720 Architektur
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I. Von Weinbrenner erzählen. Nie zuvor wurde das umfangreiche Schaffen des Stadtplaners und
Architekten in dieser Vollständigkeit dokumentiert, Ausstellung in der Städtischen Galerie,
27. Juni 2015 – 4. Oktober 2015.
II. Stadt und Schloss vor 1945. Historische Fotografien aus Arthur Valdenaires Denkmalinventar,
Ausstellung in der Badischen Landesbibliothek, 13. Mai – 27. August
Das heutige Bruchsal ist wieder zu einer lebendigen Stadt geworden. Die Kriegszerstörung
1945 hat aber ihr Gesicht völlig verändert, auch wenn früh schon die Entscheidung getroffen
wurde, beim Wiederaufbau die Erhaltung des historisch gewachsenen barocken Stadtgrundrisses
anzustreben. Der Artikel untersucht kritisch, ob und in welcher Form letztlich das verwirklicht
wurde, was die Stadtplaner nach dem Krieg vorgedacht hatten. Neben vielem Guten
zeigt er dabei auch Entscheidungen, welche die Absicht, auf der historischen Stadtlandschaft
aufzubauen, in Frage stellen.
Seit über 800 Jahren existiert in Freiburg ein Steinmetzbetrieb, der zunächst für den Bau des Münsters verantwortlich war und der bis heute für dessen Instandhaltung zuständig ist: die Münsterbauhütte. Sie zählt zu den traditionsreichsten mittelalterlichen Bauhütten und blieb – im Gegensatz zu den anderen bekannten Hütten wie Köln, Ulm und Basel – ohne Unterbrechung durchgehend bestehen. Nach dem Bau des Freiburger Münsters von circa 1200 bis circa 1536 war es die Hauptaufgabe der Bauhütte, die steinerne Substanz und den filigranen Bauschmuck zu erhalten und zu ergänzen. Über die vielen Jahrhunderte hinweg änderte sich mehrfach die Trägerschaft der Münsterbauhütte. Zu Beginn wurde die Hütte von der Stadt Freiburg verwaltet bis schließlich 1890 der eigens dafür gegründete Freiburger Münsterbauverein deren Leitung übernahm.
In relativ vielen Publikationen wird beschrieben, dass der Gutacher oder Gutachtäler Haustyp durch die Württembergische Bauordnung aus dem Jahre 1568 entstanden sei. Leider wird in keiner dieser Veröffentlichungen aber auf den genauen Wortlaut dieser Verordnung eingegangen, was bei vielen Lesern eine Verunsicherung auslöst. In dem vorliegenden Beitrag werden der Grundriss und die konstruktiven Einzelheiten dieses Haustyps vorgestellt. Mit Hilfe des Originalwortlauts der Bauordnung und einigen mehr als 100 Jahre alten Fotografien und Bauzeichnungen wird nachgewiesen, dass es den Gutacher oder Gutachtäler Haustyp auch schon vor Inkraft treten der Bauordnung im Jahre 1568 gab, d. h., die angeführte Bauordnung war nicht ursächlich für diesen Haustyp.
Der Beitrag will zeigen, dass ein strebsamer Mensch aus sog. kleinen Verhältnissen auch ohne Hochschulausbildung Großes leisten kann. Der gebürtige Carl Peter Pflästerer stieg so allmählich in seiner Wahlheimat Karlsruhe bis an die Spitze der Stadtplanung auf und diente sieben Oberbürgermeistern und unter drei verschiednen Regierungssystemen. Im Dritten Reich beauftragten ihn die 'Machthaber’, Karlsruhe als Gauhauptstadt mit repräsentativen Aufmarschstrassen und Monumentalbauten nach dem Vorbild eines Albert Speer in Berlin auszubauen. Dies brachte ihm das Aushängeschild eines Nazi-Architekten ein, obwohl seine Pläne nur auf dem Papier ihren Niederschlag fanden. Der Beitrag will daher auch die andere Seite seines Wirkens zeigen, auch Privates und dass er als Baumeister trotz seiner Brüche in einer Umbruchzeit das Bild der Stadt Karlsruhe maßgeblich mitgeprägt hat.
Wie kann sich ein kommunales Kunstmuseum an einem Stadtjubiläum beteiligen? Mit einer Ausstellung bedeutender historischer Künstler, die am Ort studierten wie Emil Nolde oder Otto Modersohn, mit Künstlern, deren familiäre Wurzeln
in der Stadt liegen wie Lyonel Feininger oder mit international renommierten Malern, die hier tätig waren wie Karl Hubbuch,
Georg Baselitz, Markus Lüpertz oder Per Kirkeby? Zu allen Genannten zeigte die Städtische Galerie Karlsruhe in den letzten drei Jahrzehnten umfangreiche Schauen. Seit ihrem Bestehen widmet sie sich aber auch in unregelmäßigen Abständen der Baugeschichte der Stadt, vorwiegend aus Zeiten, als die Architekten ganzheitlich planten: von der Gebäudehülle bis zu Alltagsgegenständen wie Möbel, Geschirr oder gar das Kleid der Hausherrin. An diese Tradition knüpfen wir nun im Jubiläumsjahr an und stellen das Werk des Architekten Friedrich Weinbrenner (1766–1826) in den Mittelpunkt unserer Aktivitäten.
Als die Badische Landesbibliothek 22 Jahre nach ihrem Untergang endlich ein eigenes Gebäude beziehen konnte, um ihren Lesern in komfortabler Weise Literatur und Informationen zur Verfügung zu stellen, zählte der Bibliotheksbestand
immerhin wieder 327 000 Werke. Damit hatte er das Vorkriegsniveau beinahe wieder erreicht: Als die Bibliothek in der
Nacht vom 2. auf den 3. September 1942 im Bombenhagel auf Karlsruhe untergegangen war, hatte sie bei einem Verlust von 365 000 gedruckten Bänden nahezu einen Totalschaden erlitten. Allein die rechtzeitig an sichere Orte ausgelagerten Handschriften, Inkunabeln und sonstigen wertvollen Stücke waren gerettet worden, außerdem die zufällig gerade ausgeliehenen Titel und schätzungsweise 13 000 Bücher, die den Brand überstanden hatten.
Alle zwei Jahre schreiben der Schwäbische Heimatbund und der Landesverein Badische Heimat den von der Wüstenrot Stiftung finanzierten Denkmalschutzpreis Baden-Württemberg aus. Vergeben werden jeweils fünf gleiche Preise an private Bauherren, die im Rahmen von Gesamtsanierungen historischer Bauten denkmalpflegerisch besonders vorbildlich mit ihrem Eigentum umgegangen sind.
Die Pyramide in Karlsruhe
(2015)
Nach den Friedensverträgen der ersten Jahre des 19. Jahrhunderts, zuletzt in Pressburg 1805, wurde die Markgrafschaft zum Kurfürstentum, nach dem Beitritt zum Rheinbund 1806 zum Großherzogtum. Baden erhielt Gebiete beträchtlichen Umfangs hinzu, das Land reichte nun vom Bodensee bis zum Main. Karlsruhe blieb die Residenzstadt und war innerhalb kurzer Zeit vor die Erfüllung von Aufgaben gewaltigen Ausmaßes gestellt. Diese betrafen nicht nur die Administration, sondern auch öffentliche Einrichtungen für die Bewohner der Stadt. Ihre Zahl wuchs innerhalb weniger Jahre stark an.
Ein neues Staatstheater
(2015)
Kultur braucht Räume. An Theatergebäuden lässt sich im Besonderen ablesen, welchen Stellenwert sie in einer Stadt und in einer Region besitzt. Die Häuser sind die Raum gewordenen Indikatoren für die Lebensart einer Stadt. Die Theater-Architektur mit ihren ganz eigenen Erfordernissen hat in den vergangenen Jahrhunderten nicht nur die Technik des künstlerischen Zweckbaus, sondern mit ihrer eindrucksvollen Gestaltungskraft das kulturelle Leben und das Gesicht der Städte stark beeinflusst. Theater gehören zu den markantesten Gebäuden einer Stadt, bereits die Wahl des richtigen Ortes stellt die Bauherren vor eine wesentliche Herausforderung.
Der Autor verfolgt die Geschichte des Ritterhofs in Kirnbach-Grafenloch von seinen Anfängen im Jahre 1590 bis zu seiner vorbildlichen Restaurierung durch die heutigen Eigentümer. Er beleuchtet das Leben seiner Bewohner und die Geschicke des Hofes im Wandel der Zeit. Auch
auf die Architektur des Hofes geht er ein, weist der Ritterhof doch eine sehr individuell gestaltete Giebelseite auf, wodurch sich das Haus nur schwer einem der klassischen Schwarzwälder Haustypen zuordnen lässt. Ob es sich beim Ritterhof möglicherweise um eine sogenannte bauliche
»Mischform« handelt soll der Beitrag klären.
Das Haus der Badischen Heimat zeigt sich seit kurzem in einem ungewohnten Kleid. Die annähernde
Wiederherstellung der ursprünglichen Farbigkeit, wie sie der Architekt Carl Anton
Meckel Mitte der Zwanziger Jahre als konstitutiven Bestandteil seiner Architektur verstanden
hatte, war ein wichtiges Anliegen der gegenwärtig noch laufenden Sanierungsmaßnahmen,
die der Landesverein mit beträchtlichem Aufwand betreibt. Der Beitrag beleuchtet den historischen
Hintergrund dieser Farbgebung und den Kontext der damaligen Diskussionen, die
bereits nach wenigen Jahren zu einem Umstreichen führten.
Von 1431 bis 1806 bestand in Waldkirch ein Kollegiatstift aus sechs Kanonikern unter der Leitung von Propst, Dekan und Kustos. Die Verfassung dieser geistlichen Korporation war über Statuten geregelt, die bis 1750 regelmäßig erneuert wurden. Ihren architektonischen Ausdruck fanden diese im barocken Stiftsbezirk, der geschlossen erhalten ist. Um die Stiftskirche von
Peter Thumb scharen sich zwölf Hauptgebäude, angeführt von Propstei (Elztalmuseum) und Dekanei (heute katholisches Pfarrhaus).
Die Wiedereinrichtung der Beletage von Schloss Bruchsal beinhaltete zunächst umfangreiche Bau- und Sanierungsmaßnahmen, um die einstige Raumfolge der fürstbischöflichen Appartements wiederherzustellen. Die Räume erhielten eine szenografische, raumbildende Ausstattung mit reduziertem Stuck und seidenen Wandbespannungen. Die Einrichtung der 17 Räume erfolgte in Anlehnung an die historischen Inventare mit den im Krieg ausgelagerten Kunstgegenständen. Darunter befinden sich 38 kostbare Tapisserien, elegante Möbel und der verbliebene Teil der fürstbischöflichen Gemäldesammlung. Seit Ende April 2017 ist die zeremonielle Abfolge der Schlossräume und das einstige Leben am Hofe der Fürstbischöfe von Speyer im 18. Jahrhundert bzw. der Amalie von Baden im frühen 19. Jahrhundert wieder erlebbar.
Eine der überregional bekannten Institutionen Wieslochs ist das Psychiatrische Zentrum Nordbaden (PZN). Es ging aus der Heil- und Pflegeanstalt Wiesloch hervor, die 1902 begründet und 1903 bis 1925 mit mehr als 50 Gebäuden im ehemaligen Bergbaugebiet und Weinbaugelände nördlich der Stadt realisiert wurde. Die flächengreifende Anlage besaß zu ihrer Zeit mustergültigen Charakter und war im ganzen Land nicht nur in Fachkreisen bekannt. Sie spiegelt die hohen Standards des Krankenwesens und der Sozialfürsorge um die Jahrhundertwende anschaulich wider und präsentiert ein architektonisches Ensemble, das typologische Vielfalt und stilistische Individualität auf hohem Niveau vereint. Die Bauten weisen Julius Koch als geschickten, wandlungsfähigen Krankenhausarchitekten aus. Die Gartenanlagen sind mit dem Namen des bekannten Kulturpädagogen Paul Schultze-Naumburg verknüpft. Wesentlich für die bauhistorische Würdigung ist noch immer die Magisterarbeit von Antje Mues (1994). Ergänzungen und Präzisierungen ließen sich aus der Privatkorrespondenz von Koch gewinnen, die nähere Auskünfte über die Planungsprozesse gibt. Neueinschätzungen ergaben sich aus Vergleichen mit der Anstalt in Berlin-Buch. Seit 1978 ist die ehemalige Heil- und Pflegeanstalt in ihren historischen Teilen ein Kulturdenkmal im Sinne des Denkmalschutzgesetzes Baden-Württemberg.
Wie in allen Städten unterliegt das Stadtbild auch in Bretten einem steten Wandel. So zerstörten Kriegsereignisse wie der Stadtbrand 1689 Bretten fast vollständig. Andere Kriege verschonten hingegen Bretten, so dass z. B. nach dem Zweiten Weltkrieg in der Altstadt fast keine Verluste an Gebäuden zu beklagen waren. Dennoch ist die Verlustrate im 20. und 21. Jahrhundert nicht gering. Diese Veränderungsprozesse im Bereich der Brettener Altstadt sollen hier beschrieben und hinterfragt werden.
Wildbewegte, kriegerische Zeiten zu meistern und dazu ein ramponiertes Hochstift Speyer mit kaputtem Kaiserdom auf Vordermann zu bringen, gehörten zum schwierigen Lebensgeschäft des Fürstbischofs und Kardinals Damian Hugo von Schönborn. Der Erbauer des Residenzschlosses Bruchsal hinterließ mit St. Peter als Pfarr- und Grabeskirche für sich und seine Nachfolger einen eindrucksvollen Sakralbau und ein architektonisches Barock-Highlight. Festlich begangen wurde seinerzeit die Grundsteinlegung des fast ganz original erhaltenen Gotteshauses und im Frühjahr die 275. Wiederkehr dieses Ereignisses. Kein geringerer als Balthasar Neumann, der berühmte Treppenspezialist des Schlosses, plante dem Kirchen- und Landesfürsten in Personalunion trotz einschränkender Vorgaben ein Meisterwerk. Mancherlei Widrigkeiten, die Zeitläufe, die Finanzen und auch teilweise der oft kranke, abwesende, auch eigensinnige Bauherr selbst verhinderten die exakte Verwirklichung der im Karlsruher Generallandesarchiv aufbewahrten Pläne aus dem Würzburger Büro des "ausgeliehenen" Stararchitekten. Nachfolger Kardinal Franz Christoph von Hutten blieb dank gut gefüllt ererbter Geldschatulle die Vollendung der Schönborn-Bauten Schloss wie Kirche vorbehalten.
Gebaute Geschichtsfälschung
(2011)
Einem städtischen Platz gegenüber zu bauen, den die Geschichtsbücher als Musterbeispiel seiner Epoche kennen, ist ein Privileg, das sich nur selten bietet; entsprechend groß sind Herausforderung und Verpflichtung, sich in die Geschichte einzuschreiben. Manchmal aber geht das sehr schnell. Als die Karlsruher Volksbank 2007 ihr Gebäude beim Marktplatz an den Hamburger Investor Newport verkaufte, sollte das Eckhaus des Architekten Erich Schelling aus den Jahren 1952-58 für
»großflächigen Einzelhandel« umgebaut und dafür eine tragfähige bauliche Lösung bei einem Wettbewerb im Rahmen eines »kooperativen Verfahrens« gefunden werden, eine Regelung, die allerdings von der Architektenkammer ausdrücklich bemängelt wurde.
Die Architektur des 20. Jahrhunderts kommt »ins Alter«. In immer stärkerem Maße stehen Sanierungen von Gebäuden an, die zwar noch jüngeren Datums sind, deren Bedeutung als Kulturdenkmale aber inzwischen von Architekturforschung und Denkmalpflege unbestritten sind. So mag es nicht verwundern, dass in den letzten Jahren zunehmend mehr
Bewerbungen um den Denkmalschutzpreis Baden-Württemberg eingehen, die solche Bauwerke betreffen.