920 Biografien, Genealogie, Insignien
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Zwei Jahre vor dem berühmt gewordenen Kirchentag in Wittenberg erschien 1846 in den Fliegenden Blättern aus dem Rauhen Hause zu Horn bei Hamburg ein Artikel über die Innere Mission in Baden, in dem – wahrscheinlich – Johann Hinrich Wichern schrieb: Baden steht zwischen Württemberg, den Cantonen Basel und Zürich und dem Elsaß eigenthümlich isolirt da, in Beziehung auf die freie Association zu praktisch christlichen Zwecken in unmittelbarster Nähe. Während in den genannten, Baden umgebenden, Ländern Vereine und Anstalten christlicher Liebe aller Art blühen und zunehmen, kommt aus Baden uns kaum eine Kunde von verwandten Unternehmungen zu. Diese Klage über mangelnden missionarischen und diakonischen Einsatz dürfte kaum mit dem Hinweis auf Wicherns defizitäre Kenntnisse zu entkräften sein, galt er doch als überaus gut informierter Fachmann, wie die in der genannten Zeitschrift abgedruckte Auflistung badischer Werke der Inneren Mission zeigt. Die badischen Entwicklungen der Inneren Mission und der „Diakonie“ verfolgte Wichern spätestens seit den frühen 1830er Jahren. Seit dieser Zeit pflegte er auch direkte Kontakte zu Badenern.
Der Schiltacher Lehrer Johann Höflin (t1892) hatte häufig Gelegenheit, ,,am Wirtstisch, im Familienkreis, bei Lichtgängen" von zwei Gaunern erzählen zu hören: ,,Welche Gespanntheit bemerkt man da an den Gesichtern der Zuhörer! Mit welcher
Aufmerksamkeit hängen ihre Augen an den Lippen des Erzählers!" 1881 sammelte er, was er dazu auf dem Rathaus an Akten
finden konnte, in seinen „Beiträgen zur Geschichte der Stadt Schiltach". Dabei war ihm ein Anliegen, ,,die Unsicherheit der
damaligen Zeit" mit dem „hohen Wert der heutigen Zustände" zu vergleichen, in denen „Humanität, Sicherheit des Eigentums, Arbeitsamkeit der Bevölkerung, geordnetes Staatswesen" solche Vorkommnisse unmöglich machten.
„Zu Unrecht Vergessene“ heißt eine Buchreihe. Zu ihnen gehört auch Karl Hagner. Er wäre in diesem Jahr 100 Jahre alt geworden. Wäre er nicht 32jährig am Kriegsende gefallen, wäre er vielleicht ein „badischer Dichterpfarrer“ geworden.
Hagner gehörte in den Dreißigerjahren des letzten Jahrhunderts zu den jungen evangelischen Dichtern im Umfeld des Eckart-Kreises und des Furche-Verlags, auf die hoffnungsvolle Erwartungen gerichtet waren. Schon als Student schrieb er einen Roman und veröffentlichte Gedichte. Seine Begabungen wurden jäh abgebrochen durch die Katastrophe des Zweiten Weltkriegs. Diese Skizze soll mithelfen, dass er nicht vergessen bleibt. Als Kindergottesdienstkind habe ich ihn erlebt, als er 1937 als Vikar an die Weinheimer Stadtkirche kam. Ich mochte ihn sehr und freute mich, wenn er Kindergottesdienst hielt. Einmal in der Woche kam er zum Mittagessen zu uns. Hager war Hagner, mit einer randlosen Brille – und sehr zugewandt.
Er stammte aus einer bäuerlichen Familie im Kraichgau, studierte Theologie, wurde Vikar, Soldat, Offizier. Kurz vor Kriegsende, im März 1945 fiel er. Hagner hatte nicht lange vor seinem Tod noch geheiratet. Anfang der Neunzigerjahre entdeckte
ich, dass seine Witwe in Langensteinbach lebt.
„Zu ihrem Gedächtnis“
(2017)
„Hilde Bitz gekannt zu haben, ist ein Privileg und bleibend Grund zur Dankbarkeit.“ So formulierte es Prälat Traugott Schächtele bei der Beerdigung der Mannheimer Pfarrerin am 1. August 2017 und sprach damit der großen Trauergemeinde aus der Seele. Ähnlich werden es wohl die Theologinnen und die Kirchenhistoriker/innen
empfinden. Nach Maria Heinsius (1893–1979) war sie die Kirchenhistorikerin, die sich mit Frauengeschichte in der badischen Kirchengeschichte befasst hat. Dabei konzentrierte sie sich im Wesentlichen auf die erste Hälfte des 20. Jahrhunderts, näherhin auf die Geschichte der frühen evangelischen Theologinnen.
Seit Friedrich Walters Aufsatz „Karl Maria von Weber in Mannheim und Heidelberg 1810 und sein Freundeskreis“ von 1924 sind mehr als 80 Jahre vergangen. Walters Verdienste um eine gründliche, an den Quellen orientierte Darstellung bleiben unbestritten. Er machte die Bedeutung von Webers Aufenthalt vor dem Hintergrund der Mannheimer Musikszene um 1800 verständlich und bettete ihn durch eine Fülle lokalhistorischer Details in sie ein. Manche späteren Fehldeutungen lassen sich
im Rückgriff auf Walter ausräumen.
Ende Mai 1935 lag an den Zeitungsständen außerhalb Deutschlands wieder die wöchentliche Illustrierte für Arbeiter, seit 1925 unter dem Namen AIZ bekannt, die seit 1933 nicht mehr in Deutschland erscheinen durfte - wie so viele Zeitungen und Zeitschriften. Nun erschien sie in Prag, mittlerweile im 14. Jahrgang. Die Nummer 21 vom 23. Mai 1935 hatte für ein kommunistisches Blatt ein ungewöhnliches Titelbild: Das ganze Blatt füllte ein SS-Mann in voller Montur, daneben waren zwei seiner Ausweise abgebildet. Daraus war zu erkennen, dass er aus Offenburg stammte und ein zwar sehr junger, doch schon „alter Kämpfer" war: „Der SS-Sturmbann II/86 bescheinigt hiermit dem SS-Mann Hans Bächle, daß er während der Kampfzeit 1931/32 als Angehöriger der H.J. während seiner Freizeit als Gehilfe auf der Geschäftsstelle der Ortsgruppe Offenburg der NSDAP (Völkische Buchhandlung) dem damaligen Geschäftsführer Otto Sorge wertvolle Dienste durch sein
stets hilfsbereites Einspringen bei dringenden Arbeiten geleistet hat. Bächle konnte trotz seiner Jugend zu wichtigen Arbeiten für die Bewegung herangezogen werden und hat sich stets als durchaus zuverlässig bewiesen. (. .. ) 8.9.34 Sorge, SS-Truppführer im Stabe II/86, s.Zt. Geschäftsführer der Ortsgruppe Offenburg der NSDAP. Der Führer des Sturmbanns II/80, m.d.F b. Göring, SS-Sturmführer." Die Schlagzeilen darunter - Das Geständnis eines SS-Mannes - ,,Ich war Wächter im Gestapo-Gefängnis Columbiahaus!" - Grosser Bildbericht im Innern dieses Blattes. - verwiesen auf den längeren Beitrag im Heft. Auch er war mit Fotos anschaulich gestaltet. Die Originale dieser Fotos sind jetzt, 2004, wieder aufgetaucht - im Nachlass jenes schwarz uniformierten einstigen Jünglings. Sie lagen jahrzehntelang in einer Nähmaschine am Rande Offenburgs, in einer Blechdose.
Die Ratsprotokolle im Offenburger Stadtarchiv beginnen 1595, oder sollte man sagen, sie enden hier? Möchte man etwas über
die Ereignisse in der Stadt aus früherer Zeit erfahren, muss man auf verstreut vorhandene Quellen zurückgreifen. Die meisten
befinden sich im Generallandesarchiv in Karlsruhe und in den Archives de la ville et de l’Eurométropole de Strasbourg. Bis heute sind längst nicht alle Archivalien erschlossen. Ein in Straßburg vorliegender Schriftwechsel, der von Wissenschaftlern der Universität Toronto in den Jahren 2005 bis 2015 transkribiert, ins Englische übersetzt und veröffentlicht wurde, erlaubt uns einen Einblick in Ereignisse während der Zeit der Reformation, die auch Offenburg betreffen. Es geht um einen Kirchenraub, durchgeführt von Chorherren des Stifts St. Thomas in Straßburg.
Die medizinische Diagnose über Emil Josef Diemer lautete 1965 bei seiner Unterbringung ins Kreispflegeheim Fußbach im
Ortenaukreis: „Prophetenwahn bei alter paranoid-halluzinatorischer Psychose“. Aber es gibt ja über jeden Menschen verschiedene Meinungen. Herbert Zoberst, der Emil Josef Diemer 25 Jahre lang kannte, weil er jahrzehntelang das Zweibettzimmer in Fußbach mit ihm teilte, sagte es ganz schlicht noch Jahre nach dem Tod Diemers: „Er war ein guter Kamerad. Er war ein guter Mensch.“
„Unser Anteil am Westen“
(2019)
Am Ende seines Lebens konnte Wilhelm Hausenstein, der 1882 in Hornberg geboren worden war, von sich sagen, er habe „seit Kindesbeinen von meiner schwarzwäldischen Heimat her immer nach dem Elsaß auf die natürlichste und nächste Weise hinübergelebt“. Der Blick ging talabwärts, den Bächen und Flüssen nach, hin zum Rhein, ins Offene, Weite. Und nicht von ungefähr folgte dieser Blick dem Weg, den einst die Flößer genommen hatten, unter ihnen einer der Urgroßväter Hausensteins, der legendäre Johann Armbruster aus Wolfach. Er folgte zugleich der alten Poststraße, die von jeher Wien mit Paris verband. – Dagegen hat Hausenstein „oft erzählt, wie die Hornberger Schulbuben zur nahegelegenen Staatsgrenze, nach Schramberg zu, hinaufstiegen und den jenseits vermuteten württembergischen Bundesbrüdern ins Blaue hinein Beschimpfungen zuriefen“. Es war klar, wem die Sympathien galten, und wem nicht.
Friedrich Wernz wurde am 17. April 1917 in der Mitte des Dorfes geboren. Handschuhsheim war - obwohl seit 1903 ein Heidelberger Stadteil - von der Landwirtschaft geprägt. Die Herkunft prägte Friedrich Wernz' soziale Grundeinstellung.
Die Arbeit auf dem Hof und im Feld legte die Grundlage für sein Naturverständnis. ,,Im Nachhinein erkenne ich", berichtete er später, ,,dieser Geist war für mich genauso prägend wie Schule und Studium"'. Als 5-jähriger hatte er 1922 die Gründung
des Obst- und Gartenbauvereins Heidelberg-Handschuhsheim erlebt. Mit diesem Verein blieb er sein ganzes Leben lang verbunden.