920 Biografien, Genealogie, Insignien
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Die Geschichte der Korrektion des Oberrheins zwischen 1817 und 1876, mit der der Flusslauf zwischen Basel und Worms um über 80 Kilometer begradigt wurde, und die Persönlichkeit ihres Protagonisten, des Ingenieurs Johann Gottfried Tulla
(1770–1828), sind seit nunmehr 150 Jahren Gegenstand immer neuer wissenschaftlicher und populärer Veröffentlichungen. Die Historisierung und Popularisierung von Projekt und Person setzte um 1870 und damit kurz vor der Vollendung der Korrektur im Jahr 1876 mit ersten umfangreicheren Dokumentationen und der Errichtung des „Tulla-Turms“ bei Breisach ein. Beschäftigten sich zunächst vorrangig die Nachfolger des Leiters der badischen Wasser- und Straßenbaudirektion mit voluminösen Denkschriften aus Ingenieurssicht mit dem Projekt, so leuchteten im 20. Jahrhundert unter anderem Franz Schnabel, Arthur Valdenaire, Hans Georg Zier und viele andere zahlreiche technik-, landes- und biographiegeschichtliche Facetten aus. Nachdem der Autor dieses Beitrages vor nunmehr gut zwei Jahrzehnten an dieser Stelle die Neubewertung einiger Sachverhalte aus vorrangig umweltgeschichtlicher Sicht vorgeschlagen hatte, haben sich seither im Zuge des Aufschwungs der umwelthistorischen Forschung auch profilierte US-amerikanische Forscher wie David Blackbourn und Marc Cioc dem Thema aus diesem Blickwinkel zugewandt. In ihren Forschungen traten unter anderem verstärkt einzelne Umweltprobleme wie der langfristige Rückgang der Biodiversität sowie Fragen der Wasserverschmutzung in den Blick,
wobei die Person Tullas teilweise noch stärker als in der älteren Forschung stilisiert wurde, so z.B. als „The man who tamed the wild Rhine“ (Blackbourn), bis hin zu der Feststellung: „Tulla was for the Rhine what Napoleon was for Europe“ (Cioc).
Dr. med. Hans Foerster (Förster) (5. Juni 1894–30. April 1970), geboren in Barmen, Wuppertal, als Sohn des Chemikers und Dendrologen Dr. phil. Hans Foerster (1864– 1917) und seiner Frau Elise Mayer (1871–1963). Aufgewachsen und Abitur in Barmen. 1914 freiwillige Meldung zum Kriegsdienst, Feldhilfsarzt 1918. Auszeichnungen: EK II (1916), Verwundetenabzeichen in Schwarz (1915). Nach 1918 Mitglied des Stahlhelm, Bund der Frontsoldaten und Parteimitglied der Deutschnationalen Volkspartei (DNVP). 1912 Beginn des Studiums der Humanmedizin in Heidelberg und Marburg. Im Sommersemester 1920 ärztliche Hauptprüfung (Examen) in Heidelberg, Approbation 1920; Promotion zum Dr. med. bei Prof. Carl Menge, Universitätsfrauenklinik Heidelberg. 1922 Eheschließung, Umzug von Heidelberg nach Radolfzell und Gründung einer Arztpraxis, seit 1926 Wohnräume und Praxis in der Seestraße 57. In zweiter Ehe 1928 verheiratet mit Charlotte Peters (1903–1980) aus Abtlöbnitz, Kreis Naumburg a. d. Saale. Am 5. Dezember 1928 Geburt des Sohnes Wolf-Dietrich Foerster in Radolfzell; bis 1944 bekommt das Paar sechs weitere Kinder. 1934 Bezug des eigenen Hauses in der Walther-Köhler-Str. (heute: Mettnaustr.) 23; 1938 Erwerb des angrenzenden Baugrundstücks Scheffelstr. 42. Arztpraxis weiter in der Seestr. 57 (seit 1933, nach Umbenennung und Neunummerierung, Schlageterstr. 27). Ab 1. Mai 1933 Mitglied der NSDAP, seit 1933 auch im Nationalsozialistischen Deutschen Ärztebund (NSDÄB).
Die Sinsheimer Killinger
(2020)
Die Killinger treten in Sinsheim in den erhalten gebliebenen schriftlichen Quellen erstmals in der Huldigungsliste von 1576
in Erscheinung, und dies gleich in großer Anzahl. Aus dem Aufbau dieser Liste kann insofern eine gewisse familiäre Struktur abgeleitet werden, als man die dort erfassten Killinger-Familienmitglieder entsprechend der Reihenfolge ihrer Erwähnung in zwei Gruppen gliedern kann. Zuerst erscheint Hans Adam Killinger als Anwalt. Ihm folgen in der Liste in einigem Abstand Jung Hans Adam und Georg Stophel Killinger, die als dessen Söhne aufgefasst werden können. In weiterem Abstand folgen eng zusammen Stophel, Hans Georg und Georg Killinger. Diese drei könnten die Söhne eines damals schon verstorbenen Bruders des alten Hans Adam Killinger gewesen sein.
Beim Ausbau der fürstbischöflichen Wohnräume in der Beletage von Schloss Bruchsal war Ferdinand Hundt (1703–1758) maßgeblich für die Ausstattung der Türen und Wandflächen zuständig. Als Kunstschreiner und Zierratenschnitzer entwarf er von 1751 bis 1758 mit edlen Hölzern parkettierte oder farbig gefasste Wandpaneelen sowie ungezählte vergoldete Rocaille-Ornamente und Spiegelrahmen. Die Beletage durchzog eine farbige Raumabfolge von höchster Qualität mit ihrem Höhepunkt in einem privaten Kabinett. Fast alle diese Kunstwerke fielen zum Kriegsende den Brandbomben zum Opfer. Ferdinand Hundt war im 20. Jahrhundert fast in Vergessenheit geraten, über erhaltene Werke und historische Fotografien kann man sich dem hoch begabten Künstler aber wieder annähern.
1933, dem Jahr der Machtergreifung Hitlers, veröffentlichte Eberhard von Künßberg, Leiter des renommierten „Deutschen Rechtswörterbuchs“ und Honorarprofessor an der Ruperto Carola, in den ‚Heidelberger Jahrbüchern‘ eine Studie über „Rechtsverse“. Gewidmet ist diese Darstellung der Rechtssprache als Formkunst seiner Frau Katharina von Künßberg, welche er am 14. Oktober 1910 geheiratet hatte. Sie selbst, eine geborene Katharina Samson, entstammte einer jüdischen Kaufmannsfamilie. Keine zehn Jahre später, nach dem Tode ihres Mannes, erhielt sie 1942 von der Heidelberger Gestapo die Aufforderung, „sich für einen Transport nach Osten vorzubereiten“. Das frühzeitige Ende ihrer „Lebensreise“ mit der letzten Station in einem der nationalsozialistischen Vernichtungslager schien bevorzustehen. Es kam jedoch anders.
Heute vor 100 Jahren starb Dr. Otto Walther, der Begründer des Kurwesens in Nordrach. Mit der Eröffnung seiner Volksheilstätte für Lungenkranke in Nordrach – Colonie begann 1891 die Geschichte der Kurkliniken im späteren „Schwarzwalddavos“. Ich möchte im Folgenden versuchen, Ihnen Leben und Persönlichkeit dieses außergewöhnlichen Mannes nahezubringen. Lassen Sie mich mit einer persönlichen, vielleicht provokanten These beginnen: Ohne die Sozialdemokratische Partei Deutschlands, die alte SPD, hätten wir heute keinen Grund, hier zu sein, ich hätte nicht Otto Walther zum Thema und das Schwarzwalddörfchen Nordrach keine Kliniken und auch keine Vergangenheit als „Schwarzwalddavos“ oder „Badisches Davos“, eben als ehemaliger Lungenheilort mit vormals internationaler Bedeutung. Da stellt sich die Frage: Was hat denn die SPD mit Nordrach als Lungenheilort zu tun? Nun, ich bin jedenfalls nicht der Ansicht, wie öfter zu lesen ist, dass es Zufall war, dass Dr. Otto Walther hier nach Nordrach in die Kolonie kam. Doch zunächst der Reihe nach.
Unauffällig und größtenteils unbeachtet steht an der Nordseite der Pfarrkirche Ebersweier seit „undenkbarer Zeit“ ein Kreuz
aus rotem Sandstein. Es ist fest mit der Kirchenwand verbunden und hat auch die Erweiterung der Kirche in den Jahren 1964 bis 1968 überstanden. Gestaltet ist das Kreuz im Louis-Seize-Stil, deutlich erkennbar an dem girlandenförmigen Zopf, der als Schmuckelement die Kreuzesbalken verziert. Darunter ist ein Band zu sehen, welches zu zwei Ringen gelegt und verknotet ist. Daran hängt eine Blume, vielleicht eine Pfingstrose, die als religiöses Symbol der „Rose ohne Dornen“ gedeutet werden kann. Der Längsbalken des Kreuzes trägt einen Weihwasserkessel, der einem Kelch ähnelt und von spitzen Blättern umgeben ist. Vor etwa 30 Jahren konnte von der Inschrift noch die Jahreszahl 1808 festgehalten werden. Inzwischen ist auch dieses Detail unleserlich geworden. Die Jahreszahl war jedoch das einzige Indiz zur Entstehung des Denkmals. Dieser Spur galt es nachzugehen. Durch intensive Recherche erschloss sich nach und nach eine interessante Geschichte zu diesem Kreuz, das zweifelsfrei ehemals Bestandteil der Grabstätte des Baumeisters Antonius Hirschbühl war. Dessen Begräbnis auf dem Kirchhof Ebersweier ist im Totenbuch IV der Pfarrei Ebersweier beurkundet.
Beim Betreten der alla hopp!-Anlage in Sinsheim fallen mehrere alte Torbögen auf, der älteste von 1604. Angaben zu den früheren Standorten und den ehemaligen Besitzern fehlen. Der größte und prächtigste jedoch liefert wenigstens einen Namen: Stoffel Killinger. Und die Jahreszahl: 1614. Es ist aber ganz klar, dass die alla hopp!-Anlage nicht der ursprüngliche Standort ist. Das Wissen, wo sich die Torbögen, darunter etliche aus der Zeit vor dem Brand von 1689, zunächst befanden und wann sie an ihren jetzigen Standort gebracht wurden, ging im Laufe der Zeit von nicht einmal 50 Jahren verloren. Dabei ist es ganz einfach: „Schau nach bei Ratzel“.
Nachdem die badisch-pfälzischen Juden am 22. Oktober 1940 durch die Nationalsozialisten in das südfranzösische Lager
Gurs deportiert worden waren, setzten vielfältige Bemühungen ein, den Menschen ihre Lage zu erleichtern, sie zu befreien
oder wenigstens in weniger unwürdige Verhältnisse außerhalb des Lagers zu bringen. Für einige gelang diese „Liberierung“, die Entlassung in eine südfranzösische Gemeinde, meist in der Umgebung von Gurs, wo eine private Wohnung oder eine Pension bezogen werden konnte. Von hier aus unternahm man dann alle denkbaren Versuche, endlich die Emigration erreichen zu können – bis ab Sommer 1942 die „Endlösung“ erneut die Deportation für Tausende und den Transport über Drancy bei Paris nach Auschwitz in den Tod bedeutete.
In der Mitte des 15. Jahrhunderts begegnen uns mehrere hohe Kleriker mit dem Namen Tiefer im Umfeld des Bischofs von Konstanz. Ihre Lebensgeschichten sind auf Grundlage der diözesanen und edierten Quellen bereits in Ansätzen rekonstruiert und in den Arbeiten Helmut Maurers zur Stadt- und Kirchengeschichte von Konstanz publiziert worden. Friedrich und Leonhard hatten zahlreiche kirchliche Pfründen erworben, waren Dom- und Chorherren, bekleideten hohe päpstliche Ämter, Leonhard (bzw. Lienhart) Tiefer war zeitweise sogar apostolischer Nuntius. Auch die Brüder Sebastian und Jacob hatten durch kirchliche Ämter ein stattliches Vermögen erwirtschaftet. Angesichts der enorm hohen Stellung, die jene Brüder in der kirchlichen Hierarchie in Konstanz, Zürich und Chur erlangt hatten, stellt sich die Frage, wie es den Söhnen einer nicht adligen und auch einer nicht dem Stadtadel beziehungsweise den Geschlechtern zuzurechnenden Familie gelingen konnte, einen solchen Aufstieg zu vollziehen. Das Augenmerk soll auf die bislang kaum beachteten Familienmitglieder gelenkt und so auch mögliche Erkenntnisse über soziale Stellung und die Nachkommenschaft gewonnen werden. Als Quellen dienen in erster Linie die in den Konstanzer Gemächtebüchern erhaltenen Testamente der Familie Tiefer: Ein Testament eines Jacob Tiefer von 1464, die Testamente eines Albrecht und seiner Frau Magdalena Tiefer von 1502 und ein weiteres Testament des genannten Albrecht von 1510. Die Testamente liegen transkribiert und kommentiert zur Ergänzung dieses Aufsatzes im Stadtarchiv Konstanz vor.