720 Architektur
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Tritt ein Besucher – vom Marktplatz her kommend – durch das Westportal der Mosbacher Stiftskirche, so fällt sein Blick nicht auf einen lichtdurchfluteten gotischen Chor, sondern auf den spätmittelalterlichen Lettner. Er trägt die klangvolle Orgel,
deren vierteiliger Prospekt die dahinter befindliche Wand großenteils verdeckt. Im Jahr 1708 wurde diese Mauer inmitten der Kirche errichtet.
Im Calvin-Jubiläumsjahr 2009 fragen wir, was Calvin und Baden miteinander verbindet. – Bei Melanchthon ist eine solche Frage eindeutig zu beantworten; immerhin wurde Philipp Melanchthon 1497 im damals kurpfälzischen und heute badischen
Bretten geboren und fühlte sich zeitlebens bis zu seinem Tode 1560 mit seiner Heimat verbunden, obgleich er, nach den Jugend- und Studienjahren in Pforzheim und Tübingen, vom 21. Lebensjahr an im sächsischen Wittenberg lebte und von dort aus durch viele Verbindungen in ganz Europa wirkte. – Luthers Beziehung zu Südwestdeutschland ist ganz am Anfang seines einflussreichen Wirkens durch die Weichen stellende Heidelberger Disputation von 1518 in Heidelberg bestimmt; außerdem wurde 1556, nach vereinzelter lutherischer Predigt an manchen Orten schon vorher, die lutherisch geprägte Reformation unter württembergischem Einfluss sowohl in der Markgrafschaft Baden-Pforzheim (ab 1565 dann Baden-Durlach) als auch gleichzeitig, obschon nur für wenige Jahre, in der Kurpfalz eingeführt. – Schließlich ist für den Schweizer Huldrych Zwingli, um ebenso den vierten Hauptreformator zu nennen, festzustellen, dass ihn mit Baden nichts verband.
Wer von oben auf den neu gestalteten Parkhof schaut, kann erahnen, was darunter liegt. Die Fläche des 465m² großen unterirdischen Magazins für Archiv und Bibliothek wird durch die künstlerische Gestaltung der Pflastersteine hervorgehoben. Nach einem Jahr Bauzeit sind das neue Magazin und der Parkhof nun (fast) fertig. In einem Festakt am 30. Juni wurden die Anlagen bereits symbolisch ihrer Bestimmung übergeben. Der Künstler Axel Philipp hat als Motiv für den Parkhof typische Buch- und Aktenrücken in einer in die Horizontale gekippten Regalanlage dargestellt. Im darunter liegenden Magazin, das 650 Kubikmeter Beton und 80 Tonnen Stahl „verschlang“, sind nun 940 Regalmeter frei für Bücher, fast 4.500 Regalmeter, die mit 33.152 Archivschachteln, gefüllt mit Akten, bestückt werden können, sowie 320 Schubladen im Format A1 für Pläne und Karten. Dieser unterirdische Neubau soll zum einen die Magazine der Bibliothek von ihren historischen Buchbeständen entlasten. Zum anderen soll er den Raumbedarf des Archivs langfristig abdecken.
Als die wenigen evangelischen Bürger des Odenwalddorfes Rittersbach in der ersten Maiwoche des Jahres 1854 mit dem Ausheben der Fundamente für ihre neue Kirche begannen, war die Enttäuschung groß. Rasch zeigte sich, wie klein und unbedeutend das zu erbauende Kirchlein werden würde. Wie man erst jetzt erkannte, sollte das Bauwerk nur bescheidene 24 Fuß breit und 30 Fuß lang sein. Unentgeltlich wollten die Bürger Hand- und Spanndienste leisten. Angesichts der unscheinbaren Größenverhältnisse hörte man jedoch Stimmen, die sagten: Das gibt eine Kapelle, aber keine Kirche!, und bei vielen entschwanden Muth und Freudigkeit so sehr, dass sie die Hand sinken ließen. Wie sollte es auf der Baustelle weitergehen? Wollte man die vom badischen Innenministerium gegebene Erlaubnis zum Bau einer neuen Kirche leichtfertig aufs Spiel setzen? Sollte man auf eigene Faust und auf eigenes finanzielles Risiko vom genehmigten Bauplan abweichen und den Grundriss in der Breite und Länge um 6-10 Schuh vergrößern? Brauchte man für die wenigen evangelischen Familien überhaupt eine neue Kirche? Würde es nicht ausreichen, das bestehende Bethaus instand zu setzen? Die Zeit drängte, die von auswärts kommenden Maurer waren bereits eingetroffen und wollten mit der Fundamentierung beginnen.
Platzverweis
(2021)
Was lag in diesen tristen Corona-Wochen für den Baaremer näher, als bei den
herrschenden sommerlichen Temperaturen nach den Störchen Ausschau zu
halten. Wo doch die Zahl erfolgreich bebrüteter Storchennester von Jahr zu Jahr
weiter zunimmt – was für ein erfreuliches, was für ein tröstliches Signal in den
Zeiten des weltweiten Artenschwunds wie der verordneten Isolation! Per Rad
also los, so viel lassen die Pandemie-Beschränkungen ja noch zu: Erst der Stillen
Musel und der vierspurigen Bundesstraße entlang, wo neuerdings hoch oben auf
den Gittermasten der Überlandleitungen Storchennester mitsamt Belegschaft zu
entdecken sind, sieben an der Zahl, als ob da nicht auch für Störche Lebensgefahr drohte zwischen all den Drähten und Isolatoren. Dann nichts wie ab durch
die Dörfer auf dem Donauradweg nach Pfohren, wo sich sogar in der Phase
schlimmster Bestandeseinbrüche noch ein Storchenpaar hatte behaupten können
und wo eigens ein Storchenbrunnen deren Standortstreue gewidmet ist. Weiter
die Donau abwärts nach Neudingen, wo dank ausgeprägter Storchenliebe der
Dorfbewohner und eines engagierten Storchenbeauftragten ein besonders
lebhafter Zuzug registriert werden konnte: Sieben Nester, verteilt auf Giebel,
Leitungsmasten und Baumkronen, dürften es auch hier inzwischen sein, eines
bilderbuchgerecht auf dem Dach des Gasthauses Zum Storchen, ein weiteres
nebenan auf der Sonne.
Die evangelische Johanneskirche Bad Dürrheim im Kontext des modernen Kirchenbaus im 20. Jahrhundert
(2021)
Es ist schwierig, für den Beginn der Geschichte des „modernen“ Kirchenbaus in
Deutschland ein Fixdatum zu bestimmen. Denn rückblickend liegen dessen Wurzeln im letzten Drittel des 19. Jahrhunderts. Katholischerseits wäre als Wegbereiter der liturgischen Neuerungen der Beuroner Benediktinerpater Peter Lenz
zu nennen. Er legte 1870/71 den nie verwirklichten Idealplan einer Kirche vor,
in der der Tabernakel nicht mehr auf dem Altar oder im Altarretabel untergebracht war. Evangelischerseits steht das in den 1860er Jahren entwickelte
Konzept der „lebendigen Gemeinde“ des Dresdner Pfarrers Emil Sulze am
Anfang. Es enthielt auch schon Überlegungen zu Neuerungen im Kirchenbau.
Während die zum „modernen“ Kirchenbau führenden liturgischen Reformen in
der evangelischen Kirche schon seit der nach dem „Wiesbadener Programm“
(1890/91) errichteten Wiesbadener Ringkirche (1892–94) und der in diesem
Kontext 1894 von Cornelius Gurlitt geprägten Devise „Liturgie als Bauherr“
real in Architektur umgesetzte Formen annahmen, begann Derartiges im katholischen Kirchenbau erst nach Ende des Ersten Weltkriegs, nachdem Johann van
Acken 1922 mit seiner Schrift „Christozentrische Kirchenkunst – Ein Entwurf
zum liturgischen Gesamtkunstwerk“ den Schlüsseltext zum Kirchenbau aus Sicht
der katholischen liturgischen Bewegung vorgelegt hatte. Parallel dazu entwickelten die evangelischen Architekten Otto Bartning und insbesondere
Martin Elsaesser Konzepte, Sulzes Konzept der „lebendigen Gemeinde“ in adäquate Raumkonzepte für Gemeindezentren umzusetzen. Dabei beschäftigte sich
Elsaesser schon intensiv mit dem Verhältnis von Kirche und Welt in der modernen Gesellschaft und dem damit verbundenen Eindringen des Profanen in den
sakralen Bereich. Die Abgrenzung des Sakralen vom Profanen wurde neben der
Formel von der „Liturgie als Bauherr“ zum zweiten prägenden Gedanken für den
Kirchenbau nach dem Zweiten Weltkrieg.
Das Bühler Friedenskreuz
(2003)
Dem dunklen Saum der Schwarzwaldberge entlang erstrecken sich weithin das saftige Grün sonnenseitiger Rebenhänge, vielfältige Obstkulturen und das wohlgeordnete und gepflegte Braun und Gelb fruchtbarer Ackerfluren: Die goldene Au. Ein wohltuendes Bild der Fruchtbarkeit, des Wohlstandes, des Friedens vor der reizvollen Silhouette unserer schönen Heimatstadt
Bühl. Hoch ragt, wenn man von Süden auf die Stadt zukommt, die elegante Spitze des neugotischen Filigrans der Stadtkirche und das spätgotische Meisterwerk des Rathauses. Bald daneben erscheinen am Horizont der feine Turm der Klosterkirche und dann vor den dunklen Bergeshängen, in barocker Schönheit sich harmonisch in die Landschaft einfügend, die Kirche von Kappelwindeck.
Als Ergänzung zu den Ausführungen zur Strafrechtspflege und zum Strafvollzugsbau im September-Heft 2002 der Badischen Heimat sei hier noch ein Nachtrag eingebracht. Im Zuge der Reformbestrebungen im badischen Justizwesen Mitte des 19. Jahrhunderts wird Hübsch während der Zeit der Erbauung des Bruchsaler Zuchthauses mit Entwürfen zu weiteren Bauten des Strafvollzuges betraut. Im Herbst 1837 ersucht das Innenministerium Hübsch, in einer Kommission zur Ausarbeitung von Modellplänen für Gefängnisse mitzuwirken, um zu gleichwertigen Gefängnisbauten im ganzen Land zu gelangen. Im Juni 1838 legt Hübsch die gewünschten Entwürfe vor, die endgültige Fertigstellung und Lithographierung der Musterpläne verzögert sich jedoch bis zum Frühjahr 18402. Diese Pläne bestehen aus je zwei Grundrissen, zwei Frontansichten und einem gemeinsamen Schnitt für ein grösseres und ein kleineres Amtsgefängnis, dazu entwirft Hübsch noch eine Art Kleingefängnis in Grundrissen und Ansicht.
Persönliche Initiativen
(2003)
Unter den persönlichen Unternehmungen, kirchliches Kunstgut zusammenzutragen und zu bewahren, ragen Eigeninitiativen einzelner Geistlicher immer wieder heraus. Ob in Übernahme einer neuen Pfarrei, eines Lehramtes oder auch als Domkapitular treten die Theologen aktiv als Sammler oder Vermittler der eingezogenen, beiseite geschobenen, weggegebenen oder verkauften Werke ein. Sie haben das Schicksal von so manchem Kunst- und kirchlichen Gebrauchsgegenstand wesentlich mitbestimmt. Starken Auftrieb erhielten kaufkräftige und sachkundige Kunst- und Antiquitätenhändler, die wiederum von ebensolchen Interessenten konsultiert wurden. Die Händler kauften auf den öffentlichen Versteigerungen, die in nahezu jedem aufgehobenen Kloster von badischen Beamten organisiert worden sind, oder streiften durchs Land, um entbehrliches Kirchengut zu erwerben. Über den Kunsthandel gelangte kirchliches Gut zunächst zunehmend in private Sammlungen, später in die neubegründeten Museen. Was an den einzelnen Orten von Privatpersonen geborgen oder „gerettet" werden konnte, ist selten schriftlich fassbar.
Die Lanz-Kapelle und das alte Heinrich-Lanz-Krankenhaus im Stadtteil Lindenhof lagen ursprünglich an der Ecke Meerfeldstraße/Landteilstraße und wurden 1906/07 in historisierendem Stil nach den Plänen des Architekten August Ludwig erbaut. In der nördlichen Hälfte des großen Lanz-Parks wurde am 1. Februar 1906 der Grundstein für das Krankenhaus und die Kapelle gelegt, die feierliche Einweihung unter dem Protektorat der Großherzogin Luise von Baden erfolgte bereits am 17. November 1907.