920 Biografien, Genealogie, Insignien
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»Aecht Franck«
(2019)
Ein vergessenes und deshalb nicht gefeiertes Jubiläum war der Anlass für diesen Aufsatz. 2018 feierte Ludwigsburg programmreich »300 Jahre Stadt werden«. Ein anderes, für die Stadt und ihre wirtschaftliche Entwicklung wichtiges und
ebenfalls mit einem Jubiläum verbundenes Ereignis – 150 Jahre Industriestandort Ludwigsburg – rückte dabei in den Hintergrund: Ende 1868, Anfang 1869 nahm nämlich die Kaffeemittel-Fabrik von Johann Heinrich Franck aus Vaihingen in den neu errichteten Fabrikhallen westlich des Ludwigsburger Bahnhofs ihre Produktion auf. Die Ansiedlung von Heinrich Franck Söhne, wie die Firma jetzt hieß, war zum einen für Ludwigsburg ein Glücksfall und zum anderen für Franck das Tor zum großen geschäftlichen Erfolg. Um die steigende Nachfrage nach dem beliebten Zichorienkaffee befriedigen zu können, expandierte die Firma und gründete Zweigwerke in ganz Europa. Zum 50-jährigen Firmenjubiläum in Ludwigsburg im Jahr 1918 verlieh die Stadt den beiden Teilhabern und Geschäftsführern Robert und Richard Franck für ihre Verdienste um die Stadt die Ehrenbürgerrechte.
Im Jahre 1990 saßen Bernd Röcker und ich gleichzeitig an einem Tisch in einem
Pfarrhaus und suchten nach Vorfahren. Schon zweihundert Jahre rückwärts wurde
die Sache einfach, denn unsere beiden Linien mündeten vor 1800 in die gleiche
Familie. Die Sache hatte Folgen. Beim Treffen des Heimatvereins Kraichgau am 23.
Februar 1991 in Weingarten hat Vorstand Röcker angeregt, für die Familienforscher
einen Arbeitskreis einzurichten, um Zusammenarbeit und einen Datenund
Erfahrungsausstausch zu ermöglichen. An einer Stelle sollten die Fäden
zusammenlaufen. Mit den Worten „das können Sie machen" war ich dann
„einstimmig" bestimmt worden. Nach weiteren Zusammenkünften hatten sich bis
Ende 1992 fünfzig Frauen und Männer aus der näheren Umgebung für die
Familienforschung zusammengefunden. Bald kamen auch Anfragen aus Amerika
und ebenso von „Rußlandheimkehrern", deren Vorfahren einmal aus unseren
Kraichgaugemeinden ausgewandert waren. Auch dabei fanden sich gemeinsame
Ahnen. Einige Fälle sollen hier für viele andere beschrieben werden.
Im Oktober 1924 wurde in der Gaswerkstr. 17 im Offenburger
Westen ein Viehhandelsbetrieb eröffnet. Über die Erfolgsaussichten des neuen Geschäftes unter der Leitung des jüdischen Kaufmannes Julius Hammel sprach sich ein naher Verwandter im
Nachhinein sehr zuversichtlich aus: ,,Julius Hammel war ein äußerst fleißiger und tatkräftiger Mann, der seinem Geschäft mit großem
Eifer nachging. Er hatte auch das erforderliche Betriebskapital, wodurch
ihm die Geschäftsführung wesentlich erleichtert wurde ... Ein Viehhändler, der die nötigen Betriebsmittel besitzt, kann Vieh auf eigene
Rechnung kaufen und verkaufen (im Gegensatz dazu wenn man sein
Geschäft auf Provisionsbasis führt). Ich erinnere mich, dass J.H. in
früheren Jahren große Viehgeschäfte mit Salomon Oppenheimer in
Freistett und Eduard Hammel in Karlsruhe tätigte ... Er galt als einer
der größten und kapitalkräftigsten Viehhändler im ganzen Bezirk. Er
unterhielt eigene Stallungen in Offenburg und in Renchen und beschäftigte ständig mindestens einen Knecht ... "*1 Und in der Tat konnte
sich der neugegründete Betrieb nicht nur erfolgreich etablieren,
sondern blühte bis Ende der 1920er Jahre geradezu auf.
Die erhaltenen Acherner Kirchenbücher reichen zurück bis ins Jahr 1673. Die Stürme, die immer wieder das Land am Oberrhein verheerten, verwehten die zuvor geschriebenen Einträge. Wahrscheinlich lebten die ,,Peter" seit alter Zeit in Achern. Sie waren Bauern und Handwerker, von anderen Familien nicht unterschieden. Ihr Name hatte für Achern und die umliegenden Orte keine herausragende Bedeutung; frühe Urkunden nennen ihn nicht. Die Kirchenbücher kennen zwei „Peter"-Stämme: die heute noch in Achern lebenden Handwerker - und die Handelsleute, von denen nun die Rede sein wird.
Am 23. Januar 1846 greift im südrussischen Nowotscherkassk (Stadt nordöstlich von Rostow
am Don, Donkosakengebiet) ein erboster Johannes Wittwer zu Feder und Papier, um sich sowohl
mit Nachdruck beim in Sankt Petersburg residierenden Schweizer Honorargeneralkonsul Johann
Bohnenblust (1785–1859, Konsul 1837–1847) über seinen früheren Arbeitgeber, Generalleutnant
Vasilij Dmitrievič Ilovajskij (1785–1860), zu beschweren als auch – und zwar in der gleichen
Angelegenheit – bei der diplomatischen Vertretung der Schweiz um tatkräftige Unterstützung
nachzusuchen. Im Rahmen eines mehrere Seiten umfassenden, ausführlich gehaltenen Briefes
an seinen aus Aarburg (südlich von Olten, Kanton Aargau) stammenden, in der einschlägigen
Literatur wohl zu Unrecht als einstigen Zögling des Erziehers und Sozialreformers Johann Heinrich Pestalozzi (1746–1827) erwogenen Landsmann bringt der sich selbst als unterthänigster
Diener bezeichnende Verfasser des Schreibens in dezidierter Form seinen tiefen Unmut über die
– zumindest aus seiner persönlichen Perspektive – geradezu betrügerischen Machenschaften und
das lügenhafte Gebaren seines früheren Dienstherrn zum Ausdruck. Allerdings: Im Mittelpunkt
des kurze Zeit später (am 13./1. Februar 1846) in der damaligen Hauptstadt des Zarenreiches
eingetroffenen Briefes stehen nicht etwa Vorwürfe, die einen Arbeitskonflikt zwischen Johannes
Wittwer und Ilovajskij betreffen, sondern das angebliche Unrecht, das Wittwers Gattin Maria
vonseiten des hohen russischen Offiziers widerfahren zu sein scheint.
Durch die Heirat der Anna Maria Wetterspecher aus Weilheim an der Teck mit
dem aus Kirchheim unter Teck stammenden Pfarrer Johann Christoph Landauer kamen die Wetterspecher in viele Ahnenlisten württembergischer Pfarrer- und Honoratiorenfamilien. Aus diesem Grunde habe ich unser hochbetagtes
Mitglied in Weilheim, Friedrich Anwander, gebeten, einmal diese Linie aus
Weilheimer Unterlagen zusammenzustellen. Herr Anwander hat in jahrzehntelanger Arbeit nicht nur die Weilheimer Kirchenbücher verkartet, sondern darüber hinaus auch die Inventuren und Teilungen im dortigen Stadtarchiv. Dabei
hat er Angaben aus den Stadtrechnungen mit einbezogen, die weit vor die Kirchenbuchzeit zurückführen. Weilheim hat also eine beneidenswert gute Überlieferung. Hier nun folgt das Ergebnis der Arbeit von Herrn Anwander, ergänzt
durch Daten aus eigenen Recherchen in den Kirchheimer Kirchenbüchern. [1]
Zehn Jahre genealogischer Forschungsarbeit sind abgeschlossen. Die Familienchronik
ist vollendet. Was waren meine Motive, mich mit einem mir fremden
Gebiet zu befassen?
Einerseits waren da (meist) handschriftliche Aufzeichnungen, Dokumente, Fotos
in Schuhschachteln, die irgendwann den Weg alles Irdischen gegangen wären -
andererseits Erzählungen der älteren Generation, die mit der Zeit untergegangen
oder gar missverstanden beziehungsweise lückenhaft weiter gegeben worden
wären. Zudem weiß ich aus eigener Erfahrung, dass man Fragen zur Geschichte
der Familie hat, aber immer wieder versäumt, sie zu stellen, bis es zu spät ist.
Gelegentlich stießen die Recherchen in der Familie nur auf geringes Interesse oder
das Wissen beschränkte sich auf Eltern und Großeltern. Jüngere haben oft andere
Interessen als die Geschichte ihrer Familie. Aber irgendwann kommt doch der
Wunsch, mehr zu erfahren - doch woher und von wem? Ich wollte vorbeugen.
Vorkriegszeit und Erster Weltkrieg im Spiegel der Briefe und Postkarten von Zivilisten und Soldaten
(2018)
An diese Geschichtsquellen – aufbewahrte Feldpostkarten und mitunter kurze Briefe aus den Jahren 1900 bis 1918 – dürfen wir nicht zu hohe Erwartungen richten. Briefe und Karten sind kein Tagebuch und keine Autobiographie. Hinzu kommt: Die Schrift ist auf mancher Karte nicht leicht, auf einigen gar nicht mehr zu entziffern. Das Schreibmaterial war meist der Bleistift, gewöhnlich mit schwacher Färbung, die Schrift jeweils winzig, das Papier vergilbt. Erstaunlich ist dabei, dass drei Generationen auf dem „Schafberg“ in Gremmelsbach die Karten und Briefe als Dokumente der Familiengeschichte aufbewahrt haben, das sind annährend 120 Jahre. Schreiber oder Empfänger ist in der Hauptsache mein Großvater Anton Läufer (1883–1960), Bauer und Holzhauer, nach der damaligen Einteilung Besitzer eines Gewerbegutes, zwar des an Fläche größten im Dorf, aber es bedeutete, dass der Eigentümer sich nach einem zusätzlichen Gewerbe umsehen musste, um seine Familie ernähren zu können. Dem heutigen Betrachter springt in die Augen, wie akkurat fast ohne Ausnahme das Schriftbild ist und wie fehlerfrei die Rechtschreibung, was belegt, welchen Wert die damalige „Volksschule“ auf eine exakte Schreiberziehung legte. Mit Bedauern muss der spätere Forscher allerdings auch feststellen, dass der Absender nicht immer mit seinem Namen, geschweige denn mit seinem Vornamen unterschrieb, der Empfänger freilich wusste ja, wer schrieb.
Vier Generationen lang stellte ausschließlich die Familie Müller die Lehrer in
Truchtelfingen. Vor dieser Zeit liegt das örtliche Schulwesen völlig im Dunkeln. Selbst die weit zurückreichenden Kirchenbücher helfen nicht weiter.
Mitte des 16. Jahrhunderts ist der früheste planmäßige Unterrichtsbetrieb im
Orte anzunehmen analog der allgemeinen Schulentwicklung im Lande. Durch
den nachmaligen Dekan in Herrenberg wissen wir, dass eine Schule in Truchtelfingen jedenfalls im Jahr 1653 bereits bestanden hatte [1]
. Weitere Aufhellung
bringt ein Brief aus dem Jahre 1718. Der damalige Schreiber, M. Julius Nördlinger, Pfarrer in Tailfingen, berichtet über äußerst ungute Truchtelfinger
Schulverhältnisse. Die Kinder seien durch die beiden Lehrer äußerst unbefriedigend unterrichtet worden [2].
Sozial und couragiert
(2014)
Aus einem Kiosk wurde ein modernes
Restaurant, aus einem italienischen Einwanderer
ein angesehener Bürger der Stadt. Die Geschichte
von Renato Camilli und seiner Familie erzählt
von Mut und Fleiß, von sozialem Engagement,
Zuversicht in die eigenen Kräfte und auch ein
wenig Glück. Renato Camilli ist in Umbrien
geboren, lebt aber seit 52 Jahren in Villingen.
1961 verließ der 15-Jährige zusammen mit seinem
Vater Serafino sein Heimatdorf im Herzen Italiens.
Die Mutter war früh gestorben. Drei seiner Brüder
lebten schon in Deutschland, das seit 1958 wieder
heftig um italienische Arbeitskräfte warb. Renato
Camilli kann ein Stück der Geschichte Villingens
miterzählen – auch nach fünf Jahrzehnten mit
unverkennbar italienischem Akzent – und belegt
damit seine gelungene Integration.