920 Biografien, Genealogie, Insignien
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Ein Führer der Provinz
(2019)
Seinen Aufstieg vollzog Gustav Zirlewagen (Abb. 1), der am 7. April 1900 in Heitersheim geborene Sohn eines Weinhändlers, nach einer bei der Firma Mez in Freiburg absolvierten Kaufmannslehre sowie dem ‚vaterländischen‘ Hilfs- und dem Kriegsdienst schnell und zielstrebig: Neben dem Realgymnasium, das er mit dem Einjährigen abschloss, besuchte er Handelshochschulkurse an der Universität Freiburg. Als Kommissionär schuf er sich ein Startkapital. Interessehalber beschäftigte er sich nebenbei mit dem Feld der Elektrotechnik. Auf der Suche nach einem damit verbundenen Betätigungsfeld stieß er auf eine Zeitungsannonce, nach der ein Teilhaber für die geplante Firmengründung Franka – Frankfurter Akkumulatorenbau AG gesucht wurde. Zweck der 1923 in Frankfurt a. M. gegründeten Firma waren die Herstellung und der Handel mit Akkumulatoren. Aufgrund des Missmanagements der Direktoren waren die flüssigen Geldmittel bald aufgebraucht. Zirlewagen, der die kaufmännischen Aufgaben erledigte, beteiligte sich mit einer von seinem Vater Hugo Zirlewagen gedeckten Bürgschaft in Höhe von 20.000 Goldmark. Nach dem Konkurs ging die Firma 1924 daher im Rahmen eines Zwangsvergleichs an Zirlewagen über. Er verlegte den Firmensitz 1925 nach Heitersheim. Platz für die in Franka – Süddeutsche Akkumulatorenbau AG umbenannte Firma war durch Gelände in Familienbesitz vorhanden. Die Betriebsmittel streckte sein Vater vor. Zirlewagen fing auf dieser Basis klein an und nahm weitere Kredite auf, um die Firma langsam zu entwickeln. Er errichtete neue Gebäude und erwarb Maschinen und Rohstoffe. Eine firmeneigene Schreinerei fertigte Holzkisten zur Umhüllung der Akkumulatoren an, bis hierfür Hartgummikästen Verwendung fanden. Später wandelte sie sich zur Möbel- und Fensterschreinerei. Selbst in den Zeiten der Weltwirtschaftskrise machte die Franka recht gute Geschäfte. Nachdem diese in geregelten Bahnen liefen, engagierte sich Zirlewagen für die NSDAP.
Nachdem bereits 1927 unter Vorsitz des Nazivordenkers Alfred Rosenberg der „Kampfbund für Deutsche Kultur“ gegründet worden war, begann mit dem Aufstieg der Nationalsozialistischen Deutschen Arbeiterpartei (NSDAP) Anfang der 1930er-Jahre, die Intoleranz gegenüber avantgardistischen Künstlern einen zunehmend repressiven Charakter anzunehmen. Gleich nach der sogenannten „Machtergreifung“ durch die Nationalsozialisten am 30. Januar 1933 wurde der gesamte Kulturbereich zentralisiert und im Interesse der neuen Machthaber durchstrukturiert. Dem im März 1933 eingerichteten Reichsministerium für Volksaufklärung und Propaganda unter Leitung von Joseph Goebbels kam dabei eine zentrale Rolle zu. Durch das wenige Wochen später erlassene Gesetz zur Wiederherstellung des Berufsbeamtentums wurden zahlreiche jüdische und nicht systemkonforme Lehrende an den Akademien sowie Mitarbeiter von Museen in ganz Deutschland entlassen. Schließlich wurden im Juli auf Erlass des Reichsministeriums alle Künstlervereinigungen und Kunstvereine gleichgeschaltet und in das Reichskartell der bildenden Künste überführt. Wenige Wochen später erfolgte die Gründung der Reichskulturkammer. Sieben Einzelkammern erfassten sämtliche kulturellen Bereiche: Musik, Theater, Schrifttum, Presse, Rundfunk, Film und auch die bildenden Künste. Wer der Reichskulturkammer bis zum 15. Dezember 1933 nicht beitreten wollte oder konnte, hatte fortan keine Möglichkeit mehr, seinen Beruf auszuüben. Voraussetzung für die Aufnahme war die deutsche Staatsangehörigkeit und der Nachweis einer „arischen“ Abstammung, doch auch aus politischen oder anderen Gründen „unerwünschte“ Künstler konnten mit dieser perfiden Maßnahme auf Einfachste ausgegrenzt werden.
Dieser Beitrag befasst sich mit der Person Richard Kuenzers, eines eher weniger bekannten Beteiligten des aktiven Widerstands gegen das nationalsozialistische Unrechtsregime. Ausgewertet wurde dabei seine umfangreiche Privatkorrespondenz aus den Jahren 1888 bis 1945, die die Familie dankenswerterweise zur Verfügung gestellt hat. Beim Lesen dieses schriftlichen Nachlasses ist ein Bild entstanden, das seine herausragende Persönlichkeit verdeutlicht. Nach einem unter verschiedenen thematischen Gesichtspunkten gewährten Einblick in die Briefe Kuenzers insbesondere aus der Haftzeit wird allgemein der Frage nachgegangen, wie der Widerstand gegen das NS-Regime aus christlicher Überzeugung zu verstehen ist, wie er sich in die Gesamtbetrachtung über den Widerstand einordnet, welche Beweggründe die Betreffenden zu ihrem Handeln motiviert haben, ja auch, welche Rolle das Verhalten dieser christlichen Männer und Frauen für die Beurteilung der Rolle der Kirche in der Zeit des NS spielt. Im Anschluss hieran soll in einem weiteren Abschnitt der christliche Widerstand unter juristischen Gesichtspunkten vertiefend betrachtet werden. Dabei wird der Anklageschrift gegen Richard Kuenzer in dem Verfahren vor dem Volksgerichtshof besondere Aufmerksamkeit gewidmet.
Der vorliegende Beitrag wurde angeregt durch die Begegnung mit historischen Klarinetten, die um die Mitte des 19. Jahrhunderts gebaut worden waren und deren Signaturen eindeutig auf die Herkunft aus Werkstätten in Freiburg im Breisgau verwiesen. Im Einzelnen handelte es sich um eine achtklappige A-Klarinette aus Buchsbaum von Max Kenner (Abb. 1 a + b) sowie um das Fragment einer B-Klarinette und eine vollständig erhaltene Bassklarinette in B, beide von Joseph Ignaz Widmann 2 (Abb. 2). Lindesay G. Langwill listet in seinem speziell für Blasinstrumente verfassten Nachschlagewerk insgesamt sechs Werkstätten allein dieser Sparte in Freiburg auf: Albrecht, E. Geinoz, Johannes Hammig, M. Kenner, Laubé und Jos. Ignaz Widmann. Wie die Recherche ergab, liegt bei E. Geinoz allerdings eine falsche lokale Zuordnung vor, denn Geinoz gehört wohl in das schweizerische Freiburg/Fribourg im Üechtland. Ebenfalls zweifelhaft ist Laubé in der angegebenen Schreibweise. Johannes Hammig wiederum arbeitete erst im 20. Jahrhundert in Freiburg und entfällt für die Untersuchung, die sich auf das 19. Jahrhundert beschränkt. Um diese spärlichen Informationen noch etwas auszuweiten, wurde hauptsächlich in den verfügbaren Adressbüchern der Stadt Freiburg nach allgemeinen Hinweisen auf Instrumentenbauer gesucht. Die Ergebnisse sind in der vorliegenden Arbeit gesammelt. Leider besteht noch ein großer Mangel an Fakten und Daten zu den einzelnen Personen bzw. Werkstätten, wie sie beispielsweise aus Schriftwechseln, Preislisten oder Werbematerialien gewonnen werden könnten. Durch die vorliegende Recherche sind immerhin relativ sichere Rahmendaten über die einzelnen Wirkungszeiträume von Instrumentenbauern verfügbar, jedenfalls soweit sie in diesen öffentlichen Quellen verzeichnet wurden. Mit dieser Arbeit soll – ohne jeden Anspruch auf Vollständigkeit der Darstellung – ein erster Impuls für weitere Forschungen gegeben werden. Mögen künftige Beiträge auf der Basis
weiterer Quellen zu genaueren Kenntnissen über die Freiburger Instrumentenbauer des 19. Jahrhunderts führen.
Ein streitbarer Professor
(2019)
Seit Gründung der Universität Freiburg im Jahr 1457 waren Abertausende von Studenten immatrikuliert, unzählige akademische Lehrer haben regelmäßig ihre Vorlesungen gehalten. Die Beschaulichkeit, die trotz dieser hektischen Betriebsamkeit den Universitätsalltag bestimmte, wurde aber gelegentlich durch unerwartete Zwischenfälle gestört. Augenfälliges Beispiel bietet das Verhalten eines Professors, der sich mit Obrigkeit und Episkopat anlegte, um zürnend an
eine andere Universität zu wechseln. Es geht um Alexander Reichlin von Meldegg (Abb. 1).
Durch die Initiative eines privaten Unternehmers wird das Schloss Freudental seit einigen Jahren als Veranstaltungsort für private und betriebliche Feiern genutzt. Man kann die Räume mieten oder im historischen Schlosspark feiern. Damit knüpft der Eigentümer und Betreiber bewusst an die Tradition des 18. und frühen 19. Jahrhunderts an, als Schloss Freudental ein Land- und Jagdschloss der württembergischen Herzöge war. Unter König Friedrich erlebte das Schloss seine letzte Blütezeit als herrschaftliche Residenz. Der Nachfolger König Wilhelm I. gab es auf, weil er seine Hofhaltung einschränkte und andere
Schlösser bevorzugte. Danach erlebte die Anlage eine wechselvolle Geschichte als Wohnhaus der Pensionärinnen des Katharinenstifts Stuttgart, Erholungsheim der Allgemeinen Ortskrankenkasse Stuttgart und schließlich als Altenheim des Landkreises Ludwigsburg. Im Lauf dieser verschiedenen Phasen wurde das Schloss innen stark verändert und umgebaut.
Als das Seniorenheim nicht mehr den Anforderungen der modernen Altenpflege entsprach und aufgegeben werden musste, wusste man längere Zeit nicht, wie man die Immobilie nutzen sollte. Mit der gastronomischen Nutzung ist das Schloss Freudental wieder ein Ort der Feste und Feiern geworden. Wo einst Mitglieder der württembergischen Regentenfamilie residierten, kann man heute die Räume und den Garten für Veranstaltungen mieten.
Doppelt genäht hält besser
(2018)
Er hätte sicher ebenso fruchtbar für seine Geburtsregion Bauland wirken können oder wohin immer ihn sein Lebensweg geführt hätte, doch da seine Ehefrau aus Eppingen stammte und er dort eine Anstellung an der später nicht zuletzt auf seine Anregung hin Hartmanni-Gymnasium genannten "Vollanstalt" erhielt, profitierten eben Eppingen und der Kraichgau von Bernd Röckers Schaffensdrang.
Im Archiv der früheren freien Reichsstadt Lindau am Bodensee findet sich eine sehr umfängliche handschriftlich abgefasste Chronik sämtlicher aus Lindau stammenden bzw. dort wirkenden Theologen, verfasst von dem dort von 1720 bis 1749 wirkenden evangelisch-lutherischen Pfarrer Magister Bonaventura Riesch (1696–1749): Lindauische Prediger: und Schul:Historie, von der heilsamen Reformation an bis auf gegenwärtige Zeiten, aus glaubwürdigen Urkunden zusammen getragen, und nebst Vier besonderen Anhängen den Liebhabern der vatterländischen Geschichten mitgetheilet von M. Bonaventura Riesch, Evangelischen Prediger hieselbst, A. C. 1739. Riesch war selbst aus Lindau gebürtig. Schon von daher ist sein Interesse am Thema der aus der Reichsstadt stammenden und der hier wirkenden Geistlichen zu verstehen.
Am 10.12.1696 in Lindau geboren, durchlief er die Schulen seiner Vaterstadt und immatrikulierte sich am 13.4.1713 in Jena, wo er Theologie, Philosophie und orientalische Sprachen studierte und am 13.12.1714 die Magisterprüfung in Philosophie ablegte. 1717 war er wieder in Lindau zurück und war kurzzeitig Hauslehrer in Lyon, am 24.11.1718 immatrikulierte er sich in Straßburg. 1719 wurde er Hauslehrer in Durlach und übernahm das Amt eines Hofpredigers und Beichtvaters der Markgräfin Auguste Maria von Baden-Durlach in Augustenburg. 1720 kehrte er als Rektor und Pfarrer nach Lindau zurück, 1724 übernahm er zusätzlich das Amt des Bibliothekars an der Reichsstädtischen Bibliothek und des Hospitalpfarrers. Wie damals üblich, stieg er 1728 zum dritten, 1738 zum zweiten und 1740 zum ersten Stadtpfarrer auf. Im gleichen Jahr wurde er Senior des Predigerministeriums und Visitator der Lateinschule. Gleichzeitig war er im Ehegericht und im Amt des Büchercensors tätig. Er wurde bekannt als Unterstützer der Salzburger Emigranten und als Vertreter der Franckeschen
Mission. Am 18.3.1749 verstarb er in Lindau. Er war auch sonst als Autor tätig.
Den Theologen, Schuldekan, Vorsitzenden des Heimatvereins Neckarbischofsheim, Denkmalpfleger, Historiker, Ehrenbürger,
Träger des Bundesverdienstkreuzes kann auch der Heimatverein Kraichgau seit unendlichen Jahren zu seinen Mitgliedern zählen. Zu den aktiven Mitgliedern. Denn seine Hingabe an den Beruf findet ein wunderbares Pendant in der Aufmerksamkeit für seine Umgebung. Anlässlich der Verleihung des Bundesverdienstkreuzes 2014 hatte die Bürgermeisterin seine „nebenberuflichen Engagements" umrissen: 40 Jahre Vorsitzender des Heimatvereins, Einsatz für die Aufarbeitung der Totenkirche, der vielen Epitaphien, für das Alte Schloss, den Gedenkplatz für die Synagoge, als Autor, für die Pflege der Partnerschaften mit La Chapelle St. Luc und Pereslavl-Salesskij, die Sanierung der Helmstatt'schen Grabkapelle. Eigentlich ist Peter Beisel seit 1996 im Ruhestand. Doch immer noch steht er fast jeden Sonntag als vertrauter Vertreter auf den Kanzeln der Umgebung. Als Organistin hat ihn seine Frau viele Jahre begleitet. So hatten Vertretungsgottesdienste für die Besucher immer eine besondere Ausprägung. Eingängig die Beschreibung von Christiane Barth. ,,Mit 85 ist er die Ruhe, von der er predigt". So sind auch seine Führungen durch Neckarbischofsheim begehrt.
Ernst Leube
(2018)
Betritt man Ludwigsburgs »Alten Friedhof« vom Eingang an der Schorndorfer Straße aus, stößt man 20 Schritte hinter der alten neogotischen Friedhofskapelle – heute Mahnmal für die Toten des Zweiten Weltkriegs – auf eine Familiengruft. Drei Grabsteine stehen in Nord-Süd-Ausrichtung nebeneinander, deren Zusammengehörigkeit durch eine gemeinsame, mit Efeu überwucherte Umfriedung erkennbar ist. Im »Verzeichnis der Begräbnis-Plätze für Erwachsene auf dem Friedhof in Ludwigsburg vom 19.11.1870 an« ist die Lage der Gruft mit »Feld A, Reihe III« bezeichnet. Links auf der Gruft sieht man die von einem antikisierenden Henkelpokal gekrönte Grabstele von Luise Leube, welche die Inschrift »Luise Leube/geb. Dieterich/Witwe des/Oberst Max von Leube/*6. Oct. 1816/† 3. März 1905/in Ulm« trägt. Rechts auf der Gruft steht ein schlichtes, hohes Kreuz auf einem quaderförmigen Unterbau. Auf einer hellen Platte am Sockel liest man: »Marie Leube/geb. den 28. September 1840/gestorben den 12. Juli 1861«. Neben dem Grab Marie Leubes sieht man eine kleine, etwa 50 cm hohe, auf dem Boden liegende, mit Moos überwucherte Steinplatte. Kratzt man das Moos behutsam ab, liest man auf dem Stein den Namen »Adolph« ohne weitere Angaben zum Geburts- oder Todestag.