920 Biografien, Genealogie, Insignien
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Bei Durchsicht der Bauakten im Pfarrarchiv Mühlhausen stieß der Autor auf einen
Originalbrief des späteren badischen Revolutionärs Hecker vom 31.3.1842 mit der
Bitte um die Ausstellung eines Taufscheines:
„Großherzogliches Hochwürdiges Pfarramt.
Ich ersuche ein Hochwürdiges Pfarramt mir gefälligst umgehend meinen Taufschein
zuzusenden und die Gebühren per Postnachnahme auf mich zu erheben.
Ich bin geboren zu Eichtersheim den 29 ten September 1811 ehelicher Sohn des
Hofrath Jos. Hecker und seiner Ehefrau Wilhelmine geborene Freiin von Lüder.
Mannheim den 11 42 3 ergebenst Dr. Hecker Obergerichtsadvocat u procurator"
Krieger, Künstler, Kavalier
(2014)
Samstag, 2. Februar 1667. Samuel Pepys, Staatssekretär im englischen Marineamt, notiert in sein berühmtes Tagebuch: „This day I hear that Prince Rupert is to be trepanned. God give good issue to it“. Immer wiederkehrende, starke Kopfschmerzen, die Folge einer alten Schussverletzung, hatten keine andere Wahl gelassen: eine riskante Operation, bei der ein Loch in den Schädelknochen gebohrt wird, um einen chronischen Abszess zu sanieren. Ohne Betäubung – mehrere Männer müssen den Patienten festhalten. Vier Tage später trifft Pepys zwei Mediziner, die der Meinung sind, Rupert werde die Trepanation nicht überleben – „he will not recover it“. Gleichwohl: der 47-Jährige erholt sich rasch, der Kopfschmerz verschwindet, und am 3. April trifft ihn Pepys wieder bei guter Gesundheit: „pretty well as he used to be“ – nur die Perücke sehe etwas seltsam aus: „something appears to be under his periwigg“. Der Patient bedankt sich für die ärztliche Kunstfertigkeit, indem er eines dieser chirurgischen Instrumente technisch verbessert. Neurochirurgen unserer Tage haben Einzelheiten des Eingriffs anhand von zeitgenössischen Dokumenten geprüft und festgestellt, dass ihre Londoner Kollegen absolut professionell und nahezu modern gearbeitet hatten. So ist Rupert auch in die Medizingeschichte eingegangen.
Dr. Robert Bantle †
(2013)
Der Tuttlinger Arzt und
Naturkundige Dr. med.
Robert Bantle ist am
Abend des 7. Juli 2013
im Kreis seiner Familie
verstorben. Er war über
viele Jahre als Mitarbeiter der Entomologischen
Arbeitsgemeinschaft im
Naturwissenschaftlichen
Verein Karlsruhe e.V. und
Melder für das Grundlagenwerk „Die Schmetterlinge Baden-Württembergs“ ehrenamtlich mit
dem Staatlichen Museum
für Naturkunde Karlsruhe verbunden. Ab 2010
hatte er nach und nach
Teile seiner naturkundlichen Sammlungen, die
im wesentlichen Schmetterlinge, Käfer und andere
Insekten, aber auch präparierte einheimische und
exotische Vögel umfassen,
dem Naturkundemuseum
Karlsruhe überlassen.
Hans Messmer †
(2008)
Nach langer, schwerer Krankheit ist am 9. Juni 2008 im Alter von 72 Jahren HANS MESSMER aus Steißlingen verstorben. Postdirektor HANS MESSMER war als Schmetterlingssammler und Mitarbeiter der Entomologischen Arbeitgemeinschaft im
Naturwissenschaftlichen Verein Karlsruhe e.V. viele Jahre lang am Grundlagenwerk über die Schmetterlinge Baden-Württembergs beteiligt. Er lieferte regelmäßig seine Beobachtungsdaten an GÜNTER EBERT, der als Herausgeber am
Staatlichen Museum für Naturkunde Karlsruhe die Fäden für dieses weit über die Landesgrenzen hinaus bekannte und
geschätzte Werk in der Hand hielt. HANS MESSMER wurde am 25. Februar 1936 in Stockach geboren und besuchte dort
auch die Grundschule. Das Abitur legte er auf dem Gymnasium in Radolfzell ab und studierte ab 1955 Jura in Wien und Freiburg.
Karl Ratzel †
(2020)
Der ehrenamtliche Mitarbeiter des Staatlichen
Museums für Naturkunde Karlsruhe (SMNK),
Karl Ratzel aus Linkenheim-Hochstetten, von
1974 bis 2014 wohnhaft in der Karlsruher Waldstadt, verstarb am 1. November 2020 im Alter
von 92 Jahren in Linkenheim-Hochstetten. Er hat
für das Karlsruher Naturkundemuseum jahrelang
ehrenamtlich durch Präparation von getrockneten Faltern aus Altausbeuten und seine Mitarbeit
bei der Aufstellung der Hauptsammlung, insbesondere für die Gattung Eupithecia, Bleibendes
hinterlassen.
Anlässlich des 175-jährigen Bestehens des Naturwissenschaftlichen Vereins Karlsruhe e.V.
(NWV) bereitete das Staatliche Museum für Naturkunde Karlsruhe (SMNK) unter maßgeblicher
Beteiligung des ehemaligen Leiters der Entomologischen Jugendarbeitsgemeinschaft, Dr. Peter Müller, die kleine Sonderausstellung „175
Jahre Naturwissenschaftlicher Verein Karlsruhe
e.V.“ vor, welche am 10. November 2015 eröffnet
wurde. Vorgestellt wurden, neben der Historie
des Vereins, berühmte Naturwissenschaftler aus
dem 19. und 20. Jahrhundert, die Mitglieder des
NWV waren. Jede Persönlichkeit vertrat dabei
in der Ausstellung eine bestimmte naturwissenschaftliche Disziplin.
Der Lepidopterologe Günter Ebert, langjähriger Mitarbeiter der Entomologischen Abteilung des Karlsruher Naturkundemuseums, wurde mit dem Ernst-Jünger-Preis für Entomologie 2004 geehrt. Auf einer Feierstunde am 26. Mai 2004 im Schloss des Freiherrn von Stauffenberg in Langenenslingen-Wilflingen, dem ehemaligen Wohnort Ernst Jüngers, überreichte Wissenschafts-Staatssekretär Michael Sieber den mit 5.000 Euro dotierten Preis. Die hohe Auszeichnung
wurde bereits an anderer Stelle ausführlich gewürdigt (Trusch in Entomologische Zeitschrift 114: 182ff. und SEL News 38: 7f., 16f., 26f.; Klausnitzer in Entomologische Nachrichten und Berichte 48: 88.), so dass an dieser Stelle nur einige Punkte nochmals erwähnt werden sollen.
Günter Ebert
(2003)
Am 25. März 2003 erhielt Günter Ebert, Gründer und langjähriger Leiter der Entomologischen Arbeitsgemeinschaft im Naturwissenschaftlichen Verein Karlsruhe, auf der Tagung der Deutschen Gesellschaft für allgemeine und angewandte Entomologie (DGaaE) an der Martin-Luther-Universität Halle die Fabricius-Medaille. Es ist dies die höchste Auszeichnung, die
die DGaaE für herausragende Leistungen in der entomologischen Grundlagenforschung in unregelmäßigen Abständen verleiht. Mit ihr wird zugleich die jahrzehntelange Schmetterlingsforschung am Karlsruher Naturkundemuseum gewürdigt.
Gaston Mayer †
(2008)
Unserem ehemaligen Kollegen GASTON MAYER waren - fast auf den Tag genau - 95 Lebensjahre vergönnt, und somit verbrachte er genau 30 Jahre im Ruhestand. Aus diesem Grunde gibt es nicht mehr viele aktive Mitarbeiter im Naturkundemuseum, die ihn persönlich gekannt haben, und kaum einen, der ihn noch im Dienst erlebt hätte. Dennoch, wenn man den Namen „GASTON“ erwähnt, wissen oft selbst die Jüngeren, um wen es sich handelt. Einerseits liegt es natürlich an dem seltenen Vornamen, anderseits zeigt es auch, dass sein Wirken das Museum in vielem geprägt hat. – Wie kommt es zu diesem Vornamen und zu dem weniger bekannten 2. Vornamen LOUIS? GASTON M AYER wurde in Tabbert im Kanton St. Gallen geboren. Seine Mutter war eine Französisch-Schweizerin, dies erklärt die Namensgebung. Seine Vorfahren väterlicherseits waren jedoch Norddeutsche, aus dem Gebiet von Landsberg an der Warthe in Pommern (heute Polen), vor allem vom Rittergut Seehorst bei Posen sowie aus Hamburg. Er selbst verbrachte den größten Teil seines Lebens im Raum Karlsruhe.
Im städtischen Forstamt Villingen befindet sich
ein über 200 Jahre altes Aktenstück, das auf seinen etwa 150 Seiten einen Einblick in die damaligen forstlichen Verhältnisse der Stadt bietet.
In den Anfängen des staatlich reglementierten
Forstwesens war es der großherzoglich badische
Forstmeister von Drais, der in mehreren Visitationen die örtliche Verhältnisse in Augenschein
nahm und bis dahin nicht gekannte Ordnungsprinzipien und Vorschriften zur Anwendung
brachte.
Der Aktentitel (siehe Abb. 2) verrät den Zweck
seines behördlichen Auftretens: Es ging um das Bürgerholz, die allgemeine Forstkultur, um forstpolizeiliche Anordnungen sowie um die Zuständigen und Verantwortlichen der Stadtverwaltung.
Der amtierende Forstinspektor war Friedrich
Freiherr von Drais, Begründer der ersten badischen Forstlehranstalt in Pforzheim. Sein Neffe
Karl Friedrich war der Erfinder der Laufmaschine
(„Draisine“), der Urform des Fahrrades.
Gedenken an Hans Hauser
(2008)
Über den alemannischen Mundartdichter Hans Hauser wurde schon zu seinen Lebezeiten geschrieben; Ehrungen für sein Schaffen durfte er in vielfältiger Weise persönlich entgegen nehmen. Seine Dichtkunst erlangte aber erst eine gewisse
Popularität als Hans Brüstle, ein seinerzeit bekannter Villinger Lehrer, über ihn im Ekkhart Jahrbuch von 1968 schrieb und ihn in einen größeren Kontext alemannischer Mundartdichtung hineinstellte. Brüstle erkannte in seinem Aufsatz eine „Villinger Stadtsprache“, deren Charakteristik sich im wesentlichen bis heute erhalten hat und die etwas Abgeschlossenes, Eigenwüchsiges hat. Diese Sprache – so Brüstle – sei die Muttersprache Hans Hausers, denn aus seinen Gedichten spreche die Sprache seiner Mutter, die ihr Leben lang die städtische Mundart gesprochen habe. „Und nur im Umgang mit der Mutter, deren Vorfahren seit einigen Jahrhunderten in der
Stadt ansässig waren, konnten sich Ohr und Zunge in der zuverlässigsten Weise an das heimische Idiom und in seinen sprachlichen Schöpfungen Klang und Gestalt finden.“ Die persönlichen und sprachlichen Wurzeln von Hans Hauser werden
Gegenstand der weiteren Betrachtungen in diesem Aufsatz sein.
Irgendwann, vermutlich Anfang des vergangenen Jahrhunderts, entstanden an den Innenwänden von Villinger Gasthäusern Wandmalereien, deren Anzahl, Orte und Darstellungen allgemein nicht bekannt und nur durch Vermutungen unterlegt sind. Von einem Ort, nämlich dem Gasthaus „Schwert“ in der Färberstraße, sind – durch Zufall – solche Malereien bekannt
geworden. Mit dem folgenden Fundbericht sollen die Umstände deren Entdeckung geschildert werden und im Weiteren die damit zusammenhängenden offenen Fragen dokumentiert werden.
Im Frühjahr 2013 ist sie nun immerhin schon
wieder drei Jahre in der Neckarstadt: die Hellmut-Kienzle-Sammlung, eine der wertvollsten Uhrensammlungen, die es in Deutschland gibt. Anfänglich war eine große Begeisterung zu spüren und viele
einheimische und auswärtige Besucher drängten
sich in das Schwenninger Heimat- und Uhrenmuseum (Abb. 1), um die vielen zum Teil spektakulären
Zeitmesser aus fast fünf Jahrhunderten zu
sehen. Immerhin war lange unklar, ob die
Sammlung in Landesbesitz überhaupt jemals wieder
nach Schwenningen kommen würde. Inzwischen sind die Besucherströme merklich zurückgegangen.
Konstant blieb hingegen die Qualität der
Exponate.
Zwischen St. Gallen und Freiburg im Breisgau gab es im Laufe der Geschichte und gibt es heute noch verschiedenartige und enge Beziehungen. Zuletzt sei an die Ausstellung „Freiburg baroque“ im Augustinermuseum über den Barockkünstler Johann Christian Wentzinger (1710–1797) im Winter 2010/11 erinnert. Diese Ausstellung konnte danach auch in St. Gallen gezeigt werden. Denn Wentzingers Hauptwerk war die Stiftskirche und heutige Kathedrale von St. Gallen. Im Dienste der St. Galler Fürstäbte verdiente Wentzinger so viel Geld, dass er, als er sich zur Ruhe setzte, damit am Münsterplatz in Freiburg ein prächtiges Privatpalais errichten konnte. Die Beziehungen des Gallusklosters zum Breisgau reichen aber sehr viel weiter zurück, bis in die Anfangszeit der Abtei, als es Freiburg noch lange nicht gab: Das Stichwort ist das Weindorf Ebringen vor den Toren der Stadt. In einer der allerfrühesten überlieferten Urkunden erhielt das Kloster St. Gallen zwischen 716 und 721 Weingüter in Ebringen geschenkt („in Eberingen unum iuchum de vinea“), angeblich aus dem Erbgut des Gründerabtes, des heiligen Otmar (719–759). Diese Urkunde ist die älteste Erwähnung von Weinbau im Markgräfler Land und überhaupt die früheste Erwähnung eines breisgauischen Ortes in einer Urkunde. Damit beginnt eine die Jahrhunderte überdauernde Verbindung St. Gallens zu Ebringen. Hier befanden sich der Verwaltungsmittelpunkt des ausgedehnten Güterbesitzes der Abtei im Breisgau und der Sitz einer Propstei; davon zeugen heute noch das herrschaftliche Schloss und die Pfarrkirche St. Gallus. Hier wirkten St. Galler Mönche als geistliche Statthalter und Pfarrer. Hierher wurden auch zeitweilig unbotmäßige Mönche ins Exil geschickt. So geschehen am Ausgang des 18. Jahrhunderts mit mehreren oppositionellen Mönchen. Unter den Strafversetzten befand sich damals nicht nur der künftige – und letzte – St. Galler Fürstabt Pankraz Vorster (1753–1829, Abt 1796–1805), sondern auch Pater Ildefons von Arx (1753–1833). Dieser war im Exil nicht untätig, er verfasste 1792 die erste „Geschichte der Herrschaft Ebringen“. Später wurde er Stiftsbibliothekar von St. Gallen.
Erinnerungen an Leo Wohleb
(2002)
Wohleb zu einem Oberprimaner 1936 während der Pause im Gang des Gymnasiums Hohenbaden in Baden-Baden; er war immerhin Stammführer des Jungvolkes: „Paulus superbus! wenn ich dich noch emol mit ere Zigarett' in der Gosch am Leopoldsplatz seh', schlag ich der se aus 'm Gsicht! ,Der Führer' braucht Vorbilder für die deutsche Jugend!" Die deutsche Jugend war damals automatisch Mitglied der Hitler-Jugend. Als angenehmsten Dienst fand ich mit zwei Klassenkameraden (wir waren bis zum Abitur Ministranten an der Stiftskirche) die Mitwirkung im Bannorchester. Leiter war ein jüngerer erster Geiger des städtischen Orchesters. Am Montag Nachmittag wurde in Zivil musiziert (ausschließlich Barockmusik). Eines Sonntag-Abends sollten wir auf dem Land bei einer Versammlung den musikalischen Rahmen bilden. Der Dirigent war als
Musiker im Kurhaus, einen Führer hatten wir nicht: wir fuhren nicht nach Haueneberstein und die Musik fiel aus. Wir wurden daraufhin vom HJ-Bannführer (Schneider) einbestellt. Begrüßung: ,,Ah, da kommt sie ja, die schwarze Brut! Auf euch kann der Führer verzichten!" Mit gemischten Gefühlen zogen wir ab.
Der im Schwarzwald gelegene Ort Gutach wurde im späten 19. J ahrhundert zu einer kleinen, jedoch ziemlich bekannten Malerkolonie. Als deren Gründer gilt Wilhelm Hasemann (1850-1913), der sich hier 1880 niederließ. Etwas später stießen noch andere Maler dazu, u. a. Curt Liebig (1868-1936) und Fritz Reiss (1857-1916). Die Schönheit der malerischen
Landschaft und gewisse kulturelle „Exotik" wirkten jahrzehntelang, wie es scheint, magisch anziehend auf viele Künstler, nicht nur aus dem südwestdeutschen Raum. Zu den „Verzauberten" gehörte auch das Ehepaar Oskar und Gertel Hagemann.
Oskar Hagemann (1888-1985) war einer der wichtigsten deutschen Porträtmaler der ersten Hälfte des 20. Jahrhunderts. Seinen ersten Mal- und Zeichenunterricht bekam er in Baden-Baden beim Pionier der deutschen Werbekunst Ivo Puhonny (1876-1940). 1906 schrieb er sich in die Zeichenklasse des Malers Ludwig Schmidt-Reutte (1863-1909) an der Kunstakademie in Karlsruhe ein. Ein Jahr später wechselte er in die Klasse von Walter Conz (1872-1947), besuchte gleichzeitig den Malunterricht bei Ludwig Plock (1871-1940) und wurde 1908 Meisterschüler bei Wilhelm Trübner (1851-1917), der ihn wohl auch am meisten stilistisch beeinflusste. Nach Beendigung seines Studiums heiratete Hagemann 1912 die aus Karlsruhe stammende Künstlerin Gertel (Gertrud) Stamm (1891-1939). Sie studierte bei Arthur Kampf (1864-1950) an der Berliner Kunstakademie, war eine Hinterglasmalerin und eine ausgezeichnete Scherenschnittkünstlerin. Ihr Interesse für diese raffinierte Sparte der Kunst entwickelte sich bei ihr bereits in der Jugendzeit. 1908 lernte sie während eines Urlaubes in Hiddensee an der Ostsee den bekannten Scherenschnittkünstler Ernst Penzoldt (1882-1955) kennen, mit dem sie mehrere Jahre im Briefwechsel stand und Scherenschnitte austauschte. Sie schuf in dieser Technik diverse Motive als Einzelbilder und Illustrationen für Bücher und veröffentlichte ihre Werke u. a. in der Zeitschrift „Der Kunstwart" und in der Mappe „Schattengeist", herausgegeben 1912 von Ferdinand Avenarius im Callwey-Verlag.
Im 18. Jahrhundert wurden die Mönche moderner. Angeregt von den französischen Maurinern und infrage gestellt von Aufklärern verschiedener Couleur, verschoben vor allem die Prälatenorden, allen voran die Benediktiner, die Rechtfertigung ihres Daseins von weltabgewandter Frömmigkeit hin zu intellektueller Leistung für die Welt. Die neuere Forschung zu diesem Thema hebt unter Leitbegriffen wie „benediktinische Gelehrtenrepublik“ und „monastische Aufklärung“ eine von Mönchen getragene eigenständige Geisteskultur hervor, die im Humanismus und sogar noch im Mittelalter wurzelt und zugleich wesentliche Ansätze der Aufklärung aufnimmt. Durch die klösterlichen Netzwerke verbreitet sie sich über die höfischen und urbanen Zentren hinaus auch in den ländlichen Regionen Oberdeutschlands. Allenthalben sehen wir „enlightened monks“ am Lese- und Schreibpult, die sich die Ideen der Epoche anverwandeln. Sie sammeln Quellen und verfassen Kloster-, Bistums- und Landesgeschichten, die zu den bedeutenden Werken der Geschichtswissenschaft des 18. Jahrhunderts gehören; ihre Theologie lässt die jesuitische Scholastik hinter sich und wendet sich historisierend den
Kirchenvätern zu; sie bringen die Mathematik voran und konstruieren Maschinen und astronomische Uhren; die Äbte treiben Aufwand für Bibliotheken und Naturalienkabinette. Im Zusammenhang damit ergriff nach der Jahrhunderthälfte ein Geist der Kritik und der „Verdiesseitigung“ viele Benediktiner und verwandelte mancherorts die Konvente fast schon in bürgerliche Gelehrtenzirkel. Das Dilemma des Aufklärungskatholizismus zwischen Freisetzung schöpferischer Kräfte und
Verlust an religiöser Tiefe und konfessionellem Profil wird auch hier sichtbar.
Zum Historiker wird jemand nicht schon durch Interessen oder Themen, sondern durch seine Methoden. Hermann Preiser kennt sich aus in der einschlägigen Fachliteratur, vor allem aber verfügt
er über einen umfassenden Einblick in die Quellen. Geschäftsreisen hat er nach Möglichkeit auch dazu genutzt, auswärtige Archive und Bibliotheken zu besuchen. Unzählige Stunden seiner Freizeit hat er an solchen Orten, in Pfarrhäusern
oder Museen zugebracht und hier Bücher exzerpiert oder eine Unmenge von Quellen abgeschrieben. Die Handschriften vergangener Jahrhunderte, Aufzeichnungen in altem Deutsch oder Latein waren für ihn kein Problem.
Das Gymnasium der Villinger Benediktiner wurde in der zweiten Hälfte des 17. Jahrhunderts gegründet und
entwickelte sich nach der Zusammenlegung mit dem Gymnasium der Franziskaner 1774 zu einer Schule mit
Ausstrahlung weit über die Stadt hinaus.
Vieles ist erforscht, manches liegt noch im Dunkeln. Um an die bedeutendste Bildungsstätte des alten Villingen
zu erinnern, sollen in diesem und in folgenden Jahresheften in loser Folge Streiflichter und Momentaufnahmen
aus ihrer Geschichte dargeboten werden.
Der Abt des „Gotteshauses” St. Georgen zu
Villingen stand unter Druck. Ihn beschäftigte
die neue einheitliche Ordnung für die höheren
Schulen, die die staatliche Obrigkeit in Wien
1764 erlassen hatte. Der Villinger Magistrat hatte
ihn am 2. Mai im Auftrag der vorderösterreichischen
Regierung in Freiburg von dieser „Instructio
pro scholis humanioribus” in Kenntnis gesetzt.1
Sie brachte zahlreiche Veränderungen mit sich:
neue Bücher mussten beschafft, der Fächerkanon
erweitert, das Prüfungswesen ausgebaut werden.
Fraglich war, ob er die Schulleitung behalten und
weiterhin Mönche als Professoren würde einsetzen
können.
Die geschichtliche Überlieferung kann einseitig
sein. Nicht jeder Lehrer am Benediktinergymnasium,
der mit den Ideen seiner Zeit vertraut
war und seinen Schülern etwas mitgeben konnte,
hat auch eine Spur aus Texten hinterlassen. Das
Wirken und Denken von Pater Gottfried Lumper
jedoch wird in zahlreichen Briefen und tausenden
Seiten aus seiner Feder greifbar. So erscheint er in
der Rückschau als der bedeutendste Lehrer und
Gelehrte, den das Villinger Kloster hervorgebracht
hat.
Robert Gerwig aus Karlsruhe war nicht nur Bahnbauer, sondern auch Politiker. Als Abgeordneter im Landtag und im Reichstag kümmerte er sich um die wirtschaftliche Entwicklung und setzte sich dafür ein, dass das Reichstagsgebäude in der Form gebaut wurde, die wir kennen. In seinen Tätigkeitsfeldern antwortete er auf Herausforderungen der Zeit und nutzte den vorhandenen Gestaltungsspielraum. Insofern ist er Repräsentant seiner Epoche; in seinem Wirken werden Strukturen, Regeln, Konflikte und Denkweisen – die "politische Kultur" – Badens und des Kaiserreichs beispielhaft erkennbar.
Robert Gerwig ist als Erbauer der Schwarzwaldbahn berühmt. Aber es gibt noch
eine andere Seite in seiner Biografie: Der große Ingenieur war sein halbes Leben
lang auch politisch tätig. 1855–1857 und 1863–1873 vertrat er als nationalliberaler Abgeordneter den Wahlkreis Wolfach-Hornberg-Triberg-Furtwangen,
1875–1878 Pforzheim in der Zweiten Kammer des badischen Landtags, neun
Jahre saß er für den badischen Wahlkreis 2, der die Amtsbezirke Triberg, Villingen, Donaueschingen, Bonndorf und Engen umfasste, im Reichstag (1875–1884).
Er hatte also von 1875 bis 1878 sogar ein doppeltes Mandat im Landtag und im
Reichstag inne. In den Reichstag wurde er vier Mal gewählt: 1875, 1877, 1878
und 1881. Sein Wirken im nationalen Parlament und sein Bezug zum Wahlkreis,
die stets im Schatten seiner Bedeutung als Bahnbauer stehen, sollen im Folgenden
anhand der verfügbaren Quellen, vor allem der örtlichen Presse und der Verhandlungsprotokolle des Reichstags, erstmals ins Licht gerückt werden.
Robert Gerwig (1820 – 1885) ist in unserer
Gegend bekannt: Von der Bahnhofstraße in Villingen
zweigt die Gerwigstraße ab, in Hausach, St.
Georgen, Furtwangen und Singen gibt es Gerwigschulen,
vom Gerwigfelsen bietet sich der Dreibahnenblick,
2010 feierte das Gerwig-Musical in
Triberg Erfolge. In all diesen Erinnerungen spiegelt
sich sein Ruhm als Erbauer der Schwarzwaldbahn.
Weniger bekannt ist, dass der große Ingenieur
sein halbes Leben lang auch politisch tätig war.
1855 – 1857 und 1863 – 1873 vertrat er als nationalliberaler
Abgeordneter den Wahlkreis Wolfach-
Hornberg-Triberg-Furtwangen, 1875 – 1878 Pforzheim
in der Zweiten Kammer des badischen Landtags,
neun Jahre saß er für den badischen Wahlkreis
2, der die Amtsbezirke Triberg, Villingen,
Donaueschingen, Bonndorf und Engen umfasste,
im Reichstag (1875 – 1884). Dorthin wurde er vier
Mal gewählt, 1875, 1877, 1878 und 1881.
In den etwa 150 Jahren seines Bestehens durchliefen Hunderte von Schülern das Villinger Benediktinergymnasium. Sie brachten Leben an diesen Ort, erfüllten ihn mit Eifer und Hoffnungen und gewiss auch mit ihren Launen und Streichen.
Doch im Gedächtnis der Nachwelt sind viele nicht einmal mehr mit Namen bekannt, und hinter vielen Namen werden keine Person und keine Biografie mehr greifbar. Einige aber sind als die Persönlichkeiten, die sie später geworden sind, noch in Erinnerung – an den Orten, aus denen sie stammten, an den Stätten, an denen sie eine besondere Wirksamkeit entfalteten, und durch die Werke, die sie hinterlassen haben. Sie sollen in
elf Kurzbiografien, geordnet nach Geburtsjahren, vorgestellt werden.
» ... Und so wartete Gustave vergebens, selbst dann noch, als ihr Freund sich in die Lage versetzt sah, eine Frau standesgemäß zu ernähren. So blieb es bei den Briefen an Gustave, die menschliche Dokumente von schlicht bezwingender Macht und Reinheit, ein Kleinod der Briefliteratur, dem Geist vertrauter und zugleich abstandsbewusster Zwiesprache entflossen,
dem Schönsten und Lautersten ebenbürtig, was Hebels Dichtergeist ersonnen.« Mit diesen Worten fasst Wilhelm Zentner treffend zusammen, was in langen Jahren des persönlichen und brieflichen Kontakts zwischen Gustave Fecht und Johann Peter Hebel wuchs und sich gestaltete, - und was beiden verwehrt blieb.
Amalie Haizinger
(2008)
Als „Malchen Morstadt“ kam sie am 6. Mai
1800 in Karlsruhe zur Welt. Ihre Eltern waren
Georg Michael Morstadt (* 1763 † 1842) und
Friederike Jacobina Pastart (* 1763 † 1822).
Über Generationen, bis zurück ins 17. Jahrhundert
reichend, hatten die männlichen Vorfahren
der Morstadts bedeutende Ämter der
Evangelischen Kirche inne. Einige der alten
prächtigen Epitaphen sind heute noch im
Lahrer Denkmalhof sorgsam verwahrt.
So stammte auch Georg Michael aus einer
angesehenen kinderreichen Pfarrersfamilie,
die in dem kleinen Breisgau-Ort Broggingen
lebte. Bis heute ist hier im Türsturz des Pfarrhaus-
Eingangs zu lesen: „Morstadio Pastore
MDCCLIX“. Der ältere Bruder Friedrich
August (* 1759 † 1829) studierte ebenfalls
Theologie und wirkte als Pfarrer in Tutschfelden,
Kleinkems, Bischoffingen und Bickensohl
am Kaiserstuhl.
Ein 100 Jahre altes Aquarell, signiert mit »Greda von Erlach 1916«, wurde von mir in einer
öffentlichen Bücherecke gefunden. Im Generallandesarchiv Karlsruhe befindet sich ein Briefwechsel
der Malerin mit Großherzogin Luise von Baden. Verwandtschaftliche Beziehungen
bestanden mit den Familien Friedrich Curtius, Werner, Georg und Robert Picht und Viktor
von Weizsäcker, und Albert Schweitzer war ihrer Familie freundschaftlich verbunden. Ada
von Erlach porträtierte Schweitzer im Jahr 1905. Frau Barbara Picht, Ehefrau des Soziologen
und Romanisten Robert Picht, überließ mir Fotos aus ihrem Familienbesitz und unterstützte
meine Arbeit mit wichtigen Informationen aus erster Hand.
Heinz Scheible 75 Jahre
(2007)
Heinz Scheible, der am 4. August 2006 seinen 75. Geburtstag feierte, wurde in
Pforzheim geboren. Früh fand er seine Lebensaufgabe: das von Gunst und Hass
verwirrte Bild des Humanisten und Reformators Philipp Melanchthon zurecht zu
rücken und seine 10 000 Stücke umfassende Korrespondenz in einer kritischen,
kommentierten Edition heraus zu geben.
Nach der Promotion beim Kirchenhistoriker Heinrich Bornkamm 1960 gründete
Scheible 1963 die Melanchthon-Forschungsstelle in Heidelberg. Unter der Obhut
der Heidelberger Akademie der Wissenschaften hat sie sich zu einem wichtigen
deutschen Forschungsunternehmen auf dem Gebiet der Reformationsgeschichte
entwickelt und mit ihrem langjährigen Leiter internationales Ansehen errungen.
Für die Menge des Briefmaterials entwickelte Scheible einen speziellen Stufenplan
für die Edition und nutzte vorausschauend schon 1970 die Möglichkeiten der
EDV. Von der Forschungsstelle wurden bisher die Regesten, Ortsregister, Personenregister
A-K und mehrere Bände Texte (bis 1537) publiziert.
Aus Scheibles Bibliographie hervorzuheben ist sein Artikel „Melanchthon" in der
Theologischen Realenzyklopädie und seine Melanchthon-Biographie zum 500. Geburtsjubiläum
des Reformators.
„Semper Apertus“
(2012)
On 5 August 1947, two years after the occupying American army had shut it down, the University of Heidelberg recognized Prälat Hermann Ludwig Maas (1877–1970) on his seventieth birthday with a doctorate honoris causa. The document which the Rektor, Prof. Hans Freiherr von Campenhausen, presented to Maas supported the honor with half a dozen reasons why he was worthy of the title Doktor, but the laudatio made no mention of the university’s debt to Hermann Maas that arose in the summer of 1945. Years later, when Maas was a walking, living legend in his own city, the popular press remembered that Maas and members of the Theological Faculty taught uninterruptedly during the Summer Semester of 1945 while other faculties
slumbered. Maas and his colleagues helped the university live up to its heralded motto: semper apertus.
Wie lange waren Sie Lehrer am DFG? Von 1989 bis 2012 war ich als französische, verbeamtete Lehrkraf am DFG tätig. Meine
Fächer sind Geographie, Geschichte und Politik, eine unteilbare Kombination in Frankreich. 2012 wurde ich pensioniert, blieb aber weiterhin der Schule verbunden und wurde gelegentlich für Vertretungen »reaktiviert«.
Meine sehr geehrten Damen und Herren, lieber Hans-Martin, in den ausgehenden Wilden Siebzigern war am grauen Stein der Neuen Universität lange Zeit eine Parole zu lesen: „Die Uni muss wieder zur Wiese werden“. Sie stand da in ausholenden Lettern knapp über das Fundament des ehrwürdigen Gebäudes gesprüht, das über dem Portal, an zentraler Stelle, dem „lebendigen Geist“ gewidmet ist. Die Hochschulpolitischen Implikationen dieses Slogans waren mir nicht klar, der ich immer wieder mit dem aufschießenden Glücksgefühl eines entdeckten Witzes an ihm vorüberging, sie haben mich nicht wirklich interessiert. Was mir gefiel, war der naive Gestus dieses Stoßseufzers, der auch einiges über den studentischen Fleiß verriet. Er ist mir jedenfalls nicht aus dem Kopf gekommen und hat unlängst noch mit der Formulierung: „Wiese ist Macht“, in ein Gedicht Eingang gefunden, dessen Titel „Partisan Wiese“ heißt. Die Wiese, das Vieh. Dass man den Lernenden mit einem wiederkäuenden Rind vergleichen könnte, verstärkt noch die innere Logik dieser aufsässigen Zeile, obwohl sie dem Sprayer vielleicht nicht bewusst gewesen ist. Hans-Martin Mumm dürfte die Parole nicht gefallen haben. Er hatte vermutlich damals das ganze hochschulpolitische Gerangel satt. In einer gewissen Weise hat er sich aber, wie viele von uns, als Schüler dieses Mantras bewiesen, das dazu aufforderte, die Uni und mit ihr die Stadt zu renaturieren.
Der Wechsel der Konfession in der Frühen Neuzeit hat bislang vor allem im Phänomen der Fürstenkonversionen des 17. und 18. Jahrhunderts das Interesse der Forschung gefunden. Im Mittelpunkt des Interesses standen einerseits die Beweggründe
der Konvertiten, unterschieden nach religiösen oder politisch-dynastischen Motiven. Zum anderen fanden die Auswirkungen des Konfessionswechsels eines Landesherrn auf seine Untertanen Aufmerksamkeit. Seit dem Augsburger Religionsfrieden von
1555 galt das Prinzip, daß die Untertanen der Konfession des Landesherrn angehören sollten. Bis zur Mitte des 17. Jahrhunderts hatte die Fürstenkonversion somit zumeist den Religionswechsel der Einwohnerschaft eines ganzen Territoriums
zur Folge. Am Oberrhein bietet die Markgrafschaft Baden-Baden ein Paradebeispiel für die erzwungene Konversion der Untertanen nach dem Konfessionswechsel ihres Landesherrn bzw. dem Regierungsantritt eines neuen Landesherrn mit anderer Konfession als sein Vorgänger. Bis 1634 wechselte das Territorium - und damit stets die Mehrheit der Untertanen - sechsmal das Bekenntnis.
Kein Glück war ihm beschieden, dem Erbauer des neuromantischen Schlösschens
Remseck. Die nach ihm kamen, stammten aus einem friesischen Grafengeschlecht
und luden gern sich Gäste ein. Bleistiftskizzen und Aquarelle, Gedichte und eher zufällige Bemerkungen schildern das gastfreundliche Treiben hoch über der Remsmündung als ein Idyll, auf weite Strecken ungetrübt vom Lauf der Welt. Zu Anfang
indes war jener Bergsporn alles andere als ein beschaulicher Landsitz. Von einem
Raubnest namens Rems ist gar die Rede, das Philipp von Schwaben anno 1204 hier
ausgehoben habe. Eine Urkunde aus dem Jahre 1286 nennt dann erstmals auch eine
Burg mit Namen Rems.
Die Burg Rems dürfte bereits für den Grafen Ulrich I. eine strategisch wichtige
Rolle gespielt haben, als er nach dem Ende der Staufer die Gunst der Stunde nutzte
und sich Teile des Reichsgutes aneignete. Im Konflikt mit dem Habsburgerkönig Rudolf!. musste Graf Eberhard I. dann freilich klein beigeben und seine beiden stärksten Festen bis 1298 zum Faustpfand geben: die Burgen Rems und Wittlingen. Doch
Eberhard hielt nicht still, so dass sich insbesondere die Reichsstädte in Gefahr wähnten und gegen ihn zu Felde zogen. Über die Burg Rems fielen im Jahre 1311 vermutlich die Esslinger her, um sie dem Erdboden gleich zu machen.
Erst Eberhard II. gelang es, die Macht des Schwäbischen Städtebundes zu brechen.
Zu diesem Zweck ließ er 1360 auch die Burg Rems eilends wieder aufbauen. Als nun
aber die Württemberger nach der Schlacht bei Döffingen 1388 fest im Sattel saßen,
verlor die Burg Rems ihre Funktion als Stützpunkt der gräflichen Macht. Mitsamt
dem dazugehörigen Flecken Neckarrems wird sie nun mehrfach verpfändet. 1436
noch einmal notdürftig in Stand gesetzt, war sie in der Folgezeit offenbar so weit heruntergekommen, dass man ihre Steine 1576 auf den Abbruch verkaufte. Nur der 17
Meter hohe Bergfried mit seinen mehr als klafterdicken Mauern blieb stehen, bis er
1792 in sich zusammenfiel.
Konrad, von 934 bis 975 Bischof von Konstanz, wird im allgemeinen dargestellt mit einem Kelch, auf dem eine Spinne sitzt. Dies verweist auf folgende Geschichte: Als Konrad bei der Feier der heiligen Messe am Ostertag den Kelch abdeckte und das Blut Christi trinken wollte, sah er, dass eine giftige Spinne in den Kelch gefallen war. „Mit festem Glauben trank er den Kelch aus, überzeugt davon, dass das Gift ihm nicht schaden werde. Die Umstehenden befiel Trauer und Furcht. Doch Konrad setzte sich nach dem Gottesdienst mit den übrigen zum Mahl. Et reclinato super mensam capite, exitum araneae aperto praebet ore, quae nec mori in homine Dei, nec mortem potuit inferre. Tum quanta convivarum exultatio, quanta de viri constantia suboritur admiratio, lector potius animo concipiat, quam exprimendum verbis exigat“ („Und nachdem er sein Haupt auf den Tisch geneigt, gewährte er mit offenem Munde der Spinne den Ausgang, die im Manne Gottes weder hatte sterben, noch den Tod bringen können. Wie groß darauf der Jubel der Speisenden war, welche Bewunderung der Standhaftigkeit des Mannes sich erhob, möge der Leser lieber selbst im Geist erfassen, als in Worten ausgedrückt verlangen“.) Dieses sogenannte Spinnenwunder ist in der ältesten Überlieferung der Lebensbeschreibung von 1190 noch nicht enthalten und taucht erstmals in der Handschrift der Vita in der württembergischen Landesbibliothek von 1456 auf, fand aber wohl schon seit dem 13. Jahrhundert allmählich Eingang in die Konradsvita; auch in der Legenda aurea des Jacobus de Voragine wird sie immerhin schon in einer Handschrift des 14. Jahrhunderts erwähnt.
Wenn der noch allseits gut bekannte „fürstenbergisch gesinnte Altbadener“ Karl Siegfried Bader als einer der „Großen des 20. Jahrhunderts“ u. a. in den Bereichen der Kriminologie in dem großartigen „Badischen Kalendarium“ von Hauß/Schmid (Seite 194) verdiente Erwähnung findet, soll mit einigen Worten auch an das Wirken eines anderen angesehenen badischen Kriminologen des 19. Jahrhunderts erinnert werden: vor über 200 Jahren, am 13. Juni 1805 kam in Gerlachsheim bei Lauda/Königshofen Ludwig Hugo Franz von Jagemann zur Welt. Als Sohn des Mannheimer Ehrenbürgers Philipp Anton von
Jagemann, Stadtdirektor und späterer Hofgerichtspräsident in Mannheim, erhielt er dort seine Schulbildung, um dann zum Rechtsstudium die Universitäten in Heidelberg und Göttingen zu beziehen. Mit 22 Jahren bestand von Jagemann das juristische Staatsexamen.
Anton Weber
(2011)
Am 30. Januar 1933 beruft in Berlin der 85-jährige Paul von Hindenburg den „Schriftsteller"
und „Regierungsrat im Braunschweigischen Staatsdienste, München" Adolf Hitler zum
Reichskanzler. Das Resultat dieser folgenschweren Entscheidung wird bald „Machtergreifung" genannt werden. Am 27. Februar 1933 brennt das Reichstagsgebäude aus bis heute nicht
einwandfrei geklärten Gründen. Vorwand genug, politische Gegner massiv auszuschalten. Zum
Boykott jüdischer Geschäfte wird am 1. April 193 3 aufgerufen. Sechs Monate später findet in
Nürnberg der „6. Reichsparteitag - Sieg des Glaubens" statt, und der Agitations-Spielfilm
„Hitlerjunge Quex. Ein Film vom Opfergeist der deutschen Jugend" wird in die Kinos
geschickt: "Die Ufa sowohl wie alle an diesem Film Mitwirkenden haben sich nicht nur um die
Entwicklung der deutschen Filmkunst, sondern auch um die künstlerische Gestaltung nationalsozialistischen Ideengutes ein großes Verdienst erworben."[1] Am 2. August 1934 stirbt Reichspräsident Hindenburg auf dem ostpreußischen Familienlandsitz Gut Neudeck. Eigentlich soll er
dort auch begraben werden, das NS-Regime organisiert jedoch eine theatralische Beisetzung im
Denkmal für die Schlacht bei Tannenberg.
Das rätselhafte Schicksal Kaspar Hausers bewegt die Menschen seit seinem Erscheinen 1828 in Nürnberg bis heute. Er soll ein badischer Erbprinz gewesen sein, der durch eine Hofintrige beiseite geschafft wurde. Dafür wurden mehrfach vermeintliche Beweise angeführt. Tatsächlich handelt es sich um eine Legende, deren Entstehung sich recht genau datieren lässt. Auch können alle bisher vorgelegten "Beweise" für eine Abstammung Hausers aus dem Haus Baden entkräftet werden.
Am 24. Juli 2011 verstarb in Karlsruhe im Alter von 77 Jahren Dr.
Gerhard Stamm. Er war von 1973 bis 1996 Leiter der
Handschriftenabteilung der Badischen Landesbibliothek. Mit der
Veröffentlichung von drei gedruckten Katalogen machte die
wissenschaftliche Beschreibung der
Handschriften der Badischen Landesbibliothek
in seiner Amtszeit einen großen Sprung nach
vorn. Das deutsche Bibliothekswesen verliert
mit Gerhard Stamm einen seiner
profundesten Kenner des Alten Buches.
Wenn man sich mit der Geschichte Offenburgs in der Zeit des Dritten Reiches befasst, stößt man immer wieder auf den Namen Rombach. Allerdings verbergen sich hinter diesem Namen zwei Personen, die nicht mit einander verwandt gewesen sind. Beiden Rombachs gemeinsam war die stark ausgeprägte nationalsozialistische Gesinnung; was sie unterschied, waren das Temperament und die Rigorosität, mit der sie diese Gesinnung in die Tat umsetzten. Beide waren Funktionsträger des nationalsozialistischen Regimes, pflegten aber einen unterschiedlichen politischen Stil, vermutlich als Folge einer divergierenden sozialen Herkunft und Sozialisation. Bevor ich auf das Verhältnis der beiden lokalen NS-Leute eingehe,
möchte ich einen Blick auf die Biographie des Offenburger Oberbürgermeisters werfen. Dabei werde ich an mehreren Stellen aus Wolfram Rombachs Lebenserinnerungen zitieren, die er Mitte der 1960er Jahre schrieb und später dem Stadtarchiv Offenburg zur Verfügung stellte. Bis zu seinem Tod blieben sie gesperrt.
Der Direktor der Landesbibliothek Karlsruhe, Dr. Peter Michael Ehrle, ging aus Empörung über
die vom Rechnungshof geplanten Stellenkürzungen Ende März 2008 ohne offizielle Verabschiedung
vorzeitig in den Ruhestand. Nach der Denkschrift des Landesrechungshofes mußte er
davon ausgehen, dass 28,1 Personalstellen bei derzeit 91,5 Stellen gestrichen werden sollten. Das
hätte mehr als ein Viertel des Personalbestandes bedeutet. Besonders ärgerlich war dabei die
Ungleichbehandlung der Badischen Landesbibliothek gegenüber der Württembergischen, bei der
nur 4,4 Stellen gestrichen werden sollten.
In der einst vorderösterreichischen Stadt Waldshut pflegten die Bürger schon in vergangenen Jahrhunderten ein reges Kunst- und Kulturleben. Dies trat bei den neuesten Forschungen zur Stadtgeschichte zutage. So läßt sich heute berichten, daß zwischen dem 17. und 19. Jahrhundert zwölf Geigenbauer noch heute vorhandene Instrumente schufen und während über 150 Jahre eine Glockengießerei wirkte, deren Erzeugnisse noch derzeit in vielen Kirchen des Landes die Gläubigen zum
Gebet rufen. 2 Bisher unbekannt gewesene Altarbauer und Bildschnitzer hinterließen uns herausragende Werke, Orgelbauer waren bis über die Landesgrenze hinaus gefragt, und umfangreiche Arbeiten von Waldshuter Kirchenmalern lassen sich nun auflisten. Dazu sind vom Waldshuter Baumeister Ferdinand Weitzenegger, einem Schüler des berühmten
Deutschordensbaumeisters Johann Caspar Bagnato, beachtliche Kirchen- und Profanbauten in der Region nachzuweisen. Schon weit zurück spielte man Theater, feierte historische und kirchliche Feste und sorgte für den Erhalt von Fasnachts- und anderen Bräuchen. 1562 bestand schon ein „Tanzhaus“.
In der Goldgrubengasse bin ich geboren und aufgewachsen. Damals war die Gasse nicht - wie heute - gepflastert. Der Belag war eine einfache Sanddecke, und bei jedem Regenschauer bildeten sich Drecklachen (Wasserpfützen), in denen wir barfuß herumstampften. Bei Trockenheit konnten wir die Zeit mit „Kigelespiel“ = Murmeln vertreiben. Wollten wir aber die Habergeiß (Tanzknopf) pfitzen, gingen wir auf den Gehweg der Niederen Straße, der hatte schon einen glatten Belag.
Der Wieslocher Apotheker Johann Philipp Bronner steht am Anfang der Wissenschaft vom Weinbau, die er zwischen 1820 und 1850 etabliert hat. Es werden vor allem der Mensch und Wissenschaft ler aus der 1. Hälft e des 19. Jahrhunderts im Kontext seiner Zeit beleuchtet. Bronner steht exemplarisch für die Entwicklung der Naturwissenschaft en und ihrer Vertreter, welche sich mit der Geisteshaltung der Aufklärung auseinandergesetzt und konsequent angewandt haben. Aber auch der politische Bürger Bronner und seine Familie im Spannungsfeld der Standesgesellschaft zwischen Adel und den »niederen Ständen« im Vorfeld der badischen Revolution werden beschrieben. Die Historische Stadt-Apotheke Wiesloch ist das Vermächtnis Bronners am Ende seines Berufslebens.
Die Fahrt der Bertha Benz beleuchtet in einzigartiger Weise das eher versteckte Wirken einer emanzipierten Frau am Ende des 19. Jhdt. Ihr unbedingtes Vertrauen in Carl Benz und ihre Söhne, ihre unbeirrbare Zielorientierung durch alle Höhen und Tiefen eines Unternehmerlebens verdeutlichen ihre Verstrickung in die Entwicklung des Automobils. Daneben werden auch die Rahmenbedingungen der technischen Entwicklung des Motorenbaus dargestellt. Im Mittelpunkt steht aber die Suche nach einer Antwort auf die Frage, warum Bertha Benz die Fahrt überhaupt unternommen hat, die sie vernünftigerweise niemals hätte unternehmen dürfen.
Obwohl über einen Zeitraum von nahezu zwei Jahrhunderten nachzuzeichnen, ist die Geschichte der Erwerbungen von Abgüssen antiker Plastik durch das Haus Baden und des Fortbestandes dieser Sammlungen bislang kaum untersucht und nie zusammenhängend dargestellt worden. Auch die einzelnen Komplexe dieser Sammlungsgeschichte, die durch das Engagement des Hauses Baden wie durch einen roten Faden verbunden sind, gleichwohl aber auch für sich stehen könnten, haben zum Teil wenig Beachtung gefunden. So ist z. B. weitgehend unbekannt, dass auch Markgräfin Karoline Luise von Baden (1723–1783) in Karlsruhe eine eigene Abguss-Sammlung besaß. Und weitgehend in Vergessenheit geraten ist auch die Existenz einer Abguss-Sammlung im Mannheimer Schlossmuseum. Erweitert werden soll die Darstellung außerdem um die Anfänge der ersten Sammlung von Antikenabgüssen für die Karlsruher Zeichenakademie unter Markgraf Karl Friedrich von Baden (1728–1811).
Georg Jakob Schneider
(2013)
Die Synagoge war als Gebets-, Lern- und Versammlungshaus das Zentrum des rituellen Lebens der sogenannten "Judendörfer". Alle Synagogen in Südbaden, die zwischen 1852 und 1870 eingeweiht wurden, sind nach Plänen von Georg Jakob Schneider (1809-1883) erbaut worden. Das Leben und Werk Schneiders ist nur wenig erforscht. Dies ist erstaunlich, immerhin wirkte er an der Erbauung des Ortenberger Schlosses bei Offenburg mit und entwarf das bekannte Freiburger „Colombi-Schlösschen“. Möglicherweise hängt die Nichtbeachtung Schneiders mit der langanhaltenden Missachtung der Kunstgeschichte an dem von ihm praktizierten Historismus zusammen, vielleicht auch mit dem geringen Interesse, die der Baugattung Synagogenbau lange entgegengebracht worden ist, auf die Schneider sich spezialisiert hatte.
Korbinian Brodmann wurde am 17. November 1868 in
Liggersdorf, einer heutigen Teilgemeinde von Hohenfels bei
Stockach, geboren. Er starb allzu früh am 22. August 1918 in
München als angesehener Arzt und Wissenschaftler. In die
Geschichte der Medizin ist er eingegangen als Pionier der
Hirnforschung und Begründer der vergleichenden Zytoarchitektonik der Großhirnrinde. Für ihn hat seine Heimatgemeinde Hohenfels-Liggersdorf, zusammen mit dem Bürgerverein
»Hohenfels hat Zukunft«, im Dachgeschoss des Rathauses ein
kleines Museum geschaffen, das im Jahre 2009 zum 100-jährigen Jubiläum des Erscheinens seines Hauptwerkes »Vergleichende Lokalisationslehre der Großhirnrinde« eröffnet werden konnte und auf anschauliche Weise Brodmanns Leben und Forschungsleistungen
darstellt.
Korbinian Brodmann Museum
(2012)
Korbinian Brodmann wird am 17. November 1868 in Liggersdorf, heute Teilgemeinde von Hohenfels, geboren. Er stirbt allzu früh in München am 22. August 1918 im Rufe eines hervorragenden Arztes und Forschers. In die Geschichte der Medizin ist er eingegangen als Pionier der Hirnforschung und Begründer der vergleichenden Zytoarchitektonik der Großhirnrinde.
Für ihn hat seine Heimatgemeinde Hohenfels-Liggersdorf, zusammen mit dem Bürgerverein "Hohenfels hat Zukunft", im Dachgeschoss des Rathauses ein sehenswertes Museum geschaffen, das im Jahre 2009 zum 100-jährigen Jubiläum des Erscheinens seines Hauptwerkes "Vergleichende Lokalisationslehre der Großhirnrinde" eröffnet werden konnte und sehr anschaulich Brodmanns Leben und Forschungsleistungen darstellt.
Auf Vorschlag und in Zusammenarbeit mit dem Verein „Badische Heimat“ richtet die Gemeinde Albbruck im Ortsteil Unteralpfen, im Geburtshaus, dem Gasthaus Linde, eine Heimatstube zum Gedenken und zur Erinnerung an das Wirken von Pfarrer Jakob Ebner ein. Heimatstuben sollen verdiente Persönlichkeiten einer Region dem Vergessenwerden entreißen und Ereignisse aus der regionalen Historie in Erinnerung rufen. Diese neue Form der Heimatpflege und zugleich der Gastlichkeit hat sich im badischen Landesteil zwischen Bodensee und Main seit den 1950-er Jahren durchgesetzt. Überlieferungen von künstlerischem und landeskundlichem Wert, die zum Teil verschollen waren, werden durch die Heimatstube in Erinnerung gebracht und der Öffentlichkeit erschlossen.
Am 5. November 2014 verstarb der von 1970 bis 1997 an der Universität Mainz wirkende em. Universitätsprofessor für Kirchen- und Dogmengeschichte Gustav Adolf Benrath. Auch wenn er seinen langjährigen Wirkungsort jenseits des Rheins
fand, blieb er doch seiner badischen Heimat immer eng verbunden. Am 7. Dezember 1931 als Sohn eines badischen Pfarrers in Heidelberg geboren, wuchs er in einer Familie auf, in der seit Generationen wissenschaftliche Theologie getrieben wurde.
So waren beide Großväter Theologieprofessoren. Benrath studierte nach dem Besuch des humanistischen Gymnasiums in Heidelberg ebendort sowie in Wien Theologie und schlug früh die wissenschaftliche Laufbahn ein. In der unter der Anleitung Heinrich Bornkamms entstandenen und 1959 von der Theologischen Fakultät der Universität Heidelberg angenommenen Promotionsschrift analysierte er die „Reformierte Kirchengeschichtsschreibung an der Universität Heidelberg im 16. und 17. Jahrhundert“.
Im Wintersemester 1984/85 war im Vorlesungsverzeichnis der Theologischen Fakultät folgende Lehrveranstaltung angekündigt: „Dr. Scheible, Interim und Adiaphoron. Zur politischen Verantwortung des Theologen“. Ich nahm teil und habe bis heute Bilder der Sitzungen im Übungsraum in der Karlstr. 16 im Kopf. In diesem kirchengeschichtlichen Hauptseminar habe ich den Unterschied zwischen dem Augsburger und dem Leipziger Interim gelernt und vieles mehr. Ich sage das mit ausdrücklicher Dankbarkeit: Ich hatte das Glück, von Heinz Scheible in die erste tiefere Beschäftigung mit Melanchthon geführt zu werden. Und bis heute hat mein Melanchthon-Studium ja nicht aufgehört. Schon der Titel der Lehrveranstaltung zeigte die besondere Qualität der Lehre Herrn Scheibles: „Interim und Adiaphoron. Zur politischen Verantwortung des Theologen“. Den Theologiestudierenden sollte die erhebliche gegenwärtige Relevanz der Auseinandersetzungen um das Augsburger bzw. Leipziger Interim deutlich werden. Und das geschah keineswegs unter Vernachlässigung eingehender Quellenarbeit. Ich habe noch einmal in den alten Seminarunterlagen nachgesehen. Das sind nicht nur zahlreiche Kopien von Melanchthon-Briefen aus dem Corpus Reformatorum, sondern auch Kopien von Drucken aus dem 16. Jahrhundert, alles
intensiv bearbeitet, mit Bemerkungen und Buntstift-Unterstreichungen. Nach meiner Erinnerung habe ich in diesem kirchengeschichtlichen Hauptseminar zum ersten Mal überhaupt mit Kopien von Originaldrucken aus dem 16. Jahrhundert gearbeitet.
Am Nordfuß des Freiburger Lorettoberges liegt die Villa Mercystraße 2, in der von 1940 bis zu seinem Tode im Jahre 1958 der Dichter Reinhold Schneider zur Miete wohnte. "Auf dem Bergle hinter dem Haus widerstand der bayrische Feldherr Mercy, des Kurfürsten Maximilian letzter General, im Jahre 1644 drei Tage lang den Angriff en Turennes und Condés", schrieb er 1953 in seiner biographischen Skizze "Verhüllter Tag". "Das Haus, in dem ich wohne, ist älter als seine Nachbarn. Vor dem jetzigen Besitzer soll es ein General des 70er Krieges bewohnt haben. Als sein greiser kaiserlicher Herr ihn besuchen wollte, schien es ihm allzu bescheiden – was es gewiß auch war; er verdoppelte es, indem er einen saalartigen Raum anbaute; darüber liegen meine Zimmer. Ich verdanke also mein Gehäuse den Hohenzollern. Der Schreibtisch aus dem Marmorpalais kam einigermaßen an seinen Ort, und ich denke es mir gerne, wie der Alte Kaiser, der meiner Mutter Puppen schenkte, einmal den Gartenweg heraufgeschritten ist. Auch dieser Ring
ist geschlossen. Wie bald wird er zerbrechen!"
Am 28. September 2008 wäre Hauptkonservator Dipl.-Ing. Martin Hesselacher hundert Jahre alt. Von 1956 bis 1973 war er Leiter der
staatlichen Denkmalpflegebehörde in Südbaden
und im Regierungsbezirk Freiburg.
Seine Tätigkeit, sein unermüdliches Wirken
für den Gedanken der Denkmalpflege haben bis
heute ihre Spuren hinterlassen. So sind die
etwa zwanzig als Gesamtanlagen geschützten
Ortsbilder in dieser Gegend vor allem auf seinen
Einsatz zurückzuführen.
Im Jahre 1909 wurde Josef Sauer vom badischen Großherzog zum Konservator der kirchlichen Denkmäler ernannt. Damit trat er nach einer achtjährigen Vakanz das Amt an, das schon sein Lehrer Franz Xaver Kraus unter dem Titel „Konservator der kirchlichen Altertümer“ von 1882 bis zu seinem Tode 1901 bekleidet hatte. Wie bei Kraus war es ein Nebenamt neben der ab 1905 außerordentlichen, ab 1916 dann ordentlichen Professur in Freiburg. Es war ein staatliches Amt, kein kirchliches, nicht etwa eine Art Diözesankonservator, und es bezog sich auf die Kirchen beider christlichen Konfessionen. Es gab allerdings kein Denkmalamt im heutigen Sinne.
Karl Friedrich von Baden
(2011)
Wo soll ich nun anfangen, wo enden, wenn ich des theuern Namens Carl Friederich 's gedenke! In Aller Herzen ist Ihm ein Denkmal der Verehrung und Liebe errichtet; wie sollte der Erhabene noch des schwachen Wortes zu seiner Hoheit bedürfen?
Diese Worte sprach Friederich Junker, seines Zeichens Vikar der evangelischen Kirche zu Mannheim, anlässlich der Säcularfeier der Geburt des unvergesslichen Fürsten Karl Friedrich, die vom Bürgerverein Harmonie am 22. November 1828 in der Quadratestadt abgehalten wurde.
Einer Reihe von Zufällen verdankt es sich, dass am 22. Juli 2019 im Heidelberger Universitätsarchiv eine Tagung zu Emil Julius Gumbel stattfinden konnte. Denn lange Zeit galt das Verdikt des Neuhistorikers Christian Jansen aus dem Jahr 1981, Gumbel habe „seinerzeit […]
im ganzen Reich Aufsehen“ erregt und „heute ist er unverständlicherweise so gut wie vergessen.“ Zehn Jahre später konstatiert der damalige Rektor Peter Ulmer anlässlich einer akademischen Gedenkfeier zu Gumbels 100. Geburtstag, es sei „bis heute nicht […] zur Würdigung seiner Person durch die Universität gekommen“. Umso erstaunlicher ist das Wiederaufleben der Erinnerung an den bis zu seiner Vertreibung 1932 in Heidelberg lehrenden Statistiker und Pazifisten, obwohl aktuell kein Geburts- oder Todestag Anlass dazu gibt. Der Filmemacher David Ruf hatte übrigens unabhängig davon einen Dokumentarfilm über Gumbel zwischen 2017 und 2019 gedreht, während die Initiative für die Tagung selbst von Sabrina Zinke kam, der stellvertretenden Leiterin des Universitätsarchivs, die nach einem Drehtag im Universitätsarchiv David Ruf überzeugen konnte, seinen Film im Anschluss an die Gumbel-Tagung im Karlstorkino in Heidelberg zu zeigen. Über Rufs Verbindungen zu einem Münchner Ausstellungsteam kam dann zusätzlich eine Ausstellung über Gumbel ins Universitätsmuseum, die vom 16. Juli bis zum 19. Oktober gezeigt wurde. Doch – wer war Emil Julius Gumbel und warum Heidelberg?
Hellmut Gnändinger war Leiter des ehemaligen Staatlichen Forstamts Ottenhöfen von 1954 bis 1974. Das Geschlecht der Gnändingers stammt aus der Landschaft um die Quellen der Oder, dem ehemaligen Österreichisch-Schlesien mit den einstigen Herzogtümern Troppau, Jägerndorf und Teschen, einem Gebiet im Altvatergebirge, das nach den Schlesischen Kriegen dem Hause Österreich noch verblieben war. Nach dem für Österreich und Deutschland verlorenen Krieg wurde 1918 dieser Teil Schlesiens durch den Versailler Vertrag der neu gegründeten Tschechoslowakei angeschlossen. Versuche der deutschen Bevölkerungsteile, sich anlässlich der Nationalratswahlen am 4. März 1919 noch politischen Einfluss zu bewahren, wurden mit der Erschießung von 400 deutschstämmigen Männern, Frauen und Kindern durch Tschechen verhindert. Der deutsche Bevölkerungsteil war damit eingeschüchtert und die Jugend teilweise auch bereit, ins Reich auszuwandern.
„allemahl eine Herzstärkung“
(2017)
Johann Heinrich Jung-Stilling, geboren 1740 in einem kleinen Dorf im Siegerland, ist in mancherlei Hinsicht eine der wohl eigenartigsten Persönlichkeiten seiner Zeit. Nicht nur sein Aufstieg aus kleinsten Verhältnissen vom Schneiderlehrling zum Universitätsprofessor in Marburg und schließlich zum geistlichen Berater des Markgrafen Karl Friedrich von Baden und geheimen Hofrat in Karlsruhe ist dabei bemerkenswert. Auch seine vielseitigen Tätigkeitsfelder lassen ihn äußerst interessant erscheinen: Nach der Schneiderei und einigen Jahren als Hauslehrer begann er vergleichsweise spät mit einem Medizinstudium in Straßburg und arbeitete zeitlebens nebenberuflich als Augenarzt, wobei er sich in erster Linie als Staroperateur einen Namen machte. Hauptberuflich lehrte er dann jedoch Kameralwissenschaften und Staatswirtschaft, begann daneben allerdings bereits kurz nach Ende seines Studiums 1772 mit einer umfangreichen schriftstellerischen Tätigkeit insbesondere zu religiösen Themen, die ihn als Vertreter des Pietismus berühmt machen sollte und ihm den Ruf eines „Patriarchen der Erweckung“ eintrug, der im Spannungsfeld von Aufklärung und religiös begründetem Antirationalismus seine Positionen suchte.
„Spätestens nach den Verordnungen Kaiser Joseph II. († 1790) wurden im Villinger Münster keine Gräber mehr eingebracht; die weitgehende Umgestaltung des Innenraumes des Münsters in den zwanziger Jahren des letzten Jahrhundert mit ihrer Fußbodenerhöhung ließ die alten Gräber überschütten, einplanieren und vergessen – bis in unsere Tage“, schrieb 1979 der Archäologe Thomas Keilhack. Dabei ist man mit den herausgenommenen steinernen Grabplatten nicht sehr pietätvoll umgegangen. Dem Vernehmen nach landeten sie als Hauseintrittsteine oder gar als „starke Steindeckel“ über den neuen Entwässerungskanälen der Innenstadt. Damit verschwanden Zeugnisse für eine identifizierbare, individuelle Zuweisung an eine bestimmte Person, deren Gebeine im Kirchenboden verblieben waren.
Der Johanniter- oder Malteserorden führt seinen
Ursprung auf das gegen Ende des 6. Jahrhunderts
gegründete Pilgerspital und Hospiz in
Jerusalem zurück. Die Sarazenen zerstörten das
Hospiz mehrmals. Karl der Große stellte diese
wohltätige Einrichtung wieder her. Im Jahre 1048
gelang es italienischen Kaufleuten in der Nähe der
Kirche des Heiligen Grabes Grund und Boden
als Eigentum zu erwerben. Hier bauten sie vorerst
zwei Kapellen und zwei Hospitäler und weihten sie
dem hl. Johannes. In diesen Herbergen erhielten
die Pilger Ruhe, Pflege, ärztlichen Beistand und
Ausrüstung für die Heimkehr ins Vaterland. Viele
fromme Christen zogen es indessen vor, ihr Leben
fortan der Krankenpflege zu weihen und an dem
Orte zu sterben, wo auch Gott gestorben war.
Dietrich Rollmann von Dattenberg war von
1624 bis 1632 Johanniterkomtur zu Villingen,
Trier und Niederwesel. Er war einer der bedeutendsten
Komturen in Villingen.
Mitten im 30jährigen Krieg gab er für die Erhaltung und Ausstattung der Kirche 30.000 Gulden.
Der Betrag reichte nicht nur für die Kirche und
deren Ausstattung, sondern erhöhte sich durch
Zinsen bis 1805 auf 35.000 Gulden. Auch war er
ein vortrefflicher Verwalter seiner großen Einkünfte, die sowohl aus seinem Familienbesitz als
auch aus dem Orden stammten. So hat er die Kirche
der Kommende renoviert, sie mit Bildern,
Paramenten und einer Orgel neu ausgestattet.
Amtmann Hieronymus Bold
(2015)
Den wenigsten Villingern ist der Bezug zu dem
halbrunden Wappenschild mit der Jahreszahl 1582
in der Schulgasse, links von der Benediktinerkirche,
bekannt. Dieses war schon vor dem Neubau
des Münsterzentrums am Haus Nr. 15 angebracht.
Im Jahre 1970 wurde die ganze Häuserzeile (Nr.
11/13/15/17) abgebrochen.
Das Wappen ist das des Hieronymus Bold d. J.
und seiner Frau Luzia, geb. Kegel. Er war, wie
schon sein gleichnamiger Vater, Amtmann des
Benediktiner-Klosters von St. Georgen.
Am 31. Aug. 1967 wurde im Südkurier ein ausführlicher
Bericht über „Das kleine Wappenschild
in der Schulgasse” unter „heimatliche Kostbarkeiten
am Rande der Villinger Stadtgeschichte”
veröffentlicht.
Die bedeutende Familie Bold wohnte in der
Schulgasse Haus 15, es war das niederste dieser 4
Häuser. Das halbrunde Wappenschild war damals
über der Haustüre eingemauert.
Die Besucher der jüngst
restaurierten Johanneskirche an der Gerberstraße
haben vermutlich dem
Grabmal, das bis zur
Kirchen-Renovation 2012
auf der rechten Seite nahe
der Kanzel angebracht war,
bisher wenig Beachtung
geschenkt.
Die Kirche wurde spätestens
1336 erstmals erwähnt, 1711 begegnet sie
uns als barockisierte Kirche
zu St. Johann, seit 1859 ist
sie die evangelische Johanneskirche. Zu ihr gehörte
seit langer Zeit der historisch
bisher nicht untersuchte
Gedenkstein. Davon wird zu reden sein.
Grußwort zur Vorstellung des Buches über die Synagoge Kippenheim, vorgetragen am 10. November 2002
(2003)
Wenn ich heute an meinem 80. Geburtstag nach Kippenheim gekommen bin, um Ihnen als Nachfahre von Kippenheimer Juden meinen Dank für Ihre große Mühe und Ihren Einsatz für die Erhaltung und Würdigung der Zeugen aus Stein abzustatten, welche die einstmalige Anwesenheit von Juden an diesem lieblichen Ort dokumentieren, so bedarf dies einer Rechtfertigung.
Es ist der 20. September 1697. Der Friede von Rijswijk wird unterzeichnet. Der neunjährige Krieg ist zu Ende. Er wird auch pfälzischer Erbfolgekrieg genannt, wurde doch um die Rechtsnachfolge des verstorbenen Kurfürsten Karl von der Pfalz gestritten. In seiner 47-jährigen Regierungszeit ist es für Kaiser Leopold I. von Habsburg ein schwerer Tag. Er anerkennt die Herrschaft Frankreichs über das Elsass, verzichtet auf Straßburg. Immerhin werden ihm Freiburg i. Br. und Philippsburg, sowie die Festungen am Rhein, Breisach und Kehl, zurückgegeben, welche Ludwig XIV. sich nach dem Westfälischen Frieden, der 1648 dem 30-jährigen Krieg ein Ende gesetzt hatte, angeeignet hatte. Auch die rechtsufrigen Festungen Hüningen und Fort Louis waren Gegenstand des Streites gewesen. Dem deutschen Kaiser verbleibt das linksufrige Fricktal mit „Kaiseraugst", Rheinfelden und Laufenburg.
Am 15. Oktober 1862 trat das Gesetz über die Gleichstellung der
Israeliten in Baden in Kraft. Auch in Offenburg musste den Juden
die bürgerliche Niederlassung erlaubt werden. Zwar bestand im
13. Jahrhundert bereits eine Judengemeinde, deren Tauchbad
noch heute erhalten ist. In den Pestjahren des 14. Jahrhunderts
erlosch die Gemeinde jedoch und kein Jude durfte sich mehr dauerhaft in der Stadt niederlassen. [1]
Der erste, der vom soeben erst erworbenen Recht auf Niederlassung Gebrauch machte, war Maier Stein (1825-1879), der am
24. Oktober 1864 der erste jüdische Bürger Offenburgs [2] wurde. Er
war ein Sohn von Lemle Stein. Dessen Witwe samt den erwachsenen Söhnen und einer Enkelin, deren Mann und der Schwiegersohn aus Diersburg, gehörten gleichfalls zu den zuerst nach
Offenburg übergesiedelten Juden. Am 27.1.1863 lebten bereits
37 Juden in Offenburg.
Johann Peter Hebel besuchte von April 1774 an das Gymnasium illustre in der Residenzstadt Karlsruhe und wohnte mietfrei im Hause seines Förderers August Gottlieb Preuschen, der Hofdiakon war. Da Hebels schulische Leistungen den Erwartungen in besonderem Maße entsprachen, verließ er die Institution nicht, wie sonst üblich, nach der sechsten Gymnasialklasse, sondern erhielt die Gelegenheit, im hierfür (seit 1767) vorgesehenen Triennium als sog. Exemter bzw. Studiosus am Gymnasium illustre neben der fortgesetzten Beschäftigung mit den alten Sprachen und artes-Fächern sein Theologiestudium, den Cursus theologicus, zu beginnen und sich auf dessen Weiterführung an einer Universität vorzubereiten. Dass Hebel als Exemter den Status eines Studenten
der Theologie hatte, zeigt unter anderem der Fragebogen, den er zwecks Meldung zum ersten Examen auszufüllen hatte. Zur Frage, welche Collegia er am Gymnasium illustre gehört habe, notierte Hebel: Alle, die nach dem Schematismus von einem Studioso Theologiä erfordert werden. Gründliche Kenntnisse in allen drei alten Sprachen (Latein, Griechisch, Hebräisch) hatte Hebel schon vor Beginn des Trienniums erworben.
Johann Peter Hebel war schon im Jahre 1801 mit einem größeren katechetischen Projekt befaßt, nachdem er von Geheimrat Nikolaus Friedrich Brauer den Auftrag erhalten hatte, den Katechismus Johann Gottfried Herders für den Schulgebrauch in
Baden zu bearbeiten. Zu einer Publikation dieser Bearbeitung, die in Hebels Nachlass bedauerlicherweise nicht überliefert ist, kam es allerdings nicht. Dass sich Hebel der ihm übertragenen Aufgabe nur widerwillig stellte und er der Herderschen Vorlage
sehr kritisch gegenüberstand, ist ersichtlich aus einem Brief an seinen Freund Friedrich Wilhelm Hitzig vom 14. April 1801
Johann Ludwig Ewalds Leben und Wirken dürfen als vergleichsweise gut erforscht gelten. Ähnliches gilt für Carl Ullmann, wenngleich wir über zahlreiche Aspekte von dessen Œuvre noch nicht genug wissen. In vorliegendem Beitrag wird ein bislang
unbekannter Brief Ewalds an Ullmann mitgeteilt, der aufschlußreich nicht nur bezüglich seines Adressaten, sondern auch hinsichtlich seines Verfassers ist. Doch zuvor seien der Schreiber des Briefes und sein Adressat knapp vorgestellt.
Die Beziehung eines Autors zu seinem Verleger ist eine empfindsame Angelegenheit und bedarf zu ihrem Gedeihen einer besonderen Pflege. Sie geht weit über den vertraglichen Rahmen hinaus und erstreckt sich bis in die persönlichen Neigungen hinein. Für einen so erfolgreichen Autor wie Heinrich Hansjakob, von dem insgesamt 74 Schrift en erschienen sind, müssen die Beziehungen zu seinen Verlegern einen hohen Stellenwert gehabt haben. Es ist daher eine lohnenswerte Aufgabe, diese Beziehungen einmal in einer Gesamtübersicht darzustellen, zumal zu diesem Thema bisher nur wenige Arbeiten und diese meist nur zu Teilaspekten erschienen sind. Die vorliegende Arbeit versucht, an Hand von Hansjakobs persönlichem Entwicklungsgang die Beziehungen zu seinen Verlegern nachzuzeichnen. Es ergibt sich dabei auf natürliche Weise, dass in jedem Kapitel der Autor
und sein Verleger bzw. dessen Verlag gemeinsam beleuchtet werden. Als Quellen stehen vor allem Hansjakobs Schrift en zur Verfügung, dazu der erreichbare Briefwechsel mit den Verlegern, Selbstdarstellungen der Verlage sowie belegte Aussagen der Sekundärliteratur (z. B. die umfassende Biografie Hansjakobs von Manfred Hildenbrand). Die Arbeit geht über die Lebenszeit Hansjakobs hinaus, denn das Interesse an Hansjakobs
Büchern ist bis heute ungebrochen. Es werden daher abschließend auch die Verlage gewürdigt, die sich um die fortgesetzte Verbreitung seiner Schrift en verdient gemacht haben und sich immer noch in diesem Sinne betätigen.
Liebe Hebelgemeinde,
Dieses Jahr geht im achtjährigen Turnus
der Hebel-Preis wieder ans Elsaß. Zu einem
Zeitpunkt, wo das Engagement für die deutsch-französische „Doppelkultur", eine offene Identität bei uns im Elsaß immer noch, bzw. wieder
neu Verdächtigungen ausgesetzt ist, möchte ich
eingangs die wesentliche kulturpolitische
Bedeutung des Hebel-Preises hervorheben. Die
vorigen elsässischen Hebel-Preisträger haben
diese für ihr Schaffen herausragende überregionale und übernationale Funktion dieses Preises bereits kreativ erleben dürfen: ich denke dabei an Andre Weckmann, Claude Vigee
und Adrien Finck, die Ihnen, liebe Hebelgemeinde, vertraut sind und die in der Verleihung
dieses Preises Förderung, Anerkennung und
Ermutigung erfahren haben.
Johann Baptist Kirner lebte in der ersten Hälfte des 19. Jahrhunderts, einer wirtschaftlich und politisch aufregenden Zeit. Sie war geprägt von Hungersnöten, Kriegen, Revolutionen und Krankheiten wie Pest und Cholera. Mit Vorliebe hielt Kirner alle Begebenheiten seiner Zeit
fest; er malte in seinen Bildern die Bevölkerung in ihrem Alltag und skizzierte alle seine Beobachtungen. So entstanden für seine späteren Staffeleibilder weit über tausend Skizzen und Studien, die größtenteils aus seinem Nachlass noch vorhanden sind. Sein Bildmaterial zeugt von einer Epoche, in der bildliche Darstellungen nur durch fleißige Maler entstehen konnten. Erst nach Kirners Tod verdrängte die Photographie die Genremalerei und brachte viele Künstler, die mit ihren Zeichenblöcken zu Fuß durch die Lande zogen, um ihre Lebensgrundlage. Der kleine talentierte Schwarzwälder, der sich von seinem Vorhaben Maler zu werden nicht abbringen ließ, fand zuallererst Unterstützung durch den Furtwanger Dorfpfarrer, der ihm
den Unterricht im Zeichnen ermöglichte. Sein um zwölf Jahre älterer Bruder, der Porträtmaler Lukas, verhalf ihm später zum Studium an der Kunstakademie Augsburg. Nachdem die Konstanzer Malerin Maria Ellenrieder auf ihn aufmerksam gemacht hatte, unterstützten ihn
auch Karl Egon II. Fürst zu Fürstenberg und Großherzog Leopold von Baden, so dass er seine Ausbildung an der Königlichen Akademie in München abschließen konnte.
Unserem verstorbenen Mitglied Eugen Bode ist
es zu verdanken, dass die Memoiren des Ober-Postinspektors Joseph Stadler nicht in Vergessenheit geraten sind. Die Originalaufzeichnungen
befinden sich bei Nachkommen des Joseph Stadler in Hall in Tirol. Eugen Bode hat sich 1992
die Mühe gemacht, die 2000 Seiten dieser Chronik für unser Archiv zu kopieren. Mit diesem
dritten Bericht in unseren Jahresheften veröffentlichen wir die letzten Jahre, die Joseph Stadler in Villingen verbrachte. Auch nach seiner Versetzung an das Postamt Konstanz riss sein Kontakt zu seiner Heimatstadt nie ab.
Im Grunde war alles nach Hause geschrieben, in das Nebelland, las ich, Satz am Ende eines Buches wie eines Lebens, und wußte nun auch, daß dies mein Satz war. Er stand bei der Kaschnitz. „Die Kaschnitz“, das hörte sich wie ein schönnamiger südsteirischer Alpengipfel an - oder wie ein Gewässer jenseits der Elbe. Die Kaschnitz: das hätte auch nur eine Anhöhe sein
können oder ein Fluß. Ein Ort. Wahrscheinlich ist Kaschnitz selbst ein Ort. Er stand in meinem Lesebuch. Auch die Gedichte, die unter diesem Namen standen, waren Orte: „Genazzano“ und „Herbst im Breisgau“. Eine ortskundige, ortserfahrene Person muß diese Dichterin gewesen sein. Viel herumgekommen, geboren in Karlsruhe, wenig später schon Potsdam, Berlin, Weimar, Wien, München, Rom, Frankfurt, Rom. Davon konnte ich nur träumen! Dazu schrieb sie auch noch: Gedichte, die Orte waren,
Bücher, die „Orte“ hießen. Und noch genauer: „Engelsbrücke“, zum Beispiel.
Als Pfarrer i.R. Karl Heinz Stadelmann überraschend am 25. September 2007 in
Döggingen verstarb, blieb auch seine Forschung zu Franz Xaver Gumpp unvollendet.
Was er bis zum Januar 2007 über den bisher biographisch kaum erfassten
Jesuitenpater herausgefunden hatte, war aber bereits so viel, dass die Stationen
dessen Lebens erstmals fassbar sind. Für die Geschichte der Stadt Bräuningen spielt die aus Innsbruck stammende
Familie Gumpp eine bedeutende Rolle. 1652 wurde der kaiserliche Bauingenieur
Elias Gumpp Oberschultheiß der vorderösterreichischen Stadt Bräunlingen. Sein
Sohn Johann Konrad löste ihn 1671 in diesem Amt ab. Johann Konrad Gumpp
blieb bis zu seinem Tod 1704 Bräunlinger Oberschultheiß; ihm folgte einer seiner
Schwiegersöhne ( 1704- 1709) und Jahre später noch ein Enkel (1757-1764).
Die Familie Gumpp war sehr zahlreich und sehr einflussreich. Die in Innsbruck verbliebenen Geschwister des Elias Gumpp verfügten über beste Beziehungen zum - damals noch in lnnsbruck ansässig - Hof und den Regierungsstellen.
Die Gumpp-Söhne in Innsbruck erwarben vor allem als Baumeister Ansehen und
Einfluss; die Söhne des Elias in Bräunlingen wurden Juristen und Beamte.
Als der junge, eben promovierte Studienreferendar von Friedrich Metz eingeladen wurde,
am 26. Juni 1952 im Alemannischen Institut
Freiburg einen Vortrag zur Thematik seiner
Dissertation zu halten, ahnte er nicht, welche
Bedeutung dieses Institut noch für sein Leben
als Wissenschaftler spielen würde, ja, dass
er drei Jahrzehnte später selbst den Vorsitz
dieses Instituts übernehmen sollte. Prof. Dr.
Wolf-Dieter Sick, am 31. Mai 1925 im niederösterreichischen Neunkirchen geboren, hatte
nach dem Zweiten Weltkrieg das Studium
von Geographie, Geschichte und Romanistik
in Tübingen aufgenommen und bereits nach
zehn Semestern 1951 mit einer von Karlheinz
Schröder betreuten Dissertation über die Vereinödung im nördlichen Bodenseebecken abgeschlossen. Das kurz danach abgelegte Staatsexamen bereitete den Weg zum Schuldienst vor,
zu dem 1953/54 auch die Tätigkeit als Assistant d’allemand in Paris gehörte.
Bei der Frage von Pfarrer Markus Wittig, welche Frau im 20. Jahrhundert als eine Reformatorin der Moderne gelten könne, kam mir vor einigen Monaten direkt Gerta Scharffenorth in den Sinn. Was braucht es, um als Reformatorin der Moderne zu
gelten? Der Titel der Vortragsreihe bringt es auf den Punkt: neue Impulse in Kirche und Theologie. Gerta Scharffenorth hat in ihrem langen Leben ihre Erfahrung, ihren Glauben und ihre Theologie miteinander verwoben und dies auf nachhaltig wirksame Weise in der Kirche fruchtbar gemacht. Nicht umsonst wurde sie als erste Frau in den Rat der Evangelischen Kirche in Deutschland gewählt. Sie hat die längste Zeit ihres Lebens in Heidelberg gelebt und war dem Theologischen Studienhaus Heidelberg eng verbunden. Auch deswegen, weil das nach ihrer Ankunft in Heidelberg nach dem Ende des Krieges ihre erste Arbeitsstelle war. Wer war diese beherzte und mutige Kirchenfrau des 20. Jahrhunderts, die vor fast auf den Tag genau drei Jahren kurz vor ihrem 103. Geburtstag starb? Lassen Sie mich mit zwei Schlaglichtern beginnen: Als Gerta Scharffenorth ihren 100. Geburtstag mit einem Empfang im Gemeindehaus in Heidelberg-Schlierbach beging, versammelte sich ein bunter Reigen eindrücklicher Gratulantinnen und Gratulanten. Mit Wolfgang Huber und Klaus Engelhardt waren gleich zwei ehemalige Ratsvorsitzende der EKD anwesend. Auf einen bewegenden Gottesdienst folgte eine Reihe von Grußworten – sieben an der Zahl. Jedes ein Zeugnis von den nachhaltigen Spuren, die Gerta Scharffenorth während ihres langen Lebens gelegt hatte. Am Ende dieses Reigens stand die Jubilarin auf und ging selbst ans Mikrofon.
Ohne Manuskript. Mit Klarheit und Charme ging sie auf jedes der Grußworte ein, substantiell, treffend und gewitzt. Am Ende schloss sie nachdenklich, dankbar und schmunzelnd: Jetzt bin ich also 100. Was das bedeutet, kann ich selbst am allerwenigsten fassen. Dass ich einmal so alt würde, hätte ich nie gedacht […]. Das hat mich seinerzeit sehr beeindruckt.
Im vorliegenden Band werden die beiden Familienverzeichnisse der Pfarreien
Nöttingen und Remchingen der Öffentlichkeit in Druckform zugänglich
gemacht, die Pfarrer Jakob Petri im Jahr 1696 nach kriegsbedingtem Verlust
der alten Kirchenbücher neu anlegte. Die genealogische Forschung für das
Pfinztal wäre ohne diese beiden Verzeichnisse ein gutes Stück ärmer; sie hat
Jakob Petri also bis heute Außergewöhnliches zu verdanken. Doch wer war
dieser Jakob Petri? Als Seelsorger für mehrere Dörfer hat er während seiner
langen Amtszeit auch die schweren Jahre zweier Erbfolgekriege miterlebt. Im
Folgenden soll sein nicht ganz alltäglicher Lebenslauf nacherzählt werden,
wobei auch seine familiäre Herkunft Berücksichtigung findet.
Im Jahre 1885 unternahm der Pfarrer und Schriftsteller Heinrich Hansjakob (1837–1916) zusammen mit dem ihm befreundeten späteren Reichskanzler Konstantin Fehrenbach (1852–1926) eine rund zweiwöchige Reise durch den Hochschwarzwald. Ihr Weg führte sie das Höllental hinauf zunächst bis Saig, weiter über Steinabad und Umgebung, schließlich durch Vöhrenbach. Über diese Unternehmung berichtet Hansjakob 1890 in »Dürre Blätter, 2. Reihe«, dann neu
herausgegeben 1911. Der Leser erfährt vieles über den Hochschwarzwald und seine Bewohner, wie sie sich dem Schriftsteller 1885 zeigten, erfährt etwas über Hansjakob selbst und Konstantin Fehrenbach. Da »Dürre Blätter« im Unterschied zu vielen anderen seiner Werke seit rund 100 Jahren nicht aufgelegt wurde, soll Hansjakob im Folgenden häufiger selbst zu Wort kommen. In Klammern sind bisweilen kurze Erläuterungen der Verfasserin des Beitrags hinzugefügt.
Die Gefahr einer Verweltlichung von Christen besteht immer. Zu manchen Zeiten ist sie besonders groß, und einflussreiche Teile der Kirchen und in ihrem Gefolge das »Kirchenvolk« erliegen ihr. Der Priester und seinerzeit im deutschsprachigen Raum wohl meistgelesene katholische Schriftsteller Alban Stolz (geb. 1808 in Bühl, gest. 1883 in Freiburg) war einer jener Männer, die gegen die Verweltlichung von Christen auftraten. Er kämpfte gegen die sogenannten Liberalen. Denen ging es, so Stolz, um Herrschaft , Profit und Konsum.
Im Sommer 1895 lud Freiburgs Oberbürgermeister Otto Winterer seinen »Nachbarn« Heinrich Hansjakob, der seit 1884 als Pfarrer von St. Martin amtierte, dazu ein, mit ihm die Kartause, die »neueste Erwerbung der Stadt« zu besuchen. Im ehemaligen Kartäuserkloster wollte die »Heilig-Geist-Spital-Stiftung« ein neues Altersheim einrichten. Die Räume, die Hansjakob dort sah, waren in noch verwahrlostem Zustand, aber »ihre lichte Höhe und ihre Lage mitten im Wald« ergriffen ihn mit Macht. »Als ich gar«, berichtet Hansjakob, »die Zimmer im östlichen Flügel betrat, die der Prior Kolb für sich und seine Nachfolger bestimmt hatte, und zu den Fenstern hinaus das Dreisamthal mit seinen herrlichen Waldbergen bis hinauf zum ›Feldberg‹ sah, da bat ich, entzückt, meinen Begleiter, mir doch die Räume abzutreten.« Hier habe er Ruhe, schöne Natur, gute Luft, ein Asyl, in das er sich aus der Stadt flüchten könne. Winterer sagte Hansjakob seine Fürsprache beim städtischen Stiftungsrat zu, dessen Vorsitzender er war. Nach Umbau und umfangreicher Restaurierung – Arbeiten, die zwei Jahre dauerten – konnte Hansjakob einen Mietvertrag mit dem Stiftungsrat abschließen. Am 6. Juni 1897, es war ein Pfingstsonntag, »bezog ich das erstemal das Priorat der Karthause St. Johannis Baptistenberg«. Hansjakob hatte die »drei fürstlichen Räume« mit tannenen Möbeln im Stil der »Tyroler Bauerngotik« ausstatten lassen; viele Bilder aus seiner Bildersammlung schmückten die Wände. Er nutzte die Räume bis er zu seiner endgültigen Niederlassung im Haslacher
»Freihof«, den er sich als Alterssitz hatte errichten lassen. Das geschah im Laufe des Winters 1913/14. Zum 1. Oktober 1913 war er pensioniert worden. Seine Erinnerungen an die Kartause finden sich in den Bänden »In der Karthause« und »Stille Stunden«.
Autobiografische Texte
(2019)
100 Jahre Frauenwahlrecht in Deutschland. Dieses Ereignis bewog uns, ein Heft der Badischen Heimat dem Thema »Frauen« zu widmen. In der Vorbereitungsphase stellten sich zu den historischen Themen Fragen nach den Lebensumständen von Frauen heute. Was verstehen Frauen, die heute in Baden wohnen, unter »Heimat« – und was macht diese aus. Wie verwurzelt sind sie, wenn sie nicht ursprünglich aus Baden stammen, sondern aus anderen Teilen Deutschlands oder anderen Ländern kommen. Was hilft in der alten oder neuen »Heimat« – der Beruf, die Familie, die Religion, die Landschaft ? Spielt der Dialekt eine Rolle? Der erste Teil des Heft es wandelt daher auf ungewohnten Wegen: Frauen aller Altersstufen von Nord- bis Südbaden berichten aus ihrem Leben. Einige Fragen zum Thema »Heimat« dienten als Leitfaden. Entstanden sind unterschiedliche Beiträge, einige Frauen haben in Interviewform geantwortet, bei anderen Texten scheinen die Fragen nur durch. Den Anfang macht die 97-jährige Hildegard Doll aus Edingen-Neckarhausen, die ihrem Enkel Dominic Egger aus ihrem Leben erzählt. Von Neckarhausen geht es weiter nach Süden, in den Kaiserstuhl, nach Freiburg, auf die Baar. Elf Frauen – elf Lebensgeschichten von Frauen in Baden.
Hansjakob bietet in seinem umfangreichen Werk zahlreiche längere oder kürzere Porträts von Frauen, denen er selbst im Leben begegnet ist oder von denen er sich berichten ließ. Das waren vorzugsweise Frauen aus dem Volk, ausgeprägte Persönlichkeiten zumeist, deren Andenken Hansjakob bewahren wollte. Allerdings ist Hansjakob ein Gegner der sogenannten Frauenemanzipation, weil er die besonderen Stärken und positiven Eigenschaften der Frauen - in denen sie vielfach die Männer weit überragen - nicht dort sieht, wo die Männer traditionell das Sagen haben.
Die folgende kleine Untersuchung beleuchtet Wessenbergs Auffassung von Fortschritt aus der Sicht der heutigen kirchlichen Soziallehre. Die Vorstellungen Wessenbergs über Fortschritt und die menschliche Arbeit dabei erheben wir aus seinen Schriften und den Verhandlungen der Ersten Kammer der Badischen Ständeversammlung, deren Mitglied Wessenberg von 1819 bis 1827 als Vertreter der katholischen Kirche und von 1831 bis 1833 als Abgeordneter des grundherrlichen Adels oberhalb der Murg war. Für unseren Zweck am ergiebigsten sind die Verhandlungsprotokolle und „Beylagen“ der Ersten Kammer der Badischen Ständeversammlung der genannten Jahre, Wessenbergs Alterswerk „Gott und die Welt“ und seine Reisetagebücher. Für die katholische Lehre von der Arbeit und vom Fortschritt legen wir zu Grunde das „Kompendium der Soziallehre der Kirche“ und die Enzyklika „Laborem exercens“ von Papst Johannes Paul II. Methodische Bemerkung: Es sind im Rückblick auf Wessenbergs Vorstellung von Fortschritt geschichtliche Erfahrungen und Erkenntnisse sowohl von Zeitgenossen als auch aus einer langen Zwischenzeit seit damals enthalten (einschließlich der Verfasserin selbst).
Heroische Ethik
(2004)
Die Bischöfe von Freiburg, Strasbourg und Basel besprechen regelmäßig Herausforderungen der Gegenwart am Oberrhein. In dieser Verantwortung haben die Bischöfe im Jahr 1982 zum Verhalten der Christen im Konflikt um die Atomenergie Stellung bezogen. Im Jahr 2002 widmeten sich die Bischöfe Saier, Dore, Koch unter dem Gesichtspunkt „Leben am Oberrhein“ Fragen des menschlichen Lebens, das in vielfältiger Weise bedroht ist. (LaO, S. 3) Sie verweisen im Zusammenhang damit auf Einrichtungen, die in dieser zentralen Region Europas angesiedelt sind. Hier befindet sich der Europarat in Strasbourg, das Europäische Parlament und der Europäische Gerichtshof für Menschenrechte. Karlsruhe ist Sitz der beiden höchsten deutschen Gerichte. In der Region sind auch wichtige chemische, biologische und medizinische Forschungsinstitute und Universitätskliniken mit grundlegenden bioethischen Fragen konfrontiert. Es kommen die großen Pharmaunternehmen vor allem in Basel hinzu, die mit der Gentechnologie neue Produkte und Medikamente entwickeln und sich davon wirtschaftlichen Gewinn erhoffen. In dem besonderen Wort 2002, das die Bischöfe in die Region am Oberrhein
hinein sprechen, verweisen sie „dankbar auf die große humanistische Tradition dieser Region, die sich in Gestalten wie Erasmus von Rotterdam und Albert Schweitzer verkörpert hat, und auf ihre Prägung durch das Christentum über
Jahrhunderte hinweg". (LaO, S. 4) Die Verfasserin ist seit einiger Zeit dabei, dem berühmten protestantischen elsässischen Ethiker Albert Schweitzer den katholischen badischen Ethiker Reinhold Schneider zur Seite zu stellen. Beide zusammen vermögen das Leben am Oberrhein aus neuerem ethischen Denken vertieft zu beleuchten. Sie sind auf verschiedenen Wegen — doch gab es auch einige persönliche Begegnungen — zu einer „heroischen Ethik“ gelangt, wie in der folgenden Abhandlung dargelegt wird.
Reinhold Schneider behauptete von sich, er sei überhaupt kein Denker: „Nur in Bildern und Schicksalen komme ich ein wenig weiter." (VT 66) Große Dichter „haben in meiner frühesten Jugend an meiner Weltauffassung und an meinem Lebensgefühl viel entschiedener gearbeitet als die theoretische oder spekulative Philosophie, die mir im Grunde unzugänglich ist". (VT 66) Doch glaube er, dass der Ausgang fast aller Philosophie ein ekstatischer oder visionärer sei, dass auch den Philosophen das Letzte aus Bildern quelle. (VT 66) Von daher ist es einleuchtend, dass sich Reinhold Schneider der Philosophie zugewandt hat. Unter anderem beschäftigte er sich mit Fichte, Schopenhauer, Nietzsche.
Heinrich Hansjakob, zu seiner Zeit und noch lange nach seinem Tod viel gelesener Schriftsteller, wurde 1837 als Sohn eines Bäckers in Haslach im Kinzigtal geboren. Nach dem Abitur am Lyzeum in Rastatt studierte er Theologie und Philologie in Freiburg und schloss das Studium 1863 ab. Zunächst als Geistlicher im höheren Schuldienst tätig – während dieser Zeit promovierte er mit einer historischen Arbeit über die Grafen von Freiburg –, wurde er schon bald in die Auseinandersetzung zwischen dem badischen Staat und der katholischen Kirche hineingezogen.
Fluchtweg und Fluchthelfer
(2017)
Eine Flucht ist ein eiliges, manchmal unerlaubtes oder heimliches Verlassen eines Ortes, das Ausbrechen aus einer Gefangenschaft oder ein plötzlicher Rückzug, ein Davonlaufen vor Feinden,
Katastrophen oder Ähnlichem. Alle diese Aspekte scheinen sich auch bei der sogenannten Flucht
Papst Johannes XXIII. vom Konstanzer Konzil im März 1415 zu vereinigen und führten für seinen Fluchthelfer Friedrich in ein politisches Desaster ungeahnten Ausmaßes.
Bleibt noch vorauszuschicken, dass es aus historischer Perspektive zwei Päpste mit dem
Namen Johannes und derselben Ordnungszahl gab. Als Angelo Giuseppe Roncalli nach seiner
Papstwahl 1958 den Namen Johannes XXIII. wählte, machte dies den offiziellen Standpunkt
des Papsttums deutlich, dass es vor ihm keinen anderen legitimen Papst dieses Namens gegeben
habe. Dennoch ist die historische Persönlichkeit Johannes XXIII. auf dem Konstanzer Konzil
1415–1418 nicht zu leugnen. Baldassare Cossa wurde auf dem Konzil von Pisa 1409 zum Papst
gewählt und amtierte bis zu seiner Absetzung am 31. Mai 1415 in Konstanz als Papst Johannes XXIII. Neben ihm agierten aber noch zwei weitere Männer als Päpste, die sich allesamt
gegenseitig den Anspruch auf den Stuhl Petris streitig machten. Genau dieses ungeheure Kirchenschisma war die Ausgangslage für das Konstanzer Konzil, das versuchte, eine für die christliche
Welt unerträgliche Situation neu zu ordnen.
An einem Sommersonntagmorgen sah ich — aus dem Freiburger Münster ins Helle hinaustretend — auf dem noch menschenleeren Münsterplatz einen Greis: Unverwandt schaute er auf zu dem herrlich leuchtenden Münsterturm. Es war der Philosoph Max Müller. Langsam ging ich näher — einer der vielen Hörer — vor vierzig Jahren. Ein Stück Weges durfte ich ihn durch die stille Stadt begleiten. Als ich dem interessiert Fragenden sagte, daß ich ein Buch zu schreiben versuche über das vor bald fünfhundert Jahren von Hans Baldung Grien gemalte Freiburger Hochaltarretabel, gestand er: Diese Mariendarstellung im Hauptgemälde ihrer Krönung im Himmel gefällt mir nicht besonders: ihr Gesicht ist schattenlos bleich, und die Hände hält sie beim Beten beinahe lässig nach unten; aber vielleicht verstehe ich das alles nicht recht. — Offene, bescheidene Worte eines Wahrheit suchenden Lehrers. Zehn Jahre nach dieser letzten Begegnung ging mir jetzt der reiche, beglückende Sinn dieses Marienbildes vollends auf beim Erklingen der Marianischen Antiphon „Alma Redemptoris Mater“, die seit mehr als achthundert Jahren gesungen wird beim Stundengebet der Kirche — im Advent und in der Weihnachtszeit.
In den Biographien über Albert Schweitzer sind meist nur zwei oder drei Zeilen Königsfeld gewidmet, dem Ort, wo er immerhin 1923 ein Haus baute und wo er häufig während seiner Europa-Aufenthalte wohnte. Er selbst macht in seiner Autobiographie »Aus meinem Leben und Denken« nur eine flüchtige Andeutung, am Anfang des Kapitels XX, das sich auf zweieinhalb Jahre bezieht, Juli 1927 bis Dezember 1929, die er in Europa verbrachte: »War ich nicht auf Reisen, so lebte ich bei Frau und Kind in dem Höhenluftkurort Königsfeld im Schwarzwald oder in Straßburg.«
Wie schwierig ist es doch beides zu sein, deutsch und französisch. Dies zu verstehen und zu akzeptieren, damit kann man sich schwertun. Albert Schweitzer war von der festen Absicht und einem tiefgehenden Verlangen beseelt, den Zwiespalt zwischen den beiden Nationen und den beiden Kulturwelten zu überwinden und zu überbrücken. Sein humanitäres Engagement in
Lambarene gilt es auch in dieser Perspektive zu sehen. Als deutscher Staatsbürger entschied er sich bewusst dafür, sein Lebenswerk in Gabun, einer französischen Kolonie, ins Werk zu setzen. Der folgende Beitrag versucht einige Aspekte dieser besonderen Zweierbeziehung, dieser Doppelkultur nachzuzeichnen, die letztendlich Ausdruck einer zutiefst humanitär geprägten Herzens- und Weltoffenheit war.
Mehrere Orte auf der rechten Rheinseite und im Schwarzwald erinnern an Durchreisen und Aufenthalte Albert Schweitzers in Baden vor dem Ersten Weltkrieg: Oberkirch, Freiburg, Badenweiler und Königsfeld. Man kann wohl sagen, dass er sich hier in heimatlichen Gefilden fühlte, gewissermaßen »zu Hause«, und dass er die Landschaft und die Atmosphäre dieser badischen Orte liebte.
Anlässlich des 100-jährigen Jubiläums des Kollegiengebäudes I der Universität Freiburg ist es
lohnend, den Blick auch auf das repräsentativste originale Ausstattungsstück des Gebäudes, das
zwischen 1910 und 1912 von Hans Adolf Bühler (1877–1951) geschaffene Prometheusfresko, zu
richten. Es befindet sich in der sogenannten Prometheushalle über den Türen zur
Aula im ersten Obergeschoss des Gebäudes und dominiert mit einer Höhe von beinahe vier Metern und einer Länge von elf Metern den mit schwarzem Marmor getäfelten Raum. Nach seiner
Fertigstellung löste das Gemälde neben überaus begeisterten Reaktionen damals wie heute Diskussionen unter den Universitätsangehörigen aus. Während einst Hans Adolf Bühlers Interpretation des Prometheusmythos und vor allem die Nacktheit der Figuren kritisiert wurden, sorgt das
Gemälde heute wegen der kulturpolitischen Aktivitäten des Malers zur Zeit des Nationalsozialismus für Zündstoff.
Vor fast 30 Jahren verstarb ein Mann, der sich
um seine Heimatstadt Villingen große Verdienste
erworben hat: Dr. Johann Nepomuk Häßler.
Auch der Geschichts- und Heimatverein Villingen hat dem hochgeschätzten Arzt und verdienstvollen Lokalhistoriker, der zu seinen Gründungsmitgliedern zählt, viel zu verdanken. In zwei
Berichten soll hier Dr. Häßlers Leben und Werk
gewürdigt werden.
Kein weibliches Mitglied eines Offenburger Vereins ist bislang höher gesprungen: Mit 1,82 Meter hält Ellen Mundinger den hiesigen Hochsprungrekord - gemeinsam mit der Ichenheimerin Gunhild Hetzel. 37 Jahre sind inzwischen vergangen. Der Weltrekord liegt mittlerweile bei 2,09 Meter, den deutschen Landesrekord der Frauen hält Ariane Friedrich mit einem
2,06-Meter-Satz am 14. Juni 2009. Auch Ellen Mundinger übertrumpfte später ihre einstige Bestleistung: 1980 lag die Latte bei 1,89 Meter, und die Offenburgerin, die seit 1974 für den USC Mainz am Start war, flog haushoch drüber und schaffte die Qualifikation für die Olympischen Spiele in Moskau. Der Boykott des Westens verhinderte allerdings eine Teilnahme. Heute unterrichtet die Brauerei-Tochter an der Heimschule Lender in Sasbach Erdkunde und Sport. Wir trafen eine der erfolgreichsten Ortenauer Sportlerinnen im Oberkircher Ortsteil Bottenau, wo die Ausnahmeathletin mit ihrer Tochter Esther und Hündin Daisy in einem selbst gebauten Holzhaus mit herrlichem Blick auf die Weinberge und die Ausläufer des
Schwarzwalds lebt.
"Von seinem Leben wissen wir so wenig, als wenn er im grauen Altertum oder
einem weit entfernten Land geblüht hätte; auch stehen die sparsamen Nachrichten, die uns über ihn erhalten sind, nicht selten miteinander im Widerspruch. Wir wollen indessen die Überbleibsel in ein Ganzes zu vereinigen und
das Wahrscheinliche herauszufinden suchen." –
Was der Priester und Hofkaplan, Geschichtsschreiber und Geograph, alt- und neuphilologische Literatur- und Sprachwissenschaftler, Gymnasial- und Hochschullehrer, Hof- und Universitätsbibliothekar, Journalist und Publizist Joseph Josua Eiselein über Samuel Butler schrieb, könnte auf ihn selbst zutreffen. Vieles an diesem
talentierten Faktotum (und großem Autodidakten?), dessen Bild Patina wie
Schmutzstellen hat, ist unentdeckt. Kein Wunder deshalb, dass manches mehr
„herauszuahnden“ als „herauszuforschen“ (Goethe) ist.
Welche Gedanken wohl dem 24-jährigen nachmaligen badischen Staatspräsidenten Leo Wohleb Ende Februar 1913 auf seiner Eisenbahnfahrt von Freiburg nach
Donaueschingen durch den Kopf gehen?
Zwar hat der spätere „Hinterwäldler von Format“ (Theodor Eschenburg)
nach glänzend bestandener Lehramtsprüfung seine Fächer Latein, Griechisch und
Deutsch schon am Berthold-Gymnasium Freiburg „mit Freude“ unterrichtet, ohne
einen Praxisschock erlitten zu haben. Außerdem fährt er wöchentlich in seine
Heimatstadt, um einen Lehrauftrag an der Universität zu erfüllen.
Ungleich schwerer dürfte aber sein Dienst sein, den er als Vertretungslehrer am
Gymnasium Donaueschingen – wie schon Heinrich Hansjakob ein halbes Jahrhundert zuvor – absolvieren muss. Er mag sich zudem an den Schüler in Goethes
Faust erinnern, dem es in diesen Mauern, diesen Hallen (…) keineswegs gefallen
will. Trotzdem schreibt er am 26. Februar erleichtert nach Hause: „Ich komme
davon, 20 Stunden Deputat“.
Im Rahmen der Landeskunstwochen Donaueschingen wurden am 13. April
1989 unter dem einem Goethe-Gedicht (Main und Ilm, 1826) entlehnten
Titel Die Quelle manches Guten Texte von Autoren gelesen die der Stadt an
der Donauquelle besonders nahe gestanden hatten.
Selbstverständlich kamen dabei JOSEPH FREIHERR VON LAßBERG (1770- 1855),
JOSEPH VICTOR VON SCHEFFEL (1826-1886), HEINRICH HANSJAKOB ( 1837-
1916) und MAX RIEPLE ( 1902-1981) zu Wort, allesamt Männer, die zum Teil
mehrere Arbeits- und Lebensjahre hier verbracht hatten. Dennoch fehlten zwei
Persönlichkeiten: der laut Neue Deutsche Biographie „biedermeierliche ldylliker" KARL EGON EBERT (1801-1882), von 1825 bis 1833 bei seinem Taufpaten Karl Egon II. Fürst zu Fürstenberg als Bibliothekar, Archivar und auch
literarisch tätig, sowie die Erzählerin und Dramatikerin EMMA MAHNER-MONS alias EMMA NUSS .
Ihr und ihrem Roman 'Denk an dein Ziel, Yella! soll im Sinne von AUFGELESEN aus drei Gründen in den Schriften der Baar nachgegangen werden:
Erstens war die Autorin Wahl-Donaueschingerin; man könnte zweitens am
13. Mai die es Jahres ihres 130. Geburtstages gedenken und drittens hat sie
gemeinsam mit ihrem Adoptivsohn und Verleger ANDREAS ROHRBACHER bis
zu ihrem Tod 1965 an der Karlstraße gewohnt.