920 Biografien, Genealogie, Insignien
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Bei Recherchen in den digitalisierten Beständen des Generallandesarchivs stieß ich auf drei Seiten im Fundus der Glasnegative Wilhelm Kratts, die Nachzeichnungen von mittelalterlichen Fensterbildern enthielten: Paare in frommer Haltung und in spätmittelalterlicher Adelstracht, ergänzt um eine große Zahl von Wappen. Die archivalischen Informationen verorteten die Darstellungen in der evangelischen Kirche in Mahlberg, und auf allen drei Seiten prangte mehrmals prominent das Geroldsecker Wappen. Die Darstellungen waren mir vollkommen unbekannt, und eine nochmalige Durchsicht der einschlägigen Literatur zeigte auch, dass sie der Geroldseckerforschung bislang nicht aufgefallen waren. Meine Suche nach den Zeichnungen blieb sowohl in Mahlberg als auch in Karlsruhe erfolglos, und erst nach ausgiebigen Recherchen gelang es mir, die Originale im Hessischen Hauptstaatsarchiv in Wiesbaden ausfindig zu machen.
Der Titel des Aufsatzes mag den Leser überraschen, sind doch die Herren von Wolfach gewöhnlich für ihr insgesamt geschlossenes Territorium im mittleren bis oberen Kinzigtal bekannt. Dennoch gab es eine Zeitlang eine Beziehung auf die
Schwäbische Alb, ganz in den Osten des heutigen Baden-Württemberg. Darauf hat schon 1992 Hans Harter aufgrund seiner
umfangreichen Quellenstudien zum Adel und zur Besiedlungsgeschichte im Kinzigtal hingewiesen.
Joseph Schulz
(2020)
Anlässlich des 100. Todestages von Pfarrer Joseph Schulz, der am 4. März 2019 gefeiert wurde, fanden in der Pfarrkirche zu
Friesenheim-Heiligenzell zwei Veranstaltungen zu Ehren des Heiligenzeller Ehrenbürgers und Kirchenmusikkomponisten,
Geistlicher Rat, Pfarrer Joseph Schulz, statt. Pfarrer Joseph Schulz, der mit seinen umfangreichen Stiftungen die Errichtung der selbstständigen Pfarrei Heiligenzell ermöglichte, war zu seiner Zeit als Kirchenmusikkomponist und Herausgeber des kirchenmusikalischen Blattes „Der katholische Kirchensänger“ überregional bekannt und bedeutend. Zahlreiche musikalische Werke, darunter acht liturgische Messen, sind es wert, das Leben des Pfarrers Joseph Schulz zu betrachten und zu würdigen.
Karl Schmider
(2020)
Es war im Herbst des Jahres 1993, als ich mich als 15-jähriger, schüchterner Bub auf den Weg von meinem Elternhaus über
die Kinzig auf die andere Seite meiner Heimatstadt Hausach machte. Ich stand kurz vor Beginn meiner kirchenmusikalischen C-Ausbildung und mein zukünftiger Lehrer, Bezirkskantor Matthias Degott in Gengenbach, hatte mir geraten, Kontakt mit einem gewissen Karl Schmider aufzunehmen, seinerzeit Kirchenmusiker an der Kirche St. Arbogast in Haslach. Während der dreijährigen Ausbildung zum nebenberuflichen Kirchenmusiker wird den Absolventen nämlich empfohlen, aktiv an einem Kirchenchor teilzunehmen, um dessen Aufgabenbereiche innerhalb der Liturgie und die wöchentliche Arbeitsweise mit solch einem Chor kennenzulernen
Wolfgang Dachstein wurde vor 533 Jahren am 07.03.1487 in Offenburg geboren. Seine Vorfahren könnten aus der Theologen- und Musikerfamilie Dachstein stammen, die im ehemaligen Bischofssitz Dachstein bei Molsheim nahe bei Straßburg nachweisbar ist. Dachstein ist vier Jahre jünger als Martin Luther und vier Jahre älter als der große Reformator Südwestdeutschlands, Martin Bucer. Beide sollten in seinem Leben eine nicht unerhebliche Rolle spielen. Nach den Jugendjahren und dem Besuch der Pfarrschule in seiner Heimatstadt Offenburg trat Dachstein 1503 in Erfurt in den Dominikanerorden ein, in dasselbe Kloster, in dem genau 200 Jahre zuvor sein früher Mitbruder Meister Eckhart als Provinzial der Ordensprovinz gewirkte hatte. Dachstein studierte dort zusammen mit Martin Luther aus dem Orden der Augustinereremiten Theologie und Musiktheorie und nahm seinen ersten Orgelunterricht. Der Jurastudent Luther (1483–1546) war nach seinem Bekehrungserlebnis 1505 in das Erfurter Kloster eingetreten, wurde 1507 zum Priester geweiht und erhielt dort schon 1512 die Professur für Bibelauslegung. Die frühe Begegnung mit Luther in Thüringen hatte Folgen nicht nur für Dachsteins theologische Orientierung, sondern auch für seine weitere musikalische Entwicklung.
Öffentliche Archive verwahren vor allem Unterlagen, die sie von der Verwaltung ihres Trägers bei Aktenaussonderungen
erhalten haben. Neben der schriftlichen Überlieferung ihres Trägers übernehmen die Archive aber auch weitere Unterlagen
von bleibendem Wert, soweit sie in das Sammlungsprofil passen. Das bedeutet, dass beispielsweise ein Gemeindearchiv nur
ortsgeschichtlich interessante Dokumente übernimmt, während eine überörtliche Überlieferung eher für die Kreis- oder
Landesarchive interessant wird. Durch die Übernahme solcher „hausfremden“ Archivalien sollen vor allem Überlieferungslücken geschlossen und vorhandene Archivbestände ergänzt werden. So können Akten von privaten Personen oder Vereinen weitere interessante Informationen zur Orts- und Kreisgeschichte enthalten, die man in Behördenakten nicht ohne weiteres finden würde.
Aus der langen Reihe von Büchern, die Wilhelm Hausenstein schrieb, sticht das eine, um das es hier geht, unübersehbar hervor; oder sollte man sagen, dass es aus der Reihe fällt? Dennoch, oder eben deshalb, ist es so oft wie kein anderes nach
seiner ersten Veröffentlichung, 1948 bei Karl Alber, immer wieder neu aufgelegt worden: 1958 bei Herder, 1976 im Süddeutschen Verlag, 1980 im Deutschen Taschenbuch-Verlag. Das Buch heißt: „Die Masken des Komikers Karl Valentin“. Ihm war, 1932 bei Knorr & Hirth, schon „Das Karl Valentin Buch“ vorausgegangen, als „Erstes und einziges Bilderbuch von Karl
Valentin, über ihn und Lisl [sic] Karlstadt, mit Vorwort und ernsthafter Lebensbeschreibung und Bildunterschriften von ihm selbst, sowie zwei Aufsätzen von Tim Klein und Wilhelm Hausenstein“. Und nun, 2019, ist es noch einmal erschienen,
bei Schirmer/Mosel, schöner als je zuvor.
Im November 2018 waren es 70 Jahre, dass der Bäckermeister Hermann Müller nicht länger Bürgermeister in Reichenbach bei Lahr sein wollte. Von den Franzosen im Juni 1945 eingesetzt, amtierte er nur eine kurze Zeitspanne gemessen an den
Amtszeiten seiner Nachfolger. Während diese im Ort aber noch in guter Erinnerung sind, ist die Person Hermann Müllers weitgehend in Vergessenheit geraten. Wer war dieser Mann? – Die untersuchten Quellen verraten wenig über den Menschen Hermann Müller. So muss man sich sein Wesen und seine Lebenseinstellung herleiten aus den Zeitumständen, die in jenen Jahren in Reichenbach herrschten, und wie Müller mit diesen umging. Hilfreich sind dabei auch die Erinnerungen seiner Söhne Bernhard und Franz, die der Person des Vaters eine Kontur und seinem Naturell Farbe geben. Aber vieles muss Vermutung bleiben.
Dr. (rerum politicarum) Gustav Bannholzer, geb. am 17.2.1886 in Zell im Wiesental. Zum Priester geweiht am 2.7.1912. Er war
ab 1926 Pfarrverweser, ab 1929 Pfarrer in Schutterwald. Fast zwingend ließ er sich gerne mit „Herr Doktor“ anreden. Am 1. Dezember 1933 musste er wegen Streitereien mit dem Stiftungsrat, dem Bürgermeister, dem Gemeinderat und großen Teilen der Bevölkerung Schutterwald verlassen. Hauptgrund war hauptsächlich die unsichere Finanzierung des von ihm initiierten Gemeindehauses „St. Jakobus“.
Das vergangene Jahr 2018 war ein Jahr der Erinnerung an das Ende des Ersten Weltkrieges, „La Grande Guerre“ der Franzosen. In vielen Veranstaltungen, in Beiträgen in Zeitungen und in spezieller Literatur wurde insbesondere an die
Ereignisse vom November 1918 in Deutschland erinnert, die durch die Ergebnisse der neueren historischen Forschung in ein neues Licht gerückt wurden, besonders im Blick auf ihre Bedeutung für die politische Entwicklung unseres Vaterlandes bis in unsere Tage. Dabei konnte leicht der Eindruck einer Sicht von oben auf die Ereignisse aufkommen. Denn in der Tat waren es im November 1918 und in den folgenden Monaten dramatische Ereignisse, die zunächst mit großer Geschichte und großen Namen in Erinnerung sind: nach über sechs Jahrhunderten war das einstmals große und gewaltige Osmanische Reich Geschichte geworden, das jahrhundertealte zaristische Russland verschwand von der Weltbühne, ebenso die ehemals glorreiche österreichisch-ungarische Doppelmonarchie, wie auch das kaiserliche Deutschland. Neue Staaten entstanden, andere erlebten eine Wiedergeburt: die Tschechoslowakei, die baltischen Staaten, Polen. In Deutschland brach die Revolution aus, es wurde geschossen, „alle Macht den Räten“ hieß eine Parole, rote Fahnen wehten in Berlin auf dem
Reichstag, auf dem Brandenburger Tor und auf dem Berliner Schloss. Die Republik wurde ausgerufen, dazu gleich zweimal.
Höchst unterschiedliche Namen, von Karl Liebknecht und Rosa Luxemburg, von Philipp Scheidemann bis Prinz Max von Baden, sind in die Geschichte eingegangen.
Heinz G. Huber hat 1990 in „Ortenauer Lebensläufe“ und zuvor schon in mehreren Beiträgen in der Acher-Rench-Zeitung
(3.8., 8.8., 11.8.1989) die Geschichte dieser einzigartigen jüdischen Institution bereits geschildert. Dabei ist er vor allem auf
deren Gründer und Initiator Siegfried Schnurmann (geb. 1907 in Offenburg, gest. in Freiburg, begraben auf dem dortigen Jüdischen Friedhof) eingegangen, der ihm über das damalige Zustandekommen noch persönlich berichtet hatte.
In der Dorfmitte, „Am Durbach“, zwischen Haus-Nummer 3 und 4, zweigt ein ausgebauter Weg, der „Schmiedweg“ (die
Schießgasse) nach Appenweier. Er führt zwischen den beiden Wohngrundstücken 3 u. 4 vorbei, und danach, südlich, gegenüber der Sackgasse „Im Stück“ und dem Friedhof, steht das schmale Transformatoren-Haus. Von hier wurde bis 1989 die
elektrische Versorgung von Ebersweier geregelt und heute (seit 1993) nun zweckentfremdet, doch sinnvoll, dient es als Unterschlupf von gefährdeten Tierarten.
Der Kaiser vor Meersburg
(2005)
Ich uni ze ainem affen werden, als ich ze Merspurg wart. Diese Worte legte Mitte der
1340er Jahre ein anonym er Dichter Ludwig dem Bayern in den Mund und spielte damit
auf die Niederlage des kaiserlichen Heers bei der Belagerung Meersburgs an. Der Wittelsbacher, der nach einer Doppelwahl Albrecht von Hohenberg den Konstanzer Bischofsstuhl verschaffen wollte, hatte im Sommer 1334 drei Monate lang erfolglos die
Stadt berannt, in die sich Anhänger des Gegenkandidaten Albrechts zurückgezogen
hatten. Der längste Aufenthalt des Kaisers im Südwesten des Reichs brachte ihm am Ende nur Spott ein.
Die Forschung zu Ludwig dem Bayern hat diese Belagerung seit Carl Müller im
Jahr 1879, der noch einen Satz dazu verlor, in ihren Darstellungen nicht einmal mehr
erwähnt, auch die Standardwerke zur südwestdeutschen Landesgeschichte gehen nicht
auf diese Ereignisse ein. Die Regionalforschung glaubte, ohne sich eigens mit der
Belagerung zu beschäftigen, bislang im m er den Schilderungen der Chroniken, sie differenzierte nicht zwischen den Überlieferungssträngen und vermischte diese kritiklos.
Dabei kann gerade dieses Ereignis und dessen Wahrnehmung durch die Zeitgenossen
in der Frage nach dem politischen Handlungsspielraum des Wittelsbachers erhellend
wirken.
Die Zahl junger Mädchen, die schon als kleine Kinder ins Kloster gebracht und
dort aufgezogen wurden, muss auch im ausgehenden Mittelalter noch groß gewesen
sein. Im frühen Mittelalter primär als Akt der Schenkung - Oblation genannt - an Gott
verstanden, wurde die Übergabe an eine monastische Institution im Spätmittelalter vor
allem durch das weibliche Erbrecht und die Rolle der Aussteuer bei der Verheiratung
adliger Töchter bedingt. Männliche Nachkommen, die ihren Erbanspruch durchsetzten,
teilten den Familienbesitz zwar auf, schmälerten ihn aber prinzipiell nicht; hingegen
brachten verheiratete Töchter ihn im Erbfall in fremde Hände. Dies und die Tatsache,
dass adlige Familien aus wirtschaftlichen Erwägungen häufig eine Gesamtsumme festlegten, die weiblichen Nachkommen bei der Heirat als Mitgift ausbezahlt werden konnte,
hatte für die jungen Frauen oft drastische Folgen: Wollte man die Höhe der Aussteuer,
welche eine standesgemäße Eheschließung erst ermöglichte, nicht durch Aufsplitterung verringern, musste die Heiratserlaubnis auf eine oder höchstens zwei Töchter beschränkt werden. Im Hinblick auf die ökonomische Situation der meisten adligen Familien im Spätmittelalter war eine solche Begrenzung sinnvoll, denn mit dem Klostereintritt
war ein Erbverzicht verbunden; dieser wurde mit einer Leibrente abgegolten, die nur einen Bruchteil der üblichen Mitgift ausmachte. Dabei wurde der zukünftige Stand der
Töchter schon häufig im Alter von fünf bis sechs Jahren festgelegt, was dem in verschiedenen monastischen Quellen angegebenen Aufnahmealter für Kinder in den Klöstern
entsprach.
Während mehr als tausend Jahren hatte das Benediktinerkloster an der Steinach
weite Gebiete in der heutigen Ostschweiz und nördlich von Rhein und Bodensee maßgeblich geprägt. Seine Aufhebung, die am 8. Mai 1805 im Großen Rat des zwei Jahre zuvor
neu gegründeten Kantons St. Gallen nur äußerst knappe Zustimmung fand, bedeutete
deshalb einen entscheidenden staatspolitischen, religiösen und kulturellen Bruch mit
einer wechselvollen und reichen Vergangenheit, die zurück reichte bis zur Grundlegung
der Abtei im Jahr 612 durch den irischen Wandermönch Gallus. Vor allem im frühen Mittelalter verfügte das Kloster über zahlreiche Besitzungen im süddeutschen Raum, die es
jedoch im Lauf der Jahrhunderte zugunsten eines geschlossenen, einfacher zu verwaltenden Territoriums in der engeren Region mehrheitlich wieder abstieß. In der Neuzeit
verblieben der Abtei vergleichsweise wenige Herrschaften nördlich des Rheins, darunter Ebringen und Norsingen im Breisgau und Neu-Ravensburg im Allgäu. Während der
revolutionären Wirbelstürme und Umstrukturierungen Ende des 18. Jahrhunderts und
bis zu ihrem Verlust 1803 dienten die exterritorialen Besitzungen dem Fürstabt als willkommener, dem helvetischen Zugriff entzogener Rückhalt im Reich. Die Verflochtenheit
des Gallusklosters mit der Bodenseeregion (und weit darüber hinaus) zeigt sich jedoch
nicht nur in seinen Rechts- und Vermögensausläufern, sondern auch in seiner geistig-geistlichen Ausstrahlung, wie sie sich etwa aus den Konventslisten ablesen lässt. Diese
verzeichnen die Herkunft zahlreicher St. Galler Mönche aus dem süddeutschen Raum
und aus Österreich. Von den 74 Patres und Fratres des letzten Konventes, um den es
im Folgenden gehen soll, stammten vier aus dem heutigen Baden-Württemberg, drei
aus Bayern, zwei aus dem Vorarlberg und einer aus Tirol. Wie das ihrer helvetischen
Mitbrüder nahm auch ihr Schicksal mit der knappen Annahme der Liquidationsvorlage
am 8. Mai 1805 eine heftige Wendung.
Als der Badische Landtag am 6. November 1929 zum ersten Mal in seiner neuen Wahlperiode zusammentrat, traf mitten in der Vormittagssitzung die Nachricht vom Tod des Prinzen Max von Baden ein; der Prinz war seit 1889 Mitglied der Ersten Kammer und von 1907 bis 1918 deren Präsident gewesen. Das „Haus“ erhob sich zu einem kurzen Nachruf des Landtagspräsidenten Eugen Baumgartner auf den Prinzen – mit Ausnahme der Fraktionen der Deutschnationalen Volkspartei und der Nationalsozialisten, die demonstrativ den Saal im Karlsruher Ständehaus verließen; die Abgeordneten der Kommunisten blieben sitzen.
„Unser Anteil am Westen“
(2019)
Am Ende seines Lebens konnte Wilhelm Hausenstein, der 1882 in Hornberg geboren worden war, von sich sagen, er habe „seit Kindesbeinen von meiner schwarzwäldischen Heimat her immer nach dem Elsaß auf die natürlichste und nächste Weise hinübergelebt“. Der Blick ging talabwärts, den Bächen und Flüssen nach, hin zum Rhein, ins Offene, Weite. Und nicht von ungefähr folgte dieser Blick dem Weg, den einst die Flößer genommen hatten, unter ihnen einer der Urgroßväter Hausensteins, der legendäre Johann Armbruster aus Wolfach. Er folgte zugleich der alten Poststraße, die von jeher Wien mit Paris verband. – Dagegen hat Hausenstein „oft erzählt, wie die Hornberger Schulbuben zur nahegelegenen Staatsgrenze, nach Schramberg zu, hinaufstiegen und den jenseits vermuteten württembergischen Bundesbrüdern ins Blaue hinein Beschimpfungen zuriefen“. Es war klar, wem die Sympathien galten, und wem nicht.
Dr. Paul Wolff (1887–1951)
(2019)
Im Jahr vor seinem Tod schrieb der Fotograf und Arzt Dr. Wolff seine Autobiografie, in der er sich vor allem seinem Leben
mit der Kamera, besonders der legendären Leica, widmete, die ihn berühmt und erfolgreich gemacht hatte. Industrielle, Politiker, Arbeiter und Kinder – alle hatte er mit seinen Objektiven in typischen Posen erfasst und auf Celluloid (früher auf Glasplatten) gebannt. Seinen Rückblick auf ein abenteuerliches, arbeitsreiches Leben begann er mit der Schilderung seiner
Kindheit in Lothringen, das damals zum deutschen Kaiserreich gehört hatte, und der anschließenden Jugendzeit in Straßburg.
Ein monströser städtebaulicher Entwurf, der zum Glück nur eine kurze Episode geblieben ist, sollte vor 80 Jahren Straßburg
näher an Offenburg heranrücken: Hitlers Pläne zur Neugestaltung Straßburgs als Hauptstadt des neuen Doppelgaus Baden-Elsass am Oberrhein nach dem deutschen Sieg über Frankreich im Jahre 1940.
Der Scharfrichter, der mit der Schärfe des Schwertes richtet, wird, da er nach dem Spruch des „Hohen Gerichts“ richtet, auch als Nachrichter bezeichnet. Die lateinische Bezeichnung für ihn ist: „carnifex“. Für das „Römische Reich deutscher Nation“ gilt als früheste Nennung eines „professionellen Scharfrichters“ das Jahr 1276 für die Stadt Augsburg. Just in diese Zeit fällt auch die Loslösung der Straßburger Bürger von der bischöflichen Herrschaft des Straßburger Bischofs Walther von Geroldseck, ausgelöst durch die Schlacht bei Hausbergen im Jahre 1262. Damit kann man davon ausgehen, dass in der Folge mit diesem Jahr nicht nur die Reichsunmittelbarkeit, sondern auch der Blutbann verliehen worden ist. Wer die „Hohe Gerichtsbarkeit“ innehat, ist rechtlich befugt, einen Scharf- oder Nachrichter in seinen Dienst zu stellen. Der Straßburger Scharfrichter tritt im Jahre 1286 ans Licht der Geschichte.