920 Biografien, Genealogie, Insignien
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Bei den Forschungen zur Geschichte der Pfarrei St. Blasius in Freiburg-Zähringen standen von Anfang an Schwerpunktbereiche im Mittelpunkt: Die Biografie der Pfarrer, deren pastoraler und liturgischer Dienst für die Gemeinde, die verschiedenen Kirchenbauten und ihre Ausstattung, der Pfarrhof als Wohn- und Dienstsitz, Kirchhof/Friedhof und Jahrzeitstiftung als Orte der memoria, nicht zuletzt der kirchliche und weltliche Alltag der Menschen, die eine Gemeinde bildeten. Eine solche lokale „Kirchengeschichte von unten“, wie es Wolfgang Hug klassifiziert hat, ist im Falle des bis in die zweite Hälfte des 19. Jh. durchweg katholischen Dorfes Zähringen in weiten Teilen zugleich Sozial- und Milieugeschichte.
Rolf Seuser aus Wehr/Baden
(2010)
Zu den vernachlässigten Themen der Katholizismusforschung gehören u. a. die Kriegserfahrungen junger Katholiken. Zudem fehlt es bisher an lokalen oder zumindest regionalen „Tiefenbohrungen“, die „etwa anhand von Ego-Dokumenten den Stellenwert des Antisemitismus bzw. Antijudaismus im Alltagsleben des katholischen Milieus ausloten“ könnten. Das Forschungsfeld „Katholische Kirche und Krieg“ ist erst in Ansätzen bearbeitet. Bezüglich der aktiven katholischen Soldaten im Zweiten Weltkrieg fehlt nicht nur eine zuverlässige Quellenedition von Ego-Dokumenten aus der Akteursebene, sondern auch eine breit angelegte Studie. Im folgenden Beitrag soll das zuerst genannte Desiderat aufgegriffen werden, wohingegen zum zweiten zumindest Spurenelemente nachgewiesen werden können. Im Mittelpunkt des Beitrages steht Rolf Seuser, der am 8. Oktober 1920 in Wehr im südlichen Schwarzwald geboren wurde, am Sonntag, dem 18. August 1935 in das Fidelis-Kolleg Bensheim eintrat und Ostern 1940 die Reifeprüfung am Gymnasium Bensheim ablegte. Am 6. Juli 1940 begann er sein Noviziat im Kapuzinerkloster Stühlingen (Frater Gerbert). Er wurde am 10. Oktober 1940 zur deutschen Wehrmacht einberufen und fiel am Montag, dem 28. Juli 1941, an der Ostfront.
Eine der bedeutendsten Persönlichkeiten der badischen Geschichte in der Weimarer Republik ist der langjährige Landtagspräsident, Vorsitzende der Badischen Zentrumspartei und badische Kultusminister Eugen Baumgartner. Als Abgeordneter und Landtagspräsident stand er neben Joseph Schofer in den 1920er-Jahren an der Spitze der Badischen Zentrumspartei und führte diese im Rahmen einer Weimarer Koalition mit SPD und DDP auf einem streng republikanischen Kurs. Zugleich hat er sich intensiv in die in der Weimarer Zeit unablässig geführte Diskussion über das Reich-Länder Verhältnis eingeschaltet und ist dabei in zahlreichen Denkschriften und Referaten nachdrücklich für den Erhalt möglichst weitgehender Länderrechte eingetreten. Auf diese Weise wurde Baumgartner zu einem zumindest innerhalb des föderal süddeutsch-katholischen Lagers überaus anerkannten Fachmann in Fragen der Reichsreformdiskussion. Als Kultusminister war er schließlich maßgeblich für das Zustandekommen des Badischen Konkordats vom 12. Oktober 1932 verantwortlich — ein Verdienst, das ihm überaus großes Ansehen innerhalb des katholischen Deutschlands sicherte: Nachdem Baumgartner bereits 1926 zum stellvertretenden Präsidenten des Dortmunder Katholikentages gewählt worden und auch in den folgenden Jahren wiederholt als Redner auf den Generalversammlungen der deutschen Katholiken hervorgetreten war, erfolgte schließlich im Herbst 1932 nur wenige Wochen nach der Paraphierung des Badischen Konkordats die Wahl zum Präsidenten des Deutschen Katholikentages in Essen. Im März 1933 wurde Baumgartner noch von Papst Pius mit dem Ritterkreuz des St.-Gregorius-Ordens ausgezeichnet.
Der äußere Radius seines Lebens war auch nach damaligen Verhältnissen bemessen klein; er erstreckte sich vom Bodensee und der schwäbischen Ostalb bis an den Neckar und den Südschwarzwald im Breisgau, wo er in Freiburg fast drei Jahrzehnte lang als Professor für Moraltheologie und Katechetik sowie später als Domkapitular und Domdekan wirkte. Hinzu kamen während einiger Jahre, in denen er von seiner Freiburger Universität als Abgeordneter in den Badischen Landtag entsandt wurde, regelmäßige Besuche in der Residenzstadt Karlsruhe. Johann Baptist Hirscher wurde am 20. Januar 1788 als erstes von sechs Kindern einer einfachen Bauernfamilie in der Nähe von Bodnegg im heutigen Kreis Ravensburg geboren. Seine schulische Bildung erhielt er auf Anregung des örtlichen Geistlichen in der Prämonstratenserabtei Weissenau. Nach deren Aufhebung im Jahr 1803 wechselte er an das Konstanzer Lyzeum, wo er dem Generalvikar der damaligen Diözese Konstanz Ignaz Heinrich von Wessenberg begegnete, der ihn nachhaltig prägte und schon früh auf seine Begabung aufmerksam wurde. Das sich anschließende Theologiestudium in Freiburg war freilich nur von kurzer Dauer, da der junge Hirscher aus finanziellen Gründen die Universität nach zwei Jahren verlassen musste. Seine ultramontanen Gegner haben ihm später, als er längst zu den führenden katholischen Theologen in Deutschland zählte und als viel gelesener religiöser Schriftsteller anerkannt war, oft seine angeblich lückenhafte wissenschaftliche Ausbildung und seine nur oberflächliche Kenntnis der scholastischen Autoren vorgehalten. Nach dem Besuch des Meersburger Priesterseminars erhielt Hirscher am 22. September 1810 im Konstanzer Münster die Priesterweihe.
Nach seiner Rückkehr von der letzten Sitzungsperiode des II. Vaticanums rief Erzbischof Hermann Schäufele in der Silvesteransprache des Jahres 1965 den Gläubigen seines Erzbistums Freiburg zu: „Machen Sie sich das Konzil zu eigen!“ Sein Fastenhirtenbrief des Jahres 1966 trägt den Titel: „Der Pfarrei — ein neues Gesicht.“ Spätestens mit Aufrufen dieser Art wurde die Rezeption des Konzils eine Aufgabe, die über die Konzilsaula, bischöflichen Amtsstuben und theologischen Fakultäten hinaus das gesamte kirchliche Leben und damit auch die Kirche vor Ort prägte. Nicht wenige, v. a. von der Liturgischen und der Biblischen Bewegung beeinflusste Laien und Pfarrer, haben bereits vor dem II. Vaticanum versucht, von der Pfarrei ausgehend der Kirche ein neues Gesicht zu verleihen. Durch das Konzil konnten sie sich in ihrem Wirken von der Gesamtkirche bestätigt sehen. So hat Eugen Walter, Pfarrer der Freiburger Dreifaltigkeitsgemeinde, anlässlich des zehnjährigen Weihetags seiner Pfarrkirche im Jahre 1963 im Blick auf die Gesamtkirche ganz ähnlich formuliert wie zwei Jahre später sein Erzbischof im Blick auf die Pfarrei: „Es geht darum, dass die Kirche ihr Leben so lebt, dass sie auch vor der Welt kein verstaubtes, erstarrtes, sondern ein offenes, ausdrucksvolles Gesicht gewinnt.“
Der Sommer 1947 versank in einer großen Dürre. Ein erheblicher Teil der ersehnten Ernte ging verloren. Nach dem schrecklichen Hungerwinter 1946 auf 1947 trieb die Ernährungslage einer weiteren Katastrophe entgegen. Als Erzbischof Gröber am 1. April 1947 sein 75. Lebensjahr vollendete — keine Jubelfeier, sondern nur in kleinen Kreis—, war er von der Zuspitzung der allgemeinen Notlage sehr bedrückt, von den Folgen des verlorenen Krieges, vom Auseinanderreißen seiner Diözese in zwei Besatzungszonen, die eine hinreichende Kommunikation erheblich erschwerte. Freiburg, die Bischofsstadt, blieb gezeichnet vom furchtbaren Bombenangriff des 27. November 1944, der Wiederaufbau konnte nur ganz zaghaft beginnen. Das erzbischöfliche Palais am Münsterplatz, Gröbers Wohnsitz, war zunächst verschont geblieben, stand freilich inmitten brennender Häuser. Dem Funkenflug und den aus dem Brandschutt züngelnden Flammen suchte Dr. Bernhard Welte, Gröbers Sekretär und Hausgenosse seit 1934, noch bis in die Nacht zum 29. November mit einigen beherzten Buben zu wehren, in Eimern Wasser heran schleppend, hilflos und bald erschöpft, frierend in der aufziehenden Kälte, unzureichend gekleidet und mit schlechtem Schuhwerk, das unter den Brandbedingungen litt. Es war alles vergeblich, spätestens, als die Wasserzufuhr versagte. Da war nichts mehr zu retten. Das Palais geriet, ausgehend von den Nebengebäuden in der Schusterstraße, voll in Brand. Dr. Welte und die hilfsbereiten Buben mußten sich in Sicherheit bringen.
Cantiones sacrae
(2007)
Im Jahr 2007 feierte die Freiburger Albert-Ludwigs-Universität ihr 550-jähriges Jubiläum. Jubiläen bieten die Möglichkeit, den Ursprüngen des gefeierten Objekts — sei es dem Gründungsanlass und der Idee einer Institution oder den Verdiensten wichtiger Persönlichkeiten — nachzuforschen und den Erkenntnisgewinn heutigen Zeitgenossen zu übermitteln. Bei der geschichtlichen Würdigung einer der ältesten deutschen Universitäten (1457) kommen neben Gründern und Förderern Persönlichkeiten aus der Anfangszeit besonders in den Fokus wie z.B. Rektor und Professoren, aber auch das Leben der Studenten in Vorlesungen und Studentenhäusern (Bursen). Koryphäen, die im Verlauf der Geschichte den Ruhm der Universität in die Welt hinaustrugen, sei es auf dem Gebiet der Geistes- oder Naturwissenschaften, werden gewürdigt. Es werden Glanz- und Elendzeiten dargestellt und die Beziehungen der Universität zu den jeweils verantwortlichen Politikern, zu Stadt und Land sowie zu den Kirchen und zur Bevölkerung beleuchtet. Eine Berufssparte, die aus der Studienzeit an der Freiburger Universität im ersten Jahrhundert nach ihrer Gründung (16. Jahrhundert) großen Gewinn zog und später der Universität Ehre machte, war ein halbes Dutzend überregional bekannt gewordener Komponisten. Da ihnen an ihren Geburtstagen sicherlich nicht auch nur annährend so viel Aufmerksamkeit gewährt wird wie großen Komponisten an deren Gedenktagen — man denke beispielsweise im Jahr 2007 an Dietrich Buxtehude (1637- 1707) oder im Jahr 2006 an das Genie Wolfgang Amadeus Mozart (1756-1791) —, soll hier an einst in Freiburg lebende Komponisten aus der zweiten Reihe insgesamt erinnert werden, die im sechzehnten Jahrhundert an dieser Freiburger Universität studiert haben. Dazu will diese
Zusammenstellung einen Beitrag leisten.
August Ruf und Eugen Weiler
(2006)
Die Holocaust-Gedenkstätte Yad Vashem hat August Ruf (1869-1944) und Eugen Weiler (1900-1992) viele Jahre nach ihrem Tod den Ehrentitel „Gerechter unter den Völkern“ verliehen. Überreicht wurde diese höchste Auszeichnung, die der israelische Staat zu vergeben hat, im Rahmen einer Feierstunde in Singen am 24. Juli 2006, eine weitere Feierstunde fand am 25. Juli 2006 in Rufs Heimatstadt Ettenheim statt. Damit wurden die beiden Priester der Erzdiözese Freiburg für etwas ausgezeichnet, das eigentlich selbstverständlich sein sollte: Sie haben einem Menschen das Leben gerettet. Was die Tat so besonders macht, dass ihnen postum diese besondere Anerkennung zugedacht wurde, sind deren Umstände: Sie haben im Jahr 1942 einer deutschen Jüdin zur Flucht in die Schweiz verholfen und sie somit vor der Ermordung in den Gaskammern von Auschwitz bewahrt. Etwas besonderes ist auch die Tatsache, dass es mit August Ruf und Eugen Weiler zwei deutsche Geistliche sind, die mit dieser Ehrung bedacht wurden — sie sind damit die ersten Priester der Erzdiözese Freiburg, denen dies widerfahren ist. Wenn sich auch die Erzdiözese eigentlich keinerlei Verdienste in Zusammenhang mit der Tat der beiden Priester zurechnen kann, und wenn auch die Ehrung selbst ohne Zutun der Bistumsleitung oder -verwaltung zustande gekommen ist, so fällt doch vielleicht ein kleiner Widerschein auf die Erzdiözese Freiburg und ihren Klerus zurück. Der aus Singen stammende Freiburger Weihbischof Prof. Dr. Paul Wehrle hat es sich daher nicht nehmen lassen, im Rahmen der Singener Veranstaltung der beiden Männer ehrend zu gedenken und ihnen nachträglich noch den gebührenden Dank für ihre Leistung abzustatten.
„So wie die Kirche Heilsanstalt ist, um der Welt, der Schöpfung, das Heil zu bringen, so auch die Pfarrei für ihren Teil. Ja wir können sogar sagen, dass gerade die Pfarrei der Ort ist, an dem die Kirche mit Vorzug auf die Welt trifft, soweit es sich um das Alltagsleben der Menschen handelt, angefangen vom Eintritt des Menschen in die Welt bis zum letzten Hauch, vom Leben in der Familie, der Unterweisung der Kinder bis zur Durchdringung des großen und kleinen Alltags, von Handel und Wandel mit christlichem Geist.“ Diese Aussage steht als pastorale und theologische Herausforderung im Zentrum eines Büchleins des aus dem Erzbistum Freiburg stammenden Jesuiten Constantin Noppel (1883-1945), der sich ausgehend vom zeitgenössisch populären Leib-Christi-Motiv um eine Vermittlung von Theologie und Pastoral und näherhin um eine ekklesiologische Grundlegung der Pfarrei und des kirchlichen Lebens bemühte.