920 Biografien, Genealogie, Insignien
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Im Jahr 1977 wurde die Bundesrepublik Deutschland von einer Welle terroristischer Straftaten in einem bisher nicht bekannten Ausmaß überzogen. Den Auftakt zu dieser Mordserie bildete das Attentat auf Generalbundesanwalt Siegfried Buback am Gründonnerstag, dem 7. April 1977 mitten in Karlsruhe. Der Anschlag, dem auch die beiden Begleiter Wolfgang Göbel und Georg Wurster zum Opfer fielen, erschütterte das ganze Land und im Besonderen die Stadt Karlsruhe – der Staatsakt am 13. April 1977 fand in der Karlsruher Stadtkirche statt, zugleich die Bischofskirche der Evangelischen Landeskirche in Baden. Das Attentat hatte sich am 7. April 1977 gegen 9.15 Uhr auf der Linkenheimer Landstraße in unmittelbarer Nähe des Karlsruher Schlosses und des Bundesverfassungsgerichts abgespielt: der blaue Dienst-Mercedes von Generalbundesanwalt Buback wurde von einem Suzuki-Motorrad an einer Ampel überholt, der Beifahrer auf dem Motorrad eröffnete daraufhin mit einer automatischen Waffe sofort das Feuer auf Türen und Fensterscheiben des Dienstwagens. Der Mercedes von Generalbundesanwalt Buback rollte einige Meter weiter und kam an einem Begrenzungspfosten zum Stehen. Der Fahrer Wolfgang Göbel war tödlich getroffen, Generalbundesanwalt Buback erlag kurz danach auf einem Rasen am Straßenrand seinen Verletzungen, Georg Wurster verstarb am 12. April an den Folgen der schweren Verwundungen in einem Karlsruher Krankenhaus.
Tagebücher „dienen der Niederschrift von Alltagsbegebenheiten und Erfahrungen, Empfindungen und Gedanken etc., die mit der Person des Tagebuchführenden in einem […] Zusammenhang stehen.“ Die Aufzeichnungen folgen einem chronologischen Fortgang, auch wenn nicht notwendiger Weise Kalenderdaten angegeben werden. Die einzelnen Eintragungen erfolgen i.d.R. schubweise und lassen sich daher deutlich voneinander unterscheiden. Typisch für Tagebücher ist ihre „offene Form“, d.h. sie sind prinzipiell nicht abgeschlossen oder können jederzeit wieder aufleben. Ein Bezug einer Eintragung zu früheren Eintragungen muss nicht bestehen. Die aktuellen und konkreten Aufzeichnungen werden oft durch Reflexionen über die beschriebenen Ereignisse ergänzt. Tagebücher weisen typischerweise einen unsystematischen oder fragmentarischen Charakter auf. Doch können durch nachträgliche Überarbeitungen im Zuge einer Reinschrift für eine Öffentlichkeit Bearbeitungen erfolgen, die den ursprünglichen Inhalt erheblich verändern können, wenn etwa späteres Wissen in Urteile und die Darstellung von Zusammenhängen einfließt. Im Folgenden sollen zwei Tagebücher vorgestellt werden, die von Frauen verfasst wurden, die beide in einem – wenn auch sehr unterschiedlichen – Bezug zur Evangelischen Landeskirche in Baden standen. Diese Tagebücher drängen gewissermaßen die Frage auf, welche Relevanz die Tagebucheintragungen für das Verständnis der Rolle von Frauen in der Landeskirche haben. Das erste Tagebuch stammt von der Karlsruher Künstlerin Clara Faisst und umfasst die Jahre des Ersten Weltkrieges. Das zweite Tagebuch verfasste Gertrud Hammann in der Zeit ihres Aufenthaltes in Gurs im Jahre 1940. Beide Tagebücher befinden sich in den Beständen des Landeskirchlichen Archivs.
,,Servet IÖVA Genús"
(2015)
In der evangelischen Pfarrkirche zu Sulzfeld sind 13 Adelsepitaphien aus der Zeit der Spätgotik (1502) bis zum Barock um 1770) erhalten: Zwölf Epitaphien der Familie Göler von Ravensburg und eines der Rosula von Seusslitz, geborene von Angelloch. Die Grabdenkmäler wurden aus der alten Kirche in den Neubau von 1885/86 übernommen. Erstmals genannt und beschrieben wurden alle 13 Epitaphien von Adolf von Oechelhäuser im Jahr 1909.
Nimmt man zur Kenntnis, dass die Aufklärung – als historische Epoche und als geistige Bewegung – für das Wesen der Kirche, der katholischen im Besonderen, ja für die Existenz des Christentums und der Religion überhaupt eine Schicksalsfrage geworden ist, dann bekommt das Thema eine enorm aktuelle Bedeutung. Sehen wir also, wie sich die regionale Kirchengeschichtsschreibung mit der Aufklärung befasst und auseinandergesetzt hat. In katholischen Kreisen ist das Aufklärungszeitalter äußerst kontrovers beurteilt worden. Dabei folgte der Wandel in der Einschätzung der Aufklärung offensichtlich den Veränderungen im Selbstbild der katholischen Kirche. Man kann das unmittelbar ablesen an den Ausführungen zum Stichwort „Aufklärung“ in den aufeinanderfolgenden Ausgaben des Lexikons für Theologie und Kirche. Im ersten „Buchberger“, dem zweibändigen „Kirchlichen Hand-Lexikon“ des Herder-Verlags von 1907 wird die Aufklärung noch ganz negativ eingeschätzt, sie habe die Verweltlichung des Klerus bewirkt, Schmähungen gegen Kirche und Papsttum und platten Utilitarismus betrieben. Sie (die Aufklärung) „zersetzte und lähmte auch das praktische kirchliche Leben: Feindschaft gegen die Orden, Bewegungen gegen den Zölibat, die lateinische Kultsprache, Verwässerung der Gebet- und Gesangbücher sind die charakteristischen Zeichen der Aufklärung“.
Dreimal in sieben Jahren
(2015)
Am 1. Juli 1959 wurde Heinrich Lübke zum zweiten Bundespräsidenten der Bundesrepublik Deutschland gewählt. Als Nachfolger von Theodor Heuss trat er sein Amt am 13. September desselben Jahres an. Damit erreichte das bewegte
Leben eines Mannes seinen Höhepunkt, der als Offizier am Ersten Weltkrieg teilgenommen, das Scheitern der ersten deutschen Demokratie miterlebt, als Reserveoffizier Dienst in der Wehrmacht geleistet, und in der Bundesrepublik im zweiten und dritten Kabinett Adenauer das Amt des Bundesministers für Ernährung, Landwirtschaft und Forsten innegehabt hatte. In seiner fast zehnjährigen Amtszeit als Bundespräsident besuchte Lübke die Fächerstadt Karlsruhe dreimal. Im Folgenden sollen Anlass und Ablauf dieser Besuche näher beschrieben und bewertet werden.
Seit einigen Jahren hat eine intensivierte Erforschung der katholischen Theologen und ihrer Theologie im Nationalsozialismus eingesetzt. Zur Debatte steht nicht nur eine Art „Bestandsaufnahme“ sowie die grundständige Aufarbeitung von Affinität und Dissens der Theologen auf breiter Quellenbasis. Es geht auch darum, inwieweit biografische Erfahrung und nationalsozialistischer Kontext auf das wirkten, was die Fachwissenschaftler zwischen 1933 und 1945 (und vielleicht darüber hinaus) forschten, lehrten und entwickelten. Schlug sich beispielsweise der 1934/35 beginnende „Kampf ums Alte Testament“ oder das durch den Nationalsozialismus propagierte „arische“ Christusbild signifikant im theologischen Arbeiten der Exegeten nieder? Wie gingen die Kirchenhistoriker mit den plump konstruierten Geschichtsdeutungen des Nationalsozialismus um? Inwieweit ließen sich die Moraltheologen in die damals aktuellen Debatten um Sterilisation, Eugenik und Euthanasie ein? Veränderte sich das inhaltliche Profil der theologischen Fächer und Disziplinen durch Anpassung und Abwehr? Oder blieben sie im Kern unberührt? Bei aller Berechtigung, ja Notwendigkeit, diese spezifische Fragestellung an die theologischen Fachvertreter und ihre publizistische und lehrende Tätigkeit in den 1930er- und 1940er-Jahren anzulegen, darf die Gefahr des verengten Blickwinkels nicht übersehen werden: Wieviel an Realität wird durch eine solch übergeordnete Fragestellung überhaupt eingefangen, wahrgenommen? Was bleibt außen vor? Werden hier Menschen in ihrer Persönlichkeit nicht auf eine Perspektive verkürzt? Will man ihnen wirklich gerecht werden, gilt es, die methodisch notwendige Engführung immer wieder auch aufzubrechen durch eine möglichst breite Herangehensweise. Im Folgenden sei dies versucht am Beispiel des Kirchenhistorikers Karl August Fink (1904–1983).
„Zu den eindrucksvollsten Leistungen der Generation deutscher Mittelalterhistoriker, die dem Zweiten Weltkrieg zum Opfer fiel, zählt das Werk von Konrad Josef Heilig, Ostrom und das Deutsche Reich um die Mitte des 12. Jahrhunderts (1944).“ Der vor allem um die Edition der Urkunden Friedrich Barbarossas verdiente Heinrich Appelt hatte mit dieser seiner Wertung gewiss recht; aber er hatte nur bedingt recht, wenn er Heilig als „deutschen Mittelalterhistoriker“ kennzeichnete. Zweifel an einer solchen, auf den ersten Blick eindeutigen Etikettierung werden bereits bei einem Blick in das 2006 erschienene Buch „Österreichische Geschichtswissenschaft im 20. Jahrhundert. Ein biographisch-bibliographisches Lexikon“ wachgerufen, denn darin findet sich ohne eine einschränkende Bemerkung auch Heilig aufgenommen. Unter den dort aufgeführten Stationen seines 1907 in Erzingen in Baden beginnenden und über Freiburg im Breisgau 1929 nach Wien führenden Lebensweges fällt indessen eine zeitliche Lücke auf: Genannt werden unter anderem folgende Tätigkeiten Heiligs: „1932–38 Mitarbeiter Edition mittelalterlicher Bibliothekskataloge Österreichische Akademie der Wissenschaften, 1938–40 Archivar Erzbischöfliches Ordinariatsarchiv Freiburg i. Br.“ Die Beendigung seiner Arbeit im Dienste der Wiener Akademie im Jahr 1938 einerseits und sein Überwechseln in die badische Heimat in demselben Jahr andererseits sind angesichts dieses für Österreichs Schicksal entscheidenden Jahres zumindest des Bemerkens wert.
Wenn hier ein kurzer Blick auf die Vorsitzenden geworfen werden soll, so nicht, weil mit diesen gleichsam der ganze Kirchengeschichtliche Verein zu fassen ist oder gar auf diese Persönlichkeiten zu reduzieren sei. Die Vorsitzenden waren oftmals Exponenten dessen, was in einer bestimmten Zeit an Geschichtszugängen und -vorstellungen, auch im spezifisch landeskirchengeschichtlichen Bereich, gedacht wurde. Am Anfang des Kirchengeschichtlichen Vereins stand ein historisch interessierter Pfarrer, Dekan Wendelin Haid aus Lautenbach im Renchtal. Dieser Geistliche verstand es, seinen Kontakt zu Historikern und Theologen, zu Geistlichen und anderen Gebildeten zu nutzen, um für eine Vereinsgründung zu werben. Dabei erhielt der Verein, wie schon angesprochen, mit seiner Zeitschrift, dem Freiburger Diözesanarchiv, das nach Vorarbeiten seit 1865 ziemlich regelmäßig erscheinen konnte, sein eigentliches Profil und Forum. Als Organisation dafür stand ein sogenanntes Comité von Gelehrten zur Verfügung. Die Schriftleiter, zunächst Pfarrer Wendelin Haid, dann der Freiburger Alttestamentler Prof. Dr. Joseph König brachten ihre – wie es hieß – „lokalhistorischen“ Interessen und Kompetenzen ein.
Pluralität und Fluidität
(2015)
Nicht nur Bücher, sondern auch Texte haben ihre Geschichte. Das gilt, wie man weiß, vor allem für die Vormoderne, wo Texte noch nicht – wie in der anbrechenden Moderne – durch den Buchdruck fixiert und beliebig multiplizierbar waren. Und es gilt, um das Thema noch stärker einzugrenzen, vor allem für handschriftlich überlieferte Texte, die sich in den meisten Fällen, das liegt in der Natur der Sache, durch mehr oder weniger große Divergenz oder Varianz auszeichnen. Man spricht dann metaphorisch, um das Flüssige des Vorgangs zu verdeutlichen, von „Überlieferung“, die man, wie das Rudolf Schieffer in
einer Arbeit über die „lauteren Quellen des geschichtlichen Lebens“ 1995 getan hat, mit einem „Gewässer“ vergleichen kann, das über zahlreiche „Seitenarme“ und „Staustufen“ verfügt, also nicht nur von der „Quelle“ her zu verfolgen ist. Von daher erklärt sich auch der Titel, den ich für diese Untersuchung gewählt habe: „Pluralität und Fluidität.“ Er soll das Lebendige, Bewegliche und Fluktuierende mittelalterlicher Textualität zum Ausdruck bringen. Die gewählten Begriffe stammen von dem Mediävisten Gerrit Jasper Schenk, der diese auf einer Tagung des Konstanzer Arbeitskreises im Herbst 2011 auf den Konzilschronisten Ulrich Richental und dessen historiografisches Werk angewandt hat.
Herzog Ulrich von Württemberg wurde 1503 mit 16 Jahren für mündig erklärt. Zunächst war er ein recht erfolgreicher Regent, denn im Bayerischen Erbfolgekrieg von
1504 konnte er sein Land im Westen, Norden und Osten wesentlich vergrößern. In
Marbach war man darüber besonders glücklich, denn Stadt und Amt wurden aus der
seit 1463 währenden Lehensabhängigkeit von der Pfalz gelöst.
Seine Hochzeit mit Sabina von Bayern feierte Ulrich unter anderem am 3. Mai 1511
mit einem glanzvollen Pferderennen in Marbach. Aufgrund des Erfolges wurde die
Veranstaltung 1512 wiederholt.
Herzog Ulrich war jedoch ein selbstherrlicher Regent, der bald seine enge Bindung an
den Kaiser und den Schwäbischen Bund vernachlässigte. Seine verschwenderische und
maßlose Hofhaltung brachte ihn in finanzielle Schwierigkeiten, die er auf Kosten der
Untertanen zu bekämpfen versuchte. Eine ungerechte Verbraucherabgabe sowie die Veränderung von Maß und Gewicht blieben nicht ohne Folge, zumal viele Bauern und Weingärtner nicht mehr nur das verarmte und unmündige Proletariat auf dem Lande waren,
sondern in vielen Bereichen mehr Mitspracherecht forderten. Die aufgeheizte Stimmung
entlud sich zuerst im Remstal. Von dort erfasste der Aufruhr des »Armen Konrad« im
Frühjahr 1514 in kürzester Zeit das ganze Land, so auch Marbach und Umgebung.