720 Architektur
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Dem folgenden Beitrag gingen Recherchen zur Ermittlung der historischen Bauherrendaten voraus, die ich zu Beginn diesen Jahres im Auftrag der Denkmalschutzbehörde in Mannheim durchgeführt habe und mit denen die Liste der Baudenkmale insbesondere im Stadtteil Oststadt ergänzt wurde. Ergebnis der Nachforschungen war eine umfangreiche Sammlung mit bereits in der Öffentlichkeit bekannten und bisher weniger bekannten Namen von Persönlichkeiten, deren Leben und
Wirken mit der Stadt Mannheim verbunden ist. Dies brachte mich auf die Idee, die Geschichte einer Persönlichkeit mit der
Geschichte des Hauses, in dem sie wohnte und lebte, zu verbinden – sei diese Persönlichkeit der Bauherr bzw. die Bauherrin, der Eigentümer bzw. die Eigentümerin oder schlicht und einfach ein Bewohner bzw. eine Bewohnerin des Hauses gewesen.
Seit dem Sieg des Frankenkönigs Chlodwig über die Alemannen Ende des 5. nachchristlichen Jahrhunderts breitete sich das Christentum auch im Süden und Südwesten des heutigen Deutschlands aus. Es waren fränkische und iroschottische Wandermönche wie Trudpert, Fridolin, Gallus, Pirmin und andere, welche an den verschiedensten Orten in der
Oberrheinebene Einsiedeleien gegründet haben. Daraus entstanden im Laufe der Jahrhunderte Klöster mit Kirchen, woraus zum Teil sehr bedeutsame Ansiedlungen wie z. B. Münstertal, Bad Säckingen, St. Gallen und Pirmasens geworden sind. Die ältesten Kapellen und Kirchen aus jenen Gründerjahren existieren nicht mehr, doch finden sich in unserer Region noch eine Reihe sehr alter und ehrwürdiger Gotteshäuser: z. B. die drei Kirchen auf der Insel Reichenau, die Goldbachkapelle in Überlingen, die romanische Kirche in Sulzburg oder die Glöcklehofkapelle in Bad Krozingen. Ihr Alter beträgt um die 1000 Jahre und mehr.
Angesichts knapper öffentlicher Gelder und der gegenwärtigen Tendenz, Kultur und gebaute Umwelt vor allem unter wirtschaftlichen Gesichtspunkten zu sehen, wird das Engagement der Bürger für die Erhaltung und Pflege von Kulturdenkmalen immer wichtiger. Der Denkmalschutzpreis Baden-Württemberg, der einzige Preis dieser Art für private Eigentümer im Land, hat deshalb auch im 29. Jahr seiner Vergabe nichts an Bedeutung verloren. Im Gegenteil: Er soll dem Denkmaleigentümer mehr denn je signalisieren, dass ein vorbildlicher, nicht allein durch materielle Größen bestimmter Umgang mit seinem Besitz von der Öffentlichkeit immer noch wahrgenommen und honoriert wird.
Von Vielen vermisst
(2007)
„Der Punkt, von dem aus der Beschauer den Schloßbau betrachten soll, ist mathematisch genau, fast nach Berninischem
Rezept fixiert. Es ist der Schnittpunkt der Achse der Breiten Straße mit den Baufluchten an der Platzerweiterung von A 1 und L 1, heute allerdings wenig zu ungestörtem ästhetischem Genuß geeignet“, bemerkte Regierungsbaumeister Otto Eberbach (1876–1935) 1906 in seinem Beitrag über die Mannheimer Baukunst innerhalb des Standardwerks „Mannheim und seine Bauten“.
Tatort Bösfeld
(2007)
Der Bau der SAP-Arena führte zur Wiederentdeckung eines der größten Friedhöfe aus frühmittelalterlicher Zeit des 6.–8. Jahrhunderts. Die Größe des Friedhofs und die qualitätvolle Ausstattung sind im Rhein-Neckar-Raum, der Pfalz und Südhessen einzigartig, nur wenige alamannische Friedhöfe in Südwestdeutschland sind mit diesem Gräberfeld vergleichbar (Abb. 1). Bereits im Winter 1906/07 entdeckten Mitglieder des Mannheimer Altertumsvereins von 1859 bei Grabungen an der ehemaligen Gemarkungsgrenze von Feudenheim, Seckenheim und Neckarau im Bereich der heutigen Xaver-Fuhr-Straße sechs in zwei Reihen angeordnete Gräber aus dem 7. Jahrhundert, zwei Jahre später kam dort ein weiteres Grab zutage.
Wer aufmerksam durch die Mannheimer Innenstadt geht, stößt seit Anfang 2006 immer wieder auf Glastafeln an Häusern oder eigens dafür aufgestellten Sandsteinstelen, die in Wort und Bild interessante Aspekte der Mannheimer Geschichte darstellen. STADTPUNKTE heißt das von Kulturbürgermeister Dr. Peter Kurz initiierte und vom Stadtarchiv Mannheim
– Institut für Stadtgeschichte realisierte Projekt, das der Mannheimer Innenstadt ihre historische Dimension zurückgibt.
Schloss Mannheim
(2007)
Bestehende Gebäude mit neuer Nutzung zu beleben und dafür baulich zu reaktivieren, ist ein eigener Bereich architektonischen Gestaltens. Werden beim Neubau Konstruktion, Organisation und Gestalt des Gebäudes nach den Erfordernissen und dem zeitgenössischen Geschmack entwickelt, finden wir beim Bauen im Bestand ein Gebäude vor. Seine Substanz, Konstruktion und Baugeschichte sind erst einmal zu analysieren, bevor eine geeignete Nutzung gefunden und konstruktiv und gestalterisch umgesetzt werden kann. Das Mannheimer Schloss hat im Laufe der Zeit von der Residenz zum Witwensitz, Museum, Verwaltung und Hochschule vielerlei Nutzungen erfahren. Damit einher gingen immer umfangreiche bauliche Veränderungen. Den bedeutendsten Eingriff in den Bestand stellte die nahezu vollkommene Zerstörung im 2. Weltkrieg und der Wiederaufbau dar.
Es war der Widerspruch gegen den prachtliebenden Geist der Cluniazenser, der 1098 den burgundischen Edlen Robert von Molesme dazu trieb, auf dem Weg der Suche nach Gott das Kloster Citeaux in abgelegener Gegend zu gründen, um fern vom Getriebe und den Gefährdungen der Welt die Ordensregel des Heiligen Benedikt wieder ganz und gar ernst zu nehmen.
Nicht Gold und Silber, nicht kostbarer Prunk sollten Zeugnis ablegen von Gott, sondern Armut, Demut, Gehorsam und innere Einkehr.
Platz der Concorde
(2007)
Wie weit ist dieser Platz, wie endlos weit! So dehnt er sich im Herzen von
Paris. Ein Platz als Nonplusultra liberaler Beredsamkeit – mit nachwirkend
revolutionärem Atem, der großen Zuges nach allen Seiten ins Freie, in die
Freiheit ausströmt. Ein derart Grenzenloses als Mitte.
Man kann fast nicht sagen, dies sei ein Platz. Das räumlich Umschlossene
fehlt ihm; es mangelt das Räumlich-Formale; er hat keine Schranken – in spezifischem
Unterschied von der architekturalen Place Vendôme, von dem umhegten
Gartenhof des Palais Royal. Worin besteht der Platz der Concorde denn eigentlich?
Piazza in Venedig
(2007)
Das erstemal landete ich in der Nacht nahe San Marco. Ich betrat,
noch ungewiß vom Schiff, die tadellose Ebenheit der Piazzetta. Schon
war es ungeheuerlich und süß; schon war ich, uneingedenk aller moralischen
Begriffe des Nordens, die von der Langenweile und von der Armut
aufgestellt sind, den anonymen Bestechungen erlegen, die anfingen, wie
aus der Luft, wie Luft von allen Seiten auf mich einzudringen. Noch
wagte ich nicht, mit dem unterscheidenden Blick das Einzelne auszusondern:
die Säulen mit dem Marzocco und dem heiligen Theoderich,
der auf dem krokodilförmigen Drachen steht; die rötliche Signorie zur
Rechten, zur Linken die Silhouette des Markusturms, und wiederum zur
Rechten die wunderliche, libidinöse Üppigkeit des Doms.
Inmitten der Mannheimer Oststadt erhebt sich ein Bauwerk, das mit gutem Recht einen ganz besonderen Platz in der deutschen Architekturgeschichte beanspruchen darf: Es handelt sich um das wahrscheinlich einzige erhaltene Stadtpalais nach Pariser Art, das im zweiten deutschen Kaiserreich zwischen 1871 und 1914 erbaut worden ist. Die Rede ist vom Palais Lanz, das meist als Villa bezeichnet wird, wobei sich dieser Begriff nicht nur aufgrund der Dimensionen, sondern der Gesamtanlage
und des Baustils eigentlich verbietet. Hier wurde zwischen 1907 und 1913 kein stattliches Wohnhaus, sondern ein riesiger französischer Palast mit einer prachtvollen Werksteinfassade inmitten eines geometrisch angelegten Gartens errichtet und durch unerhört aufwändig gestaltete Stallgebäude komplettiert.
Die Architektur mittelalterlicher Frauenklöster fristet ein Schattendasein innerhalb der bauhistorischen Forschung. In aller Regel werden Kirchen und Klöster weiblicher Religiosen entweder allein unter architekturhistorischen Gesichtspunkten unabhängig von ihren weiblichen Nutzern behandelt oder die Untersuchungen sind vor allem lokalhistorisch orientiert. übergreifende Darstellungen, die den Fragen nach einer eigenständigen Architektursprache weiblicher Kirchen- und Konventsbauten nachgehen, sind eher selten. Wenn überhaupt, dann finden am ehesten noch die früh- und hochmittelalterlichen Kirchen von Stiftsdamen wie Quedlinburg, Essen oder St. Maria im Kapitol in Köln Aufmerksamkeit, wobei jedoch nur selten
explizit reflektiert wird, dass es sich um Kirchen eben weiblicher Religiosen handelt bzw. nach den daraus resultierenden Spezifika der Architektur gefragt wird. Das Interesse an den Frauenklöstern hat allerdings seit den 1980er Jahren insbesondere von historischer Seite her zugenommen und auch im Bereich der Kunstgeschichte mehren sich seit einiger Zeit Untersuchungen zu diesem Thema, die weniger den schalen Beigeschmack methodistischer Überzeichnung oder politisch überfärbter „gender studies" aufweisen, als vielmehr in einer unaufgeregten Sachorientierung wissenschaftlichen Standards folgen.
Nach dem kürzlich im Südturm des Villinger
Münsters eines der größten Glockenspiele in ganz
Süddeutschland installiert wurde (der SÜDKURIER berichtete), sei an ein Ereignis erinnert,
das genau hundert Jahre zurück liegt. Damals, im
Jahre 1906, wurde der erwähnte Südturm des
Münsters nämlich einer umfassenden und anspruchsvollen Sanierung unterzogen.
Lange hatte es gedauert, bis die Bauarbeiten begonnen werden konnten. Die Gründe lagen vor allem
in finanziellen und bautechnischen Schwierigkeiten. Allerdings mussten die Verantwortlichen
handeln, da das Münster erheblich baufällig geworden war. Anfang Juli 1906 schließlich wurde die
Sanierung des Südturms angepackt. Mit einem
Gerüst aus langen Baumstämmen wurde der Turm
seinerzeit eingeschalt und von oben bis zum ersten
Stock abgerissen. Wobei die Spitze des Turmes, der
Turmhelm, erhalten blieb und während der ganzen
Bauphase von dem Gerüst unterfangen wurde. Der
gesamte mittlere Teil des Turmes wurde abgerissen
und erneuert. Im Spätjahr 1907 war der Turm fertig
gestellt.
Die Gesamtsanierung des mittelalterlichen Gotteshauses
wurde im Jahre 1909 abgeschlossen. Am
29. Juni wurde das in neuem Glanz erstrahlende
Münster von der Gemeinde wieder bezogen.
Zugleich bekam das Gotteshaus ein neues Geläut
spendiert.
Das Gebiet zwischen Rhein, Neckar und Enz gehört nicht zu den Gebieten, die durch mittelalterliche Kirchenbauten weithin bekannt sind, obwohl hier das zum Weltkulturerbe geadelte Zisterzienserkloster Maulbronn liegt und auch die beiden
benachbarten Zisterzienserklöster Bad Herrenalb und Schönau in der Region Spuren hinterlassen haben. Zudem befinden sich hier die romanische Klosterkirche Lobenfeld, die bedeutende frühgotische Kirche des Ritterstifts in Bad Wimpfen, die Reste der romanischen Klosterkirche in Sinsheim, die nach dem Zweiten Weltkrieg wieder aufgebaute mittelalterliche Schlosskirche von Pforzheim und auch manche Stadtkirche wie in Bad Wimpfen oder Besigheim. Sie alle sind überregionaler Beachtung wert, doch wird das Land vor allem durch die vielen mittelalterlichen Pfarrkirchen bestimmt. Sie waren meist Chorturmkirchen bescheidener Ausmaße, manchmal jedoch in bestechender Lage auf Erhöhungen gelegen und mit wehrhaften Anlagen umgeben. Als Landmarken prägten sie die abwechslungsreiche, oft hügelige Landschaft im Viereck zwischen den heutigen Mittelstädten Heidelberg, Heilbronn, Karlsruhe und Ludwigsburg
Melanchthonstadt Bretten
(2007)
Wenn wir Marbacher Epitaphe und Grabdenkmale suchen, werden wir an
drei Orten fündig. Die Stadtkirche birgt zwei Holzepitaphe, die allerdings aus
der Alexanderkirche stammen. Weitere Denkmale sind nicht vorhanden, da
dieses Gotteshaus nie Bestattungskirche war und auch keinen Friedhof hat.
Die Stadtkirche liegt mitten in der Stadt und war ursprünglich eine Frühmesskapelle. Einige schöne Grabsteine befinden sich auf dem Marbacher Friedhof
nördlich der Alexanderkirche. Sie sind allerdings an dieser Stelle zu vernachlässigen, da sie in die zweite Hälfte des 19. Jahrhunderts datieren, wo die genealogische Überlieferung ohnehin schon recht dicht ist.
Insbesondere das auf einer mehr als 100 Jahre alten Postkarte dominierende, sehr aufwendig gestaltete malerische Kreuz mit dem historischen Bauernhaus und der Kapelle im Hintergrund (Bild 1) machte den Verfasser dieses Beitrags neugierig. Wo war dieses Hofensemble zu finden? Wie alt mochten Haus, Kapelle und Kreuz sein? Gab es einen besonderen Anlass für das Errichten des Kreuzes, z.B. Krankheit in der Bauernfamilie, eine Seuche beim Vieh oder ein Gelöbnis? Wer gestaltete das Kreuz mit den vielen symbolischen Darstellungen aus der Leidensgeschichte Christi? Diese und viele weitere Fragen stellten sich. Um etwas Näheres hierzu in Erfahrung zu bringen, musste das Hofgut aber erst einmal gefunden werden. Da die Ansichtskarte weder den Hofnamen noch etwas über die geografische Lage des Hofs verrät, standen die Chancen, das Hofensemble jemals zu finden, von vornherein schlecht. Und so blieben auch alle Suchaktionen im gesamten mittleren Schwarzwald zunächst ohne Erfolg. Einen winzigen Lichtblick bot die Einprägung auf der Kartenrückseite: ,,J. G. Fleig, Photogr. Verl. Hornberg. No. 15". Aber auch der half zunächst nicht weiter. Die Hoffnung, das Hofgut jemals zu finden, sank gegen Null. Gab es diesen Hof überhaupt noch? War er zwischenzeitlich vielleicht schon bis zur Unkenntlichkeit modernisiert, zweckentfremdet genutzt, das Kreuz verwittert, verfault und deshalb abgebrochen?
Im Oktober des Jahres 1854 nahm die französische Spiegelfabrik auf dem Waldhof/Luzenberg ihre Produktion auf. in den 20er Jahren des 19. Jahrhunderts hatte Giulini eine chemische Fabrik in Wohlgelegen gegründet, welche im selben Jahr, in dem die französische Fabrikansiedlung zu produzieren begann, im Verein chemischer Fabriken Mannheim aufging. Dieser hier eingegrenzte Zeitraum ist geprägt von Aufbruchstimmung, von Hafenbau und Handel, von ersten Industrieansiedlungen
und von der Revolution 1848/49.
Die Rückkehr des Thrones
(2007)
Als im Jahr 1802 die Kurpfalz an Baden überging, brach für Schloss Mannheim eine neue Epoche der herrschaftlichen Repräsentation an. Residierten einst die wittelsbachschen Kurfürsten von altem Stamm in der zu den größten Schlössern in Deutschland zählenden Anlage, zog in das bedeutende Bauwerk nun der badische Markgraf im Stand eines neuen Kurfürsten ein. Schmerzlich mag der Wechsel empfunden worden sein, doch längst hatte man in Mannheim die alte Herrschaft
entbehren müssen, war sie ja vor 25 Jahren nach München übergesiedelt. An eine Rückkehr des Kurfürsten schienen die
Menschen nicht mehr zu glauben und nur in Erinnerungen trauerte man vielleicht der guten alten Zeit nach.
Das Dorf Rettigheim, heute Ortsteil von Mühlhausen im Rhein-Neckar-Kreis, ist
788 erstmals als Radincheim im Lorscher Codex erwähnt und gehörte seit der fränkischen
Zeit zur Urmark und zum Pfarrsprengel des am Fuß des Letzenberges gelegenen
Ortes Malsch. Rettigheim und Malschenberg (heute ein Stadtteil Rauenbergs)
hatten bis ins 19. Jh. Pfarrzwang zur Mutterpfarrei Malsch, obwohl z. B.
Rettigheim bereits um 1420 ein eigenes Widumsgut besaß, auf dem vermutlich in
dieser Zeit bereits eine (erste) Kapelle (Patronat Hl. Jakobus d. Ä.) stand. Erst 1870
konnte sich Rettigheim aus der kirchlichen Abhängigkeit von Malsch lösen und eigene
Pfarrei werden. Die kleine Kapelle (urkundlich erstmals 1594 erwähnt) war
trotz der Verpflichtung des auswärtigen Gottesdienstbesuches in Gebrauch und
wurde laut den Kirchenrechnungen des Heiligenfonds laufend instand gehalten
und mit dem notwendigsten Inventar ausgestattet. Bis 1803 gehörte Rettigheim
zum Hochstift Speyer.