750 Malerei, Gemälde
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Die Johanneskapelle in Zarten wird liebevoll und nicht ganz zu Unrecht das „Zartener Münster“ genannt (Abb. 1). Sie ist nicht nur die ehemalige Mittelpunktskirche des Dreisamtals – in dieser Funktion wurde sie „erst“ im frühen 12. Jahrhundert durch die Galluskirche in Kirchzarten abgelöst – sondern birgt auch unter ihrem bescheidenen Äußeren durchaus bemerkenswerte
Kunstschätze: barocke Altäre, die teilweise Matthias Faller zugeschrieben werden, Skulpturen, eine bemalte Holzdecke des 17./frühen 18. Jahrhunderts und nicht zuletzt mittelalterliche Wandmalereien (Abb. 2).
Das Motiv des Totentanzes in Form einer Bilderserie hat sich seit dem späten 13. Jahrhundert, ausgehend von Frankreich, nirgends so sehr verbreitet wie im deutschen Südwesten, im Elsass und in der Nordschweiz. Als Vorstufe des Motivs gilt die Legende von den drei Toten und den drei Lebenden. Eine frühe Darstellung dieser bildlichen Darstellung des „Memento mori“ besitzt die Pauluskirche in Badenweiler. Die Fresken an der nördlichen Chorwand der Kirche stammen aus der Zeit nach 1368, als sich die Grafen von Freiburg nach dem Übergang der Stadtherrschaft an Habsburg nach Badenweiler zurückzogen. Sie wurden nach dem Abriss der gotischen Vorgängerkirche aus deren Vorhalle an den jetzigen Standort versetzt. Vermutlich handelt es sich bei der Badenweiler Bilderserie um das älteste Zeugnis dieses Motivs auf deutschem Boden. Die wohl bekannteste Darstellung des eigentlichen Totentanzmotivs wurde dann um 1460 an der Friedhofsmauer des Basler Dominikanerklosters ausgeführt, vielleicht von einem Mönch des Predigerkonvents. Hans Georg Wehrens hat neben 15 Beispielen der Legende von den drei Lebenden und Toten 51 Totentanzdarstellungen im alemannischen Sprachraum nachgewiesen. Der „Freiburger Totentanz“ gehört zu den kunstgeschichtlich höchst seltenen Totentanzbilderserien aus der Rokokozeit. Er befindet sich in der Vorhalle der Michaelskapelle im Alten Friedhof der Stadt.
An der Vorchor-Südwand des Reichenauer Münsters wurde zwischen dem südwestlichen Vierungspfeiler und dem Barockgitter vor gut 35 Jahren ein gerahmtes Wandbild aus dem frühen 14. Jahrhundert freigelegt. Im Unterschied zu den etwa gleichzeitigen Wandbildern weiter westlich, die späterhin mit z.T. veränderter Thematik übermalt wurden, oder zum monumentalen Christophorus an der Nordwand des Vorchores schräg gegenüber hat dieses Bild in der Kunstwissenschaft bislang nur wenig Aufmerksamkeit gefunden. Die Theologie scheint es noch gar nicht wahrgenommen zu haben. Der folgende Beitrag beabsichtigt, das Wandbild ins Gespräch zu bringen. Einführend sind Fragen um seine Situierung skizziert (I). Der Beschreibung des Gesamtbildes (II) folgt ein Abschnitt zur Ikonographie der Mutter-Kind-Gruppe rechts im Bild, die hier
besonderes Interesse beansprucht (III) sowie der Versuch einer theologischen Deutung v. a. dieses Bildmotivs (IV). Überlegungen zur zeitlichen Einordnungdes Wandbildes sowie zum damaligen Reichenauer Abt und zur Stifterin, die am
rechten Bildrand kniet, schließen sich an (V).
Die alttestamentlichen Propheten auf den spätromanischen Wandgemälden der Klosterkirche zu Lobenfeld
(2010)
Seit der Reformationszeit befindet sich die ehemalige Klosterkirche in Lobenfeld mit ihren gegen Ende des 12. oder am Beginn des 13. Jahrhunderts entstandenen romanischen Wandmalereien im Besitz der evangelischen Landeskirche und der örtlichen
Kirchengemeinde. Ihre wertvollen alten Wandgemälde sind allerdings bis ins 20. Jahrhundert hinein so gut wie unbeachtet geblieben. Gerade einhundert Jahre sind jetzt vergangen, seit der spätere Freiburger Kunsthistoriker Joseph Sauer (1872–1949) sie der Vergessenheit entriss, als er sie im Rahmen der wissenschaftlichen Bestandsaufnahme der badischen Kunstdenkmäler zum ersten Mal untersuchte und würdigte (1910). Seit Sauers Untersuchung gingen jedoch – über die beiden Weltkriege hinweg – noch einmal acht Jahrzehnte ins Land, bis längst notwendige Reparaturen und weiterführende Umbauten am Kirchengebäude in Angriff genommen werden konnten.
1971 wurden in der Ravensburger Altstadt bei Umbauarbeiten im Gasthaus Zum
Mohren bemerkenswerte mittelalterliche Wandmalereien entdeckt, die bis heute einer
angemessenen Würdigung und Interpretation entbehren. Der Gasthof Zum Mohren in
der Marktstr. 61 liegt direkt unterhalb des Obertors. Das Wandgemälde fand sich an der
östlichen Giebelwand als Innendekoration im ersten Obergeschoss des Hauses. Es handelt sich um einen 5,40 Meter langen Wappenfries mit darunter angeordneten Damen
und Herren, die ihrerseits einem Ritterturnier beiwohnen. Von den kämpfenden Rittern
haben sich leider nur die Helmzierden erhalten. Die Pferdedarstellungen waren bei der
Freilegung der Wand bereits komplett zerstört.
Anlässlich des 100-jährigen Jubiläums des Kollegiengebäudes I der Universität Freiburg ist es
lohnend, den Blick auch auf das repräsentativste originale Ausstattungsstück des Gebäudes, das
zwischen 1910 und 1912 von Hans Adolf Bühler (1877–1951) geschaffene Prometheusfresko, zu
richten. Es befindet sich in der sogenannten Prometheushalle über den Türen zur
Aula im ersten Obergeschoss des Gebäudes und dominiert mit einer Höhe von beinahe vier Metern und einer Länge von elf Metern den mit schwarzem Marmor getäfelten Raum. Nach seiner
Fertigstellung löste das Gemälde neben überaus begeisterten Reaktionen damals wie heute Diskussionen unter den Universitätsangehörigen aus. Während einst Hans Adolf Bühlers Interpretation des Prometheusmythos und vor allem die Nacktheit der Figuren kritisiert wurden, sorgt das
Gemälde heute wegen der kulturpolitischen Aktivitäten des Malers zur Zeit des Nationalsozialismus für Zündstoff.
Irgendwann, vermutlich Anfang des vergangenen Jahrhunderts, entstanden an den Innenwänden von Villinger Gasthäusern Wandmalereien, deren Anzahl, Orte und Darstellungen allgemein nicht bekannt und nur durch Vermutungen unterlegt sind. Von einem Ort, nämlich dem Gasthaus „Schwert“ in der Färberstraße, sind – durch Zufall – solche Malereien bekannt
geworden. Mit dem folgenden Fundbericht sollen die Umstände deren Entdeckung geschildert werden und im Weiteren die damit zusammenhängenden offenen Fragen dokumentiert werden.
Sprechende Wände
(2004)
Zu allen Zeiten haben Menschen - Handwerker, Architekten, Künstler, Schlossbewohner, Personal, Wachsoldaten, Reisende, Touristen, Liebespaare - am und im
Schloss ihre Spuren hinterlassen. Sie verewigten sich an den Schlossmauern, den
Wänden im Inneren, auf Türen, Fensterscheiben und Figuren. Es finden sich Spuren in einer Bandbreite, die von eingeritzten Monogrammen bis zu komplexen Zeichnungen reicht, über einen Zeitraum von 1704 bis heute. Gegenstände finden sich
unter den Fußböden: Briefe, Fragmente von Kleidung, Schuhe, Keramik. So werden
die Wände des Gebäudes und seine Fehl- und Zwischenböden zu einem lebendigen
Geschichtsarchiv, zu einem gewaltigen steinernen Kalender, der bis in unsere Gegenwart reicht und ständig fortgesetzt wird.
Aus der Vielzahl der Spuren werden im Folgenden anlässlich des 300-jährigen
Schlossjubiläums die des 18. Jahrhunderts vorgestellt. In allen Schlossgebäuden finden sich bauzeitliche »Menschenspuren«: Inschriften, Abrechnungen, Sprüche,
Zeichnungen, Karikaturen und Jahreszahlen. Die Wand als Notiz-oder Skizzenblock,
manchmal auch als »Schmierpapier« zu verwenden war keine Ausnahme, sondern
die Regel. Bei der Menge an »Menschenspuren« kann die Anbringung keine unerlaubte oder explizit verbotene Handlung gewesen sein. Deshalb trifft der Terminus
»Graffiti« auf diese Hinterlassenschaften nur teilweise zu, da dieser die unerlaubte
Handlung und das Schreiben, Zeichnen oder Sprayen auf dafür nicht vorgesehene
Träger voraussetzt. Die Wandflächen im Rohbau des Ludwigsburger Schlosses waren
aber ganz offensichtlich ein üblicher Träger für allerlei Notizen und Späße. Deshalb
sehe ich die Hinterlassenschaften der Bauarbeiter, Handwerker und Künstler als
»Menschenspuren«. Inschriften und Zeichnungen werden dennoch umgangssprachlich als Graffiti bezeichnet bzw. in wissenschaftlichen Publikationen als »historische
Graffiti«. Ich definiere: Graffiti sind Ausdrucks- und Kommunikationsformen - Inschriften oder Zeichnungen - spontaner Art. Sie sind nicht beauftragt und befinden
sich auf einem Träger, der nicht Papier ist.
In der Reichenau-Festschrift von 1925 hat Joseph Sauer in seinem Beitrag „Die Monumentalmalerei der Reichenau“ die gemalten Architekturkulissen in Reichenau-Oberzell ausführlich berücksichtigt. Sie erfüllen „eine künstlerische Funktion. Nicht nur daß sie die weit auseinandergezogenen Kompositionen zusammenhalten und gliedern [...], im Einzelfall haben sie auch noch die künstlerischen Absichten besonders zu steigern“. Die verschiedenen Typen von Türmen sind so beschrieben: Sie „stehen hinter oder auch vor den Stadtmauern; bei einem völlig sichtbaren Stadtbild gewöhnlich in der Zweizahl [...]; der
Zweizahl entsprechend wechseln Rund- und quadratischer Turm miteinander ab [...]. Die quadratischen, durchweg über Eck gezeigten Türme sind [...] in den einzelnen Stockwerken reich gegliedert [...], die einzelnen Stockwerke durch kräftige Gurtgesimse geschieden [...]. Wenn man einen solchen freistehenden, nach oben sich verjüngenden quadratischen Turm im Bild des Seesturms noch als Leuchtturm erkennen kann, so leuchtet die Zweckbestimmung eines ganz gleichen Turmes neben dem sitzenden Hohenpriester im Bilde des Aussätzigen nicht ohne weiteres ein. Hart am Bildrand scheint er lediglich die Funktion zu haben, die Kompositionslücke hier zu schließen. Die realistische Darstellung ist also einer rein künstlerischen Erwägung geopfert: die Realität dem Ornament gewichen“.
Die Wandgemälde des Freskenzyklus' sind der bemerkenswerteste und
wertvollste Teil der barocken Ausstattung des ursprünglich mittelalterlichen Befestigungsturms [1] im Prälatengruten der ehemaligen Benediktinerabtei Gengenbach, heute im Besitz der katholischen Kirchengemeinde. Ihre Einzigartigkeit besteht darin, dass sie keine Wanddekorationen darstellen, sondern Gemälde als eigenständige Bildwerke, die ihrerseits wiederum
von einem Dekorationssystem umrahmt sind. In ihrer Art sind sie keine
übliche Wandmalerei im kirchlichen Sinne, so z. B. Gemälde einer Altarnische oder einer Heiligen- bzw. Kreuzwegdarstellung, aber auch keine
heraldische oder allegorische Wandmalerei, z. B. eine Wappen- oder Kartuschenmalerei. Vergleichbar sind sie dagegen mit Wandbildern, wie man sie
in manchen Palästen und Villen Italiens findet, mit landschaftlicher Darstellung von Natur, Architektur und menschlichen Gestalten, vedutenartig
in Überschau mit relativ kleinen Figuren und im Hochformat ausgeführt.[2]
Gegenüber den häufig anzutreffenden Wandgestaltungen mit Vertäfelungen, Tapeten- oder Stoffbespannungen und aufgehängten Leinwandbildern
besitzen sie eine ganz eigene Qualität. Ihr Vorhandensein zeugt vom kulturellen Niveau und der Weitläufigkeit des Bauherrn.