920 Biografien, Genealogie, Insignien
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Ernst Leube
(2018)
Betritt man Ludwigsburgs »Alten Friedhof« vom Eingang an der Schorndorfer Straße aus, stößt man 20 Schritte hinter der alten neogotischen Friedhofskapelle – heute Mahnmal für die Toten des Zweiten Weltkriegs – auf eine Familiengruft. Drei Grabsteine stehen in Nord-Süd-Ausrichtung nebeneinander, deren Zusammengehörigkeit durch eine gemeinsame, mit Efeu überwucherte Umfriedung erkennbar ist. Im »Verzeichnis der Begräbnis-Plätze für Erwachsene auf dem Friedhof in Ludwigsburg vom 19.11.1870 an« ist die Lage der Gruft mit »Feld A, Reihe III« bezeichnet. Links auf der Gruft sieht man die von einem antikisierenden Henkelpokal gekrönte Grabstele von Luise Leube, welche die Inschrift »Luise Leube/geb. Dieterich/Witwe des/Oberst Max von Leube/*6. Oct. 1816/† 3. März 1905/in Ulm« trägt. Rechts auf der Gruft steht ein schlichtes, hohes Kreuz auf einem quaderförmigen Unterbau. Auf einer hellen Platte am Sockel liest man: »Marie Leube/geb. den 28. September 1840/gestorben den 12. Juli 1861«. Neben dem Grab Marie Leubes sieht man eine kleine, etwa 50 cm hohe, auf dem Boden liegende, mit Moos überwucherte Steinplatte. Kratzt man das Moos behutsam ab, liest man auf dem Stein den Namen »Adolph« ohne weitere Angaben zum Geburts- oder Todestag.
In der südöstlichen Ecke des »Alten Friedhofs« von Ludwigsburg befindet sich das
vom ehemaligen Sanitätsverein gestiftete Denkmal für jene deutschen Soldaten bzw.
in der damaligen Diktion »Krieger«, die den Sieg im Deutsch-Französischen Krieg
von 1870/71 mit ihrem Leben bezahlten und in der württembergischen Garnisonsstadt unterhalb des Monuments bestattet wurden. Das Denkmal, seine Entstehungsgeschichte, Ikonographie sowie seine Einordnung in den Kontext patriotischer
Erinnerungskultur wurden jüngst in einem Beitrag für die Ludwigsburger Geschichtsblätter ausführlich beschrieben. Darin konnte bereits kurz auf das Schicksal der
auf dem deutschen Denkmal genannten 34 Soldaten eingegangen werden. Aus den
hierfür ausgewerteten preußischen, bayerischen und württembergischen Verlustlisten
ließen sich jedoch nur lückenhafte Informationen gewinnen. Weitere Quellenfunde
im Hauptstaatsarchiv Stuttgart und im Stadtarchiv Ludwigsburg sowie die Auswertung des »Sanitäts-Berichts über die Deutschen Heere 1870/71«, der Berichte der
behandelnden Ärzte, zahlreicher zeitgenössischer Regimentsgeschichten, des gedruckten »Kirchen-Registers« der Stadt Ludwigsburg für die Jahre 1870 und 1871 und der
Kriegsausgaben des »Ludwigsburger Tagblatts« erlauben jetzt genauere Angaben zu
den deutschen Soldaten, die in Ludwigsburger Spitälern verstorben, auf dem »Alten
Friedhof« begraben und auf dem dortigen Denkmal verzeichnet worden sind.
Am 26. Februar 2013 jährte sich der Geburtstag von Eugen Falk-Breitenbach, den seine Freunde und Verehrer auch gerne ,,'s Hansjaköble von Huuse" nannten, zum 110. Mal. In Offenburg kam er als Sohn eines Lokführers auf die Welt. Als er acht Jahre alt war, wurde der Vater nach Hausach versetzt. Die Vorfahren der Falks stammen aus Haslach; einer von ihnen ist der von Hansjakob geschilderte „Jägermurer", der so genannt wurde, weil er im Sommer Maurer und im Winter Jäger war. Früh zeigte
sich, dass der junge Eugen künstlerisch begabt war. ,,Ich sah jeden Maler für einen Heiligen an, und es wurde in
mir der Wunsch wach, auch einmal ein Maler zu werden," sagte er einmal im Rückblick.
Als 1946 die große Freiburger Fronleichnamsprozession erstmals Station an einem prächtigen Altar vor dem Haupteingang der Universität machen konnte und sich vor den Statuen von Homer und Aristoteles die Monstranz erhob, war das für Joseph Sauer Anlass, auf fünfzig Jahre Katholizismus und Universität zurückzublicken.
Johnny 1949
(2016)
Ich, Johnny, war acht Jahre alt, als meine Mutter (Mutti) mich kurzerhand von jener fürchterlichen Privatschule – der Belmont School, Wood Lane, Falmouth – nahm und entschied, dass ich sie nach Deutschland begleiten sollte, wo sie sich auf die Suche nach ihrer (und meiner) Familie machen und die Stadt sehen wollte, in der sie geboren war: Heidelberg, in das sie, wegen des Kriegs und ihres halbjüdischen Bluts, nicht hatte zurückkehren können. Ich wusste von diesen Dingen natürlich nichts, jung wie ich war; ich hatte nur eine vage Vorstellung davon, dass wir den Krieg gewonnen und die verhassten Deutschen ihn verloren hatten. Ich habe blasse Erinnerungen von Gefechten auf dem Spielplatz, bei denen ich bestimmte, Andy Dell solle Hitler spielen, während ich der strahlende Held war, der ihn erschoss. Andy brach in Tränen aus, da ich darauf bestand, als der niederträchtige Bösewicht müsse er sterben.
In den Rheinischen Beiträgen zur Gelehrsamkeit, einer in Mannheim verlegten wissenschaftlichen Zeitschrift, erschienen 1781 unter der Überschrift „Briefwechsel eines pfälzischen Blinden“ in mehreren Folgen Schreiben eines blinden Mannheimers. Von diesen Briefen wurde versichert, sie seien eigenhändig niedergeschrieben und nicht etwa diktiert worden, was mehr als vier Jahrzehnte vor Entwicklung der Braille-Blindenschrift verständlicherweise für Aufsehen und Bewunderung sorgte: „Wie!
ein Brief … von Ihrer eigenen Hand? noch dazu … mit aller orthographischen Genauigkeit? Wer sollte das von einem Blinden
glauben?“
Wenn alte Villinger von ihrer Schulzeit erzählen,
kann es sein, sie erinnern sich an ein museumspädagogisches
Erlebnis besonderer Art: dass sie
nämlich beim Besuch des Alten Rathauses zur
Veranschaulichung früherer („peinlicher”) Befragungsmethoden
auf der Streckbank festgebunden
wurden 1. Diese Streckbank stand in der als „Folterkammer”
eingerichteten Arrestzelle von 1731
im 2. Obergeschoss des Alten Rathauses. Sie war
Teil eines Arrangements von Folterwerkzeugen, die
allesamt Georg Fidel Hirt (1821 – 1889) gesammelt
und an die Stadt Villingen verkauft hatte. Er tat
dies bereits vor dem offiziellen Gründungsdatum
der Städtischen Altertümersammlung, 1876. Seine
Sammeltätigkeit war die Urzelle des Villinger
Museums.
Im Chor der ehemaligen Franziskanerkirche ist eines der größten Exponate des Franziskanermuseums ausgestellt: die Verkleidung eines Heiligen Grabes aus dem Münster. Bei Konzerten bilden ihre scherenschnittartigen Umrisslinien einen außergewöhnlichen Hintergrund. Sie ist aber auch häufig durch eine Schalwand verdeckt. So führt dieses Kunstwerk ein relativ bescheidenes und unauffälliges Dasein, nur dem aufmerksamen Museums- und Konzertbesucher gibt es Rätsel auf: Um was handelt es sich bei diesem merkwürdigen Exponat? Gehört es zur ursprünglichen Ausstattung der Franziskanerkirche? Wurde es das ganze Jahr in einer Kirche präsentiert? Wie genau wurde es genutzt? Was ist dargestellt? Alle diese Fragen werden im Altertümerrepertorium, also dem ersten Verzeichnis der Altertümersammlung der Stadt Villingen (um 1876), beantwortet.
Im umfangreichen Nachlass des Konstanzer Generalvikars und Bistumsverwesers Ignaz Heinrich von Wessenberg (1774-1860) befinden sich mehrere Ordensinsignien, darunter zwei ordensähnliche Kreuze, deren Identität erst vor Kurzem erforscht und aufgedeckt werden konnte. Aufgrund detaillierter ikonografischer Untersuchungen kann inzwischen belegt werden, dass es sich hierbei um Kreuze der Domherren des Bistums Konstanz handelt, über deren Existenz bisher nichts bekannt war. Domkapitel sind aus mehreren Geistlichen bestehende Körperschaften, die die feierliche Liturgie an der Kathedralkirche einer Diözese gestalten sowie den Bischof bei der Administration des Bistums unterstützen. Ihre Entstehung reicht bis ins Frankenreich des neunten Jahrhunderts zurück. Schon bald wurden die Kapitel mit besonderen Privilegien ausgestattet, wozu seit dem 12. Jahrhundert eine besondere Chortracht gehörte.
Die theologischen Thesen, die Martin Luther 1518 in Heidelberg vortrug und mit Theologieprofessoren der Universität diskutierte, fanden seit 1520 durch den Druck weite Verbreitung im gesamten Reich und werden bis heute vielfältig als ein Schlüsseltext für seine frühe Theologie rezipiert. Auch der genaue Ablauf der Heidelberger Disputation ist ereignisgeschichtlich in der Forschung bereits mehrfach detailliert untersucht worden. Weniger im Blickpunkt stand dagegen bisher die persönliche Interaktion Luthers mit seinem Heidelberger Publikum und die Wirkung, die er, vermittelt durch diese Zuhörer, im südwestdeutschen Raum entfalten sollte. Luthers Charisma ist vielfältig belegt. Es ist daher anzunehmen, dass er im persönlichen Kontakt stärkere Überzeugungskraft entfalten konnte, als dies durch eine rein schriftliche Vermittlung seiner Theologie möglich gewesen wäre. Diese Möglichkeit zur persönlichen Überzeugung eines südwestdeutschen Publikums sollte sich – abgesehen von dem Verhör Luthers in Worms 1521, bei dem auch zahlreiche Adlige aus dem Südwesten anwesend waren, das aber eine vollkommen andersartige Ausrichtung hatte – später nicht noch einmal bieten: Das Wormser Edikt beschränkte ab 1521 Luthers persönlichen Wirkungskreis auf Kursachsen. Die Heidelberger Disputation war insofern eine einmalige Gelegenheit, um Personen, die später zu Schlüsselfiguren der südwestdeutschen Reformation avancierten, persönlich zu beeindrucken und für seine Ideen zu gewinnen. Neben der Disputation bot der Aufenthalt in Heidelberg zudem Gelegenheit, bei persönlichen Treffen und Abendessen Bekanntschaften zu schließen und Sympathien zu gewinnen: ein Netzwerk, das vermutlich dazu beitrug, Luther eine verlässliche Basis für künftige Kooperationen zu schaffen, die dann über schriftlichen Austausch und durch die Vermittlung Dritter fortgeführt werden konnten.