920 Biografien, Genealogie, Insignien
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Eine der bedeutendsten Persönlichkeiten der badischen Geschichte in der Weimarer Republik ist der langjährige Landtagspräsident, Vorsitzende der Badischen Zentrumspartei und badische Kultusminister Eugen Baumgartner. Als Abgeordneter und Landtagspräsident stand er neben Joseph Schofer in den 1920er-Jahren an der Spitze der Badischen Zentrumspartei und führte diese im Rahmen einer Weimarer Koalition mit SPD und DDP auf einem streng republikanischen Kurs. Zugleich hat er sich intensiv in die in der Weimarer Zeit unablässig geführte Diskussion über das Reich-Länder Verhältnis eingeschaltet und ist dabei in zahlreichen Denkschriften und Referaten nachdrücklich für den Erhalt möglichst weitgehender Länderrechte eingetreten. Auf diese Weise wurde Baumgartner zu einem zumindest innerhalb des föderal süddeutsch-katholischen Lagers überaus anerkannten Fachmann in Fragen der Reichsreformdiskussion. Als Kultusminister war er schließlich maßgeblich für das Zustandekommen des Badischen Konkordats vom 12. Oktober 1932 verantwortlich — ein Verdienst, das ihm überaus großes Ansehen innerhalb des katholischen Deutschlands sicherte: Nachdem Baumgartner bereits 1926 zum stellvertretenden Präsidenten des Dortmunder Katholikentages gewählt worden und auch in den folgenden Jahren wiederholt als Redner auf den Generalversammlungen der deutschen Katholiken hervorgetreten war, erfolgte schließlich im Herbst 1932 nur wenige Wochen nach der Paraphierung des Badischen Konkordats die Wahl zum Präsidenten des Deutschen Katholikentages in Essen. Im März 1933 wurde Baumgartner noch von Papst Pius mit dem Ritterkreuz des St.-Gregorius-Ordens ausgezeichnet.
„‚Wir haben die Kirche gesehen.‘ Das war der beherrschende Eindruck, von dem Erzbischof Schäufele erfüllt war, als er nach dem Abschluss des Konzils nach Freiburg zurückkehrte.“ Die Kirche, die der Freiburger Erzbischof in Rom während des II. Vaticanums (1962-1965) sehen konnte, war in vielfacher Hinsicht in Bewegung geraten. Teilweise schon lange gärende Entwicklungen konnten mit dem Konzil eine lehramtliche Anerkennung erhalten, neue Entwicklungen wurden damit
ermöglicht. Als universalkirchliche Zusammenkunft der Bischöfe der katholischen Kirche machte das II. Vaticanum konkret sichtbar, dass diese in und aus Ortskirchen besteht. Wenn in diesem Sinn die Konzilsväter Stimme ihrer Diözese auf dem Konzil und Stimme des Konzils in ihrer Diözese sind, so gilt dies auch für Erzbischof Hermann Schäufele und Weihbischof Karl Gnädinger, die als Freiburger Konzilsväter am II. Vaticanum teilnahmen.
Der äußere Radius seines Lebens war auch nach damaligen Verhältnissen bemessen klein; er erstreckte sich vom Bodensee und der schwäbischen Ostalb bis an den Neckar und den Südschwarzwald im Breisgau, wo er in Freiburg fast drei Jahrzehnte lang als Professor für Moraltheologie und Katechetik sowie später als Domkapitular und Domdekan wirkte. Hinzu kamen während einiger Jahre, in denen er von seiner Freiburger Universität als Abgeordneter in den Badischen Landtag entsandt wurde, regelmäßige Besuche in der Residenzstadt Karlsruhe. Johann Baptist Hirscher wurde am 20. Januar 1788 als erstes von sechs Kindern einer einfachen Bauernfamilie in der Nähe von Bodnegg im heutigen Kreis Ravensburg geboren. Seine schulische Bildung erhielt er auf Anregung des örtlichen Geistlichen in der Prämonstratenserabtei Weissenau. Nach deren Aufhebung im Jahr 1803 wechselte er an das Konstanzer Lyzeum, wo er dem Generalvikar der damaligen Diözese Konstanz Ignaz Heinrich von Wessenberg begegnete, der ihn nachhaltig prägte und schon früh auf seine Begabung aufmerksam wurde. Das sich anschließende Theologiestudium in Freiburg war freilich nur von kurzer Dauer, da der junge Hirscher aus finanziellen Gründen die Universität nach zwei Jahren verlassen musste. Seine ultramontanen Gegner haben ihm später, als er längst zu den führenden katholischen Theologen in Deutschland zählte und als viel gelesener religiöser Schriftsteller anerkannt war, oft seine angeblich lückenhafte wissenschaftliche Ausbildung und seine nur oberflächliche Kenntnis der scholastischen Autoren vorgehalten. Nach dem Besuch des Meersburger Priesterseminars erhielt Hirscher am 22. September 1810 im Konstanzer Münster die Priesterweihe.
Nach seiner Rückkehr von der letzten Sitzungsperiode des II. Vaticanums rief Erzbischof Hermann Schäufele in der Silvesteransprache des Jahres 1965 den Gläubigen seines Erzbistums Freiburg zu: „Machen Sie sich das Konzil zu eigen!“ Sein Fastenhirtenbrief des Jahres 1966 trägt den Titel: „Der Pfarrei — ein neues Gesicht.“ Spätestens mit Aufrufen dieser Art wurde die Rezeption des Konzils eine Aufgabe, die über die Konzilsaula, bischöflichen Amtsstuben und theologischen Fakultäten hinaus das gesamte kirchliche Leben und damit auch die Kirche vor Ort prägte. Nicht wenige, v. a. von der Liturgischen und der Biblischen Bewegung beeinflusste Laien und Pfarrer, haben bereits vor dem II. Vaticanum versucht, von der Pfarrei ausgehend der Kirche ein neues Gesicht zu verleihen. Durch das Konzil konnten sie sich in ihrem Wirken von der Gesamtkirche bestätigt sehen. So hat Eugen Walter, Pfarrer der Freiburger Dreifaltigkeitsgemeinde, anlässlich des zehnjährigen Weihetags seiner Pfarrkirche im Jahre 1963 im Blick auf die Gesamtkirche ganz ähnlich formuliert wie zwei Jahre später sein Erzbischof im Blick auf die Pfarrei: „Es geht darum, dass die Kirche ihr Leben so lebt, dass sie auch vor der Welt kein verstaubtes, erstarrtes, sondern ein offenes, ausdrucksvolles Gesicht gewinnt.“
Die nachfolgenden Nekrologe der Jahre 2001 bis 2005 sind jahrgangsweise in alphabetischer Reihenfolge angelegt. Aufgenommen sind auch Priester, beispielsweise Ordensmänner oder Hochschullehrer, die, ohne der Erzdiözese anzugehören, hier gelebt und gewirkt haben. Zur besseren Erschließung dient das Namensregister am Schluß des Nekrologteils.
Am 18. November 2007, abends gegen 22 Uhr, verstarb in Freiburg nach längerer Krankheit Franz Hundsnurscher, rund drei Wochen nach seinem 74. Geburtstag. Einunddreißigeinhalb Jahre hatte er das Erzbischöfliche Archiv Freiburg geleitet, es aus in jeder Hinsicht bescheidenen Anfängen zu einem modernen, in der Fachwelt anerkannten Archiv aufgebaut und die hier verwahrten Quellen zur Bistumsgeschichte der wissenschaftlichen Öffentlichkeit zugänglich gemacht. Die neun Jahre seines Ruhestandes waren überwiegend geprägt von zunehmenden, teils schwerwiegenden Beeinträchtigungen seiner Gesundheit — von den großen wissenschaftlichen Plänen, die er für die Zeit nach dem Ende seiner aktiven Dienstzeit gehegt hatte, konnte er nichts mehr verwirklichen. Gleichwohl wird sein Name und sein Schaffen für immer mit der Geschichte des Erzbischöflichen Archivs, aber auch mit der Geschichte der Kirche im Erzbistum Freiburg verbunden bleiben. Franz Hundsnurscher hat ein bewegtes und nicht immer einfaches Leben hinter sich. Geboren wurde er am 26. Oktober 1933 in Planskus im heutigen Tschechien als einer von vier Söhnen einer durch und durch katholischen Familie — der Vater diente lange Jahre als Mesner. Seine böhmische Heimat verlor er durch die Vertreibung im Oktober 1946.
Reinhold Schneider nannte Lichtenthal sein „Heimatkloster“ in einem Sinn, der weit über die Gemeinschaft der Schwestern hinaus in der Geschichte der zu badischen Markgrafen berufenen Zähringer gründet. Unsere Abtei ist deren „Hauskloster“ im Osten der Stadt Baden-Baden. „Maison Messmer“, Reinhold Schneiders Elternhaus, war noch in seiner Jugend das Quartier und der Verhandlungsort europäischer Fürsten und Staatsmänner. Er erlebte die Beziehung von Kaiser Wilhelm II. und Kaiserin Auguste Viktoria zur Fürstenkapelle des Klosters. Als religiöse „Heimat“ empfand er Lichtenthal unbewusst in der Jugend durch seine Mutter. Sie war Erbin des katholischen Hauses Messmer. Ihrem Ehevertrag gemäß wurden er und sein Bruder katholisch getauft und lernten so auch das Kloster kennen. Nach dem Verlassen des Elternhauses in jungen Jahren wurde der Glaube in Reinhold Schneider „verschüttet“ und brach erst zwanzig Jahre später in Erkenntnis der nationalsozialistischen Verführung wieder in ihm auf. Er erkannte im gekreuzigten und verherrlichten Jesus Christus den Herrn der Geschichte. Dies zog ihn wieder nach Lichtenthal, das sich ihm nun für sein im Glauben gefundenes neues Leben als geistige „Heimat“ erwies. Zum 50. Todestag des Dichters, am 6. April 2008, der bei seinem jähen Heimgang 1958 der Ostersonntag war, soll seine Beziehung zu unserem Kloster Lichtenthal der Öffentlichkeit erschlossen werden. Er schrieb seit 1944 Briefe an uns Zisterzienserinnen und kam zu Besuchen und Arbeitsaufenthalten.
Es wird wohl so gewesen sein, wie es die — gewöhnlich gut informierte — Autorin beschrieben hat: „An einem hellen Maimorgen rollten die Reisewagen aus dem Rastatter Schloßhof, hinab zur Murg und über die Brücke und auf der Badener Straße weiter nach Süden. Die große Reise begann.“ Die Reise ging nach Rom, und die Reisende war die regierende Markgräfin Sibylla Augusta von Baden, die von ihrem ältesten Sohn, dem Erbprinzen Ludwig Georg, und von einigem Hofstaat begleitet wurde. Irgendwann in jenem Mai des Jahres 1719 kam sie an; in einem Auszug aus den Diarien des Papstes Clemens XI. heißt es, sie sei „venuta come pellegrina per visitare li santuarie di questa citta“. Das heißt, dass sie zumindest die sogenannten ,sieben Kirchen‘ besuchte und somit einer Tradition folgte, die der hl. Philipp Neri 1552 begründet und die Papst Sixtus V. mit seiner Bulle ,Egregi Populi Romani Pietas‘ 1586 bekräftigt und befestigt hatte.
In den Abendstunden des 3. Januar 2008 verstarb in Freiburg Erzbischof emeritus Dr. Dr. Oskar Saier nach längerer Krankheit. Schon einige Wochen zuvor hatte er die Gewissheit erlangt, dass er seine schwere Krebserkrankung nicht würde besiegen können und dass ihm hier auf Erden keine ärztliche Kunst mehr helfen konnte. Das Hochfest der Geburt unseres Herrn und Erlösers durfte er, wenn auch schon sehr geschwächt, noch ein letztes Mal feiern.
Der Sommer 1947 versank in einer großen Dürre. Ein erheblicher Teil der ersehnten Ernte ging verloren. Nach dem schrecklichen Hungerwinter 1946 auf 1947 trieb die Ernährungslage einer weiteren Katastrophe entgegen. Als Erzbischof Gröber am 1. April 1947 sein 75. Lebensjahr vollendete — keine Jubelfeier, sondern nur in kleinen Kreis—, war er von der Zuspitzung der allgemeinen Notlage sehr bedrückt, von den Folgen des verlorenen Krieges, vom Auseinanderreißen seiner Diözese in zwei Besatzungszonen, die eine hinreichende Kommunikation erheblich erschwerte. Freiburg, die Bischofsstadt, blieb gezeichnet vom furchtbaren Bombenangriff des 27. November 1944, der Wiederaufbau konnte nur ganz zaghaft beginnen. Das erzbischöfliche Palais am Münsterplatz, Gröbers Wohnsitz, war zunächst verschont geblieben, stand freilich inmitten brennender Häuser. Dem Funkenflug und den aus dem Brandschutt züngelnden Flammen suchte Dr. Bernhard Welte, Gröbers Sekretär und Hausgenosse seit 1934, noch bis in die Nacht zum 29. November mit einigen beherzten Buben zu wehren, in Eimern Wasser heran schleppend, hilflos und bald erschöpft, frierend in der aufziehenden Kälte, unzureichend gekleidet und mit schlechtem Schuhwerk, das unter den Brandbedingungen litt. Es war alles vergeblich, spätestens, als die Wasserzufuhr versagte. Da war nichts mehr zu retten. Das Palais geriet, ausgehend von den Nebengebäuden in der Schusterstraße, voll in Brand. Dr. Welte und die hilfsbereiten Buben mußten sich in Sicherheit bringen.
Die Haltung des Freiburger Pastoraltheologen Linus Bopp (1887-1971) zum und im Nationalsozialismus
(2007)
Die Freiburger Albert-Ludwigs-Universität, zu deren historischen Kernfächern die (Katholische) Theologie gehört, kann 2007 auf ihr 550-jähriges Bestehen zurückblicken. Ein Jubiläum dieser Art ist immer auch ein Anlass zum historischen Rückblick. Dabei hängt die Qualität eines solchen Rückblicks wesentlich von der Bereitschaft ab, sich auch kritischen Phasen und Ereignissen zu stellen, zu denen zweifelsohne die Zeit des Nationalsozialismus gehört. Dieser Aufsatz richtet den Blick auf Linus Bopp, der in diesen Jahren Professor für Pastoraltheologie an der Theologischen Fakultät der Universität Freiburg war. Zunächst soll ein kurzer Überblick über seine Person und sein Werk gegeben werden (1). Danach wird Bopps Haltung zum Nationalsozialismus im Kontext der gegenwärtigen kirchengeschichtlichen Forschung thesenartig umschrieben (2). In einem dritten Schritt ist darauf zu schauen, in welche Richtung die Weichen in Bopps pastoraltheologischem Denken vor 1933 gestellt waren (3). Anschließend wird geschildert, wie der Freiburger Pastoraltheologe im „Dritten Reich“ zu einem „Brückenbauer“ wurde, aber auch, wie er zum nationalsozialistischen Regime zunehmend auf Distanz gegangen ist (4). Überlegungen, wie sich der Freiburger Theologieprofessor Bopp nach Ende des Zweiten Weltkriegs über den Nationalsozialismus geäußert hat und wie diese Erfahrungen sein (pastoraltheologisches) Denken beeinflusst und verändert haben, schließen diesen Beitrag ab (5).
Cantiones sacrae
(2007)
Im Jahr 2007 feierte die Freiburger Albert-Ludwigs-Universität ihr 550-jähriges Jubiläum. Jubiläen bieten die Möglichkeit, den Ursprüngen des gefeierten Objekts — sei es dem Gründungsanlass und der Idee einer Institution oder den Verdiensten wichtiger Persönlichkeiten — nachzuforschen und den Erkenntnisgewinn heutigen Zeitgenossen zu übermitteln. Bei der geschichtlichen Würdigung einer der ältesten deutschen Universitäten (1457) kommen neben Gründern und Förderern Persönlichkeiten aus der Anfangszeit besonders in den Fokus wie z.B. Rektor und Professoren, aber auch das Leben der Studenten in Vorlesungen und Studentenhäusern (Bursen). Koryphäen, die im Verlauf der Geschichte den Ruhm der Universität in die Welt hinaustrugen, sei es auf dem Gebiet der Geistes- oder Naturwissenschaften, werden gewürdigt. Es werden Glanz- und Elendzeiten dargestellt und die Beziehungen der Universität zu den jeweils verantwortlichen Politikern, zu Stadt und Land sowie zu den Kirchen und zur Bevölkerung beleuchtet. Eine Berufssparte, die aus der Studienzeit an der Freiburger Universität im ersten Jahrhundert nach ihrer Gründung (16. Jahrhundert) großen Gewinn zog und später der Universität Ehre machte, war ein halbes Dutzend überregional bekannt gewordener Komponisten. Da ihnen an ihren Geburtstagen sicherlich nicht auch nur annährend so viel Aufmerksamkeit gewährt wird wie großen Komponisten an deren Gedenktagen — man denke beispielsweise im Jahr 2007 an Dietrich Buxtehude (1637- 1707) oder im Jahr 2006 an das Genie Wolfgang Amadeus Mozart (1756-1791) —, soll hier an einst in Freiburg lebende Komponisten aus der zweiten Reihe insgesamt erinnert werden, die im sechzehnten Jahrhundert an dieser Freiburger Universität studiert haben. Dazu will diese
Zusammenstellung einen Beitrag leisten.
Die Wurzeln des Widerstandes
(2007)
Wenn Theodor Haecker heute aus historischer Perspektive überhaupt noch Beachtung findet, dann als kompromissloser Gegner des nationalsozialistischen Regimes, als Mentor der jungen Leute, welche die „Weiße Rose“ bildeten, und die ihren Mut allzu oft mit dem Leben bezahlten. Diese Feststellung korrespondiert mit der Tatsache, dass er als Autor in der Gegenwart beinahe nur noch durch die „Tag- und Nachtbücher“ präsent ist, also mit seiner insgeheim und in vehementester Form verfassten Abrechung mit der NS-Herrschaft, deren Erstveröffentlichung im Jahre 1947 rund zwei Jahre nach Haeckers Tod erfolgte. Die „Tag- und Nachtbücher“ verdanken ihren — wenigstens im Vergleich zu Haeckers sonstigem literarischem Schaffen — noch erheblichen Bekanntheitsgrad vor allem der verdienstvollen Neuausgabe, die von Hinrich Siefken 1989 besorgt wurde. Indessen sind etwa die Tagebücher des Dresdner Romanisten Viktor Klemperer, die aus der Sicht des Historikers als „Primärquelle“ gewisse Parallelen zu den „Tag- und Nachtbüchern“ aufweisend, zweifellos heute ungleich mehr Menschen bekannt als Haeckers Notate. Dies hat sicherlich nicht zuletzt damit zu tun, dass Klemperers Schilderungen zumeist eine direkte Spiegelung der alltäglichen Lebenswelt in einer totalitären Diktatur darstellen, also für historisch interessierte Laien ohne große Schwierigkeiten zugänglich sind.
Konrad, von 934 bis 975 Bischof von Konstanz, wird im allgemeinen dargestellt mit einem Kelch, auf dem eine Spinne sitzt. Dies verweist auf folgende Geschichte: Als Konrad bei der Feier der heiligen Messe am Ostertag den Kelch abdeckte und das Blut Christi trinken wollte, sah er, dass eine giftige Spinne in den Kelch gefallen war. „Mit festem Glauben trank er den Kelch aus, überzeugt davon, dass das Gift ihm nicht schaden werde. Die Umstehenden befiel Trauer und Furcht. Doch Konrad setzte sich nach dem Gottesdienst mit den übrigen zum Mahl. Et reclinato super mensam capite, exitum araneae aperto praebet ore, quae nec mori in homine Dei, nec mortem potuit inferre. Tum quanta convivarum exultatio, quanta de viri constantia suboritur admiratio, lector potius animo concipiat, quam exprimendum verbis exigat“ („Und nachdem er sein Haupt auf den Tisch geneigt, gewährte er mit offenem Munde der Spinne den Ausgang, die im Manne Gottes weder hatte sterben, noch den Tod bringen können. Wie groß darauf der Jubel der Speisenden war, welche Bewunderung der Standhaftigkeit des Mannes sich erhob, möge der Leser lieber selbst im Geist erfassen, als in Worten ausgedrückt verlangen“.) Dieses sogenannte Spinnenwunder ist in der ältesten Überlieferung der Lebensbeschreibung von 1190 noch nicht enthalten und taucht erstmals in der Handschrift der Vita in der württembergischen Landesbibliothek von 1456 auf, fand aber wohl schon seit dem 13. Jahrhundert allmählich Eingang in die Konradsvita; auch in der Legenda aurea des Jacobus de Voragine wird sie immerhin schon in einer Handschrift des 14. Jahrhunderts erwähnt.
August Ruf und Eugen Weiler
(2006)
Die Holocaust-Gedenkstätte Yad Vashem hat August Ruf (1869-1944) und Eugen Weiler (1900-1992) viele Jahre nach ihrem Tod den Ehrentitel „Gerechter unter den Völkern“ verliehen. Überreicht wurde diese höchste Auszeichnung, die der israelische Staat zu vergeben hat, im Rahmen einer Feierstunde in Singen am 24. Juli 2006, eine weitere Feierstunde fand am 25. Juli 2006 in Rufs Heimatstadt Ettenheim statt. Damit wurden die beiden Priester der Erzdiözese Freiburg für etwas ausgezeichnet, das eigentlich selbstverständlich sein sollte: Sie haben einem Menschen das Leben gerettet. Was die Tat so besonders macht, dass ihnen postum diese besondere Anerkennung zugedacht wurde, sind deren Umstände: Sie haben im Jahr 1942 einer deutschen Jüdin zur Flucht in die Schweiz verholfen und sie somit vor der Ermordung in den Gaskammern von Auschwitz bewahrt. Etwas besonderes ist auch die Tatsache, dass es mit August Ruf und Eugen Weiler zwei deutsche Geistliche sind, die mit dieser Ehrung bedacht wurden — sie sind damit die ersten Priester der Erzdiözese Freiburg, denen dies widerfahren ist. Wenn sich auch die Erzdiözese eigentlich keinerlei Verdienste in Zusammenhang mit der Tat der beiden Priester zurechnen kann, und wenn auch die Ehrung selbst ohne Zutun der Bistumsleitung oder -verwaltung zustande gekommen ist, so fällt doch vielleicht ein kleiner Widerschein auf die Erzdiözese Freiburg und ihren Klerus zurück. Der aus Singen stammende Freiburger Weihbischof Prof. Dr. Paul Wehrle hat es sich daher nicht nehmen lassen, im Rahmen der Singener Veranstaltung der beiden Männer ehrend zu gedenken und ihnen nachträglich noch den gebührenden Dank für ihre Leistung abzustatten.
„So wie die Kirche Heilsanstalt ist, um der Welt, der Schöpfung, das Heil zu bringen, so auch die Pfarrei für ihren Teil. Ja wir können sogar sagen, dass gerade die Pfarrei der Ort ist, an dem die Kirche mit Vorzug auf die Welt trifft, soweit es sich um das Alltagsleben der Menschen handelt, angefangen vom Eintritt des Menschen in die Welt bis zum letzten Hauch, vom Leben in der Familie, der Unterweisung der Kinder bis zur Durchdringung des großen und kleinen Alltags, von Handel und Wandel mit christlichem Geist.“ Diese Aussage steht als pastorale und theologische Herausforderung im Zentrum eines Büchleins des aus dem Erzbistum Freiburg stammenden Jesuiten Constantin Noppel (1883-1945), der sich ausgehend vom zeitgenössisch populären Leib-Christi-Motiv um eine Vermittlung von Theologie und Pastoral und näherhin um eine ekklesiologische Grundlegung der Pfarrei und des kirchlichen Lebens bemühte.
Riedböhringen! In meiner Erinnerung ist eine Fahrradtour aufbewahrt, die ich 1954 als Student von Freiburg über den Schwarzwald zum Bodensee unternahm mit dem Ziel der Insel Reichenau. Es war wohl in den Pfingstferien. Dies war nicht ganz ohne Mühen, denn wir hatten damals noch keine Mountainbikes, sondern mussten uns schon plagen mit den schweren Fahrrädern ohne differenzierte Gangschaltung — das Höllental hinauf, bis die Baar-Höhe geschafft war, die dann in mehr oder weniger sanfte Wellenbewegungen überging. Ich wollte der ‚alten‘ Donau, der ,Feldberg‘-Donau, entlangfahren, also Richtung Blumberg Kurs nehmen. So gelangte ich durch Riedböhringen, das erste und bisher einzige Mal. Nein, ich wusste 1954 nichts von Pater Augustin Bea, mir war auch nicht bekannt, dass Riedböhringen im Mittelalter zum Kloster Reichenau gehörte und dass der heilige Genesius, ein sonst wenig bekannter Märtyrer, als Kirchenpatron über die Reichenau nach Riedböhringen gekommen ist. Und zur Reichenau wollte ich ja fahren. Selbstverständlich ist dann die große Gestalt des Riedböhringer Augustin Kardinal Bea in der Medienöffentlichkeit und in der wissenschaftlichen Welt bekannt geworden — auch außerhalb der theologischen Disziplin, und nicht zuletzt in der landesgeschichtlichen Forschung, und ich habe 2003 in unserer Zeitschrift „Freiburger Diözesanarchiv“ (Band 123,126-147) einen grundlegenden Beitrag von Dr. Bernd Mathias Kremer veröffentlicht, dem ja dieser Ort Riedböhringen viel zu verdanken hat.
Fürstliches Vorbild?
(2006)
Wer die Rastatter Hofkirche betritt, stößt direkt hinter dem Eingang auf eine in den Fußboden eingelassene Inschrift; sie lautet: „Bettet für die grose Sünderin Augusta MDCCXXXIII“. Diese Worte wurden auf Verlangen der Markgräfin Franziska Sibylla Augusta von Baden (1675-1733) in der Kirche angebracht, in der sie sich bestatten ließ. Immer wieder sind sie Anlass gewesen, über die bemerkenswerte, schillernde und für viele rätselhafte Person der Markgräfin Näheres zu erfahren. Einige Autoren begaben sich angesichts dieser Formulierung auf die Suche nach jenen „großen Sünden“, auf die sie angeblich hinweist. Das Ergebnis waren mehr oder weniger wilde Spekulationen, die in Romanen vor allem des 19. Jahrhunderts nachgelesen werden können. Darin sagte man Sibylla Augusta Lüsternheit und Herrschsucht, amouröse Abenteuer und Machtgier nach und suchte nach Hinweisen auf Intrigen und Missgunst am Rastatter Hof. Diesen Vorwürfen ist mehrfach vehement entgegengetreten worden. Für die folgenden Überlegungen hat dabei ein Argument besondere Bedeutung: Wer die Grabinschrift als Hinweis auf ein durch besondere Sünden oder Verfehlungen belastetes Leben der Markgräfin lese, missverstehe ihre Frömmigkeit und die barocke Religiosität insgesamt. Vielmehr geben diese Worte gerade Zeugnis von einer innigen Gläubigkeit und von ihrem ängstlichen Bemühen, den religiösen und kirchlichen Vorschriften zu genügen.