden Abundanz, Biomasse, Vertikalverteilung und Altersstadienverteilung der Enchytraeen eines Moderbuchenwalds im nördlichen Schwarzwald (Stadtwald Ettlingen) mittels Aufschlämmung erfasst (= Standardprogramm). Durchschnittlich leben an diesem Standort 46.000 lnd/m2 mit einer Biomasse von 1,31 g Trockengewicht (= 8,80 g Frischgewicht) pro m2. Die Populationsdynamik der Tiere verläuft, insbesondere bei der Biomasse, sehr regelmäßig mit Sommerminima und Wintermaxima und wird im Allgemeinen nur durch extreme klimatische Umstände verändert. Parallel zum Standardprogramm wurden auf unmittelbar benachbarten Flächen im Stadtwald Ettlingen im Rahmen des Chemikalienprogramms zwei Umweltchemikalien (PCP, 2,4,5-T) in jeweils 2 Konzentrationen (1 bzw. 5 g/m2) zweimonatlich für 2 Jahre (1982 - 83) ausgebracht. Während dieser Zeit sowie in der ebenfalls zweijährigen Erholungsphase (1984 - 85) wurden die Auswirkungen der Chemikalien auf die Populationsdynamik der Enchytraeen untersucht. In der Applikationsphase wurde die Zahl der Enchytraeen durch die Chemikalien stark reduziert. Die Wirkung trat dabei konzentrationsabhängig und schichtspezifisch auf. Außerdem beeinflussten die beiden Stoffe die Altersverteilung der Enchytraeen. Gewöhnungseffekte waren mit Ausnahme auf der 2,4,5-T(1)-Fläche nicht feststellbar. Wichtigster Faktor bei der Erklärung der Wirkung der Chemikalien ist ihr geochemisches Verhalten (Löslichkeit, Adsorption, Akkumulation) im Boden. Bis auf die Fläche mit der hohen PCP-Konzentration hatten sich Abundanz und Biomasse zwei Jahre nach Ende der Applikation weitgehend der Kontrolle wieder angeglichen. Dabei traten teilweise erhebliche Überschussreaktionen (mehrere hundert Prozent!) über Kontrollniveau auf, deren Höhe mit der vorhergehenden Wirkung umgekehrt korreliert war. Diese Zunahme ist eine Reaktion der Enchytraeenzönose auf den durch die Chemikalien bedingten Abbaurückstand der Streu, wie sie in ähnlicher Form in anderen Belastungssituationen auch gefunden wurde. Abschätzungen der energetischen Parameter (z.B. Respiration) der Enchytraeenzönose legen nahe, dass die gefundenen Beeinträchtigungen sich auch auf der Ebene ökosystemarer Funktionen (speziell des Streuabbaus) niederschlagen können. Die differenzierte Reaktion der Enchytraeen des Stadtwalds Ettlingen nach Applikation zweier Umweltchemikalien sowie Erfahrungen aus der Literatur belegen ihre Eignung als Monitororganismen in ökotoxikologischen Freilandstudien.
Die Wirkung des Fungizids Carbendazim auf den Streuabbau wurde am Beispiel des Abbaus von Heu, Buchenlaubstreu
und Cellulose untersucht. Carbendazim wurde in Labor-, Mikrokosmos- sowie in Freilandexperimenten in Konzentrationen
zwischen der maximalen praxis-üblichen und der 100-fachen Dosis eingesetzt. Bei allen drei untersuchten Substraten bewirkte Carbendazim einen verzögerten Abbau, der im Wesentlichen auf die toxische Wirkung von Carbendazim auf Lumbriciden zurückzuführen war. Die Effekte auf den mikrobiellen Streuabbau waren weniger deutlich und quantitativ nur nachweisbar, wenn keine Regenwürmer am Streuabbau beteiligt waren. Mikroorganismen und Mesofauna konnten die fehlende Abbauleistung der Regenwürmer im betrachteten Zeitraum quantitativ nicht kompensieren.
The oligochaetes Dendrodrilus rubidus (intestine/chloragog), Cognettia sphagnetorum (whole specimens), and the gastropod
Arion subfuscus (midgut gland) collected in the Egge Mountains (North Rhine-Westphalia, Germany) accumulated cadmium
(Cd) above the level of that soil horizon they preferably live in. Cd was also detected in the fat body and ovarioles of several
carabid species (Carabus problematicus, Abax parallelipipedus, Pterostichus oblongopunctatus). Seasonal variations were
apparently dependent on the activity and reproduction of the species investigated. In some tissues of field collected Carabus problematicus (intestine, fat body, ovarioles) and of experimentally Cd-stressed Lumbricus terrestris (intestine/chloragog), Enchytraeus albidus (whole specimens), Arion subfuscus (midgut gland), but also in control tissues metallothioneins (MTs) could be detected. These proteins had a low molecular mass (6 to 11 kDa), a high Cd-binding capacity, a considerable amount of cysteine and a higher extinction at 254 nm compared to 280 nm. Cd-stress induced an additional synthesis of these proteins, which was roughly estimated using the cysteine content of the crude MT-fraction.
Das Naturschutzgebiet „Alter Flugplatz Karlsruhe“ liegt im Norden des Karlsruher Stadtgebietes auf Flugsandflächen und einer Binnendüne. Aufgrund der sandigen, nährstoffarmen und trockenen Böden, durch eine seit Jahrzehnten durchgeführte extensive Nutzung, aufgrund der Großflächigkeit sowie der Umzäunung des Geländes entwickelte sich auf dem 70 ha großen Areal neben dem Vorkommen gefährdeter Pflanzenarten und besonders seltener Pflanzengesellschaften ein wertvoller
Lebensraum für viele auf Sandstandorte spezialisierte Insekten- und Spinnenarten sowie für eine große Zahl an Vogelarten, die das Gebiet als Brut- und Nahrungshabitat nutzen. Die Schutzwürdigkeit wird auch durch die bereits bestehenden Schutzkategorien (Natura 2000-Gebiet, § 32-Biotope) verdeutlicht. Die insbesondere für städtische Gebiete hohe Vielfalt der Fauna und Flora des Geländes werden durch die Unterschutzstellung bewahrt, seine Lebensräume gepflegt und entwickelt.
Vorliegende Arbeit stellt eine Ergänzung zu WAGNER (2004, Zur Kenntnis der Schmetterlings- und Heuschreckenfauna von Magerrasen der Ostalb, in dieser Zeitschrift) dar. Hierbei wird nun auch intensiver auf die bislang nur wenig untersuchten Habitate eingegangen, besonders Feuchtflächen und Waldgebiete. Im Bereich der Magerrasen wurden einige Lücken geschlossen, so vor allem im Nordosten. Hier wird insbesondere auf Entwicklungen – etwa bei den stark bedrohten Arten oder Einflüsse der Klimaerwärmung – der letzten Jahre hingewiesen. Zudem werden diese unter Annahme verschiedener Szenarien (Rahmenbedingungen) in die Zukunft projiziert. Insgesamt liegt nun seit 1998 eine recht umfassende Bestandserhebung der Tagfalter (86 Arten), Heuschrecken (40 Arten) und Widderchen (13 Arten) vor, bei der die meisten Biotope berücksichtigt wurden. Unter den Tagfaltern sind dabei drei Arten neu aufgefunden worden (Satyrium ilicis, Coenonympha hero und Lopinga achine). Darunter dürfte der wie die anderen beiden Arten als vom Aussterben bedroht eingestufte Kleine Eichen-Zipfelfalter im Osten des Kreises Heidenheim und dem nördlich angrenzenden Gebiet das derzeit flächenmäßig größte bekannte Vorkommen in Baden-Württemberg besitzen. Erfreulich sind zudem Wiederfunde von Zygaena osterodensis und Adscita statices. Leider sind alle genannten Arten durch negative Veränderungen in den Habitaten stark bedroht, so insbesondere durch das Zuwachsen von Kahlschlags- und Windwurfflächen, die Eutrophierung sowie dichte Aufforstung ehemals lichter Bestände. Die stärksten Rückgänge haben derzeit zudem Arten magerer, niedrigwüchsiger und lückiger Bestände zu verzeichnen, etwa Spiris striata, Hipparchia semele, Chazara briseis, Pyrgus serratulae und P. alveus. Hier wirkt sich die extrem starke Vergrasung (Bromus erectus und sogar zunehmend Arrhenaterum elatius) infolge von Eutrophierung und stark rückläufiger Beweidung zunehmend negativ aus. Bei den Heuschrecken ist insbesondere die Einwanderung von Phaneroptera falcata zu erwähnen, was vermutlich im Zusammenhang mit der Klimaerwärmung steht.
In einer langfristigen Dauerflächenuntersuchung wurde die Populationsdynamik des endemischen Bodensee-Vergissmeinnichts (Myosotis rehsteineri WARTM.) untersucht. Es wird der Frage nachgegangen, (1) wie die Individuendichte von Jahr zu Jahr variiert und (2) ob ein Zusammenhang zwischen Populationsdynamik und Wasserstandsschwankungen besteht. Am Bodensee-Untersee wurde eine 4 m2 große Dauerfläche eingerichtet, die über 12 Jahre fast alljährlich kontrolliert wurde. Von 1989 bis 2000 wurde die Zahl der Pflanzen jeweils vor und nach der Überschwemmung im Sommer erfasst und die Wachstumsrate während des Sommers berechnet. Die Pflanzendichte variierte beträchtlich zwischen 1 und 371 Individuen pro m2; ein
klarer Trend wurde langfristig jedoch nicht beobachtet. Die Wachstumsrate ging mit der Überschwemmungsdauer (Anzahl Tage) signifikant zurück. Die Ergebnisse zeigen deutlich, dass die Populationsdynamik von Myosotis rehsteineri durch die Wasserstandsdynamik des Bodensees bestimmt wird. Die daraus resultierenden Folgen für Monitoring und Gefährdung werden diskutiert.