920 Biografien, Genealogie, Insignien
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Unweit des heutigen Villingen befinden sich als geschütztes Denkmal die Reste der Niederungsburg Runstal. Im frühen 13. Jahrhundert wird diese Burg von ihren Besitzern und mutmaßlichen Erbauern, den Herren von Schwarzenberg, Vögte
des Reichsklosters St. Margarethen bei Waldkirch, an das Kloster Salem verkauft, was zu einer erstaunlichen Reihe von Urkunden führt. Anhand dieser Urkunden lassen sich eine Vielzahl von Entwicklungen und Entscheidungen ablesen, die nicht nur regional-, sondern auch reichspolitische Bedeutung haben. Da sich dieser Verkauf in den Zusammenhang mit den Kreuzzügen fügt, und Conrad von Schwarzenberg einer der wenigen süddeutschen Adeligen ist, von dessen drei Orientfahrten etwas mehr bekannt ist, muss dem besseren Verständnis wegen auch auf diese eingegangen werden. Die Kreuzzüge stehen als historisches Phänomen weitgehend einzigartig in der Geschichte Europas da.
Martin Waldseemüller bezeichnete sich zeitlebens, zuletzt noch in seiner „Carta ltineraria"
von 1520, als Friburgense (Freiburger), also nach der Stadt, wo er seine Jugend verbracht und
sein Studium absolviert hatte. Geboren wurde er aber wahrscheinlich in Wolfenweiler, 10 km
südlich der Breisgaumetropole, wo sein Vater Konrad Waltze(n)müller mehrere Liegenschaften, u.a. fünf Fischweiher, besaß. Radolfzell am Bodensee, das von Peter P. Albert als Geburtsort Waldseemüllers genannt und noch in mehreren Enzyklopädien auf geführt wurde,
kommt nach den Untersuchungen von Franz Götz als Geburtsort nicht infrage. Konrad Waltzemüller hatte dort lediglich im Auftrag seiner Frau Margarethe deren Erbschaft aus dem
Nachlass des Radolfzeller Kirchherrn Jörg Stock eingezogen. Konrad Waltzemüller betrieb in
Freiburg im Haus „zum Hechtkopf" in der Löwengasse eine Metzgerei mit Viehhandel und war zum Spitalpfleger am Heiliggeistspital bestellt. Konrad Waltzemüller erwarb erst
1490 das volle Bürgerrecht der Stadt Freiburg, das an eine zehnjährige Ortsansässigkeit gebunden war. Er galt, wohl durch seinen freundschaftlichen Umgang mit den jüdischen Viehhändlern, als Judenküng und kam als Führer einer Opposition aus den Reihen der Zünfte gegen die etablierte Oligarchie des Freiburger Rats aus Adel und reichen Kaufleuten vor dem 3.
Juli 1492 unter ungeklärten Umständen ums Leben.
Andreas Grundler war im Hauptberuf Arzt, Zeitgenossen rühmten ihn auch als Dichter und Komponisten. Die Kenntnis und Rezeption seines musikalischen Schaffens schon zu Lebzeiten und die erhaltenen Werke belegen, dass er keinesfalls „nur als Ehemann der gelehrten Humanistin Olympia Fulvia Morata bekannt geblieben ist“, wenn auch ein Großteil seiner Biographie aus der hinterlassenen Korrespondenz seiner italienischen Gattin erschlossen werden musste. Olympia Fulvia Morata (1526–1555), Tochter der Lucrezia und des Fulvio Pellegrino Morato aus Mantua, wurde
zuerst durch den Vater „in allen Wissenschaften, die zur Bildung des Menschen notwendig sind“ erzogen und erhielt danach gemeinsam mit der Herzogstochter Anna d‘Este Unterricht am glanzvollen Hof von Ferrara. Bald priesen gelehrte Literaten die erstaunlichen Leistungen des „frühreifen und überbegabten Mädchens“ in den lateinischen und griechischen Sprachen. Olympia heiratete im Alter von etwa 24 Jahren Andreas Grundler, der 1549 in Ferrara den Doktorgrad in Philosophie und Medizin erworben hatte. Ihr kurzer, gemeinsamer Lebensweg führte sie nach Schweinfurt, wo
der Ehemann rund vier Jahre als Arzt wirkte, bis die Stadt im „Markgräfler Krieg“ völlig zerstört wurde (12./13. Juni 1554). Ihre Flucht um das nackte Überleben endete in Heidelberg, und Grundler erhielt eine Professur an der medizinischen Fakultät der Universität. Über einen Lehrauftrag für Griechisch an seine Gattin Olympia gibt es keine gesicherten Nachrichten, ihr Ruhm wurde aber bald nach dem frühen Tod durch Editionen ihrer Briefe und Schriften begründet. Die erste Ausgabe, zusammengestellt von dem alten Freund Celio Secondo Curione, erschien 1558 in Basel, wo Curione Latein und Griechisch lehrte; bis 1580 folgten drei erweiterte Auflagen. Diese Drucke machten Olympia im humanistisch-literarischen Europa weithin bekannt. Selbst im katholischen Umfeld wurde ihre hohe Gelehrsamkeit anerkannt, die Neigung „dieser Syrene“ zur „Häresie Calvins“, von der sie die Jugendfreundin Anna d’Este zu überzeugen versuchte, aber scharf kritisiert. Alle Ansätze zu einer Biographie des Ehepaars Grundler/
Morata basieren weitgehend auf den von Curione veröffentlichen Briefen. Die meisten hat Olympia geschrieben, und da sie aus ihrer Sicht der Ereignisse und in ihrer Sprache das gemeinsame Lebensbild prägte, steht sie auch in allen späteren Editionen im Vordergrund.
Der vorliegende Aufsatz soll das Wirken des Kirchenbaumeisters Karl Hörth in der Umgebung von Bühl thematisieren. Hörth war als Kirchenbaumeister maßgeblich am Bau der Kirchen in Vimbuch und Greffern sowie am Bau der Friedhofskapelle von Bühl, der Alban-Stolz-Kapelle, beteiligt. Im Zusammenhang mit dem Bau der Kirche in Vimbuch ist der so genannte „Vimbucher Kirchenstreit" ein wichtiges Kapitel. Er hat die Auseinandersetzung zwischen den Kirchenbaumeistern Hörth und Williard im Band 29 des Freiburger katholischen Kirchenblatts zum Thema und wird auch in der Erörterung berücksichtigt. Folglich ist das Thema auch über Bühl hinaus von Interesse. Intention des Beitrags ist es demnach, auf die Bedeutung Karl Hörths für die Kunst- und Kulturgeschichte der vorderen Ortenau hinzuweisen. Dies geschieht aufgrund der Quellenlage nicht in einem gleichmäßigen Umfang. Vielmehr wird das Hauptgewicht des Aufsatzes auf die Kirche in Vimbuch und der daraus resultierenden Auseinandersetzung zwischen Williard und Hörth um die Kirche in Vimbuch liegen, während die beiden anderen sakralen Bauwerke kürzer geschildert werden. Auch deshalb möge dieser Aufsatz Anlass dafür sein, dass sich weitere Interessenten der Kunst- und Kulturgeschichte der vorderen Ortenau mit Hörth, Williard oder anderen Kirchenbaumeistern beschäftigen. Den Anfang der thematischen Schilderung wird ein kurzer biographischer Abriss zu Hörth und zu Williard bilden.
Der Kippenheimer Höfer-Fund
(2007)
Mit der offiziellen Übergabe von mehreren hundert professionell restaurierten und archlvisch erschlossenen Originalunterlagen als Depositum an das Kreisarchiv des Ortenaukreises am 24. September 2004 fand ein Projekt des Fördervereins Ehemalige Synagoge Kippenheim e.V. seinen erfolgreichen Abschluss, das in Zusammenarbeit mit dem Hauptstaatsarchlv Stuttgart und durch die großzügige Förderung der Stiftung Kulturgut Baden-Württemberg einen in Form und Umfang einzigartigen Bestand zur Geschichte des Ortenauer Landjudentums der Forschung zugänglich macht. Mitte der 1990er-Jahre hatte der Kippenheimer Metzgermeister Hans Höfer während Renovierungsarbeiten auf dem Dachboden seines Hauses, verborgen unter alten Schindeln und teilweise eingewickelt in Einschlagpapiere, zahlreiche Dokumente und Schriftstücke gefunden, die sich der Familiengeschichte der im 19. Jahrhundert in diesem Haus lebenden jüdischen Familie Weil/Weill zuordnen ließen. Hans Höfer wandte sich mit seinem überraschenden Fund an den Förderverein Ehemalige Synagoge Kippenheim e.V. Nach einer längeren Vorlaufphase, in der das Material erstmals gesichtet wurde und vor allem Fragen zu den Besitzverhältnissen und der endgültigen Aufbewahrung geklärt werden mussten, konnte der Bestand zwischen 2003 und 2005 archivisch aufgearbeitet werden.
Also hat der katholische Bruder den lutherischen bekehrt, und der lutherische hat den katholischen bekehrt – dieser Satz findet sich gegen Ende von Johann Peter Hebels Kalendergeschichte Die Bekehrung. Hebel schrieb den Text im Laufe des Jahres 1810 für den im Verlag des Großherzoglichen Lyceums in Karlsruhe herauskommenden Rheinländischen Hausfreund von 1811, und im gleichen Jahr erschien er außerdem im Verlag Cotta in Tübingen innerhalb der Sammlung Schatzkästlein des rheinischen Hausfreunds. Hebel war zu dieser Zeit seit zwei Jahren Direktor des bis 1803 Gymnasium illustre genannten Karlsruher Lyceums, der bedeutendsten Lateinschule des Großherzogtums; außerdem war er 1805 zum Kirchenrat ernannt und 1809 nebenamtlich als Mitglied der Evangelischen Kirchen- und Prüfungskommission berufen worden. Der in Schule und Kirche amtierende Staatsdiener Hebel zeigte also Mut, als er eine solche, allem Anschein nach relativierende Äußerung über zwei offizielle Kirchen des Großherzogtums in die Öffentlichkeit hinausgehen ließ. Welche erkennbare Einstellung hatte Hebel während seiner Karlsruher Berufsjahre als Lutheraner zur katholischen Kirche und außerdem innerprotestantisch zur reformierten Konfession?
Am Karfreitag 1945 verhaftete eine Volkssturmeinheit unweit von Bad Rippoldsau, das unterhalb des Kniebismassivs liegt,
zwei Flüchtlinge: zwei junge Menschen, welche die Not der Zeit in die Welt hinausgeworfen hatte, wo sie versuchten, ihr
Leben zu retten. Doch sie trafen auf den SS- und SD-Führer, SS-Totenkopfringträger, SS-Ehrendegenträger und „Inhaber des
SS-Julleuchters", den zeitweiligen NSDAP-Ortsgruppenleiter von Wolfach, Karl Hauger, der seines Zeichens - sozusagen
neben seinen unzähligen NS-Parteibeschäftigungen - auch noch Forstamtsleiter des Staatlichen Forstamtes II in Wolfach,
der damals für Bad Rippoldsau zuständigen Forstbehörde, war. Ein Mann, der seine Unterwürfigkeit zu Partei und Staat auch
durch die Tatsache zum Ausdruck brachte, dass er nicht etwa, wie damals noch weithin üblich, im Frack und Zylinder zum
Traualtar schritt: Der Forstmann heiratete 1934 auch nicht, wie eigentlich zu erwarten gewesen wäre, in Forstuniform, sondern
in der schwarzen Uniform der SS. Karl Hauger, im Volksmund von manchen noch heute der „kleine Hitler von Wolfach" genannt, war sich selbst nicht zu schade dafür, sich eigenmächtig zum Richter zu erheben und zum Hinrichter zu erniedrigen.
Die evangelische Stadtkirche in Karlsruhe wurde im Zweiten Weltkrieg bei einem Bombenangriff stark zerstört und musste nach Kriegsende wieder aufgebaut werden. Auch ihr Geläut wurde neu konzipiert, und es wurden neue Glocken gegossen. Jedes Mal, wenn diese Glocken läuten, erinnern sie auch an Wilhelm Rumpf (1900–1964), der von 1934 bis 1964 Orgel- und Glockensachverständiger der badischen Landeskirche war. Mit der Schlagtonmelodie as – c' – es' – f' – as' vermachte Wilhelm Rumpf der evangelischen Stadtkirche den Anfang des kirchentonalen ‚Te deum laudamus’. Nach dem Krieg arbeitete er landesweit am Aufbau der zerstörten Geläute und Orgeln. In Karlsruhe hatte Rumpf von 1917 bis 1920 das Lehrerseminar besucht und zunächst als Volksschullehrer seine Karriere begonnen. Neben seiner Tätigkeit als Musiklehrer am Fichtegymnasium war er seit 1930 Organist an der Christuskirche, 1932 übernahm er den Bachverein, den er über dreißig Jahre lang leitete. Im Jahr 1933 wurde er zum Kirchenmusikdirektor ernannt. Er wechselte als Organist an die Stadtkirche und wirkte, als diese im Zweiten Weltkrieg zerstört wurde, vorübergehend bis 1959 auch an der Markuskirche.
Die folgende Geschichte spielte sich in der ersten Hälfte des 18. Jahrhunderts im Raum Freistett ab. Es ging dabei um Holz, Geld und Recht und liefert den Stoff zu einem spannenden Historiendrama. Im Mittelpunkt steht der neureiche, skrupellose, aber geniale Kaufmann Georg Daniel Kückh mit seiner wohlhabenden Gattin Anna Barbara, geb. Saltzmann. Ausgestattet mit der satten Mitgift Anna Barbaras kauft der reiche Kückh um 1730 halb Freistett auf. Das genügt ihm nicht. Er kauft einem Baron einen Wald ab und lockt drei adelige Herren mit einem tollkühnen Plan. Er will aus Holz bares Geld zu machen, die Wälder der Region abholzen und das Holz über einen Kanal in die von ihm neu gegründete Stadt Neufreistett schaffen. Die drei adeligen Landesherrn sind der französische Bischof Kardinal von Rohan, der badische Markgraf Ludwig Georg von Baden und der Erbprinz Ludwig von Hessen-Darmstadt. Ungefragte Opfer sind die Dorfbewohner der Umgebung. Die einfachen Bauern, Handwerker und Tagelöhner reagieren auf die Pläne verständlicherweise erbost, werden grob und greifen zur Gewalt. Schließlich springt die gütige Kaiserin Maria Theresia dem getäuschten Volke bei und lässt den Kanal wieder zuschütten. Die Geschichte endet mit einem unerwarteten Happy End. Nicht genug! Der verhasste Bösewicht Kückh springt verzweifelt in die Fluten des Rhein. Welch ein tragikomisches Ende! Und ein dichtender Freistetter hält das Ganze für die nachfolgenden Generationen lyrisch fest. Was lernen wir daraus? Es gibt sie also doch, die Gerechtigkeit, die das gute Volk vor bösen Schurken in Schutz nimmt. Soweit im Zeitraffer die Überlieferung der Vorgänge um den Kaufmann Kückh und seinen Kanal.
Der Kaiser vor Meersburg
(2005)
Ich uni ze ainem affen werden, als ich ze Merspurg wart. Diese Worte legte Mitte der
1340er Jahre ein anonym er Dichter Ludwig dem Bayern in den Mund und spielte damit
auf die Niederlage des kaiserlichen Heers bei der Belagerung Meersburgs an. Der Wittelsbacher, der nach einer Doppelwahl Albrecht von Hohenberg den Konstanzer Bischofsstuhl verschaffen wollte, hatte im Sommer 1334 drei Monate lang erfolglos die
Stadt berannt, in die sich Anhänger des Gegenkandidaten Albrechts zurückgezogen
hatten. Der längste Aufenthalt des Kaisers im Südwesten des Reichs brachte ihm am Ende nur Spott ein.
Die Forschung zu Ludwig dem Bayern hat diese Belagerung seit Carl Müller im
Jahr 1879, der noch einen Satz dazu verlor, in ihren Darstellungen nicht einmal mehr
erwähnt, auch die Standardwerke zur südwestdeutschen Landesgeschichte gehen nicht
auf diese Ereignisse ein. Die Regionalforschung glaubte, ohne sich eigens mit der
Belagerung zu beschäftigen, bislang im m er den Schilderungen der Chroniken, sie differenzierte nicht zwischen den Überlieferungssträngen und vermischte diese kritiklos.
Dabei kann gerade dieses Ereignis und dessen Wahrnehmung durch die Zeitgenossen
in der Frage nach dem politischen Handlungsspielraum des Wittelsbachers erhellend
wirken.
Dietrich Rollmann von Dattenberg war von
1624 bis 1632 Johanniterkomtur zu Villingen,
Trier und Niederwesel. Er war einer der bedeutendsten
Komturen in Villingen.
Mitten im 30jährigen Krieg gab er für die Erhaltung und Ausstattung der Kirche 30.000 Gulden.
Der Betrag reichte nicht nur für die Kirche und
deren Ausstattung, sondern erhöhte sich durch
Zinsen bis 1805 auf 35.000 Gulden. Auch war er
ein vortrefflicher Verwalter seiner großen Einkünfte, die sowohl aus seinem Familienbesitz als
auch aus dem Orden stammten. So hat er die Kirche
der Kommende renoviert, sie mit Bildern,
Paramenten und einer Orgel neu ausgestattet.
Im Rahmen der Vorbereitungen zur Ausstellung Strasbourg 1200–1230, la révolution gothique (Straßburg 1200–1230, die gotische Revolution) kam es zu einer außergewöhnlichen Entdeckung: es handelt sich um einen der Köpfe der Apostelskulpturen des Südportals des Straßburger Münsters, der 1793, im Zuge des revolutionären Terrors, zusammen mit 200 anderen Skulpturen des Münsters verloren ging (Abb. 1). Die Geschichte dieses Fragmentes ist besonders, denn es trat zum ersten Mal Anfang des 20. Jahrhunderts in Erscheinung und verschwand danach wieder für einen Zeitraum von etwa hundert Jahren. Der Kopf wurde, zusammen mit zwei anderen, vermutlich des gleichen Ursprungs, in einigen hundert Metern Entfernung im Süden des Münsters, bei Bauarbeiten in dem Hof eines Privathauses, 1904/05 entdeckt. Ein Gipsabguss des Stückes, der vor 1914 in den Werkstätten der Straßburger Münsterbauhütte entstand, ermöglicht es, seinen Werdegang nachzuvollziehen, da es im Inventar der Gipsabgüsse als „Büste Johannes gefunden bei einer Ausgrabung Krutenauer Straße 54. Originalbesitz H. Münsterbaumeister Knauth“ erscheint. Man weiß, dass die Verwendung von Fragmenten der in der Revolution zerstörten Statuen im Unterbau neuer städtischer Straßen eine gängige Praxis war. Die
Tatsache, dass dieser Kopf nach seiner Entdeckung in der privaten Sammlung des Münsterbaumeisters und Konservators der
denkmalgeschützten Gebäuden eingegliedert wurde, wird von Johann Knauth in einem Artikel bestätigt, in dem er angibt, ihn „per Zufall im Laufe der letzten Jahre“ erworben zu haben, zusammen mit zwei weiteren Stücken aus demselben Ensemble, die im gleichen Zusammenhang wieder aufgetaucht sind.
Um Salomon de Caus, einen Mann mit vielen Talenten und Interessen, ranken sich zahlreiche Legenden. Einige Aspekte seines Schaffens wurden in den Rang von bedeutender Großartigkeit erhoben, andere fielen unter den Tisch. So entstanden schiefe Bilder, die es zurechtzurücken gilt. Beim aufmerksamen Quellenstudium und Lesen seiner hinterlassenen Schriften schiebt sich ein anderes und keineswegs unbedeutenderes Bild in den Vordergrund: das Bild des frühneuzeitlichen Ingenieurs.
Die Universitätsbibliothek Tübingen besitzt seit langem eine eigentümliche handgefertigte Ansicht der Festung Hohenasperg aus dem Jahre 1763, die bis jetzt unbekannt
geblieben ist – jedenfalls findet sich in den einschlägigen Veröffentlichungen über
den Hohenasperg kein Hinweis darauf. Die Ansicht war zwar im Katalog der Universitätsbibliothek verzeichnet, bis vor kurzem jedoch noch ohne jeden Hinweis auf
ihren Urheber. Erst eine nähere Betrachtung anlässlich der Restaurierung dieses Werkes ergab, dass sich am Rand der Darstellung die Initialen F.C.F. finden, die es ermöglichen, sie dem gelehrten Pfarrer und Sprachwissenschaftler Friedrich Carl Fulda
(1724–1788) zuzuordnen, der von 1751 bis 1758 Garnisonspfarrer auf der Festung
war.
Fulda hat, abgesehen von einigen gedruckten und nahezu vergessenen Werken,
zahlreiche Manuskripte und Exzerpte vornehmlich aus der Sprach- und Geschichtswissenschaft hinterlassen, darunter die »Darstellung eines genealogischen Stammbaums der Geographie«, eine eindrucksvolle Tafel im Format von 73,5 x 50 cm. Die
Manuskripte gelangten im Sommer 1820 durch seinen Sohn, Professor Friedrich Karl
von Fulda (1774–1847), als Schenkung in den Besitz der Tübinger Universitätsbibliothek. Dieser lehrte an der Universität Tübingen von 1798 bis 1817 Kameralwissenschaft, von 1817 bis 1837 Theorie der Staatswirtschaft.
Im Rahmen seiner Magisterarbeit über die Gruftkapelle Thurn und Taxis in Regensburg befasste sich der Autor auch mit dem Architekten des Gruftbaues. Es war dies der thurn- und taxissche Baurat Carl Victor Keim. Als im Verlauf der Recherchen zutage kam, dass Keim einer umfangreichen Sippe von mehr oder weniger bekannten Künstlern und Architekten angehörte, bot es sich an, diese Sippe näher und im Zusammenhang zu untersuchen. Dieser Aufsatz soll sich jedoch ausschließlich mit dem Vertreter der ersten Generation, dem herzoglich württembergischen Premiermaschinisten Johann Christian Keim befassen. Den Vertretern der Folgegenerationen – den Söhnen Aloys Keim (* Ludwigsburg, † Nürnberg) und Franz Xaver Keim (* Ludwigsburg, † Regensburg), den Enkelsöhnen Carl Victor Keim (* Schwabach, † Regensburg), Hermann Keim (* Nürnberg, † Regensburg) und Carl Alexander Heideloff (* Stuttgart, † Haßfurt), dem Urenkel Adolf Keim (* Regensburg, † St. Ulrich-Ortisei) und dem Ururenkel Hermann Keim d. Jüngeren (* St. Ulrich-Ortisei, † St. Christina), die allesamt nicht mehr in Württemberg aktiv waren – sollen eigene Beiträge gewidmet werden.
Zwischen St. Gallen und Freiburg im Breisgau gab es im Laufe der Geschichte und gibt es heute noch verschiedenartige und enge Beziehungen. Zuletzt sei an die Ausstellung „Freiburg baroque“ im Augustinermuseum über den Barockkünstler Johann Christian Wentzinger (1710–1797) im Winter 2010/11 erinnert. Diese Ausstellung konnte danach auch in St. Gallen gezeigt werden. Denn Wentzingers Hauptwerk war die Stiftskirche und heutige Kathedrale von St. Gallen. Im Dienste der St. Galler Fürstäbte verdiente Wentzinger so viel Geld, dass er, als er sich zur Ruhe setzte, damit am Münsterplatz in Freiburg ein prächtiges Privatpalais errichten konnte. Die Beziehungen des Gallusklosters zum Breisgau reichen aber sehr viel weiter zurück, bis in die Anfangszeit der Abtei, als es Freiburg noch lange nicht gab: Das Stichwort ist das Weindorf Ebringen vor den Toren der Stadt. In einer der allerfrühesten überlieferten Urkunden erhielt das Kloster St. Gallen zwischen 716 und 721 Weingüter in Ebringen geschenkt („in Eberingen unum iuchum de vinea“), angeblich aus dem Erbgut des Gründerabtes, des heiligen Otmar (719–759). Diese Urkunde ist die älteste Erwähnung von Weinbau im Markgräfler Land und überhaupt die früheste Erwähnung eines breisgauischen Ortes in einer Urkunde. Damit beginnt eine die Jahrhunderte überdauernde Verbindung St. Gallens zu Ebringen. Hier befanden sich der Verwaltungsmittelpunkt des ausgedehnten Güterbesitzes der Abtei im Breisgau und der Sitz einer Propstei; davon zeugen heute noch das herrschaftliche Schloss und die Pfarrkirche St. Gallus. Hier wirkten St. Galler Mönche als geistliche Statthalter und Pfarrer. Hierher wurden auch zeitweilig unbotmäßige Mönche ins Exil geschickt. So geschehen am Ausgang des 18. Jahrhunderts mit mehreren oppositionellen Mönchen. Unter den Strafversetzten befand sich damals nicht nur der künftige – und letzte – St. Galler Fürstabt Pankraz Vorster (1753–1829, Abt 1796–1805), sondern auch Pater Ildefons von Arx (1753–1833). Dieser war im Exil nicht untätig, er verfasste 1792 die erste „Geschichte der Herrschaft Ebringen“. Später wurde er Stiftsbibliothekar von St. Gallen.
Der Hausheilige
(2010)
Marbach am Neckar wäre der Welt unbekannt geblieben – und das völlig zu
Recht –, wäre dort nicht seinerzeit Friedrich Schiller geboren worden. So aber ist der
Name der Stadt, ähnlich wie bei Stratford-upon-Avon und William Shakespeare,
untrennbar mit dem des Dichters verbunden, und die Stadt hat es verstanden,
daraus Kapital zu schlagen. Man gründete den Marbacher, später den Schwäbischen
Schillerverein (heute: Deutsche Schillergesellschaft), man errichtete ein Schiller-Denkmal, erbaute das Schiller-Nationalmuseum, schließlich das Deutsche Literaturarchiv. Dadurch hat die Welt neben Schiller einen zweiten Begriff, den sie mit
Marbach assoziieren kann: das Deutsche Literaturarchiv, das sich als Quelleninstitut
und Forschungseinrichtung mittlerweile internationaler Berühmtheit erfreut.
Obwohl das Literaturarchiv sich längst von Schiller emanzipiert hat, für die Epochen
der Jahrhundertwende oder des Expressionismus, für Exilliteratur oder DDR-Literatur,
für Verlagsarchive oder Philosophennachlässe und für vieles andere einsteht, obwohl
also dieses Institut vornehmlich den Phänomenen der Moderne zugewandt ist, bleibt
Schiller nach wie vor sein Hauspatron. Und trotz des Literaturmuseums der Moderne,
trotz zahlloser Sonderausstellungen zu wichtigen Autoren, Themen und Problemstellungen der deutschen Literatur ist die Schiller-Dauerausstellung im Schiller-Nationalmuseum das Marbacher Markenzeichen geblieben, ist die vierjährige Zeit
zwischen 2005 und 2009, als keine Schiller-Ausstellung dort zu sehen war, vom
Publikum als so etwas wie ein Interregnum, als schreckliche kaiserlose Zeit empfunden worden. Galt früher doch sogar die Regel, dass in Schwaben eine Heirat erst dann
richtig gültig war, wenn das Paar gemeinsam das Marbacher Schiller-Museum besucht
hatte. Nun und andererseits, die baubedingte Museums-Schließung der letzten Jahre
hat die Zahl der Eheschließungen in der Ludwigsburger Region nicht merklich
beeinflusst, so dass man annehmen kann, dass auch die öffentliche Wahrnehmung
des Marbacher Instituts als Schiller-Stätte allmählich schwächer wird. Jedoch bieten
Jubiläumsjahre wie das eben verflossene beste Gelegenheiten, die Verhältnisse wieder durcheinander zu wirbeln und Kafka und Döblin, Heidegger und Jünger, Celan
und Sebald, und wie sie alle heißen mögen, durch den bewährten Publikumsliebling
Schiller auf die Plätze zu verweisen. Man darf also gespannt sein auf die weitere
Entwicklung des Öffentlichkeitsinteresses.
Der Grabstein des Johann Caspar v. Menlishofen (1582 –1626) in der Stuttgarter Leonhardskirche
(2010)
Die Leonhardskirche ist neben der älteren Stiftskirche und der etwas jüngeren
Hospitalkirche eine der drei mittelalterlichen Kirchen Stuttgarts, die alle im
2.Weltkrieg zerstört und in mehr oder weniger veränderter Gestalt wieder aufgebaut worden sind. Alle drei Kirchen waren zugleich Begräbnisstätten. Eine
Übersicht der ehemals vorhandenen Grabsteine und Epitaphien hat der Maler
und Kunsthistoriker Max Bach (1841–1914) geliefert. [1] Als wichtige Quelle
hatte Bach eine handschriftliche Beschreibung der Stuttgarter Grabdenkmale
von Johannes Schmid, dem damaligen Pfarrer an St. Leonhard, aus dem Jahr
1640 verwendet. [2] Heute birgt die Leonhardskirche, die einst die Pfarrkirche
der südöstlich der Stuttgarter Altstadt gelegenen Esslinger Vorstadt war, in
ihrem Innern noch elf Grabmale des 16. und 17. Jahrhunderts. [3] Die am westlichen Ende des Kirchenschiffs senkrecht stehenden Grabsteine sind erst
vor wenigen Jahren an ihren jetzigen Standort verbracht worden, nachdem sie
zwischendurch aus der Kirche entfernt und an der Außenwand des Chores
aufgestellt worden waren. Einer dieser Grabsteine gehörte, wie die Inschrift
besagt, dem »Johann Caspar v. Mendelishoffen, F[ürstlich] W[ürttembergischer] Oberrath – Starb den 8. September 1626 seines Alters 44 Jahr«.
Im umfangreichen Schrifttum über Joseph von Laßberg (1770–1855), der 1837 Eigentümer des Alten Schlosses in Meersburg geworden war, gibt es keinerlei Hinweise
auf irgendwelche Beziehungen oder Kontakte zu Richard Wagner (1813–1883). Man
hätte solche durchaus erwarten können, da sich die Interessen des Altertumsforschers
und des Komponisten in vielen Bereichen ähnelten oder gar identisch waren, so z. B. an
der germanischen Altertumskunde, an den dazugehörigen Mythen und Sagen, an Minnesängern und nicht zuletzt am Nibelungenlied. Beim Nibelungenlied geht Joachim
Heinzle [1]
allerdings davon aus, das die Nibelungen Wagners auf skandinavische Quellen
und nicht auf mitteleuropäische Publikationen zurückzuführen sind. Schon allein die Lebensdaten Joseph von Laßbergs und Richard Wagners lassen jedoch prinzipiell Kontakte
zwischen 1840 und 1855 durchaus zu.
Der Galiläer aus Kippenheim
(2001)
Für den 8. April 1999 vormittags um 11.00 Uhr hat mir Ruthi Ofek, Steff Wertheimers „rechte Hand" in Public-Relations- und Kulturangelegenheiten, einen Gesprächstermin mit einem der größten Industriellen Israels vermittelt. Der Treffpunkt liegt hoch oben in den Bergen Galiläas in Sichtweite der libanesischen Grenze. Der Ort heißt Migdal Tefen. Hier hat Steff Wertheimer, Chef der „ISCAR"-Gruppe, Anfang der achtziger Jahre mit der Gründung von mittlerweile vier Industrieparks in Israel begonnen, die inzwischen auch grenzüberschreitende Vorbilder für das palästinensische Gaza und die Türkei geworden sind.