920 Biografien, Genealogie, Insignien
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Hauptberuflich Studienrat, ist Josef August Beringer (geb. 27.1.1862 Niederrimsingen bei Breisach, gest. 6.12.1937 Mannheim, katholisch) als Kunst- und Kulturhistoriker in Erinnerung geblieben, dessen zahlreiche Veröffentlichungen der Kurpfalz und Baden galten und der über etliche Themen erste, Neuland erschließende Überblicke veröffentlichte. Die
genauere Beschäftigung zeigt, daß er damit nicht nur eine kulturhistorische Theorie, sondern ein sozialkritisches und reformerisches Ideal verband. Beringers Kunstbegriff war einerseits weit gespannt, indem er von der akademischen Hoch- bis zur Volkskunst reichte, andererseits aber von deutlicher Ablehnung der heute als Moderne geltenden Richtungen geprägt. Für die von ihm unterstützten Künstler setzte er sich in zahlreichen Aktivitäten ein. Etliche sind längst in Vergessenheit geraten, da
ihre Bedeutung im Nachhinein geringer eingeschätzt wird. Beringers nationales Engagement sicherte ihm im Dritten Reich hohes Ansehen, relativiert sein Lebenswerk jedoch aus heutiger Sicht als einseitig.
Es mag kein so ungewöhnliches Gelehrtenschicksal gewesen sein, das dem vor 200 Jahren in Mannheim geborenen Naturwissenschaftler Karl Friedrich Schimper beschieden war, aber schon fast exemplarisch für einen genial begabten Menschen seines Schlages, dessen Herkunft und Zurückhaltung dem Begründer der damals neuen botanischen Morphologie die glänzende akademische Laufbahn versagte. Auch sein um 18 Monate jüngerer Bruder Georg Wilhelm, der sich sein botanisches Wissen als Autodidakt erwarb und dann als Forschungsreisender und als Statthalter des Königs von Tigre in Adua/Abessinien die praktische Seite seiner Begabung auslebte, hat der Wissenschaft nur im Verborgenen gedient.
"Neue Art von Brücken"
(2003)
Am 15. November 1845 wurde in Mannheim nach 4jähriger Bauzeit die Kettenbrücke mit einem Festzug eingeweiht (Abb. 1) und damit endlich der langgehegte „Wunsch nach einer festen Brücke über den Neckar" verwirklicht. Bis dahin waren die beiden Ufer des Flusses nur durch eine Schiffsbrücke verbunden (Abb. 2), die für die Neckarschiffahrt regelmäßig geöffnet werden mußte und bei Hochwasser oder Eisgang unpassierbar war. Die ersten Planungen zur Errichtung einer Kettenbrücke lagen damals freilich schon rund 20 Jahre zurück. Bereits 1823 hatte sich der Mannheimer Stadtrat an den aus Mannheim
stammenden, inzwischen in russischen Diensten stehenden Ingenieuroberst Wilhelm von Traitteur gewandt und eine Machbarkeitsstudie für eine solche Brückenkonstruktion in Mannheim erbeten. Wilhelm von Traitteur, der zu dieser Zeit durch den Bau mehrerer neuartiger Eisenkettenbrücken in St. Petersburg in Fachkreisen Aufsehen erregte, bejahte umgehend diese ehrenvolle Anfrage und verfertigte 1824 den Entwurf für eine Kettenbrücke über den Neckar in Höhe der Breiten Straße, der allerdings nie ausgeführt wurde.
Die Familie Kobell stammt ursprünglich aus Hessen. Der Name „Kobel" bzw. ,,Köbel" kann bis in das 17. Jahrhundert zurückverfolgt werden. Im Zuge der Französisierung im 18. Jahrhundert wurde das „l" verdoppelt, wobei sich diese Schreibweise allerdings erst gegen Ende des 18. Jahrhunderts durchsetzte. Als Stammvater gilt nachweislich Engelbert Kobell, Hochfürstlich Hessen-Darmstädtischer Schultheiß in Niederroßbach, der gegen Ende des 17. Jahrhunderts nach Frankfurt am Main übersiedelte. Sein Sohn Johann Heinrich erhielt dort 1716 die Bürgerrechte. Nach dem großen Brand von Frankfurt 1719 wanderte dieser jedoch mit seiner Familie nach Rotterdam aus. Mit Johann Heinrich Kobell d. Ä. spaltete sich die Familie fortan in eine deutsche und eine holländische Linie auf. Der um 1718 geborene Johann Heinrich d. J. blieb in Holland und war der Vater des späteren Marinemalers Hendrik Kobell sowie des Landschafts- und Tiermalers Jan Kobell. Sein etwa um ein Jahr älterer Bruder Balthasar wurde in Mannheim ansässig und stieg unter Kurfürst Carl Theodor als hoher Finanzbeamter bis zum
kurpfälzischen Hofkammerrat auf.
Urkunden und Akten, Karten und Pläne, Plakate und Bilder - die Bandbreite der in staatlichen, kommunalen und sonstigen Archiven aufbewahrten Materialien ist heute größer denn je. Dank digitaler Verfahren werden sie inzwischen auf neuen Überlieferungsträgern dauerhaft gesichert, der Zugang zu ihnen dadurch erleichtert und ihre Nutzungsfrequenz erhöht. Dies gilt insbesondere für das Kulturgut Film, dem in unserer multimedial ausgerichteten Gesellschaft ein zentraler Platz unter den archivischen Sammlungsbeständen zukommt.
„Ich hatte dem Landgerichtspräsidenten Uibel in Mosbach längst versprochen, wenn ich je noch eine Reise unternehme, sie in den Odenwald zu machen", schrieb Hansjakob im Vorwort zu seinen „Sommerfahrten", die ihn im Sommer 1903 in die Rheinebene, in den Odenwald, die Pfalz und das Elsaß führten. Die beiden, von Beruf, politischer Einstellung und Glauben her im Grunde recht unterschiedlichen Männer, lernten sich 1901 in Freiburg kennen. Dorthin war der 9 Jahre jüngere Uibel 1899 als Landgerichtsdirektor versetzt worden. Er konnte aber, wie er Hansjakob im März 1901 schrieb, wegen Krankheit und weil er ein zwischenzeitlich aufgegebenes Landtagsmandat noch wahrnehmen mußte, „den längst fälligen pflichtschuldigen
Antrittsbesuch" bei dem allseits bekannten Pfarrer von St. Martin, den er schon als Schriftsteller hoch schätzte, nur sehr verspätet abstatten.
Prof. Dr. Otto Fehringer
(2003)
Am 10. Juli 2004 jährt sich der Todestag des ersten Leiters der „Städtischen Vogelwarte Karlsruhe" und späteren Mitbegründers und ersten Direktors des „Kurpfälzischen Tiergartens Heidelberg", Prof. Dr. Otto FEHRINGER [1887-1964], zum vierzigsten Mal. Anlass, Leben und Werk dieses international renommierten Ornithologen und Säugetierexperten noch einmal skizzenhaft Revue passieren zu lassen. Dabei soll Otto Fehringer an passender Stelle möglichst authentisch zu Wort kommen. Die entsprechenden Zitate sind erst jüngst wieder aufgefundenen handschriftlichen Aufzeichnungen und Reisenotizen entnommen, die hiermit posthume Würdigung erfahren.
Albert Bassermann
(2003)
In Mannheim gibt es eine Bassermannstraße, die an die berühmte Familie erinnert, die Lothar Gall 1989 mit seinem Buch
„Bürgertum in Deutschland" ausführlich gewürdigt hat. Einer der prominentesten Vertreter der Familie war der Theater- und Filmschauspieler Albert Bassermann (1867-1952). Aus Anlass der 100. Wiederkehr seines ersten Bühnenauftritts im Hof- und Nationaltheater Mannheim 1887 hatte die Theatersammlung des Mannheimer Reiß-Museums bereits zwei Jahre vor Erscheinen der Publikation von Lothar Gall sowohl eine Sonderschau als auch eine Filmreihe präsentiert. Im Rahmen der
Ausstellung konnten erstmals die bedeutendsten und aussagefähigsten Objekte aus dem Nachlass gezeigt werden, den Albert Bassermann der Theaterhistorischen Sammlung des Theaterwissenschaftlichen Instituts der Freien Universität Berlin vermacht hatte. 2002 jährte sich der Todestag von Albert Bassermann zum 50. Mal. Dies bot diesmal dem Stadtarchiv Mannheim Gelegenheit, erneut eines der berühmtesten „Söhne Mannheims" mit einem Vortrag, den die Verfasserin dieses Beitrages hielt, und einer kleinen Filmreihe zu gedenken. Auffällig ist freilich, dass etwa junge Menschen sich für diese verhältnismäßig nahe Vergangenheit kaum zu interessieren scheinen und deshalb auch nichts mit Namen wie Albert Bassermann verbinden.
Eberhard Gothein (1853-1923)
(2003)
„Keiner von uns und keiner, der auf uns folgt, wird je wieder ein solcher Polyhistor zu werden vermögen wie es der alte Gothein war als einer der letzten Zeugen des Jahrhunderts Goethes, als einer der großen, Humanisten, deren Reihe nördlich der Alpen mit Erasmus beginnt und die wohl mit Burckhardt, Gothein, Gundolf zu Ende gegangen ist". Das schrieb Edgar Salin 1954 über seinen Lehrer und dessen fazettenreiches Leben. Doch Gothein war nicht nur Kulturhistoriker und Nationalökonom; als einer der Gründer zweier Hochschulen, Organisator und Dozent von Fortbildungsveranstaltungen, Mittler zwischen
Wissenschaft und Praxis, endlich als Politiker wirkte er auf vielen Ebenen originär und motivierend. Er beschritt Wege, die bis in unsere Zeit führen.
[...] Der dritte aber war ein schöner, junger Mann, der am besten tanzte weit und breit, und daher den Namen Tanzbodenkönig hatte. Er war ein armer Mensch gewesen und hatte bei einem Holzherren als Knecht gedient; da wurde er auf einmal steinreich; die einen sagten, er habe unter einer alten Tanne einen Topf voll Geld gefunden, die anderen
behaupteten, er habe unweit Bingen im Rhein mit der Stechstange, womit die Flößer zuweilen nach den Fischen stechen, einen Pack mit Goldstücken heraufgefischt, und der Pack gehöre zu dem großen Nibelungenhort, der dort vergraben liegt; kurz, er war auf einmal reich geworden und wurde von jung und alt angesehen wie ein Prinz. [ ... ] Diese Schilderung eines Mannes, der seiner Mit- und Nachwelt bemerkenswert erschien, weil er binnen kurzer Frist zu ungewöhnlich großem Reichtum und einem entsprechend hohen Sozialprestige gekommen war, ist nachzulesen bei Wilhelm Hauff in dessen 1828
postum veröffentlicher Erzählung „Das kalte Herz". Natürlich sollte man sich hüten, diese literarische Gestalt kurzerhand mit einer historischen Person zu identifizieren. Aber ganz zweifellos erinnert sie an einen Typus, den es im Nordschwarzwald tatsächlich einmal gegeben hat, an den Typus des - wenn man so will - ,,Proto-Unternehmers", der in den Regionen um Nagold und Enz, Kinzig und Murg in der zweiten Hälfte des 18. Jahrhunderts gleich mehrfach anzutreffen war.
Die Stadt Freiburg feiert Reinhold Schneider. Am heutigen Tag wäre er hundert Jahre alt geworden. Freilich, schon der Gedanke, Schneider hätte in Ruhe und Frieden das erreicht, was man ein „gesegnetes Alter" nennt, ist abwegig: zu einem literarischen oder philosophischen Patriarchen von der Art Russells, Julien Greens, Ernst Jüngers oder Gadamers fehlte dem zeitlebens angefochtenen und kränkelnden Mann so gut wie alles. So hatte es wohl seine Richtigkeit - wenn man denn im
Biographischen überhaupt von „Richtigkeiten" sprechen kann-, dass sein Leben bereits in der Mitte des Patriarchenalters abbrach: nach einem Sturz auf der Straße starb Reinhold Schneider am 6. April, dem Ostersonntag des Jahres 1958, im Loretto-Krankenhaus in Freiburg an Gehirnblutungen, noch nicht ganz 55 Jahre alt. Fassungslos standen damals viele
Freiburger - auch ich - vor seinem im Münster aufgebahrten Leichnam.
Nur vereinzelt sind autobiographische Quellen einfacher, nicht zu den Oberschichten gehörenden Menschen aus früheren Jahrhunderten überliefert. Historisch arbeitende Disziplinen wie Volkskunde und Geschichtswissenschaft begannen sich
erst in den letzten Jahrzehnten für diese Schriften zu interessieren und erschlossen
dadurch für die Forschung neue Zugänge zur Vergangenheit.
Aus dem Hegau wurden bislang nur wenige entsprechende Zeugnisse veröffentlicht. Am bekanntesten aufgrund des Inhaltes und der Darstellungskraft ist der
unter dem Titel »Aus vergangenen Tagen. Erlebnisse eines Höhgaubewohners in
der Franzosenzeit 1795-1815. Aus dem Tagebuch des ehemaligen Bärenwirts
und Vogtes Ferdinand Müller in Welschingen« 1893/94 erst im »Höhgauer Erzähler« und 1894 in Engen als Sonderdruck herausgegebene Bericht. Die für die
Zeitung bearbeiteten, an einigen Stellen gekürzten, an anderen erweiterten und
mit Fehldeutungen versehenen Aufzeichnungen behandeln die Zeit um 1800, als
das revolutionäre Frankreich und das konservative Österreich im Hegau miteinander um die Macht in Europa rangen. Sie sind nur ein Teil der »Lebensgeschichte«
Ferdinant Müllers. Das Original galt lange als verschollen und wurde 2001 zum
ersten Mal vollständig veröffentlicht.
Wilhelm Keil
(2003)
Wer heute über die »Wilhelm-Keil-Straße« in Ludwigsburg geht und Passanten nach
deren Namensgeber fragt, erhält in der Regel nur ein verständnisloses Schulterzucken
zur Antwort. Selbst in historischen Fachkreisen ist Wilhelm Keil zumeist nur ausgewiesenen Experten zur Geschichte der Arbeiterbewegung noch ein Begriff.
Finden sich auch unter den deutschen Abgeordneten nicht wenige zu Unrecht in der
Erinnerung verblasste Parlamentarier, so sticht das Vergessen im Falle Keils
insbesondere hervor, da seine politische Karriere eine Ausnahmeerscheinung in der
deutschen Parlamentarismusgeschichte bildet. Unter den gewählten deutschen
Abgeordneten des 20. Jahrhunderts gibt es wohl kaum einen Parlamentarier, der
gleichermaßen lange und einflussreich wie Wilhelm Keil sein Mandat ausübte und
zugleich der Nachwelt dermaßen unbekannt ist.
Während sechs Generationen zählten die Mitglieder der Familie Baumgärtner zu
den bedeutendsten und einflussreichsten Baumeistern und Persönlichkeiten von
Ludwigsburg. Fast 200 Jahre lang, von 1755 bis 1944, gestalteten und prägten sie als
Zimmerleute, Bauaufseher, Hof- bzw. Stadtwerkmeister, Bauunternehmer, Architekten, Künstler und Stadträte entscheidend das Bild von Ludwigsburg. Die Gebäude,
die sie in Ludwigsburg erbaut haben, beweisen dies eindrücklich. Trotzdem ist
ihr Leben und Werk heute, sehr zu Unrecht, fast vergessen. Ihre für Ludwigsburg
wertvolle Sammlung von Architekturzeichnungen befindet sich im Stadtarchiv
Ludwigsburg. Die Sammlung wurde Anfang des Jahres katalogisiert (Signatur V3/33)
und damit der öffentlichen Benutzung zugänglich gemacht.
Am 15. April 1937 verhafteten Beamte der Zollfahndung den Geschäftsleiter der Bezirkssparkasse Elzach, Erwin Stengler. Wer davon erfuhr, konnte es nicht fassen: Stengler war ein angesehener Bürger der Stadt. Bald munkelte man hinter vorgehaltener Hand, dass es sich um ,,krumme Geschäfte", um Devisenvergehen handeln solle, ja, obwohl Parteimitglied, habe der
Sparkassenleiter einem Juden geholfen. Stengler galt als korrekter, anständiger Geschäftsmann, er hatte sich um die Sparkasse verdient gemacht. Dass er gegen Gesetze verstoßen, vielleicht sogar die Bank geschädigt haben sollte, war unvorstellbar.
Zweimal verbrachte sie eine wichtige Zeit ihres Lebens in Freiburg. Das erste Mal kam Olga Fajans im Frühjahr 1897 als wissbegierige junge Frau am Freiburger Hauptbahnhof an, um für einige Semester Medizin zu studieren, das zweite Mal gut zwei Jahrzehnte später als Olga Hempel, um nach einer gescheiterten Ehe mit ihren drei Kindern an der Dreisam ein neues
Leben aufzubauen. Wie so oft bei der geschichtswissenschaftlichen Arbeit ist auch hier dem Zufall zu danken, der es ermöglichte, einem außergewöhnlichen Leben auf die Spur zu kommen. Im Rahmen meiner Suche nach Informationen über Freiburger Studentinnen erfuhr ich, dass am Institut der Geschichte der Medizin der Freien Universität Berlin ein Forschungsprojekt über Ärztinnen im Kaiserreich durchgeführt wurde. Unter den 792 deutschen Ärztinnen, die dort in fast
15-jähriger mühsamer Recherche erfasst werden konnten, befand sich auch Olga Hempel. Frau Jutta Buchin, die an dem Projekt maßgeblich beteiligt war, stellte mir die entsprechenden Ergebnisse freundlicherweise zur Verfügung. Sie vermittelte mir auch den Kontakt zu Olga Hempels Enkelin Irene Gill im englischen Oxford, die neben zahlreichen Briefen die Lebenserinnerungen ihrer Großmutter verwahrt, welche diese von 1948 an für ihre Familie in drei umfangreichen Notizbüchern niedergelegt hat. Unlängst konnte das Freiburger Stadtarchiv ein Exemplar dieser Aufzeichnungen in seine Sammlung aufnehmen.
Im Jahr 1957 erschien im 37. Band der 'Ortenau' ein Beitrag von Joseph Ludolph Wohleb (1892-1960), der sich mit einer Reihe von Quellenzeugnissen zur historischen Persönlichkeit des 1873 verstorbenen 'Bauernfürsten' Andreas Harter aus Kaltbrunn (Dorf nordwestlich von Haslach im Kinzigtal), dem Protagonisten der 1899 erstmals im Druck erschienenen Erzählung 'Der Vogtsbur' des aus Haslach stammenden Volksschriftstellers Heinrich Hansjakob (1837-1916), auseinandersetzte. Darin wurde der Versuch unternommen, auf der Basis einschlägiger Akten aus dem Fürstlich Fürstenbergischen Archiv in Donaueschingen hinter dem von Hansjakob angeblich verzeichneten Bild eines Kinzigtäler Großbauern des 19. Jahrhunderts, den die dichterische Phantasie zu einer geradezu tragischen Heldengestalt emporstilisiert hatte, den wirtschaftsgeschichtlichen Hintergrund auszuleuchten, vor dem sich der steile Aufstieg und tiefe Fall Harters abgespielt hatte, um sodann, im Rahmen eines vergleichenden Zugriffs nicht nur auf die aktenkundig gewordenen Fakten, sondern auch auf deren poetische Ausgestaltung im Kontext des Literarischen die grundlegenden Einflussfaktoren zu bestimmen, die auf Hansjakobs tendenziöse Wiedergabe der historischen Realität zumindest punktuell eingewirkt zu haben scheinen. Das vorläufige Resultat dieses interpretatorischen Zugriffs fällt einigermaßen ernüchternd aus, resümiert Wohleb doch die von ihm vorgenommene Aufdeckung der geschichtlichen Sachverhalte einerseits und die dem Dichter quasi zur Last gelegte Überformung der historischen Ereignisse andererseits mit der lapidaren Feststellung: Bei seiner Darstellung des Harterschen Konkurses ließ sich Hansjakob vermutlich von der Familientradition beraten, keinesfalls von Akten.
Im Herbst des Jahres 2001 feierte der Freiburger Verlag Herder mit einem großen Jubiläum sein zweihundertjähriges Bestehen. 200 Jahre Kontinuität bedeuteten auch 200 Jahre Kontinuität im Wandel. Man kann diese Kontinuität im Wandel als Transformation beschreiben. Nachdem Bartholomä Herder als Verlagsgründer den Sitz des Unternehmens von Meersburg nach Freiburg verlegt hatte, entwickelte er das Grundprofil des Verlagshauses mit historischpolitischen, natur- und geisteswissenschaftlichen Werken sowie herausragenden Leistungen auf dem Gebiet der Kartographie. Die 2. und 3. Generation der Verlegerfamilie hat mit einer zweifachen Transformation des Unternehmens den Charakter dieses Freiburger Verlages so geformt, wie man ihn in der ganzen Welt bis heute kennt. Diese Prägung durch Benjamin Herder und Hermann Herder d. Ä. soll im Folgenden dargestellt werden.
Wie Helden entstehen
(2003)
Am 31. Juli 1849 setzte ein Erschießungspeloton der preußischen Okkupationsarmee in Baden dem kurzen, aber ereignisreichen Leben des Johann Ludwig Maximilian Dortu beim Wiehremer Friedhofe der Stadt Freiburg i. Br. ein klägliches Ende. Ihm folgten wenig später weitere Opfer der siegreichen Bundesexekution, die damit der neuen, alten Ordnung ein abschreckendes, warnendes Zeichen voranstellen wollte. Keiner dieser ,Märtyrer' der fehlgeschlagenenn badischen Revolution sollte jedoch diesen Bekanntheitsgrad erreichen, wie ihn Dortu bis zum heutigen Tage besitzt. Es gilt, nach den Gründen für diese Popularität zu forschen, beschäftigen sein Leben und seine Person doch noch 150 Jahre nach seinem Ableben den politischen Alltag seiner Heimatstadt Potsdam.
Als Klara, Pfalzgräfin von Tübingen, geborene Gräfin von Freiburg, am 9. Juni 1358 die Herrschaft Freiburg an ihren Stiefonkel Egen II. von Freiburg verkaufte, fand nach nur 18 Monaten die erste und einzige weibliche Regentschaft über Freiburg ihr Ende. Dem Verkauf gingen eineinhalb Jahre gerichtlicher Auseinandersetzungen über den Rechtsanspruch der beiden Parteien auf die Adelsherrschaft voraus, deren Druck Klara letztendlich weichen musste. Es stellt sich die Frage, worauf Klara und Egen ihre jeweiligen Ansprüche gründeten, doch darüber hinaus gilt es zu bewerten, ob die Position Klaras als Stadtherrin vor dem Hintergrund der Chancen von Frauen auf Partizipation an Herrschaft allgemein eine außergewöhnliche Ausnahme darstellt.