720 Architektur
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Im Mittelalter wurden üblicherweise die Gräber um die Kirche herum angelegt. Lahr stellte insofern einen Sonderfall dar, weil es mehr als 200 Jahre lang keine Pfarrkirche in der Stadt gab. Innerhalb der Mauern befand sich nur die Schlosskapelle, die von solchen Gläubigen besucht wurde, die den langen Weg zur Burgheimer Kirche scheuten. Die Stiftskirche war eine außerhalb der Stadtmauern liegende Klosterkirche. Erst um etwa 1492 wurde sie die Pfarrkirche der Lahrer. Der Friedhof (Kirchhof) als Begräbnisstätte der Lahrer Bevölkerung entstand also am Ende des 15. Jahrhunderts. Zuvor war auf dem Burgheimer Friedhof bestattet worden.
Die Geschichte der Kunstmühle in Seelbach, Teil 2, Die Gründung des Elektrizitätswerks Seelbach
(2021)
Im Jahrbuch 62 wurde in Teil I die Geschichte der Kunstmühle in Seelbach beschrieben, wie sie sich bis zum Tode des letzten Müllers der Kunstmühle im Jahre 1900 darstellte. Carl Franz Joseph Bertinet kam in der Nacht zum 5. Dezember 1900 tragisch ums Leben. In einem Zeitungsartikel vom 5. Dezember 1900 wurde berichtet, dass um ½ 6 Uhr im Dinglinger Bahnhofe außerhalb des für die Reisenden bestimmten Bahnsteiges auf dem Geleise Herr Müller B. aus Seelbach tot aufgefunden wurde. Carl Franz Joseph Bertinet hatte das Anwesen, die ehemalige herrschaftliche Obere Mühle in Seelbach, im Jahre 1887 gekauft. Unmittelbar nach dem Kauf stellte er den Antrag auf Abbruch, um ein neues Wohn- und Mühlgebäude sowie ein Ökonomiegebäude mit Wasch- und Backhaus zu errichten. Bereits 1892 wurde die Mühle in Betrieb genommen, im Januar 1893 brannte das Mühlengebäude jedoch vollständig nieder. Die Ursache könnte wegen Hochwasser in der rascheren Bewegung der Fruchtputzmaschine gelegen haben. Eine andere Entstehungsursache könnte auch die Selbstentzündung der Champagner-Gänge (Mahlsteine aus der Champagne) gewesen sein, die laut einem Gutachter „bei Leerlauf gerne Feuer geben“.
Vor 1400 Jahren ließ sich der später heiliggesprochene Einsiedler Gallus an der Steinach nieder. Am gleichen Ort wurde im 8. Jahrhundert durch Otmar eine Mönchsgemeinschaft gegründet, die die Regel des hl. Benedikts annahm. Die Benediktinerabtei St. Gallen entwickelte sich zu einem der bedeutendsten Klöster Europas. Weltbekannt sind die Stiftsbibliothek St. Gallen, die ehemalige Klosterkirche und die einzigartigen Bestände an Handschriften und Urkunden. Seit 1983 gehört der Stiftsbezirk St. Gallen zum Weltkulturerbe der UNESCO. Als Beitrag zum Gallusjubiläum (612/2012) widmet der Verein für Geschichte des Bodensees und seiner Umgebung den 130. Band der Schriften in Gänze der ostschweizerischen Kulturlandschaft mit dem Zentrum St. Gallen. Als exzellenter Kenner beschreibt der Kunst- und Kulturhistoriker Johannes Huber die den ehemaligen Klosterstaat St. Gallen durchziehende Fürstenland-Strasse. Entlang dieser in den 1770er-Jahren angelegten Reichsstrasse, die von wirtschaftlicher, staatspolitischer und militärischer Bedeutung war, lässt sich die Kulturlandschaft der Abtei St. Gallen erschließen und die angrenzenden Landschaften Toggenburg, Rheintal und Appenzell erreichen. Es öffnet sich ein weites Feld für spannende Entdeckungen. Das Jahrbuch wird unter der Schriftleitung von Jürgen Klöckler (Konstanz) herausgegeben vom Verein für Geschichte des Bodensees und seiner Umgebung.
Auch heute fließt die Schutter noch durch das Gelände der ehemaligen Benediktinerabtei. Sie versorgte die barocke Klosteranlage mit frischem Wasser, füllte den Fischteich, versorgte die Springbrunnen und spendete reichlich Wasser für die große Gartenanlage, in der die Mönche ihre Andacht pflegen und ihr Gemüse und Obst anbauen konnten. Eine weitere Aufgabe des Flusses war jedoch, das große Mühlrad im Bachbett der Schutter anzutreiben. Man sieht heute nichts mehr vom Gebäude der ehemaligen Klostermühle. Das Klappern des Mühlrades und das Donnern des Wassers, wenn es das große Wasserrad antrieb, sind schon lange verstummt. Der Standort der Klostermühle ist bekannt, an der senkrechten Uferwand der Schutter lässt sich noch gut erahnen, wo das Mühlrad einmal stand und über Getriebe und Gestänge das steinerne Mahlwerk in Bewegung setzte. Auch im Bachbett zeugen Steine noch vom Wasserzufluss und der Fundamentierung des Mühlrades. Die Brücke auf das östliche Betriebsgelände ist noch vorhanden.
"Form follows function"
(2022)
Die Bregbrücke in Wolterdingen macht bis heute einen ungemein repräsentativen und herrschaftlichen Eindruck. Wer das erste Mal vor ihr steht, beginnt unwillkürlich nach dem Schloss zu suchen, zu dem sie hinzuführen scheint. Dabei verbindet sie lediglich die beiden Teile einer bis heute sympathisch überschaubar gebliebenen Ortschaft, die zu ihrer Erbauungszeit kaum 700 Einwohner zählte. Es stellen sich daher die naheliegenden Fragen, wie diese Brücke dorthin kam, und wer damit eigentlich repräsentierte und vor wem. Diesen Fragen geht der vorliegende Beitrag nach. Er möchte damit zugleich vor dem Hintergrund des aktuell geplanten Abbruchs der Brücke die Aufmerksamkeit auf die Bedeutung dieses Bauwerks lenken und er tut dies in der Hoffnung, ein Weckruf und kein Nachruf zu sein. Dafür soll die Brücke zunächst einmal beschrieben werden (1). Auf einen
Rückblick auf die frühere Brücke und den lokalen Entscheidungsprozess, der zu ihrem Neubau führte (2), folgen zwei Exkurse zu ihrer überregionalen Vorgeschichte, dann ein Blick auf die Baugeschichte der Brücke (3), ein Fazit (4) und schließlich ein Ausblick in die Gegenwart (5).
Erker im Bodenseeraum
(2020)
Bis ins 19. Jahrhundert waren die Städte um den Bodensee und in der Nähe des Sees kulturell eng miteinander verbunden, zumal der See sowohl in wirtschaftlicher als auch in gesellschaftlicher Hinsicht bedeutend war. Aufgrund der geografisch zentralen Lage innerhalb Europas wurde die Geschichte des Bodenseeraums lange von seiner Wirtschafts- und Verkehrssituation bestimmt. Seit römischer Zeit führten die Wege von Norden via Bodensee über die Bündner Pässe in den Süden. Auch auf der Route von Westen nach Osten, zwischen Rhein und Donau, diente der Bodensee als bedeutender und komfortabler Handels- und Transportweg. Neben dieser Bedeutung als Durchgangszone und Umschlagplatz nahm die Region noch in einer zweiten Hinsicht eine relevante wirtschaftliche Stellung ein: Angesichts des florierenden internationalen Fernhandels entwickelte sich nach dem 12. Jahrhundert vor Ort ein exportorientiertes Textilgewerbe. Bereits im Mittelalter wurden rund um den See Güter produziert und gehandelt; zum einen Leinwand und Barchet, die in großen Mengen nach Italien und Frankreich exportiert wurden, zum anderen Getreide, das vor allem in Vorarlberg und im übrigen Gebiet der Eidgenossenschaft gefragt war. Teile Süddeutschlands, Vorarlbergs und der Ostschweiz bildeten somit eine zusammenhängende Textilregion, die gleichermaßen von Kooperation und Konkurrenz geprägt war. Zusätzlich zu diesen wirtschaftlichen Verflechtungen bestanden enge politische Beziehungen. Ausgehend von einem 1312 gegründeten Städtebund, dem Zürich, Konstanz, Schaffhausen und St. Gallen angehörten, entwickelte sich ein Bündnisgeflecht, dem zeitweise über 40 Städte, Feudalherren und Herrschaftsgebiete angehörten. Deren oberstes Ziel war die Erhaltung des sogenannten Landfriedens. Diese wirtschaftlichen, politischen und zum Teil auch familiären Beziehungen um den Bodensee förderten einen Kulturtransfer. Exemplarisch dafür waren die profanen Erker, die seit dem 15. Jahrhundert in den Städten der Bodenseeregion entstanden und die im Folgenden näher beleuchtet werden.
Die Kapelle an der Litzelstetterstraße gehört zu einer Gruppe von ehemals vier Kapellen an den Ortsausgängen Wollmatingens, von denen heute nur noch drei erhalten sind. Für sie lassen sich verschiedene Gemeinsamkeiten feststellen: Sie alle standen bis ins 19. Jahrhundert noch 150–350 m außerhalb des bewohnten Dorfkerns, sie lagen zwischen Gewannen ohne einem davon fest zugeordnet zu sein und für keine der Kapellen ist ein eigener Name überliefert. Die frühesten Nennungen für alle Kapellen gehen auf das späte 15. Jh. oder das frühe 16. Jh. zurück. Das besondere an der Kapelle in der Alten Litzelstetter Straße ist das darin befindliche Tafelbild, das 2014 im Zuge von Renovierungsarbeiten wiederentdeckt wurde. Es ist nicht überliefert, dass sich in einer der anderen Kapellen ein ähnliches Bild befunden hätte. Über die vierte Kapelle lässt sich kaum eine Aussage treffen. Sie stand an der Fürstenbergstraße Richtung Konstanz2 und wurde vermutlich Mitte des 19. Jh. abgerissen.
Cristo de Palafox
(2022)
Im Zentrum der Brettener Altstadt befindet sich die Stiftskirche. Deren Baugeschichte ist bisher weitgehend unerforscht. Die bisher gründlichste Untersuchung wurde 1913 in der Reihe „Die Kunstdenkmäler des Großherzogtums Baden“ von Hans Rott (1876-1942) publiziert, derzufolge das Langhaus der Kirche aus dem 14. Jahrhundert stammt. Da über den Bau der Kirche keine schriftlichen Quellen mehr vorhanden sind, kann diese Datierung nur anhand der sehr wenigen kunsthistorisch datierbaren Elemente am Langhaus nachvollzogen werden. Dies sind vor allem die Maßwerkfenster der zwei Teile der Nordwand, die sich links und rechts des als Kirchturm integrierten ehemaligen Bergfrieds der Brettener Stadtburg befinden. Die Formen des westlichsten Maßwerkfensters stammen tatsächlich aus dem 14. Jahrhundert, möglicherweise sogar aus
dessen erster Hälfte. Von der vorreformatorischen Innenausstattung dieser spätgotischen Kirche hat sich fast nichts erhalten. Es existieren noch ein paar spärliche Reste des Lettners, der das Langhaus vom ursprünglichen spätgotischen Chor abtrennte, das diesem zugehörige spätgotische vergoldete Eisengitter und einige schlichte Grabplatten. Bis in das 20. Jahrhundert hinein hatten sich im Inneren unter dem Putz noch die spätgotischen Wandmalereien erhalten. Diese wurden bei einer Restaurierung 1935/36 aufgefunden und in das 15. Jahrhundert datiert. Die größten Reste fanden sich an den beiden Nordwänden und dem Turm, geringere Reste an der Südwand. Obwohl die Malereien freigelegt und konserviert wurden, wurden diese anschließend im Sommer 1936 abgeschlagen! Wenn das Gerücht stimmt, hat der damalige reformierte Pfarrer Bilder in der Kirche abgelehnt und diese daraufhin beseitigt oder beseitigen lassen. Lediglich der kleine Rest einer Kreuztragungsszene an der Wand über der Bachkapelle entging diesem Bildersturm. Dieses Bild aus der Mitte oder zweiten Hälfte des 15. Jahrhunderts war jedoch wohl schon beim Durchbrechen der Südwand für die vermutlich 1514 angebaute zweijochige Bachkapelle teilweise beseitigt worden. Von den sicherlich zahlreich vorhandenen spätgotischen
Altären, Skulpturen und sonstigen beweglichen Ausstattungselementen hat sich nichts erhalten, da diese wohl 1574 größtenteils beseitigt wurden, als die Kirche im Inneren erneuert und weiß gestrichen wurde, nachdem einige Jahre zuvor der pfälzische Kurfürst Friedrich III. (1515-1576, regierte ab 1559) vom Luthertum zum Calvinismus wechselte und somit auch die Stiftskirche eine calvinistische beziehungsweise reformierte Kirche wurde. Daher ist es umso erfreulicher, dass sich weit entfernt in Spanien, genauer in Toledo, eine spätgotische Skulptur erhalten hat, die aus Bretten, und zwar höchstwahrscheinlich aus der Stiftskirche, stammt.
Die Diskussion um den tatsächlichen Ort des Grafensitzes der Grafschaft Kraichgau, ab 1109 Grafschaft Brettheim genannt, ist alt. Einmal wurde hierfür die Burg in der heutigen Stadt Bretten in Betracht gezogen, ein anderes Mal die Anlage im sogenannten „Burgwäldle". Die Argumentationen beruhen meist auf den wenigen vorhandenen Archivalien, die jedoch oft unterschiedlich interpretiert wurden, insbesondere bei isolierter Betrachtung von größeren historischen Zusammenhängen. Wesentlich seltener wurde der Versuch unternommen, die noch sichtbaren Baulichkeiten unter den Gesichtpunkten der modernen Burgenforschung zu untersuchen und einzuordnen. Der Vergleich mit ähnlicher und stilistisch besser datierbarer Architektur, im besten Fall aus dem näheren Umfeld, ist dabei unerlässlich.
Die steinernen Bänke, die man auch heute noch am Wegesrand findet, sind die Raststätte unserer Vorfahren. Man nannte
sie je nach Gegend Gruhen, Grubbänke oder auch Krugstatt. Bei uns sind es einfach Ruhbänke. Früher, als die Wege noch nicht so gut waren, und man nicht immer einen Wagen mitziehen konnte, mussten die Handwerker und Händler oder
auch Marktfrauen ihre Waren auf dem Rücken oder auch auf dem Kopfe mittragen. Die Bänke dienten dazu, diese oft schweren Körbe oder Krätten, wie man sie damals auch nannte, abzusetzen, um sie nach der Rast wieder ohne fremde Hilfe aufnehmen zu können. Das an der Ruhbank oft angesetzte Bänkchen, das etwas niedriger war, diente zum Ausruhen und zur Erholung des geschundenen Rückens. Die meisten Ruhbänke wurden zwischen 1700 und 1870 aufgestellt. So auch die Ruhbank im Hausertal (Im Feller), die das Datum 1861 und wahrscheinlich die Initialen des Steinmetzes eingemeißelt hat, was früher oft üblich war. Zwei weitere Ruhbänke stehen „Im Salzhofen" bei den Aussiedlerhöfen und an der Derdinger Straße bei den Hetzenbaumhöfen (Lufinado) . Alle Ruhbänke standen meist an guten Verbindungswegen oder an Kreuzungen, zwischen zwei Ortschaften oder Flecken, wie man damals und auch noch heute kleine Ortschaften nannte, z.B. zwischen Rinklingen und Ruit oder Bauschlott, Bretten und Knittlingen oder von Bretten über den Postweg - Hausertal - Feiler - Gölshausen.