830 Literaturen germanischer Sprachen; Deutsche Literatur
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Der rheinische Raum, und zwar vor allem der oberrheinische Kulturraum, spielt bereits im
12. Jahrhundert eine zentrale Rolle für den mittelhochdeutschen Minnesang. Seit etwa 1170/80
orientieren sich Lyriker aus dem Rheinland an romanischen Dichtungstraditionen, die sie –
nach dem Vorbild Heinrichs von Veldeke – in die deutsche Sprache übertragen. Eine Schlüsselstellung nimmt dabei bekanntlich Friedrich von Hausen ein, ein hochangesehener Ministeriale
des Stauferhofes, der zu den familiares et secretarii des Kaisers gehörte. Sein Dienstverhältnis
führte ihn mindestens zweimal nach Italien; er fiel im Mai 1190 auf dem Dritten Kreuzzug bei
einer Auseinandersetzung im heutigen Anatolien. Urkundliche Zeugnisse belegen seine Herkunft aus dem rheinpfälzischen oder rheinhessischen Gebiet; für den Erzbischof von Mainz hat
er ab 1170 mehrfach geurkundet. Die Adaption der provenzalischen Trobadorlyrik aus Südfrankreich bzw. der französischen Trouvèrelyrik aus dem Norden erfolgt dabei sowohl formal
als auch inhaltlich: Friedrich von Hausen und seine rheinländischen Zeitgenossen, also zum
Beispiel Ulrich von Gutenburg, um den sich das Oberelsass und ein kleiner rheinpfälzischer Ort
an der südlichen Weinstraße streiten, oder Bernger von Horheim (vom Westrand des Neckarbeckens), verwenden für einen Großteil ihrer Lieder den Typ der Kanzonenstrophe, welcher
der Romania entlehnt ist.
Rechnerisch heißt das Ergebnis: 10. Mai + Frühling = Hebelfest. An Johann Peter Hebels Geburtstag feiert Hausen im Wiesental zusammen mit vielen Hebelfreundinnen und -freunden jedes Jahr einen neuen Hebelplaketten-Träger - und das seit 1960. Die Trägerin der Hebelplakette des Jahres 2011 heißt Liliane Bertolini und kommt aus dem Elsass. Am Vorabend der Verleihung konnte man bei der traditionellen Lesung im Hebelhaus mit ihr auf Tuchfühlung gehen.
Die enge Verbindung zwischen Baden und Russland besteht seit langem. Doch zwischendurch war sie unterbrochen. Seit dem Ende der Sowjetunion sind russische Gäste und Bewohner wieder zahlreich vor allem in Baden-Baden anzutreffen. Trotz der Unterbrechung blieb das Bewusstsein über Baden-Baden in Russland sehr lebendig. Schon allein dadurch, dass der Schulunterricht in klassischer Literatur, selbst in der sowjetischen Zeit, intensiv war, begegneten die jungen Russen immer wieder Baden-Baden.
Wahrscheinlich war beim 90. Geburtstag der Donaueschinger Musiktage im
vergangenen Herbst von HEINRICH BURKARDS Buch rund um die Donauquelle DIE
SCHLAPPERKLANGE nicht die Rede. Aber es lohnt sich, in das mit zahlreichen
Abbildungen im Text und auf Tafeln versehene Werk aus dem Jahr 1925 einen
letzten Blick zu werfen. Das 40-seitige Büchlein macht sofort den Leser stutzig, der nach Betrachten
des Titels und der Umschlaggrafik erst einmal ans Ende der Broschüre zu Inhaltsverzeichnis und Impressum blättert: Hoppla! In einer mitternächtlichen „Redaktionsstube unter einer Bank im Park“ wird, angeleitet von der „Initialgestalt“ der
1921 gegründeten Donaueschinger Kammermusiktage und nach der dreisten
Devise Wer Andern in der Nase bohrt, ist selbst ein Schwein, die Schlapperklange
in die Welt gesetzt.
Die heutige Literarische Gesellschaft e. V. wurde am 13. September 1924 im Heidelberger Gasthaus "Zum Ritter" unter dem Namen "Deutscher Scheffelbund e. V." gegründet. Zur Gründungsfeier hatte Eck Freiherr von Reischach-Scheffel, der Ehemann von Scheffels Enkelin Margaretha von Reischach-Scheffel, geladen. Zum Vorsitzenden wählte man den renommierten Heidelberger Germanisten und Universitätsprofessor Friedrich Panzer. In seiner Satzung machte es sich der Scheffelbund zum Ziel, ein deutsches Scheffelmuseum und Archiv einzurichten, ein Jahrbuch herauszugeben sowie die Hohentwiel-Festspiele ideell und möglichst auch materiell zu unterstützen und bei denen junge, aufstrebende Talente die Aufführung ihrer Werke realisieren konnten.
„Zu Unrecht Vergessene“ heißt eine Buchreihe. Zu ihnen gehört auch Karl Hagner. Er wäre in diesem Jahr 100 Jahre alt geworden. Wäre er nicht 32jährig am Kriegsende gefallen, wäre er vielleicht ein „badischer Dichterpfarrer“ geworden.
Hagner gehörte in den Dreißigerjahren des letzten Jahrhunderts zu den jungen evangelischen Dichtern im Umfeld des Eckart-Kreises und des Furche-Verlags, auf die hoffnungsvolle Erwartungen gerichtet waren. Schon als Student schrieb er einen Roman und veröffentlichte Gedichte. Seine Begabungen wurden jäh abgebrochen durch die Katastrophe des Zweiten Weltkriegs. Diese Skizze soll mithelfen, dass er nicht vergessen bleibt. Als Kindergottesdienstkind habe ich ihn erlebt, als er 1937 als Vikar an die Weinheimer Stadtkirche kam. Ich mochte ihn sehr und freute mich, wenn er Kindergottesdienst hielt. Einmal in der Woche kam er zum Mittagessen zu uns. Hager war Hagner, mit einer randlosen Brille – und sehr zugewandt.
Er stammte aus einer bäuerlichen Familie im Kraichgau, studierte Theologie, wurde Vikar, Soldat, Offizier. Kurz vor Kriegsende, im März 1945 fiel er. Hagner hatte nicht lange vor seinem Tod noch geheiratet. Anfang der Neunzigerjahre entdeckte
ich, dass seine Witwe in Langensteinbach lebt.
Es ist Anfang Juni 1949. Auf einer Straße in Sasbachwalden beugt sich in einem offenen Zweisitzer ein Mann, seinem Tonfall nach Amerikaner, über eine Karte, sucht den Weg zum Schloss Ortenau. Er hat Glück. Der Passant, den er fragt, das ist
Ewald Sparre, und der kennt das Schloss - er ist der Ich-Erzähler in „Schloß Ortenau", dem 1955 erschienenen Roman von
Otto Flake.
In den Jahren 1896/97, Heinrich Hansjakob war ungefähr sechzig Jahre alt, entstanden die drei Erzählungen „Der Fürst vom
Teufelstein", ,,Theodor der Seifensieder und „Afra", die im Spätjahr 1897 in dem Sammelband „Waldleute" im Verlag Adolf Bonz, Stuttgart, mit Illustrationen des Gutacher Schwarzwaldmalers Prof. Wilhelm Hasemann erschienen. Wie Manfred Hildebrand in der Einleitung zu der Neuauflage im Verlag der Stadt Haslach 1984 schreibt, sind die beschriebenen Personen keineswegs der dichterischen Phantasie Hansjakobs entsprungen, sondern lebten alle um die Mitte und gegen Ende des 19. Jahrhunderts im oberen Kinzigtal, über deren Bewohner er, Hansjakob, bisher so gut wie nichts geschrieben hatte.
Offenburger Horaz
(2013)
Übersetzen ist ein schwieriges und oft mühsames Geschäft, zumal, wenn es sich um lateinische Dichtung handelt. Bevor
Friedrich Nietzsche Philosoph wurde, war er Altphilologe, und er hat vom „Feierlichen Leichtsinn" des Dichters Horaz gesprochen, der nicht so leicht zu treffen ist in einer deutschen Übersetzung. Das gilt auch für das berühmte Carmen 1,9 von
dem es, übrigens in vielen Sprachen, Übersetzungen gibt. Die Schwierigkeiten solcher Übertragungen sind bekannt. Aber
manchmal hat man auch Glück!
„Goethe war, glaube ich, ein ziemlich wichtiger deutscher Dichter. Er lebt schon lange nicht
mehr. Es gibt viele schöne Gedichte von ihm, die, soviel ich weiß, manchmal sehr kunstvoll gereimt sind. Sie wirken zwar altertümlich, und man versteht sie auch nicht immer gleich auf Anhieb, trotzdem werden manche dieser Texte vor allem von älteren Leuten heute noch auswendig
aufgesagt, zum Beispiel auf Hochzeiten, bei Geburtstagsfeiern oder bei anderen festlichen Anlässen.“
Die grellbunte Palette solcher und ähnlicher Antworten von Schülerinnen und Schülern
selbst auf Oberstufenniveau auf die Frage, wer Johann Wolfgang von Goethe (1749–1832) gewesen sei, ließe sich beliebig erweitern. Dabei ist das eigentlich Erstaunliche an derlei Spontanentgegnungen seitens der ‚Generation Facebook‘ weniger deren offensichtliche Unbekümmertheit, sondern vielmehr der Umstand, dass der Dichterfürst vergangener Tage inzwischen
überhaupt noch als Bestandteil des thematischen Spektrums des Deutschunterrichtes wahrgenommen wird und sein literarisches Werk in den Schulzimmern nach wie vor sogar weitgehend
widerspruchslos auf eine gewisse Akzeptanz stößt.