920 Biografien, Genealogie, Insignien
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Reinhold Schneider behauptete von sich, er sei überhaupt kein Denker: „Nur in Bildern und Schicksalen komme ich ein wenig weiter." (VT 66) Große Dichter „haben in meiner frühesten Jugend an meiner Weltauffassung und an meinem Lebensgefühl viel entschiedener gearbeitet als die theoretische oder spekulative Philosophie, die mir im Grunde unzugänglich ist". (VT 66) Doch glaube er, dass der Ausgang fast aller Philosophie ein ekstatischer oder visionärer sei, dass auch den Philosophen das Letzte aus Bildern quelle. (VT 66) Von daher ist es einleuchtend, dass sich Reinhold Schneider der Philosophie zugewandt hat. Unter anderem beschäftigte er sich mit Fichte, Schopenhauer, Nietzsche.
Naturmuseen haben traditionell die Aufgabe, Schätze der uns umgebenden Natur zu bewahren und der Öffentlichkeit einen Zugang zu ihnen zu eröffnen, der zuallererst auf Anschaulichkeit beruhen sollte. Hierfür ist das Auswahlprinzip des Naturalienkabinetts noch immer nicht überlebt: Der Besucher erwartet Großes, Schönes, Skurriles, Exotisches für ein ergötzliches Betrachten. Dort, wo die Grenzen der Erkennbarkeit (Ludwig Beck betont oft: der Mensch ist ein Augentier)
oder des Ekels und der Lächerlichkeit überschritten werden (die Regenwürmer hat schon Goethe zum Ziel faustischen Spottes gemacht), geht der Schauwert gegen Null. Welche Chance soll also das “einförmige Wurmgewimmel” im Boden, sollen millimeterkleine Bewohner der Bodenstreu im Besucherinteresse haben? So ähnlich hat wohl die Frage gelautet, die sich Direktor Dr. Erwin Jörg stellen musste, als sich 1975 ein Bodenzoologe um die Stelle des Leiters des Bereiches Zoologie im Staatlichen Museum für Naturkunde Karlsruhe bewarb. Schlimmer noch: Es war ein Professor der Universität Bochum, der seine Erfahrungen aus Südamerika bezog und unmissverständlich forderte, Bodenbiologie am Museum Karlsruhe zu etablieren. Was aber kann ein Universitätsmensch mit ausstellungsfernen Forschungsideen Nützliches an einem Museum leisten?
Jacob Kast (um 1540-1615)
(2001)
Wir sind heute hier zusammengekommen, um die Erinnerung an den Kammerrat, Murgschiffer und Holzgroßhändler Jacob Kast von Hörden wach zu halten. Er lebte im 16. und zu Beginn des 17. Jahrhunderts, einer Epoche des Übergangs vom Mittelalter zur Neuzeit. Es ist das Zeitalter der Renaissance, einer Periode grosser geistiger wie religiöser Umwälzungen.
Sie bricht mit dem mittelalterlichen Traditionalismus, führt zu einer optimistischeren Grundhaltung und vermittelt neues Lebensgefühl. Allgemein kommt es zu wirtschaftlichem und demographischem Wachstum. Gleichzeitig erfolgt der Ausbau von Flächenstaaten und Landesherrschaften.
Die Markgrafschaft Baden trat in das 19. Jahrhundert ohne Schulden ein. Aber schon mit dem Erwerb neuer Territorien 1803 und 1806 mußten finanzielle Verpflichtungen von 10 Millionen Gulden (fl) übernommen werden, die nach der Teilnahme an den Napoleonischen Kriegen schließlich auf 27,5 Millionen wuchsen. Nach intensiver Sparpolitik waren es 1838 nur noch 14,5 Mio fl. Doch die Revolution 1848/ 49 riess dann wieder ein großes Finanzloch auf, das 1849 mit 39 Mio berechnet wurde. Bis 1865 schaffte man einen Stand von 26,5 Mio; aber dann kam der Deutsche Krieg mit den allgemeinen Kriegskosten und 6 Mio fl Kriegsentschädigung an Preußen, so dass der Schuldenberg nun 36 Mio betrug und wiederum Anleihen aufgenommen werden mussten wie 1850.
Johannes Thiel (1889-1962)
(2001)
Der Landkreis Breisgau-Hochschwarzwald und die Gemeinde Kirchzarten haben gemeinsam eine Gedächtnisausstellung ausgerichtet für Johannes Thiel, der 1960 mit dem Thoma-Preis ausgezeichnet wurde und 1962 verstarb. Diese Photos entstanden 1960 aus Anlaß der Preisverleihung bzw. der Thiel-Ausstellung in Bernau. Johannes Thiel ist auf dem Friedhof in
Kirchzarten beerdigt.
Keine Spur?
(2001)
Das letzte Wort in dem letzten Buch, das Marie Luise Kaschnitz schrieb, war: Spur. „Ich gehe immer weiter, weiter nach Osten, und meine Füße hinterlassen keine Spur.“ Was sie beschrieb, war, wie so oft, ein Traum - in Wirklichkeit hat sie sehr wohl eine Spur hinterlassen, nämlich ein Werk, und zwar gar kein kleines, schmales: Gedichte, Erzählungen, Romane,
Hörspiele und die tagebuchartige Prosa, die sie am Ende am liebsten schrieb; insgesamt rund 30 Bücher. Ein großes Werk also, aber auch ein einheitliches, d. h. eines, das durch thematische Klammern zusammengehalten wird; und eine von ihnen, ja sogar eine von den stärksten, ist die autobiographische. Schon 1961 hat Horst Bienek in einem seiner sogenannten Werkstattgespräche gefragt, ob „das Werk eines Schriftstellers [...] ohne autobiographische Elemente denkbar“ sei; und Marie Luise Kaschnitz hat geantwortet: „Ich glaube, dass niemand ohne eigene Erfahrungen zu verwenden schreiben kann. Es müssen aber nicht immer ausgewachsene Erlebnisse sein. Es können Keime von Erlebnissen sein, auch Keime von Anlagen und Ansichten, die man in sich trägt und die man dann literarisch entwickelt, Möglichkeiten also, die im eigenen Leben vielleicht niemals zur Entfaltung kommen. Je reicher ein Schriftsteller ist, desto größer sind seine eigenen derartige
Möglichkeiten, also das, was man seine Phantasie nennt. Ich bin in dieser Beziehung nicht besonders begabt.“
Am 21. Dezember 1899, wenige Tage vor dem zu Ende gehenden Jahrhundert, wurde in Lahr dem Ehepaar Anton und Olga von Stockhausen die Tochter Juliana geboren. Der Vater, Anton von Stockhausen entstammte einem westfälischen Adelsgeschlecht aus Münster, die Mutter Olga, der Rüdt von Collenberg aus dem Odenwald, einem bereits im 12. Jahrhundert am Main ansässigen Adelsgeschlecht, von dem ein Vorfahre, Eberhard III., genannt der Dicke, 1380 das Schloß Eberstadt im Odenwald errichtete. Anton von Stockhausen wurde im Jahr 1898 als Hauptmann zum Infanterieregiment 169 nach Lahr versetzt. Juliana von Stockhausen hat einen Teil ihrer Kindheit in Lahr verbracht. Es war für sie eine schöne Zeit in Lahr. Sie schildert dies eindrücklich in ihrem 1977 erschienenen Buch „Auf Immerwiedersehen“. Besonders erwähnt sie das Haus am Fuße des Schutterlindenbergs, es war eine zweistöckige geräumige Villa mit einem Mansardendach, einem weit ausgedehnten Garten über den Hang hin, ein Garten, in dem alles in üppiger Fülle wuchs was diese gesegnete Landschaft hervorbrachte.
Als Pfarrer Rudolf Hofheinz mit seiner Frau Anna (* 18. 3. 1881) im Jahre 1916 in Oberprechtal aufzog, um die frei gewordene Pfarrei Prechtal zu übernehmen, wurde ihm wenig später das Amt eines Zweiten Vorsitzenden der Schwarzwaldvereins-Sektion Prechtal übertragen. In jenen Kriegsjahren ruhte das Vereinsleben weitgehendst, da die meisten Mitglieder im Felde waren. Der Zweite Vorsitzende, Endebauer Josef Burger, stellte 1916 nach dem Fortgang bis dahin amtierenden Ersten Vorsitzenden,
Pfarrer Hermann Bähr, in einem Schreiben an den Hauptverein in Freiburg fest, daß „wir mit vier Mann, welche noch übrig sind, nichts anzufangen wissen“.
Alle Lichter der einst so beschwingten Bäderstadt Baden-Baden waren im Verlaufe des Krieges erloschen. Geschlossen das Kleine Theater, verstummt das Kurorchester, verriegelt die Pforten der Spielbank. Die Hotels umgewandelt in Lazarette voll verwundeter Soldaten. Die Gasthäuser, Pensionen und alle freistehenden Privatzimmer belegt mit Personen aus
Norddeutschland, deren Häuser den Bombenangriffen zum Opfer gefallen waren. Leer gähnten die Schaufenster, die wenigen vorhandenen Nahrungsmittel waren rationiert. Tag und Nacht warnten die Sirenen vor heranfliegenden Bombergeschwadern oder herabstoßenden Tieffliegern, eilig stürzten die Menschen in die Luftschutzkeller. Am 12. April 1945 rückten französische Truppen auf Baden-Baden vor. Dank des mutigen Eintretens dreier Bürger konnte der Abzug schussbereit aufgefahrener deutscher Geschütze erreicht und damit eine Beschießung oder Bombardierung der Stadt durch die Alliierten im letzten
Moment abgewendet werden.
Hebel
(2001)
Franz Horn ist der erste Literarhistoriker, der Johann Peter Hebel und sein Werk erwähnt. Zwei Geschichten aus dem Schatzkästlein des Rheinischen Hausfreunds hebt Horn dabei hervor, die Erzählung Die drei Diebe mit den Nachfolgegeschichten vom Zundelfrieder als besonders originelle Erfindung, die Erzählung Kannitverstan als eine gelungene
Nacherzählung bekannter Vorlagen: „Der neckisch-ruchlose Zundelfrieder, von dem hier nicht selten die Rede ist, wird keinen Landmann verführen, wohl aber das alte frische, nie genug zu preisende Lachen wieder hervor rufen, das jetzt fast geschwunden scheint. [...] So darf auch nicht verschwiegen werden, daß die schöne alte, sehr oft schon erzählte Geschichte von dem Herrn „Kan nit verstan“ hier von Neuem gar gut und lieblich erzählt worden ist, daß sie den besten Eindruck nicht
verfehlen kann.“ Horn weiß also um die Vorlagen zu Kannitverstan vielleicht noch besser Bescheid als heutige Leser, hält aber die Geschichten um den Zundelfrieder für eine ureigene Erfindung Hebels.