920 Biografien, Genealogie, Insignien
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Sowohl am alten Schulhaus in Dundenheim als auch an demjenigen in Ortenberg halten Gedenktafeln die Erinnerung an
einen prominenten Bewohner wach, der heute weitgehend in Vergessenheit geraten ist. Dabei bekleidete er während der Weimarer Republik höchste Staatsämter in Berlin und darf als einer der prägenden Akteure zu Beginn der deutschen Republik gesehen werden: Constantin Fehrenbach. Er ist mit der Ortenau nicht nur deshalb besonders verbunden, weil er hier einige
Jahre lebte, sondern auch weil seine Mutter von dort, genauer aus Kürzell, stammte, und zwei Schwestern in Dundenheim und Ortenberg verheiratet waren.
Eugen Bolz 1881–1945
(2018)
Eugen Bolz war ein gläubiger Katholik und überzeugter Parlamentarier. Bereits im Januar 1912 wurde er mit gerade einmal 31 Jahren in den Reichstag gewählt. Ende desselben Jahres schickten ihn die Zentrumswähler als ihren Vertreter auch in den Halbmondsaal, den württembergischen Landtag in Stuttgart. Allerdings konnte er zunächst keine große parlamentarische Aktivität entwickeln, da bereits am 1. August 1914 der Erste Weltkrieg ausbrach.
Freud und Leid
(2018)
In der kleinen Gemeinde Freudental im Stromberg steht am südlichen Dorfrand das Schloss der Gräfin Christina Wilhelmina von Würben, besser bekannt unter ihrem Geburtsnamen von Grävenitz. Als langjährige Mätresse Herzog Eberhard Ludwigs von Württemberg ging sie unter zweifelhaftem Ruf in die Geschichte ein, noch heute als »Landesverderberin« verkannt. Für den Ort Freudental war sie aber als Bauherrin des heutigen Schlosses von großer Bedeutung. Die dreiflügelige Gebäudegruppe umfasst einen schmalen Ehrenhof und steht an der Stelle des ehemaligen Unteren Schlosses. Die Anlage besteht aus dem 1729/31 erbauten neuen Schlossgebäude mit seinem markanten Mansardwalmdach, dem nordwestlich anstoßenden Kavaliersbau und den nordöstlich schräg stehenden Ökonomiebauten. Nach Süden schließt der rechteckige Schlossgarten an, der sich heute überwiegend in Form eines englischen Landschaftsparks präsentiert. Die Strukturen seiner barockzeitlichen Entstehung sind aber noch immer ablesbar. Jenseits des Parks führt eine Allee über Bietigheim nach
Ludwigsburg. Daraus resultiert, dass die Gartenseite und nicht der Ehrenhof als Zufahrt und Haupteingang zum Gebäude angelegt ist.
Das im Frühjahr 1228 in Rom für Konrad von Lorsch, den letzten benediktinischen Fürstabt der Reichsabtei Lorsch, von dem mittellateinischen Dichter Magister Heinrich von Avranches (ca. 1189/90–1262/63) geschriebene Gedicht HvA 43 (R 114-117) war bereits Gegenstand mehrerer Untersuchungen. Abt Konrad galt bisher in seinem Lorscher Amt von 1214 bis 1226 als urkundlich sicher belegt, während die Quellen über seine familiäre Herkunft schweigen. Er dürfte aber einer bisher nicht ermittelten edelfreien, laut des Gedichts Magister Heinrichs von Avranches HvA 43, Vers 36 mit dem dort als consobrinus bezeichneten Mainzer Erzbischof Siegfried II. von Eppstein (im Amt 1200–1230) verwandten oder verschwägerten Familie entstammen, in welcher der Name Konrad in seiner Generation einem nachgeborenen, nicht zu weltlicher Herrschaft bestimmten Sohn verliehen worden war, sei es, dass der Name vom Großvater auf den ältesten Enkel, in der Sohnesgeneration aber auf den Nachgeborenen vererbt wurde, sei es, dass ein Nachgeborener ihn von der Mutterseite ererbt oder von einem Paten erhalten hatte.
Johann Heinrich Jung-Stilling gehörte zu den erfolgreichsten deutschsprachigen Literaten seiner Zeit. Seine Werke hatten auch in denjenigen Landschaften des deutschen Südwestens, die Anfang des 19. Jh. zum Großherzogtum Baden zusammengefügt wurden, eine breite Leserschaft. Jung-Stilling war in Baden nicht nur literarisch wirksam. Er war dort gegen Ende seines Lebens auch wohnhaft und nahm persönlich Einfluss auf kirchliche Zusammenhänge. In zwei Abschnitten wird im Folgenden der
Einfluss Jung-Stillings in Baden nachgezeichnet. Zunächst wird Jung-Stillings Wirken zu Lebzeiten in Baden betrachtet. In einem zweiten Abschnitt geht es um die Frage, wie die Bedeutung Jung-Stillings für die Badische Erweckungsbewegung ab
den 1820er Jahren zu bewerten ist.
Nach mehr als 80 Jahren endlich bekannt: Die Schöpferin der schönen Plastiken im Villinger Stadtpark
(2018)
Am 1. Juli 1934 erhielt die Fayence-Manufaktur Kandern Richard Bampi einen Großauftrag der Stadt Villingen für sieben fast lebensgroße Plastiken. Sie sollten den neu zu schaffenden Kurpark schmücken, der im an das Kneipp-Freibad angrenzenden Gelände im Entstehen war. Im selben Jahr fand Richard Bampi mit Erna Kientz eine aus Freiburg stammende Künstlerin, von deren großem Geschick und Talent er wusste. Einige der Villinger Plastiken tragen die Signatur "EK", von der in Kandern nicht mehr bekannt war, als dass es das Markenzeichen von Erna Kientz-Vogel, Mitarbeiterin in der Werkstatt des Kanderner Keramikers Richard Bampi, war. Denn lange Zeit stand die falsche Schreibweise des Namens der Künstlerin dem Rechercheerfolg im Wege.
Das Sinfonieorchester Villingen-Schwenningen hat längst seinen Platz als hochklassiges, bodenständiges Orchester gefunden, das aus musizierbegeisterten Menschen besteht, die aus der Region stammen, für die Region spielen und sich ihre
Offenheit für immer neue Impulse und gemeinsame Projekte mit kreativen Kräften vor der eigenen Haustür bewahrt haben. Dies ist vor allem einem Mann zu verdanken: Jörg Iwer, der Musikalische Leiter des Orchesters, der den Klangkörper in knapp 20 Jahren zu dem geformt hat, was er heute ist. Jetzt legt er den Taktstock nieder, die Wege des Orchesters und seines langjährigen Dirigenten trennen sich Ende 2017. Die Tätigkeit von Jörg Iwer in der Doppelstadt war von einer langen Pause unterbrochen: Er war als Musikalischer Leiter von 1991 bis 2001 tätig, dann stellte er andere Tätigkeiten in den Fokus, kehrte aber 2009 wieder zurück.
Die Gefahr einer Verweltlichung von Christen besteht immer. Zu manchen Zeiten ist sie besonders groß, und einflussreiche Teile der Kirchen und in ihrem Gefolge das »Kirchenvolk« erliegen ihr. Der Priester und seinerzeit im deutschsprachigen Raum wohl meistgelesene katholische Schriftsteller Alban Stolz (geb. 1808 in Bühl, gest. 1883 in Freiburg) war einer jener Männer, die gegen die Verweltlichung von Christen auftraten. Er kämpfte gegen die sogenannten Liberalen. Denen ging es, so Stolz, um Herrschaft , Profit und Konsum.
Professor Adolph Blankenhorn (1843–1906) ist als Pionier der Weinbauwissenschaft und bedeutender Organisator des Weinbaus bekannt. Mit seinen Forschungen an der Technischen Hochschule Karlsruhe, auf dem Versuchsweingut Blankenhornsberg und im Weingut in Müllheim hat er ebenso Maßstäbe gesetzt wie als Gründungspräsident des Deutschen Weinbauvereins 1874. Seine praxisorientierte und soziale Einstellung ist durch seine Familiengeschichte geprägt. Viele Familienmitglieder haben im Weinbau, in der Politik und in der Gesellschaft im Großherzogtum Baden Verantwortung übernommen und nachhaltige Impulse gesetzt.
Der Kunstschreiner und Zierratenschnitzer Ferdinand Hundt als Hofschreiner in Schloss Bruchsal
(2018)
Der künstlerisch hochbegabte Ferdinand Hundt kam 1751 als Hofschreiner nach Bruchsal. Zuvor schuf er für die Würzburger Residenz und in Schloss Seehof bedeutende Werke des fränkischen Rokoko. Unter Fürstbischof von Hutten prägte seine Ornamentik an Wänden, Türen und Supraporten sowie zahlreiche Möbel die repräsentative Wirkung in der Beletage. Erhalten
gebliebene Möbel zeigen bis heute die hohe Qualität seiner Schnitzwerke. Thematisiert wird die Zuordnung Bruchsaler Möbel an Ferdinand Hundt, dessen Bezug zu den Hutten-Schreibschränken sowie seine Bedeutung für Schloss Bruchsal als »Juwel des Rokoko«.
Heidelberg war nach West-Berlin und Frankfurt am Main eines der größten Zentren der Studentenbewegung Ende des 1960er Jahre. Dies ist umso überraschender, da die Stadt mit damals knapp über hunderttausend Einwohnern sich von ihrer Größe her
weder mit Frankfurt noch gar mit Berlin vergleichen ließ. Die Frankfurter Allgemeine Zeitung bezeichnete Heidelberg 1968 gar als Brennpunkt der Studentenrevolte, die Neue Zürcher Zeitung sprach von einer Zitadelle des Aufruhrs. Dies hatte verschiedene Ursachen, eine davon war sicher die hohe US-amerikanische Militärpräsenz in Heidelberg und im nahe gelegenen Mannheim. Im Heidelberger Stadtteil Rohrbach befand sich über Jahrzehnte hinweg in der Campbell-Kaserne das US-amerikanische Hauptquartier für Europa USAREUR (United States Army Europe). Diese hohe militärische Präsenz von tausenden amerikanischer Soldaten auf dem Höhepunkt des Vietnam-Krieges inmitten einer Universitätsstadt führte zu einer enormen Politisierung der Heidelberger Studentenschaft.
Pfarrer Georg Friedrich Schlatter (1799–1875) gehörte in der Mitte des 19. Jahrhunderts zu jenen Geistlichen in Baden, die die demokratische Bewegung unterstützten und in die 48er Revolution involviert waren. Als Alterspräsident eröffnete er am 11. Juni 1849 die erste Sitzung der Konstituierenden Landesversammlung, reiste aber bereits am 19. Juni in seine Pfarrei Mühlbach zurück, enttäuscht von den durch Zank und Uneinigkeit geprägten Diskussionen. Einen Monat später wurde er in Mühlbach verhaftet und später zu zehn Jahren Zuchthaus verurteilt, von denen er gut sechs Jahre absitzen musste. Zugleich verlor er damit seine Stellung als Pfarrer und alle Versorgungsansprüche. In den Jahren nach der Haftentlassung versuchte er sich und seine noch nicht erwachsenen Kinder – seine Frau war während seiner Haft verstorben – durch Gelegenheitsschriften über Wasser zu halten. 1875 starb er in Weinheim. Innerkirchlich geriet er fast vollständig in Vergessenheit. Erst 1999 hat die Landeskirche Schlatter auf Initiative von Konrad Fischer hin gewissermaßen rehabilitiert, stellvertretend für alle Freunde der Demokratiebewegung, die damals von der Kirche härter noch als von staatlicher Seite Repressalien ausgesetzt waren.
Wolf und Wappen
(2018)
Der Wolf kehrt, wie man hört, zurück – nachdem er schon einmal dagewesen ist und seine Spuren hinterlassen hat; auch in
der Ortenau, und an sichtbarer Stelle. So zeigt etwa das Wappen von Rammersweier einen schreitenden, rotgezungten schwarzen Wolf (was wohl weniger auf den angeblichen, durch mündliche Überlieferung begründeten Übernamen der Einwohner als vielmehr auf ein wirkliches Vorkommen des Tieres zurückgeht, woran in der benachbarten Gemarkung Zell-Weierbach noch der Gewannname „Wolfsgrube“ erinnert). Das Wappen von Oberwolfach zeigt, wie nicht anders zu erwarten, einen angreifenden roten Wolf; aber das der Stadt Wolfach selber keinen, sondern eine sogenannte Wolfsangel, nämlich einen „facettierten“, d. h. geschliffenen Doppelhaken, über dessen Bedeutung die Meinungen weit auseinandergehen. Aber vielleicht gelingt es, das diesbezügliche Dunkel ein wenig zu erhellen.
Frauen der Illenau
(2018)
Die Acherner kennen die Geschichte ihrer Illenau, schließlich galt sie lange Zeit als eine der fortschrittlichsten Heil- und Pflegeanstalten Deutschlands. Sie wurde 1842 bei Achern als Zufluchtsort geistig kranker und nervlich angeschlagener Menschen eröffnet. Im Kapitel „Die Lage der Geisteskranken“ wird aufgezeigt, wie mit Menschen vor dem 19. Jahrhundert umgegangen wurde, die eine Geisteskrankheit aufwiesen, beziehungsweise wie sie behandelt wurden, wenn sie nicht ganz dicht waren. In der Illenau wurden diese Menschen als Menschen behandelt und nicht wie Tiere weggesperrt. Dies war einer der Gründe, warum die Illenau zu einer international anerkannten Einrichtung wurde.
Vorkriegszeit und Erster Weltkrieg im Spiegel der Briefe und Postkarten von Zivilisten und Soldaten
(2018)
An diese Geschichtsquellen – aufbewahrte Feldpostkarten und mitunter kurze Briefe aus den Jahren 1900 bis 1918 – dürfen wir nicht zu hohe Erwartungen richten. Briefe und Karten sind kein Tagebuch und keine Autobiographie. Hinzu kommt: Die Schrift ist auf mancher Karte nicht leicht, auf einigen gar nicht mehr zu entziffern. Das Schreibmaterial war meist der Bleistift, gewöhnlich mit schwacher Färbung, die Schrift jeweils winzig, das Papier vergilbt. Erstaunlich ist dabei, dass drei Generationen auf dem „Schafberg“ in Gremmelsbach die Karten und Briefe als Dokumente der Familiengeschichte aufbewahrt haben, das sind annährend 120 Jahre. Schreiber oder Empfänger ist in der Hauptsache mein Großvater Anton Läufer (1883–1960), Bauer und Holzhauer, nach der damaligen Einteilung Besitzer eines Gewerbegutes, zwar des an Fläche größten im Dorf, aber es bedeutete, dass der Eigentümer sich nach einem zusätzlichen Gewerbe umsehen musste, um seine Familie ernähren zu können. Dem heutigen Betrachter springt in die Augen, wie akkurat fast ohne Ausnahme das Schriftbild ist und wie fehlerfrei die Rechtschreibung, was belegt, welchen Wert die damalige „Volksschule“ auf eine exakte Schreiberziehung legte. Mit Bedauern muss der spätere Forscher allerdings auch feststellen, dass der Absender nicht immer mit seinem Namen, geschweige denn mit seinem Vornamen unterschrieb, der Empfänger freilich wusste ja, wer schrieb.
Dr. Franz Lipp (1855–1937): Außenminister der Münchner Räterepublik 1919 mit Gengenbacher Wurzeln
(2018)
Gengenbach, das friedliche Idyll im Schwarzwald, bot einst der Witwe von Kurt Eisner, dem ermordeten Ministerpräsidenten
der Münchner Republik, Asyl im „Haus an der Stirn“. Rohtraud Weckerle-Geck, die Tochter des Offenburger Publizisten und früheren SPD-Reichstagsabgeordneten Adolf Geck, hat über die Geschichte dieser solidarischen Flüchtlingshilfe geschrieben: „Im Jahr 1919 hatte mein Vater der Witwe von Kurt Eisner in Gengenbach ein Wohngrundstück besorgt. Er tat dies als Freund des Vaters von Frau Eisner, Herrn Josef Belli, mit dem er die Sozialistengesetz-Zeit durchgekämpft hatte. Das Haus in Gengenbach ging im Dritten Reich wie üblich an einen Nazi über, der trotz aller Bemühungen der Erbengemeinschaft Eisner, insbesondere der in einer Ecke darin hausenden Tochter Freya, nach vielen Prozeßgängen erst Ende Oktober 1960 das Haus verließ unter Hinterlassung von über 1000 DM Mietrückstand […]“
Hermann Ehrhardt, ein 1881 in Diersburg (Hohberg) geborener Pfarrerssohn, war eine wichtige Figur in einer entscheidenden Phase der neueren deutschen Geschichte. Im Zeitraum vom Ende des I. Weltkrieges und der Hohenzollern-Monarchie im November 1918 bis zur Beendigung des Kapp-Putsches im März 1920 durch einen Generalstreik war Ehrhardt ein bestimmender Akteur in einer politisch aufgewühlten Umbruchphase. Das von Ehrhardt gegründete und befehligte Freikorps „Marinebrigade Ehrhardt“ war immer da, wo es galt, „das rote Pack“ im Kampf um die Macht in der jungen Weimarer Republik zu bekämpfen. Der rechtsnationale Marineoffizier und Antisemit Hermann Ehrhardt – bereits während des Kapp-Putsches im März 1920 trugen die Mitglieder seiner Marinebrigade ein Hakenkreuz auf dem Stahlhelm – setzte auch nach Auflösung seines Freikorps 1920 den Kampf um die Restaurierung der bis 1914 geltenden Macht- und Herrschaftsverhältnisse im Reich fort. Die Ermordung des Zentrumspolitikers Matthias Erzberger, den rechte politische Kreise als Unterzeichner des Waffenstillstands vom 11.11.1918 als „Novemberverbrecher“ diffamierten, wurde von zwei
Mitgliedern der von Ehrhardt gegründeten geheimen „Organisation Consul“ durchgeführt. Weitere politische Morde gehen ebenfalls auf das Konto von Ehrhardts Terrororganisation. Obwohl in Diersburg und Weil am Rhein aufgewachsen, ist Ehrhardt in der Region kaum bekannt.
Weibliche Wohngemeinschaften im spätmittelalterlichen Offenburg und ihr langer Weg in den Alltag
(2018)
Mit dem Begriff „Wohngemeinschaften“ verbindet sich üblicherweise die moderne Vorstellung einer Studenten-WG oder
einer Senioren-WG: Die Jüngeren teilen sich eine Wohnung, die Älteren ein Haus, mit Einzelzimmern und Gemeinschaftsräumen. Dieser Beitrag will die Aufmerksamkeit auf eine ganz andere Gruppe lenken – eine Gruppe, die nicht durch das Alter definiert ist, sondern durch das Geschlecht. Es sind alleinstehende Frauen in Offenburg, die diese neue Lebensform des gemeinschaftlichen Wohnens schon vor über 700 Jahren gesucht und gestaltet haben. Sie nannten sich „Beginen“. Mindestens zehn ihrer Hausgemeinschaften sind uns aus dem 14. und 15. Jahrhundert bekannt. Leider ist die Quellenlage zu ihrer Geschichte sehr spärlich. Von keinem einzigen Haus kennen wir den genauen Gründungsvorgang. Und nur wenige Urkunden gewähren uns einen konkreten Einblick in das Leben dieser neuartigen Wohngemeinschaften. Sie bilden die Grundlage der folgenden Untersuchung.
Kaum war bei der Leipziger Herbstmesse im September 1522 Luthers „Neues Testament“ – ohne jeden Hinweis auf den Übersetzer – bei Melchior Lotter d. J. erschienen, ging man in Wittenberg wegen des reißenden Absatzes daran, einen zweiten verbesserten Druck zu publizieren, der noch im Dezember desselben Jahres erschien. Doch praktisch gleichzeitig lag auch schon der erste Nachdruck des Baseler Druckers Adam Petri vor: Er enthielt nicht nur den gesamten Text mit den Kommentaren Luthers; er war auch mit großen und kleineren Bildinitialen am Anfang der einzelnen Bücher sowie Initialen entsprechend der Septemberbibel ausgestattet. Damit wurde die Leistungsfähigkeit des Baseler Druckhauses beeindruckend bewiesen: über den Neusatz hinaus gelang es, aus dem Stand die Ausstattung des Druckes durch die von Holbein d. J. entworfenen Holzschnitte der Initialen künstlerisch zu verbessern, Lücken zu schließen und kleinere Unstimmigkeiten zu korrigieren; allerdings fehlten die Illustrationen der Apokalypse, die in der Septemberbibel durch Lucas Cranach gestaltet
worden waren. Insgesamt 12 weitere Nachdrucke erschienen im Folgejahr 1523, von denen nur je eine Ausgabe in Grimma und Leipzig nicht in Süddeutschland entstanden waren, wobei demgegenüber allein in Basel 7, in Augsburg weitere 3 Ausgaben verlegt wurden. 1523 kamen als süddeutsche Druckorte Straßburg und Nürnberg hinzu; 1524, im Jahr der größten Zahl paralleler Bibel(teil)ausgaben, sind in Norddeutschland außerhalb Wittenbergs (8 Ausgaben) nur noch in Erfurt und Leipzig je 1 Druck erschienen, demgegenüber im süddeutschen Raum 36 Ausgaben (Augsburg 8, Basel 9, Hagenau 1, Kolmar 1, Nürnberg 6, Straßburg 8, Zürich 3; zusätzlich o. O. 1).