920 Biografien, Genealogie, Insignien
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Der Nachlass von Otto Raupp kam als einer der ältesten in das Landeskirchliche Archiv und ist wahrscheinlich um 1960 hier deponiert worden. Der Bestand umfasst 92 VE mit einer Laufzeit von ca. 1886 bis 1944 und einen Umfang von ca. 0,30 lfde. Metern. Otto Heinrich Raupp wurde am 25. Mai 1867 als Sohn des Pfarrerehepaares Adolf Raupp und Elisabeth, geb. Mayer in Schwörstadt-Dossenbach im Kirchenbezirk Schopfheim geboren. Er studierte in Jena und Heidelberg Evangelische Theologie und wurde 1888 unter die Kandidaten der Evangelischen Landeskirche aufgenommen. Nach bestandener theologischer Vorprüfung im Jahr 1888 und abgelegter theologischer Hauptprüfung im Jahre 1889 folgte das Vikariat in Eberbach (1889), Berwangen (1890), Müllheim (1891), Freiburg (1892) und Mannheim (1894). 1898 wurde er Pfarrverwalter in Auggen und am 8. Januar 1899 in sein Amt als Pfarrer der Gemeinde Mundingen eingeführt. 1907 folgte die Wahl zum Dekan des Kirchenbezirkes Emmendingen. Ab dem 1. November 1919 war Otto Raupp Pfarrer in Denzlingen und seit 1919 weitere 6 Jahre Dekan der Diözese Emmendingen. 1909–1920 war Otto Raupp Mitglied der Generalsynode. Am 11. November 1927 erfolgte in Anerkennung der langjährigen Tätigkeit im geistlichen Amt und als Dekan des Kirchenbezirks Emmendingen die Ernennung zum Kirchenrat. 1925 wurde Otto Raupp nochmals für weitere 6 Jahre zum Dekan des Kirchenbezirkes Emmendingen bestätigt. Am 1. August 1938 wurde Otto Raupp in den Ruhestand versetzt, er verstarb am 2. November 1945 in Freiburg (im Breisgau).
Theodor Achtnich wurde am 10. Mai 1857 in Christiansfeld, Kreis Hadersleben, in
Schleswig-Holstein (heute Dänemark) geboren.
Er besuchte das Pädagogium der
evangelischen Brüdergemeine in Niesky mit anschließendem Studium am Theologischen Seminar der Evangelischen Brüder-Unität und an der Königlich Preußisch
Vereinigten Friedrichs-Universität Halle. Von Weihnachten 1882 bis Ostern 1884
war er Vikar bei Dekan Karl Friedrich Ledderhose in Mannheim-Neckarau. Am 25.
Mai 1884 wurde er in Gnadenfeld zum Diakonus der Evangelischen Brüdergemeinde
ordiniert und wurde Dozent am dortigen Theologischen Seminar, bis er im Juli 1886
nach bestandenem Kolloquium mit Probepredigt unter die Pfarrkandidaten der evangelisch-protestantischen Landeskirche aufgenommen wurde.
Am 31. März 1886 wurde Theodor Achtnich Pfarrverweser in Kandern und verheiratete sich am 25. November desselben Jahres mit der Kaufmannstocher Hermine
geborene Stern aus Mannheim.
Der „Familiennachlass Schmitthenner“ ist der überarbeitete und erweiterte Bestand „Abt. 150.028. Nachlässe von Schmitthenner, Adolf (1854-1907) und Schmitthenner, Karl Ludwig Wilhelm (1858-1932)“, der im Jahrbuch für badische Kirchen- und Religionsgeschichte vorgestellt wurde. Der neue Bestand mit ca. 5 laufenden Metern und 670 Verzeichnungseinheiten hat eine Laufzeit von ca. 1738-2011. Neben den schriftlichen Archivalien gehören zum Nachlass auch Bilder, Fotos und Alben, welche dem Bestand entnommen und der Bilder- und Fotosammlung des Landeskirchlichen Archives (Abt. 08.154.) zugeführt wurden. Die Bücher des Nachlasses wurden geschlossen in den Bestand der
Landeskirchlichen Bibliothek aufgenommen. Elf Ölgemälde wurden in die Grafik- und Gemäldesammlung des Landeskirchlichen Archives (Abt. 08.153.) überführt. Zum Familiennachlass Schmitthenner gehören ferner ein Familienbecher (VZE Nr. 667) und weitere Gegenstände, die als Realien unter VZE Nr. 665 erschlossen sind, z. B.: Lederetui, Brille, Brosche, Druckklischees, Haare von allen den lieben Meinigen (VZE Nr. 107), Wandteller, eine Medaille und ein Abdruck des Petschafts mit dem Schmitthenner-Wappen.
Der gesamte Nachlass von D. Karl Ludwig Bender umfasst eine Laufzeit von 1818 bis 1966 und hat einen Umfang von 0,75 lfde. Meter mit 106 Verzeichnungseinheiten (künftig: VE). Er besteht aus insgesamt vier Teilnachlässen von Prof. D. Carl Ullmann (1796-1865), Pfarrer Hugo Ullmann (1827-1916), Oberkirchenrat D. Karl Ludwig Bender (1881-1961) und einem unbekannten Autor. Der Teilnachlass von Prof. D. Carl Ullmann betrifft die VE 1-38, 40-43, 47-55, 57-80, 82 und 84-99 und nimmt mit 91 VE den größten Teil des Gesamtnachlasses ein; er umfasst einen Zeitraum von ca. 1818 – 1858, also aus seiner Zeit des Studiums der Philosophie in Heidelberg bis wenige Jahre vor seinem Tod. Die Hinterlassenschaft von Pfarrer Hugo Ullmann umfasst lediglich eine einzige Einheit (VE 81) und stammt aus dem Jahre 1848, als er nach bestandenem theologischem Examen im Jahr 1849 unter die Pfarrkandidaten aufgenommen wurde. Der Nachlass von Oberkirchenrat D. Karl Ludwig Bender beinhaltet Dokumente aus den Jahren 1929 bis 1935 und umfasst neun Einheiten: die VE 56, 83 und 100-106, wobei VE 103 nicht belegt ist. Hinter den VE 39 und 44-46 verbirgt sich ein unbekannter Autor aus den Jahren
1854-1874.
Der vorliegende „Bestand Bauer“ ist kein Privat-Nachlass, sondern eine Sammlung kirchenamtlicher Dokumente, welche der Geheime Kirchenrat Prof. Dr. Johannes Bauer aus offiziellen Aktenbeständen gesammelt hatte. Mit einen Umfang von etwa
0,5 lfde. Metern mit 34 Verzeichnungseinheiten (künftig: VE) erstreckt er sich über einen Zeitraum von 1683 bis 1882.
Bemerkenswert ist dabei, dass die Dokumente dieser Sammlung im Blick auf ihre Herkunft unterschiedlichen Verwaltungsbereichen bzw. Institutionen zuzuordnen sind: 1. Dekanat Boxberg 2. Dekanat Sinsheim mit Korrespondenz in Sachen Leininger Kirchenrat (vgl. VE 19) 3. Dekanat Mosbach 4. Dekanat Neckargemünd 5. Kurpfälzisch-reformierter Kirchenrat Heidelberg 6. Evangelischer Oberkirchenrat Karlsruhe 7. Ministerium des Innern, Evangelische Kirchensektion
In den verschiedenen Korrespondenzen findet sich Schriftverkehr mit dem Fürstlich Leiningschen reformierten Kirchenrat (vgl. VE 19), den südlich gelegenen Dekanaten Emmendingen, Mahlberg, Lahr, Kork, Bischofsheim und Hornberg (VE 27/5ae), den Inspektionen des ehemals linksrheinischen Gebietes der Kurpfalz, Neustadt an der Weinstraße (vgl. VE 17 und 23) und der nördlich gelegenen Inspektionen in Wertheim (VE 29) und Mildenberg (VE 15), den Dekanaten Adelsheim, Bischofsheim, Bretten, Gochsheim, Heidelberg, Mannheim, Oberheidelberg und Unterheidelberg (VE 26) sowie den Großherzögen von Baden (VE 6/9/26 u. 27) und den Kurfürsten von der Pfalz (VE 23).
Der Bestand D. Hermann Maas hat einen Umfang von 1,90 lfd. Metern und eine Laufzeit von 1861 bis 2011 mit 210 Verzeichnungseinheiten. Er setzt sich wie folgt zusammen: 1. Aus dem eigentlichen Nachlass in Gestalt von Handakten und Originaldokumenten, einer umfangreichen Sammlung von Gegenständen, von denen sich einige als
Ausstellungsexponate zurzeit im Adolf-Schmitthenner-Haus in Heidelberg befiden und einer umfangreichen Bibliothek, die in der Landeskirchlichen Bibliothek in Karlsruhe untergebracht ist. 2. Ferner zählt zum Bestand das Archiv der Hermann-Maas-Stiftung mit Studienzentrum und Gedenkstätte sowie 3. die Sammlung von Unterlagen von Schuldekan i. R. Albrecht Lohrbächer, welche am 18. November 2010 dem Landeskirchlichen Archiv übergeben worden ist und
einen Umfang von ca. 0,30 lfd. Metern hat. 4. Am 30. April 2014 folgte der Zugang der Verwaltung der Hermann-Maas-Stiftung vom Evangelischen Dekanat Heidelberg. Auf Initiative von Walter E. Norton (London) wurde im Jahr 1988 zum Gedenken an Prälat D. Hermann Maas die Hermann-Maas-Stiftung ins Leben gerufen und ein „Archiv“ angelegt, das wesentlich von Pfarrer i. R. Werner Keller aufgebaut und betreut worden ist und in den Räumen des Adolf-Schmitthenner-Hauses in Heidelberg untergebracht war. Während den Renovierungsarbeiten wurde das Archiv in das Hermann-Maas-Haus nach Heidelberg-Kirchheim ausgelagert.
Der Bestand Abt. 150.014 Karl Heinrich Mann (1912–1982) ist kein Nachlass im eigentlichen Sinne, sondern eher eine Sammlung historischer Unterlagen über Heidelberg und insbesondere die Providenzkirche, an der Mann von 1959 bis 1978 tätig war. Der Nachlass mit einem Umfang von 0,2 lfd. Metern, 18 Verzeichnungseinheiten und einer Laufzeit von 1645 bis 1981, ist zu einem unbekannten Zeitpunkt vor dem Jahr 1999 in das Landeskirchliche Archiv übernommen worden. Er beinhaltet 16 Handakten von Pfarrer Heinrich Mann mit Leichenpredigten bedeutender Persönlichkeiten in der Pfarrei und der Gemeinde. Karl Heinrich Mann wurde am 4. September 1912 in Leipzig geboren. Nach dem Schulbesuch in Leipzig studierte er von 1932–1937 Theologie in Leipzig und Marburg und legte nach bestandener I. Theologischer Prüfung und Vikariat in Sebnitz mit Besuch des Prediger-Kollegs St. Pauli in Leipzig im Mai 1939 vor dem Evangelisch-Lutherischen Landeskirchenamt in Sachsen das II. Theologische Examen ab. Seine erste Pfarrstelle war an der Heil- und Pflegeanstalt Untergöltzsch. Von Mai 1939 bis August 1945 diente er in der Wehrmacht, nahm am Polen- und Westfeldzug teil und kam anschließend in Kriegsgefangenschaft in Kreuznach und Attichy (Frankreich).
Die Nachlässe von Adolf Schmitthenner und Karl Ludwig Schmitthenner sind Teil des Familienarchivs Schmitthenner, einer badischen „Pfarrerdynastie“, die ohne Unterbrechung seit Anfang des 19. Jahrhunderts im Dienst der evangelischen Kirche
in Baden tätig ist. Die Nachlässe wurden im August 2004 von Pfarrer i. R. Werner Schmitthenner als Dauerleihgabe an das Landeskirchliche Archiv übergeben. Bei der Übergabe hatte der Nachlassgeber seiner Zeit freilich nur von einem „Konvolut Predigten“ Adolf Schmitthenner gesprochen, das sich bei der Bearbeitung viel differenzierter als Doppelnachlass erwies, da er durch Datierung und Handschrift zwei von einander deutlich zu unterscheidende Teile enthält.
Eugen Bolz 1881–1945
(2018)
Eugen Bolz war ein gläubiger Katholik und überzeugter Parlamentarier. Bereits im Januar 1912 wurde er mit gerade einmal 31 Jahren in den Reichstag gewählt. Ende desselben Jahres schickten ihn die Zentrumswähler als ihren Vertreter auch in den Halbmondsaal, den württembergischen Landtag in Stuttgart. Allerdings konnte er zunächst keine große parlamentarische Aktivität entwickeln, da bereits am 1. August 1914 der Erste Weltkrieg ausbrach.
Als „Zeitzeuge“ soll ich erzählen, wie ich die Kriegs- und Nachkriegszeit und die Kirche in dieser Zeit erlebt habe. Ich will es versuchen. Es ist allerdings für mich gewöhnungsbedürftig, Zeitzeuge für Nachgeborene zu sein. Es ist ein deutliches
Zeichen des Alters! Allzu viel darf man von mir nicht erwarten, wenn es um die Kriegs- und unmittelbare Nachkriegszeit geht. Ich bin 1934 in Freiburg geboren und in Lahr in einem kleinbürgerlichen Elternhaus aufgewachsen. Am Kriegsende war ich 11 Jahre, gehöre also zu der bevorzugten Generation, die am Kriegsgeschehen nicht mehr aktiv beteiligt war. Es sind darum nur Kindheitserinnerungen, die ich aus der Kriegszeit weitergeben kann. Auch in den ersten Jahren der Nachkriegszeit war ich noch ein Junge, dann Heranwachsender, der allerdings in der kirchlichen Jugendarbeit, vor allem durch die Schülerarbeit, als Jugendleiter und als Helfer im Kindergottesdienst entscheidend geprägt worden ist und intensive Erfahrungen mit Kirche gemacht hat. Als ich 1953 mit dem Theologiestudium begonnen habe, waren immer noch Nachwirkungen des Krieges zu spüren. Man freute sich, wenn man am Studienort ein nahrhaftes Paket von zu Hause bekommen hat. Man begegnete noch Kommilitonen, die spät aus der Kriegsgefangenschaft entlassen worden waren oder als Flakhelfer die letzte Kriegszeit erlebt und in dieser Zeit sich dann für den Beruf des Pfarrers entschieden hatten. In die Studienzeit fallen auch die ersten Begegnungen mit der Landeskirche – durch den damaligen Ausbildungsreferenten Heidland, später mit Oberkirchenrat Hof.
Die Verweigerung der Moderne
(2002)
Die Beschäftigung mit der Architektur Albert Speers (1905-1981) führt zwangsläufig zu einer Auseinandersetzung mit seinem Bauen im Dritten Reich. In einer Veröffentlichung der Arbeiten Speers, für die er selbst das Vorwort schrieb, werden seine Arbeiten erst ab 1933, dem Jahr der Machtergreifung Hitlers aufgeführt. Karl Arndts Aussage, daß Speers „Bauaufträge [...] so gut wie ausschließlich mit dem nationalsozialistischen Regime verbunden" seien, ist zu bestätigen. Allerdings wären da nicht wenige Indizien für ein architektonisches Schaffen vor 1933, könnte es den Eindruck erwecken, Albert Speer sei als Chefarchitekt und Handlanger Hitlers wie ein Phönix aus der Asche gestiegen. Um ein differenziertes Bild seiner architektonischen Entwicklung zu erhalten, ist es notwendig den Fokus auf seine frühen Entwürfe, die nicht im nationalsozialistischen Kontext entstanden sind, zu richten. Neben den Entwürfen eines Siedlungshauses (um 1931) und
einer evangelischen Kirche in Berlin-Zehlendorf (vor 1933), beziehen sich zwei der raren Entwürfe aus der frühen Schaffensperiode interessanterweise auf Heidelberg: Es handelt sich um ein Zweifamilienhaus, das er 1929 für seine Schwiegereltern in Heidelberg-Schlierbach realisiert und um den Entwurf eines Gärtnerhauses, das nicht ausgeführt worden ist.
Am 10. Januar 2011 beging die Erzdiözese Freiburg die formale Eröffnung des Erhebungsverfahrens für den Heiligsprechungsprozess des seligen Bernhard von Baden, Landespatron im badischen Teil des Erzbistums. Am 21. November 2012 fand es mit einem von Erzbischof Robert Zollitsch geleiteten Gottesdienst im Freiburger Münster seinen Abschluss auf diözesaner Ebene. Im Zuge unserer Arbeiten als Mitglieder der Historikerkommission stießen wir auf eine Quelle, die bislang von der Bernhardsforschung völlig unberücksichtigt blieb. Es handelt sich um einen fragmentarischen Nachruf auf den Seligen, der vom Augsburger Bürger Sebastian Ilsung († 1468 oder 1469) aufgeschrieben wurde. Er gehört zum Bestand der Bibliotheca Palatina unter der Signatur „Cod. Pal. germ. 677“ der Universitätsbibliothek Heidelberg und wird digitalisiert auf deren Internetseite unter der persistenten URL http:/ /digi.ub.uni-heidelberg.de/ diglit/cpg677/0005 verfügbar gemacht. Bei dem Codex handelt es sich um eine Handschrift, deren Erstellung der Augsburger Lohnschreiberin Clara Hätzlerin zugeordnet werden kann und die vermutlich von Sebastian Ilsung in Auftrag gegeben wurde oder sich in seinem Besitz befand. Eigenhändig fügte Ilsung zwei Texte an, nämlich die auf den Seiten 45v/46v befindlichen Exequien auf die Kaiserin Eleonore, sowie den hier erstmals edierten Nachruf auf Bernhard von Baden. Auf die Existenz des Textes verweisen in anderen Zusammenhängen und demzufolge ohne darauf einzugehen Franz Fuchs und Inta Knor.
Himmlische Verwandtschaft - Großherzog Friedrich I. und der selige Markgraf Bernhard von Baden
(2002)
Als am 2. Juli 1999 der Fusionsversuch der Landeswohlfahrtsverbände von Baden und Württemberg scheiterte, kommentierte dies ein Landtagsabgeordneter der CDU mit den Worten: ,,Landesidentität ist kein Wert an sich". In der Landesregierung scheint man heute anderer Meinung zu sein, sonst würde kaum nach der auf Außenwirkung abzielenden Imagekampagne nun in diesem, dem 50. Jahr nach der Gründung des Landes, ein auf Binnenresonanz spekulierendes Jubiläumsprogramm veranstaltet werden. Der Trennstrich zwischen Baden und Württemberg soll zum Bindestrich werden. Die Jubiläumsmaskottchen Greif und Hirsch führen ein Freudentänzchen auf, das wohl deshalb eher einem Ringelpiez als einem Walzer ähnelt, damit nicht der Eindruck eines Führungsanspruchs des einen entstehen kann. In Werbung und Veranstaltungen würden kaum viele Millionen fließen, wenn die Landesregierung nicht der Meinung wäre, der erhoffte Zugewinn an corporate identity und Bindung an das Bundesland werde sich früher oder später politisch und wirtschaftlich auszahlen. Landesidentität erscheint also als etwas Erstrebenswertes, gleichzeitig auch als etwas durch Marketingstrategien Herstellbares.
"Ein badischer Aloisius"
(2004)
Im Jahr 1950 erschien ein Büchlein mit dem Titel „Leuchtende Schar. Ein kleines Heiligenbrevier für junge Menschen“ von Albert Krautheimer und Karl Becker. Unter dem 21. Juni findet sich ein Brief an den heiligen Aloysius von Gonzaga. Darin klagt der Verfasser dem Heiligen sein Leid: Er sei durch seine Erzieher frühzeitig auf ihn aufmerksam gemacht worden, habe an den Aloysianischen Sonntagen teilgenommen und ihn so kennen, aber nicht lieben gelernt. Sechsmal habe er angefangen, die Lebensbeschreibung zu lesen, sei aber nie über das erste Fünftel hinausgekommen, denn: „Wenn man sich gerade einmal
freuen wollte, dass du auch ein ‚Mensch aus Erde' warst, dann wurde diese Tatsache vom Verfasser umgehend bedauert. Deine harmlosesten Bubenstreiche wurden als beweinenswerte Sünden hingestellt. Hätten wir dem Autor geglaubt, dann wären wir Buben insgesamt schon damals Schwerverbrecher gewesen. [...] Hätte man uns die Freude über dein echt jungenhaftes Verhalten im Feldlager gelassen, wir wären bestimmt deine besten Kameraden geworden. [...] Aber man ließ uns nicht Kameraden werden [...] man paukte uns ,die Moral von der Geschicht' ein, bis wir nicht mehr wussten, ob du oder wir oder unsere Erzieher einen Knacks hätten. Kurzum: man trieb einen Keil zwischen uns, anstatt uns zusammenzuführen.‘“ Und später heißt es in dem fiktiven Brief: „Überhaupt, man wollte aus dir einen Schmachtlappen machen, einen Trottel,
der weltflüchtig wurde, weil er mit der Welt nicht fertig wurde.“ Der Verfasser des Briefs solidarisiert sich also mit Aloysius.
Am 26. September 2013 stieß der Eppelheimer Bildhauer Günter Braun bei Abwasserarbeiten auf seinem Grundstück in der Seestraße 78 auf einen etwa 40 x 40 cm großen, aus Sandstein gemauerten Kanal. Dieser durchquert in ca. 2 m Tiefe vom Eppelheimer Ortskern kommend sein Grundstück und führt von dort hinaus aufs Feld in Richtung Mannheim. Günter Braun legte diesen Kanal auf eine Länge von ca. 2 m frei und schützte ihn durch ein provisorisches Dach. Die hinzugerufenen Experten, der Eppelheimer Heimatforscher Hans Stephan und Dr. Renate Ludwig, Archäologin und Denkmalschützerin im Kurpfälzischen Museum, bestätigten übereinstimmend, dass es sich hier um ein bisher unbekanntes Teilstück der
„Traitteur‘schen Wasserleitung“ handelt. Frau Dr. Ludwig lobte zwar die vorbildlich vorgenommene Freilegung, empfahl aber zugleich, den Fund wieder einzugraben, um ihn so optimal zu konservieren. Letztlich überließ sie es aber Herrn Braun als Grundstückseigner, wie er damit umgehen wolle. Der entschied sich dafür, die Fundstelle offen zu lassen und so zu präparieren, dass sie jederzeit öffentlich einsehbar ist. Dazu hat er inzwischen die Grubenwände befestigt und mit einer Trittleiter versehen, ein wetterfestes Dach darüber gebaut und eine große Schautafel angebracht, in der
anschaulich der geplante Verlauf und die Geschichte der „Traitteur‘schen Wasserleitung“ dargestellt sind.
„Neben seiner Bibel", brauche jeder echte Deutsche im Hause „nur noch ein Buch Scheffels", urteilte ein Biograph kurz nach
dem Tod des Autors. Als Joseph Victor von Scheffel am 9. April 1886 in seinem Elternhaus in der Karlsruher Stephanienstraße verstarb, war die Trauer groß. Hunderte Beileidstelegramme aus ganz Deutschland trafen ein, alle deutschsprachigen Zeitungen berichteten von dem Tod des beliebten Dichters, der in den siebziger und achtziger Jahren des neunzehnten Jahrhunderts zu den populärsten und meist verkauften deutschsprachigen Schriftstellern zählte, zu vergleichen nur mit den Klassikern Goethe und Schiller. Die Beerdigung drei Tage später wurde zu einer beeindruckenden Trauerbekundung für den badischen Dichter, Tausende begleiteten den Sarg zu seiner letzten Ruhestätte, einem Ehrengrab im „Campo Santo"; in dem Teil des neuen Karlsruher Friedhofes also, der von Josef Durm geplant wurde, dem Architekten, der Scheffels Villa auf der Mettnau am Ufer des Bodensees erbaut hat.
Nicht nur im württembergischen Oberschwaben gab es einen politischen Flickenteppich, sondern auch im entgegengesetzten Teil unseres Landes im badischen Norden. Dort gaben die Dörfer Ober- und Unterschüpf der kleinen
Herrschaft Schüpf, die heute im Gebiet der erweiterten Stadt Boxberg im
Main-Tauber-Kreis liegt, ihren Namen.
Wie aber kommt ausgerechnet in diese entlegene Gegend ein Name aus der
Mitte des Landes, aus Altwürttemberg, der zudem in seiner Titulatur noch den
Namen eines Ortes im schweizerischen Thurgau trägt?
Bei dem Träger handelt es sich um Johann Jacob Freiherr v. Bernhausen zu
Hagenwil, später zu Schüpf, dessen genealogische Daten im Folgenden
zunächst vorgestellt werden sollen.
Im vergangenen Herbst war ich im Münster
St. Stephan in Breisach um dieses ehrwürdige
Bauwerk einmal näher von innen zu betrachten,
und dabei stieß ich am Zeitschriftenstand
auf eine Ausgabe der Zeitschrift „unser Münster“
des Münsterbauvereins, Ausgabe 1/96 und
auf Seite 9 war ein Artikel über 3 Wappen, am
Lettner im Breisacher
Münster abgedruckt.
Johann Peter Hebel 1760-2010
(2010)
Der Hebelbund Lörrach e.V. ist die jüngste der drei großen Hebel-Institutionen zwischen Hausen und Basel. Die Gemeinde Hausen im Wiesental, dem Ort, in dem der kleine Johann Peter die Winter verbrachte (sommers lebte er in Basel). 1860 wurde die Hebelstiftung Basel von schweizerischen Hebelfreunden gegründet, so entstand der bis heute lebhaft gepflegte Hebel-Kontakt zwischen Hausen und Basel.
August Ruf und Eugen Weiler
(2006)
Die Holocaust-Gedenkstätte Yad Vashem hat August Ruf (1869-1944) und Eugen Weiler (1900-1992) viele Jahre nach ihrem Tod den Ehrentitel „Gerechter unter den Völkern“ verliehen. Überreicht wurde diese höchste Auszeichnung, die der israelische Staat zu vergeben hat, im Rahmen einer Feierstunde in Singen am 24. Juli 2006, eine weitere Feierstunde fand am 25. Juli 2006 in Rufs Heimatstadt Ettenheim statt. Damit wurden die beiden Priester der Erzdiözese Freiburg für etwas ausgezeichnet, das eigentlich selbstverständlich sein sollte: Sie haben einem Menschen das Leben gerettet. Was die Tat so besonders macht, dass ihnen postum diese besondere Anerkennung zugedacht wurde, sind deren Umstände: Sie haben im Jahr 1942 einer deutschen Jüdin zur Flucht in die Schweiz verholfen und sie somit vor der Ermordung in den Gaskammern von Auschwitz bewahrt. Etwas besonderes ist auch die Tatsache, dass es mit August Ruf und Eugen Weiler zwei deutsche Geistliche sind, die mit dieser Ehrung bedacht wurden — sie sind damit die ersten Priester der Erzdiözese Freiburg, denen dies widerfahren ist. Wenn sich auch die Erzdiözese eigentlich keinerlei Verdienste in Zusammenhang mit der Tat der beiden Priester zurechnen kann, und wenn auch die Ehrung selbst ohne Zutun der Bistumsleitung oder -verwaltung zustande gekommen ist, so fällt doch vielleicht ein kleiner Widerschein auf die Erzdiözese Freiburg und ihren Klerus zurück. Der aus Singen stammende Freiburger Weihbischof Prof. Dr. Paul Wehrle hat es sich daher nicht nehmen lassen, im Rahmen der Singener Veranstaltung der beiden Männer ehrend zu gedenken und ihnen nachträglich noch den gebührenden Dank für ihre Leistung abzustatten.
(Kein) Ende der Debatte?
(2016)
Bei diesem Thema kann man sehr leicht sehr viel falsch machen – gerade jemand, der als katholischer Kirchenbeamter von vornherein unter dem Verdacht steht, parteiisch zu sein: Der Bistumsarchivar, der über einen Erzbischof spricht, kann doch eigentlich nichts anderes betreiben als Heiligengeschichtsschreibung? Wenn er hingegen versuchen wollte, unparteiisch zu sein, dann liefe er Gefahr, in die andere Richtung zu weit zu gehen, zu kritisch zu urteilen und letztlich das eigene Nest zu beschmutzen. Zumindest könnte dies aus katholisch-kirchlicher Sicht so wahrgenommen werden. Daher habe ich mich dazu entschieden, nicht direkt über Gröbers Verhältnis zum Nationalsozialismus zu sprechen, sondern über die Debatten, die darüber geführt wurden und werden. Das könnte als Drückebergerei verstanden werden, bietet sich so natürlich die Möglichkeit, auf eigene Stellungnahmen zu verzichten und nicht unbedingt die eine oder die andere Sichtweise zu vertreten. Andererseits besteht hierdurch aber die Chance, auch solche Perspektiven vorzustellen, die nicht die eigenen sind: Ich kann also die eine oder andere besonders Gröber-kritische Äußerung wiedergeben, umgekehrt aber auch solche Stimmen zu Gehör
bringen, die Gröber vielleicht sogar zu unkritisch verteidigen.
Am 18. November 2007, abends gegen 22 Uhr, verstarb in Freiburg nach längerer Krankheit Franz Hundsnurscher, rund drei Wochen nach seinem 74. Geburtstag. Einunddreißigeinhalb Jahre hatte er das Erzbischöfliche Archiv Freiburg geleitet, es aus in jeder Hinsicht bescheidenen Anfängen zu einem modernen, in der Fachwelt anerkannten Archiv aufgebaut und die hier verwahrten Quellen zur Bistumsgeschichte der wissenschaftlichen Öffentlichkeit zugänglich gemacht. Die neun Jahre seines Ruhestandes waren überwiegend geprägt von zunehmenden, teils schwerwiegenden Beeinträchtigungen seiner Gesundheit — von den großen wissenschaftlichen Plänen, die er für die Zeit nach dem Ende seiner aktiven Dienstzeit gehegt hatte, konnte er nichts mehr verwirklichen. Gleichwohl wird sein Name und sein Schaffen für immer mit der Geschichte des Erzbischöflichen Archivs, aber auch mit der Geschichte der Kirche im Erzbistum Freiburg verbunden bleiben. Franz Hundsnurscher hat ein bewegtes und nicht immer einfaches Leben hinter sich. Geboren wurde er am 26. Oktober 1933 in Planskus im heutigen Tschechien als einer von vier Söhnen einer durch und durch katholischen Familie — der Vater diente lange Jahre als Mesner. Seine böhmische Heimat verlor er durch die Vertreibung im Oktober 1946.
Der Ruster „Musikbaron"
(2004)
Nicht sehr schmeichelhaft ist es, was über den „Musikbaron" Franz Friedrich Sigismund August Böcklin von Böcklinsau in der 1812 bis 1814 erschienenen zweiten Auflage von Franz Ludwig Gerbers „Lexikon der Tonkünstler" steht. Umgekehrt hat „The New Grove", eines der bedeutendsten Musiklexika unserer Zeit, dem Musikbaron einen in positivem Grundton gehaltenen Artikel von deutlich mehr als einer halben Spalte gewidmet - und somit den Schluss nahegelegt, dass er nicht ganz unbedeutend gewesen sein dürfte.
„Meine Liebe zur Geschichte ist ein Erbstück von meinem Vater sel., der in den [18]60er Jahren als Drechslergeselle, um den
Meister zu erhalten, auf die Wanderschaft ging, in Augsburg, München, Darmstadt, Mainz und Heidelberg arbeitete und dann als Sohn eines Erbbauers, auf dessen Hof heute noch die gleichen Ebner sind wie im 30-jährigen Krieg, meine Mutter heiratete, die die einzige Tochter auf der Wirtschaft zum Bierhaus war. Aus der Ehe gingen 10 Kinder hervor, 5 Buben und 5 Mädchen. Mein Vater hat oft erzählt, daß er an seinen Arbeitsplätzen und auf der Walz ein Kolpinger gewesen, viele Vorträge gehört und aus den Bibliotheken Bücher zu lesen geholt habe. Mein Vater galt in Unteralpfen als ein belesener Mann. Auf sein Urteil wurde viel gegeben.
Überraschung, nein, Fassungslosigkeit war
das Gefühl, das viele Katholiken im Erzbistum
Freiburg erfüllte, als sie am 3. März 1958
durch die Frühnachrichten – und später am
Tag dann durch eine Ansprache von Weihbischof
Hermann Schäufele – im Radio vom
Tod ihres Oberhirten Eugen Seiterich erfuhren.
Viele Freiburger, darunter der gleichaltrige
und wenige Wochen später gleichfalls verstorbene
Schriftsteller Reinhold Schneider,
entnahmen die Nachricht dem Trauergeläute
des Münsters. Damit freilich, daß nun schon
zum dritten Mal innerhalb eines Jahrzehnts
ein Erzbischof begraben werden mußte, hatte
in jenen Vorfrühlingstagen kaum jemand
gerechnet: Eugen Seiterich, vor dreieinhalb
Jahren erst ins Amt gekommen, war ein für
einen Erzbischof geradezu jugendlicher Mann
von nicht ganz 55 Jahren, der, so hatte man
meinen können, seinen Zenit noch gar nicht
erreicht hatte.
„Wessenberg und die Kirchenmusik“ — das scheint ein überschaubares und leicht zu bewältigendes Thema zu sein, ganz gleich, wo man den Schwerpunkt setzt. Da wäre einmal die Frage danach, wie Wessenberg die zeitgenössische Kirchenmusik hier zu Lande beeinflusst und geprägt hat. Die Antwort ist einfach und bekannt. Vor bald 30 Jahren hatte beispielsweise Wolfgang Hug schon konstatiert: „Die kirchenmusikalischen Verhältnisse waren in den ersten Jahrzehnten der Freiburger Erzdiözese ganz entscheidend von den Reformimpulsen geprägt, die Wessenberg ihnen gegeben hatte.“ Wessenbergs Wirken hatte also weit über das Ende seiner Amtszeit hinaus wirkende Folgen. Zum anderen könnte man danach fragen, wie Wessenbergs persönliches Verhältnis zur Musik, zur Kirchenmusik insbesondere, gewesen sei. Hierzu hat kürzlich Michael Bangert eine, so scheint es, durchaus konsensfähige Antwort gegeben, wenn er vermutet, Wessenberg habe zeitlebens „keinen kreativ gestaltenden Zugang zur Musik gefunden“.
„Freiburg hat, was alle suchen“. Mit diesem nicht gerade zurückhaltenden Slogan machte die Stadt Freiburg vor einigen Jahren Tourismuswerbung. Ich weiß nicht, ob der Spruch noch offiziell in Gebrauch ist, aber mit seiner Anwendung auf die Freiburger Musikgeschichte gäbe es ohnehin gewisse Schwierigkeiten. Was Freiburg nämlich, anders als von dieser Werbung verheißen, nicht zu bieten hat, sind die ganz bedeutenden Ereignisse oder die ganz großen Namen in seiner Musikgeschichte. Allerdings dürften hiernach wohl auch kaum alle suchen, sondern höchstens ein paar Spezialisten — was die Glaubwürdigkeit des zitierten Werbespruchs zusätzlich in Frage stellt. Daß es in dieser ansonsten in vielerlei Hinsicht sehr begünstigten Stadt an großen Musikerpersönlichkeiten und bedeutenden Ereignissen mangelt, hat die örtliche Geschichtsschreibung schon längst dazu veranlaßt, ihr Augenmerk auf die „sekundären Bedeutsamkeitsmerkmale“ zu richten. Und hier gibt es denn doch manches Interessante zu erzählen. Zum Beispiel, daß Felix Mendelssohn Bartholdy im Jahr 1837 auf seiner Hochzeitsreise ein paar Tage in Freiburg logierte — in einem Hotel am Münsterplatz, nur ein paar Schritte von hier — und sogar ein bißchen komponiert hat.
Für Freiburg (zu) großartig?
(2012)
„Freiburg war durch Franz Philipps Wirken auf dem besten Wege, ein Mittelpunkt höchster Kunst zu werden, eine Pflegestätte der Kirchenmusik [...] wie kaum eine andere Stadt in Deutschland. Eine Entwicklung schien anzuheben, die an den Glanz Salzburgs unter seinen kunstliebenden Erzbischöfen oder an die Zeiten des großen Thomas-Kantors zu Leipzig hätte erinnern können.“ Der Verfasser dieses Leserbriefs, den die „Breisgauer Zeitung“ Ende Juni 1924 abdruckte, nimmt, so scheint es, mit seinem Lob den Mund ziemlich voll: Immerhin vergleicht er Franz Philipp, ohne die Namen zu nennen, mit Mozart und Bach. Ist das nicht ein wenig übertrieben? Vielleicht — aber es ist keineswegs außerwöhnlich, denn Philipp wurde von seinen Zeitgenossen immer wieder in einem Atemzug mit großen Namen der deutschen Musikgeschichte genannt — Brahms, Bruckner, Reger, um nur drei weitere zu nennen. Aber er wurde auch als Gegenentwurf zu modernen Entwicklungen gesehen: Franz Philipp, so heißt es in einer gut zehn Jahre später publizierten Eloge, „erbrachte auch in einer Zeit der herrschenden Atonalität, des Hindemithismus, der Honegger, Bartok usw. den Beweis, dass Tonalität und melodische Charakteristik sich nicht ausschließen.“
Geht man über den Heidelberger Universitätsplatz, kann man eine Bodenplatte sehen, die an die »Heidelberger Disputation« erinnert.
Das Streitgespräch, das dort im April 1518 im Augustinum unter Leitung Martin Luthers stattfand, hatte Auswirkungen auf die Verbreitung der Reformation im gesamten süddeutschen Raum. Fast alle jungen Männer, die bei der Disputation anwesend waren, trugen
die Flamme der Reformation ein Leben lang mit sich und verbreiteten sie. Das Zeitalter der Reformation leitete die Neuzeit ein, bewirkte
religiöse, politische und soziale Umwälzungen. Das Mittelalter war beendet. Europa bekam ein neues Gesicht.
In memoriam Dr. Hermann Kopf
(2003)
Am 1. September 1921 erschien in der Zeitschrift „Der Beamte", den Mitteilungen des Badischen Beamtenbundes e. V., ein Artikel von Gotthold Eugen Mayer mit dem Titel: „Die Beamtenbank - Gedanken über den Ausbau"; er formulierte Überlegungen, wie die badischen Beamten eine „Selbsthilfeeinrichtung'' schaffen könnten, als die Scheinblüte der
Nachkriegszeit vorbei und die Signale der Geldentwertung, der Verteuerung, der Inflation immer deutlicher wurden. Die „Erfüllungspolitik" des aus Freiburg stammenden Reichskanzlers Joseph Wirth wurde mit Mißtrauen und Sorge betrachtet; Matthias Erzberger, den deutschen Reichsfinanzminister, der nachdrücklich für die Annahme des Versailler Vertrages eingetreten war, hatten politische Attentäter am 26. August 1921 während seines Urlaubs bei Bad Griesbach/Renchtal-Kniebis ermordet. Unsichere Zeiten also - und sie sollten wirtschaftlich und finanzpolitisch noch schlimmer werden.
Am 2. Januar 1909 wurde dem Großherzoglichen Ministerium der Justiz, des Kultus und Unterrichts in Karlsruhe offiziell mitgeteilt, dass tags zuvor in Freiburg ein neuer Verein gegründet worden war, der „Landesverein Badische Heimat" - unter dem einstweiligen Vorsitzenden Prof. Dr. Fridrich Pfaff. Die erste Landesversammlung wurde für Juli 1909 in das zentral gelegene Achern einberufen. Dort wurde Pfaff satzungsgemäß bestätigt, sein Stellvertreter wurde (später auch sein Nachfolger) der Mediziner Prof. Dr. Eugen Fischer. Ehrenmitglieder wurden u. a. Dr. Heinrich Hansjakob und Prof. Hans Thoma. In den ,,Arbeitsausschüssen" stellten sich dem neuen Verein prominente Persönlichkeiten zur Verfügung: Bürgermeister, Pfarrer, Lehrer, Künstler, Unternehmer.
Bruno Epple
(2000)
Brune Epple ist am 1. Juli 1931 in Rielasingen/ Hegau geboren - „zwischen Rosenegg und de Aach“. Aufgewachsen ist er in Radolfzell am Untersee, er studierte in Freiburg und München Deutsch, Geschichte und Französisch, unterrichtete
dann diese Fächer als Gymnasialprofessor in Radolfzell, bis er sich 1989 vom Schuldienst beurlauben ließ. Erste Mundartgedichte entstanden 1954, 1967 erschienen alemannische Gedichte im Bändchen „Dinne und dusse“.
Die Sparkasse Haslach i. K. und Zell a. H. feierte im Oktober 2003 ihr 150-jähriges Bestehen - und bot zu diesem Jubiläum einen einzigartigen Kunstgenuss im Rahmen einer Ausstellung der Kunstwerke von Bruno Lenz: Gemälde, Aquarelle, Zeichnungen, Skulpturen. Bruno Lenz feierte im November 2001 seinen 90. Geburtstag. Trotz seines hohen Alters und physischer Beeinträchtigung ist er noch immer künstlerisch tätig und erfolgreich, noch immer kreativ und vital - eine ganz
außergewöhnliche Künstlerpersönlichkeit, die wie nur wenige die Tüchtigkeit des Musikers und das Talent des bildenden Künstlers in sich vereint. Der Lehrersohn Bruno Lenz, geboren am 8. November 1911 in Bollenbach bei Haslach im Kinzigtal, erhielt schon sehr früh Geigenstunden bei seinem Vater, den er freilich bald an Meisterschaft übertraf. 1924 zog die Familie Lenz um nach Zarten ins Dreisamtal.
„Meine Herkunft ist mein Schicksal", sagte Rene Schickele, 1883 geboren. Er verkörpert die Situation des im Elsass Geborenen, der ein Leben lang den Ausgleich über den Rhein hinweg sucht, der ihn literarisch bauen will, mit literarischen Brücken, die diesen Brückenbau für immer dokumentieren: "Der Fremde", "Hans im Schnakenloch", "Das Erbe am Rhein", "Die Witwe Bosca", ,,Himmlische Landschaft" u. a., dazu viele Essays, vielfältige lyrische Belege, geschrieben von einem französischen Staatsbürger und einem deutschen Literaten.
Es waren über 200 Gäste, die am 16. März
2004 der Einladung der „Badischen Heimat“
und des Staatsarchivs Freiburg ins Regierungspräsidium
Freiburg folgten – im Gedenken an
den vor 50 Jahren verstorbenen früheren
badischen Staatspräsidenten Leo Wohleb.
Der Hausherr, Regierungspräsident Dr. von
Ungern-Sternberg, begrüßte und sprach in
anerkennenden Worten über die politischen
Leistungen in den schwierigen Jahren nach
Kriegsende und speziell über die Lebensleistung
von Leo Wohleb.
Zwischen Sonne und Halbmond
(2005)
Am 8. April 1655, also vor genau 350
Jahren, ist Ludwig Wilhelm in Paris geboren.
Sein Taufpate war der Franzosenkönig Ludwig
XIV., eine besondere Ehre für den badischen
Erbprinzen und Sohn des Markgrafen Ferdinand
Maximilian und der Prinzessin Christina
von Savoyen-Carignano. Mit 19 Jahren begann
seine militärische Laufbahn in der Kaiserlichen
Armee. Aber 1677 musste er – gerade
22 Jahre alt – die Regierung seiner Markgrafschaft
übernehmen.
André Weckmann ist am 30. November 1924 in Steinburg im Zorntal bei Zabern/Saverne geboren. Seine Eltern, einfach und bescheiden und katholisch, betrieben dort die „Dorfwirtschaft''; in der Familie und mit den Gästen redeten sie ganz natürlich ihren traditionellen Dialekt. Im elterlichen Wirtshaus bekam so der kleine André vielerlei Varianten der heimischen elsässischen Mundart zu hören. Und der Junge war sehr aufmerksam, hatte beste Sensoren für die Kraft, die Vielfalt, den Reichtum seiner
alemannischen Muttersprache.
In den „Notices genealogiques des familles de l'ancienne noblesse d'Alsace", die 1862 in Straßburg veröffentlicht wurden, galt ein ausführliches Kapitel auch der Familie Gayling, deren Namen erstmals im 11. Jahrhundert genannt wird und die im 14. Jahrhundert ihrem Familiennamen noch einen Ortsnamen aus der Grafschaft Hanau hinzufügte: Gayling von Altheim. Die Liste der Ämter und Aufgaben, die verschiedene Familienmitglieder in den folgenden Jahrhunderten übernahmen, ist ausführlich und gut dokumentiert. 1994 veröffentlichte die „Societe d'histoire et d'archeologie de Saverne et environs" als
Nr. 166 von „Pays d'Alsace" ein dünnes, aber inhaltsschweres Heft: ,,Buswiller et ses seigneurs les Gayling d'Altheim". Seit 1986 war Georg Fischer, damals noch Bürgermeister von Niedermodem bei Haguenau, in Freiburger Archiven tätig auf der Suche nach den historischen Spuren der Geschichte von Hanau-Lichtenberg rechts und links des Rheins, der Kontakt mit der in Freiburg-Ebnet wohnenden Familie von Gayling wurde hergestellt und damit der Zugang in ein Archiv, das der Forschung zwischen Hagenau und Zabern sicher viele Quellen erschließt. Von 1629 bis Dezember 1793 waren die Stadt Buchsweiler, die Motherburg in Niedermodem und das Dorf Buswiller im Unterelsaß die Heimat der Familie von Gayling-Altheim, die aus dem rechtsrheinischen Hanau-Lichtenberg ins linksrheinische Hanauer Land gewechselt war und dort verwandt wurde mit bekannten Familien der unterelsässischen Ritterschaft, wie z. B. Böcklin von Böcklinsau, Fleckenstein, Berstett. Als 1793 die Familie von Gayling über den Rhein fliehen mußte (und sich schließlich 1811 in Schloß Ebnet bei Freiburg niederließ), wurde dafür gesorgt, daß auch das in der Kalbsgasse in Straßburg lagernde Familienarchiv über die
Grenze gebracht wurde und so diese reiche Quelle für die unterelsässische Adels- und Herrschaftsgeschichte erhalten blieb. Diese Informationen machten es inzwischen möglich, daß z. B. Frederic Rexer/ Bouxwiller anhand einer noch im Oktober 1789 erfolgten Beschreibung des Gayling-Schlosses in Buswiller, das dann 1793/94 durch die Jakobiner zerstört wurde,
den Bau zeichnerisch zu rekonstruieren vermochte.
Es sind viele Tausende, die 1918 das Elsaß und Lothringen verließen, verlassen mussten, ausgewiesen, vertrieben, "expatriiert" aus dem Land, in dem sie geboren, groß geworden waren - Menschen wie die Architekten Paul Bonatz und Paul Schmitthenner, wie die Schriftsteller Otto Flake und Karl Willy Straub, wie der Philosoph und Pädagoge Georg Picht,
wie der Jurist Wolfgang Hoffmann (der 1945 Freiburgs Oberbürgermeister wurde). Sicher ein ganz besonders gelagerter Fall: Elly Knapp, Tochter des Professors für Nationalökonomie an der Universität Straßburg, 1908 von Albert Schweitzer - damals Vikar in der St. Nikolaus-Kirche in Straßburg - getraut mit dem schwäbischen Journalisten Theodor Heuß (dem späteren deutschen Bundespräsidenten); sie folgte ihrem Mann bereits 1912 nach Heilbronn und 1918 nach Berlin. Einer von diesen Tausenden, denen die politischen Umwälzungen und militärischen Ereignisse die Heimat nahmen, war Dr. Franz Büchler.
Um die vorletzte Jahrhundertwende (1908) wurde in Freiburg das Ergebnis eines Preisausschreibens der Freiburger Volkszeitung (,,Freiburger Pfennigblatt") veröffentlicht. Gefragt war: ,,Welches sind die zehn berühmtesten Männer in Freiburg?" Unter diesen renommierten Persönlichkeiten waren natürlich zu finden: OB Otto Winterer, der Stadtpfarrer von St. Martin Heinrich Hansjakob, Erzbischof Nörber, Verleger Hermann Herder, der Reichstagabgeordnete Konstantin Fehrenbach (der spätere Reichskanzler) - und Fritz Geiges.
1811 trat der badische Großherzog Karl die Nachfolge seines Großvaters Karl Friedrich (1738-1811) an, aber schon am 8. Dezember 1818 starb er „an einer schleichenden Krankheit“. Seine junge Frau Stephanie war gerade 29 Jahre alt.
Berechnende Heiratspolitik gehörte zur europäischen Adelsgesellschaft. Aber was damals zwischen Paris und Baden ausgeklügelt wurde, war doch außergewöhnlich; die kleine Stephanie Beauharnais, am 28. August 1789 in Versailles geboren, wurde in eine ungewöhnliche Sonderrolle gedrängt. „Tante Josephine“, die sich um das elternlose Mädchen kümmerte,
war in erster Ehe verheiratet gewesen mit dem Vicomte de Beauharnais. Mit Stephanie hatte Napoleon, inzwischen Josephines Mann und Kaiser geworden, seine ganz besonderen Pläne im großen Europaspiel.
Mit 18 Jahren hat Carl Theodor 1742 als Kurfürst von der Pfalz seine Regierung angetreten, er verschaffte der Pfalz - so die Erinnerung vieler - „ein goldenes Zeitalter“. Sein preußischer Zeitgenosse und „Kollege“ Friedrich 11 disqualifizierte den Pfälzer als „faulen Kerl“, weil er in seiner Politik zwar brauchbare Ideen, aber keinerlei Konsequenz gezeigt habe. Auch in der folgenden Zeit war das Urteil über Carl Theodor eindeutig negativ, vor allem wegen seiner Maitressenwirtschaft und der
„katholischen Klüngelei“.
Der Elsässer André Weckmann
(2007)
Beginnen wir diesen Text mit einem offenen Bekenntnis von André Weckmann: „Wir wollen endlich das sein, frei und ganz
das sein, wovon wir schon so lange träumen: mündige, alemannische Franzosen, mündige französische Alemannen.
Diese Hauptbedingung zur Verwirklichung dieses Wunschtraums ist, so paradoxal das für ein- oder hochsprachige Beobachter klingen mag, dass der Dialekt das Fundament unserer kulturellen Existenz bleibt. Denn ohne ihn, der die wichtigste und originellste Ausdrucksform unserer Persönlichkeit ist, ginge unsere Eigenart verloren. Und ohne ihn wäre keine echte französisch-deutsche Zweisprachigkeit möglich. Er steht vor den beiden Hochsprachen nicht als Feind, sondern als Partner. Ein
Partner, der sich im französischen Sprachraum bewegt als Regionalsprache und der zudem die Tür öffnet zur deutschen Standardsprache, also zur gesamtdeutschen Kulturwelt.
Ich darf Sie im Namen der „Badischen Heimat" hier im Regierungspräsidium Freiburg herzlich begrüßen; seien Sie alle willkommen. Einen besonders herzlichen Gruß entbiete ich unserem Mitglied, dem Herrn Regierungspräsidenten Dr. von Ungern-Sternberg, dem Hausherrn und Gastgeber, und verbinde ihn mit dem Dank - nicht nur für den heutigen Tag,
sondern für die problemlose Zusammenarbeit, für die vor allem Karl-Heinz Harter vom Kulturreferat effizient und geräuschlos sorgt. Und ein ganz herzlicher Willkommensgruß natürlich an Herrn Prof. Dr. Wolfgang Hug und seine Gattin! Die „Badische Heimat" reiht sich gerne ein, lieber Herr Hug, mit ihrem Glückwunsch zu Ihrem 70. Geburtstag in die große Schar derer, die Sie schätzen, die gerne mit Ihnen zusammenarbeiten, die von Ihrer Arbeit vielfach profitieren und Ihnen viel verdanken.
"Heimat zum Anfassen" hat sich der "Arbeitskreis Heimatpflege Nordbaden/Regierungsbezirk Karlsruhe" zur Devise gewählt, als am 25. Juni 1984 in Leimen-St. Ilgen Vertreter mehrerer Vereine und Institutionen der Heimatpflege zusammenkamen, um ihre Arbeit besser zu koordinieren, Erfahrungen auszutauschen und dem allgemeinen Anliegen neue Impulse zu geben. Vorausgegangen waren schon seit 1983 Überlegungen in einem Gesprächskreis beim Regierungspräsidium Karlsruhe, treibende Kraft: Regierungspräsident Dr. Trudpert Müller. Der gebürtige Karlsruher (16.12.1920) musste am Zweiten Weltkrieg in seiner ganzen Länge teilnehmen. Nach der Rückkehr aus der Gefangenschaft entschloss er sich zum Jurastudium an der Albert-Ludwigs-Universität Freiburg, promovierte zum Dr. jur. und begann 1953 seine Beamtenlaufbahn als Referent in
der Innenverwaltung des Landes Baden-Württemberg.
Geboren ist Max Rieple am 13. Februar 1902 in Donaueschingen und zwar „in dem traditionsreichen Zimmer, in dem Josef Viktor von Scheffel Studien zu seinem nie vollendeten Wartburg - Roman gemacht hatte" (Scheffel wohnte dort von 1857 bis 1859). So schrieb Rieple selbst in seinen Lebenserinnerungen - mit liebevollen Texten, die zurückblenden auf das „Fürstenschloß inmitten eines eichendorffschönen Parks", auf die Schätze der Hofbibliothek, die der „Ekkehard" - Dichter einmal betreut hatte, an die „Fasnet" seiner Kindertage: Der 13. Februar 1902, der "schmutzige Dunschdig" - an diesem alemannischen Festtag ist Max Rieple geboren. 1911 erhielt die Firma des Vaters Timotheus Rieple den Titel „Lieferant seiner Durchlaucht des Fürsten von Fürstenberg" - Textilien, Kurzwaren, Haushaltswaren, Spielwaren kaufte man u. a. bei „Rieple's". Aber 1912 verlor der 10-jährige seine Mutter, die noch mit viel Freude hatte erleben dürfen, wie der kleine Max seine musischen Talente entwickelte. Sich für eine bestimmte Studien- bzw. Berufsrichtung zu entscheiden, fiel dem 20-jährigen schwer; aber er hatte gar keine Wahl, er hatte letztlich das väterliche Geschäft zu übernehmen - und durfte hoffen auf einen Anteil an allem, was das kulturelle Leben Donaueschingens zu bieten hatte.
Mit dem 1470 in Untergrombach (heute ein Stadtteil von Bruchsal) geborenen Joß Fritz begann vor 500 Jahren die Bundschuh-Bewegung, die sich steigerte zum Bauernkrieg von 1524/25. Joß Fritz war Leibeigener des Fürstbischofs von Speyer - und was er verlangte, war revolutionär, war Aufruhr: ,,natürlich" sollten die Leibeigenschaft abgeschafft und die kirchlichen Güter verteilt werden, sollte die bestehende Gesellschaftsordnung radikal geändert und durch „göttliche Gerechtigkeit" mehr soziale Gleichheit und Freiheit erkämpft werden. Um die Person Joß Fritz und um die Entwicklungen, die er im ganzen Südwesten seit dem Jahr 1502 in Bewegung gebracht hat, geht es nun 2002, ein halbes Jahrtausend später: Bruchsal gedenkt seines großen Sohnes in einer sehr angemessenen Weise - mit wissenschaftlichem Gedankenaustausch, der die gesamteuropäischen Dimensionen dieser revolutionären Zeitspanne deutlich macht, mit einer Ausstellung, die bäuerliches Leben vor 500 Jahren lebendig werden lässt, und mit einer Publikation, die diesem historisch bedeutsamen Gedenken in beispielhafter Weise entspricht: Thomas Adam, der Leiter des Stadtarchivs, schrieb ein imponierendes kluges Buch über Joß Fritz, über die Bundschuhbewegung und den Bauernkrieg am Oberrhein.
Pädagoge und Historiker
(2002)
Franz Schnabel ist am 18. Dezember 1887 als Sohn einer Kaufmannsfamilie in Mannheim geboren. Die Mutter war Französin, Normannin, Katholikin. Sie vermittelte schon dem Jungen weite Perspektiven: „Dank den Verwandten meiner Mutter kam ich schon als Knabe nach der Normandie und nach Paris. Wer aber in seiner Jugend französischen Boden betritt, wird immer den Sinn für die großen Konturen der Weltgeschichte mitnehmen". Am Gymnasium seiner Vaterstadt erfuhr Franz Schnabel eine klassische Bildung, er ließ sich für das ganze Leben prägen in bester humanistischer Tradition, er machte sich auch vertraut mit der reichen lokalen und regionalen Kulturgeschichte, erlebte aber auch direkt die industrielle Dynamik der Region Mannheim. Nach dem Abitur lag das Französisch-Studium für ihn nahe (für die Insel-Bücherei übersetzte Schnabel später „Carmen" von
Pros per Merimee), Geschichte aber wurde das Thema und der Inhalt seines Lebens.
Der Name Fürstenberg hat für viele deutlich an Glanz und Ausstrahlung verloren; seit langem galt er vor allem als Programm und Garant für Kultur auf höchstem Anspruchsniveau. Durch den Ausverkauf wertvollsten Kulturgutes ist ein ungeheurer Traditionsbruch zu beklagen, Zug um Zug wird versilbert, was in Generationen gesammelt, bewahrt und gepflegt wurde. Die Sotheby's-Auktion vom Juli 1994 in London war eine spektakuläre „Glanznummer" in diesem denkwürdigen Kulturgeschacher, etliche andere bleiben in trauriger Erinnerung. Ein wenig Hoffnung und ein bißchen Genugtuung sind geblieben. Das Land Baden-Württemberg hat bereits 1993 1050 für die Landeskultur besonders bedeutsame Handschriften aus der Fürstlich-Fürstenbergischen Hofbibliothek gekauft und 1999 seltene Musikalien mit 7532 Drucken, dazu 1110 Bände aus der Laßberg-Bücherei für die Badische Landesbibliothek in Karlsruhe erworben - für insgesamt 54,3 Millionen DM. Die öffentliche Diskussion um die „Verteilung" dieses Kulturerbes war sehr erregt, viele bibliophile Kostbarkeiten aus dem alten Baden sind vor allem in der anglo-amerikanischen Welt angekommen, sicher auch mancher „antiquarische Schrott". Aber wer beurteilt dies im Detail?
Im umfangreichen Schrifttum über Joseph von Laßberg (1770–1855), der 1837 Eigentümer des Alten Schlosses in Meersburg geworden war, gibt es keinerlei Hinweise
auf irgendwelche Beziehungen oder Kontakte zu Richard Wagner (1813–1883). Man
hätte solche durchaus erwarten können, da sich die Interessen des Altertumsforschers
und des Komponisten in vielen Bereichen ähnelten oder gar identisch waren, so z. B. an
der germanischen Altertumskunde, an den dazugehörigen Mythen und Sagen, an Minnesängern und nicht zuletzt am Nibelungenlied. Beim Nibelungenlied geht Joachim
Heinzle [1]
allerdings davon aus, das die Nibelungen Wagners auf skandinavische Quellen
und nicht auf mitteleuropäische Publikationen zurückzuführen sind. Schon allein die Lebensdaten Joseph von Laßbergs und Richard Wagners lassen jedoch prinzipiell Kontakte
zwischen 1840 und 1855 durchaus zu.
Am 12. April 2018 ist der Mittel- und Neulateiner Prof. Dr. Reinhard Düchting infolge eines tragischen Fahrradunfalls gestorben. In seinen letzten Lebensjahren war er der Spiritus Rector des Heidelberger Donnerstags-Clubs. Dieser Zusammenschluss von Buch-Menschen,
die sich jeweils am ersten Donnerstag eines Monats treffen, wurde 1977 durch den Bibliografen Heinz Sarkowski (1925–2006), zuletzt Hersteller beim Springer-Wissenschaftsverlag, ins Leben gerufen.
„Die Gegensätze der grossen Revolution, der Widerspruch zwischen der theoretischen Freiheitsphrase und der praktischen
Gewissenstyrannei spiegelte sich in den Geschicken des Strassburgers Priesterseminars während jener unruhigen Zeiten mit
drastischer Deutlichkeit wider. Die praktische Folge war, dass die treugläubigen Professoren und Seminaristen in der Verbannung ein kümmerliches Dasein fristen musssten.“ Das Problem entstand, als am 21. Januar 1791 der Vorstand des Seminars, mit Ausnahme Franz Anton Brendels, Professor des Kirchenrechts, den Eid zur Zivilkonstitution des Klerus
verweigerte. Nachdem Brendel, aus Lohr am Main (Unterfranken) gebürtig, am 6. März im Münster zum konstitutionellen
Bischof gewählt worden war, wurde er am selben Tag von Regens Hirn und den Seminaristen nicht als Bischof anerkannt. Bald hernach mussten sie selbstverständlich dem konstitutionellen Seminar den Platz räumen.
Reinhold Schneider nannte Lichtenthal sein „Heimatkloster“ in einem Sinn, der weit über die Gemeinschaft der Schwestern hinaus in der Geschichte der zu badischen Markgrafen berufenen Zähringer gründet. Unsere Abtei ist deren „Hauskloster“ im Osten der Stadt Baden-Baden. „Maison Messmer“, Reinhold Schneiders Elternhaus, war noch in seiner Jugend das Quartier und der Verhandlungsort europäischer Fürsten und Staatsmänner. Er erlebte die Beziehung von Kaiser Wilhelm II. und Kaiserin Auguste Viktoria zur Fürstenkapelle des Klosters. Als religiöse „Heimat“ empfand er Lichtenthal unbewusst in der Jugend durch seine Mutter. Sie war Erbin des katholischen Hauses Messmer. Ihrem Ehevertrag gemäß wurden er und sein Bruder katholisch getauft und lernten so auch das Kloster kennen. Nach dem Verlassen des Elternhauses in jungen Jahren wurde der Glaube in Reinhold Schneider „verschüttet“ und brach erst zwanzig Jahre später in Erkenntnis der nationalsozialistischen Verführung wieder in ihm auf. Er erkannte im gekreuzigten und verherrlichten Jesus Christus den Herrn der Geschichte. Dies zog ihn wieder nach Lichtenthal, das sich ihm nun für sein im Glauben gefundenes neues Leben als geistige „Heimat“ erwies. Zum 50. Todestag des Dichters, am 6. April 2008, der bei seinem jähen Heimgang 1958 der Ostersonntag war, soll seine Beziehung zu unserem Kloster Lichtenthal der Öffentlichkeit erschlossen werden. Er schrieb seit 1944 Briefe an uns Zisterzienserinnen und kam zu Besuchen und Arbeitsaufenthalten.
Im Jahre 1795 sollte der französische Gesandte in Hamburg, der aus Schorndorf stammende Karl Friedrich Reinhard, für ein vom Konvent beschlossenes Nationalinstitut der Künste und Wissenschaften ausländische korrespondierende Mitglieder aus
Deutschland vorschlagen. Auf der Liste, die Reinhard daraufhin nach Paris sandte,
stand an erster Stelle der berühmteste Gelehrte der Zeit, der Königsberger Philosoph
Immanuel Kant. Darauf folgten Professoren aus Göttingen und sonstige norddeutsche Persönlichkeiten, aber auch noch Namen aus seinem heimatlichen Württemberg, darunter Friedrich Ferdinand Drück, der in Stuttgart Geschichte und Geographie lehrte. Durch den Platz auf der Liste ließ Reinhard zwar den Rangunterschied
deutlich werden, aber allein die Nennung der Schwaben war als Auszeichnung zu
werten.
Dieser Friedrich Ferdinand Drück wird in der Oberamtsbeschreibung von 1866
unter die ausgezeichneten Männer gezählt, deren Wiege in Marbach stand. Und er
gehört wie Friedrich Schiller, Tobias Mayer und Karl Georg von Wächter zu jenen,
die ihren Geburtsort schon in früher Jugend verlassen haben. Dass Drück von allen
am wenigsten im Gedächtnis geblieben ist, hängt damit zusammen, dass die Erinnerung an das unmittelbare Wirken eines Lehrers spätestens mit seinen Schülern erlischt.
Eine Sammlung der Briefe dieses Marbachers an verschiedene Empfänger konnte
vor einiger Zeit vom Stadtarchiv Marbach erworben werden. Dadurch wurde es möglich, einiges über diesen Mann zu erfahren, der zu seinen Lebzeiten zu den herausragenden Gelehrten in Deutschland gezählt wurde und den noch 1904 ein Landeskundler den »gediegensten Humanisten, den Württemberg seit den Tagen der
Renaissance hervorgebracht hat« genannt hat.
Marbach, die Schillerstadt - das sagt sich leicht und schreibt sich leicht. Aber wie kam es eigentlich dazu? Wie wurde Marbach im allgemeinen Bewusstsein zur Schillerstadt? Wer neu in die Stadt kommt, wundert sich vielleicht auch, an allen Ecken und Enden auf den Namen Schiller zu stoßen. Und dann mag die Frage auftauchen, wie ist das alles gekommen? Seit wann ist das so, wo doch die Stadt selber sehr viel älter ist. Im Folgenden soll gezeigt werden, wie man in Marbach mit der Tatsache umgegangen ist, dass einer der größten deutschen Dichter am 10. November 1759 hier geboren wurde.
Vier Generationen lang stellte ausschließlich die Familie Müller die Lehrer in
Truchtelfingen. Vor dieser Zeit liegt das örtliche Schulwesen völlig im Dunkeln. Selbst die weit zurückreichenden Kirchenbücher helfen nicht weiter.
Mitte des 16. Jahrhunderts ist der früheste planmäßige Unterrichtsbetrieb im
Orte anzunehmen analog der allgemeinen Schulentwicklung im Lande. Durch
den nachmaligen Dekan in Herrenberg wissen wir, dass eine Schule in Truchtelfingen jedenfalls im Jahr 1653 bereits bestanden hatte [1]
. Weitere Aufhellung
bringt ein Brief aus dem Jahre 1718. Der damalige Schreiber, M. Julius Nördlinger, Pfarrer in Tailfingen, berichtet über äußerst ungute Truchtelfinger
Schulverhältnisse. Die Kinder seien durch die beiden Lehrer äußerst unbefriedigend unterrichtet worden [2].
Konrad Schmider (1859-1898)
(2006)
Die Stadt Wolfach gedenkt in diesen Tagen ihres Sohnes Konrad Schmider, der am 6. Juli 1898 beim Ausmalen de Schlosses in Mannheim auf tragische Weise ums Leben kam. Schmider, der nur 39 Jahre alt war, wurde 1859 geboren. Im gleichen Jahr starb in Haslach der unter dem Namen „Der närrische Maler von Haslach" bekannte Künstler Carl Sandhaas. Diese rein zufällige, fast nahtlose Aneinanderfügung zweier Künstlerlebensläufe wäre interessant genug, um Vergleiche anzustellen. Ich möchte nur auf einen einzigen Punkt aufmerksam machen. In der Biographie von Carl Sandhaas ist davon die Rede, er habe in seiner Münchener Zeit die Nähe des Malers Peter Cornelius gesucht. Damit sind wir auf den vielleicht bekanntesten Namen gestoßen, den man zuerst nennt, wenn man von den so genannten ,,Nazarenern" spricht. Wer waren diese Nazarener? Und
weil nun unser Konrad Schmider der jüngsten Gruppe dieser Kunstrichtung angehört, müssen wir zunächst den Begriff „Nazarener" erklären. Dann will ich versuchen, Ihnen in mehreren Schritten meine „Gedanken zum Umgang mit dem Lebenswerk eines Nazareners" vorzutragen.
Hitlers Umbauprogramme für Berlin, Nürnberg oder München zu nationalsozialistischen Vorzeigemetropolen gerieten in den letzten Jahrzehnten mehr und mehr in den Fokus detaillierter
kunsthistorischer und geschichtswissenschaftlicher Forschung. Die größenwahnsinnige Bauwut beschränkte sich jedoch keineswegs auf einige ausgesuchte Großstädte: Eine neuere Studie belegt etwa am Beispiel Posen (heute Poznan), da Hitler selbst während des Krieges eine
führenden Architekten noch mit ehrgeizigen Projekten auf gerade erobertem Terrain beauftragte. In mancherlei Hinsicht kann Straßburg dabei als westliches Gegenstück zu Posen betrachtet werden: Kaum zufällig sollte in beiden Städten eine Reichsuniversität eröffnet werden
und kaum zufällig sollten die jeweiligen Gauleiter auf Geheiß des „Führers" innerhalb von zehn
Jahren die umliegenden Gebiete germanisieren bzw. entwelschen.
Im Sommer 1940 entwarf Hitler die Grundlinien eines gewaltigen Bauprojektes für die elsässische Metropole, des en Ausführung er seinem ,.Leibarchitekten" Alben Speer anvertraute.
Al Gegenstück zum mittelalterlichen, vom Münster dominierten „Alten Straßburg" würde
fortan das „Neue Straßburg" von der Gigantomanie des „Tausendjährigen Reiches" zeugen.
Für die Zeitenwende 1918/1919, den Zusammenbruch des Kaiserreichs, die Revolution und die Einführung einer neuen
Staatsverfassung, hat sich in Kehl eine einzigartige Quelle erhalten, die es ermöglicht, die Geschehnisse vor Ort aus einer ganz persönlichen Perspektive zu rekonstruieren: das Tagebuch von Mathias Nückles V.
Mit der Publikation von Briefen der Redakteurin Käthe Vordtriede eröffnete sich im Jahr 1998 ein ganz neuer und sehr persönlicher Zugang zum Alltag im nationalsozialistischen Freiburg der Jahre 1933 bis 1939. Es handelte sich um einen Zufallsfund, welchen wir letztlich ihrem Sohn Werner Vordtriede verdanken. Der 1985 gestorbene Literaturwissenschaftler hatte seinen schriftlichen Nachlass dem Deutschen Literaturarchiv in Marbach vermacht. Neben vielen anderen Unterlagen fanden sich bei der Sichtung 150 Briefe seiner Mutter, die der bereits mit 18 Jahren zuerst in die Schweiz, später in die USA emigrierte Werner Vordtriede sein ganzes Leben lang verwahrt hatte. Die Briefe stellen eine unschätzbare Quelle dar, denn sie bilden in ihrer zeitlichen Unmittelbarkeit ein einzigartiges Dokument über die Ereignisse, besonders über das Verhalten der Bürgerinnen und Bürger einer mittelgroßen deutschen Stadt in den Jahren nach der Machtübernahme durch die Nationalsozialisten. Der Herausgeber Manfred Bosch charakterisiert diese Schriftstücke als „Akte der Abwehr, um sich den täglichen Dreck von der Seele zu waschen".
Zweimal verbrachte sie eine wichtige Zeit ihres Lebens in Freiburg. Das erste Mal kam Olga Fajans im Frühjahr 1897 als wissbegierige junge Frau am Freiburger Hauptbahnhof an, um für einige Semester Medizin zu studieren, das zweite Mal gut zwei Jahrzehnte später als Olga Hempel, um nach einer gescheiterten Ehe mit ihren drei Kindern an der Dreisam ein neues
Leben aufzubauen. Wie so oft bei der geschichtswissenschaftlichen Arbeit ist auch hier dem Zufall zu danken, der es ermöglichte, einem außergewöhnlichen Leben auf die Spur zu kommen. Im Rahmen meiner Suche nach Informationen über Freiburger Studentinnen erfuhr ich, dass am Institut der Geschichte der Medizin der Freien Universität Berlin ein Forschungsprojekt über Ärztinnen im Kaiserreich durchgeführt wurde. Unter den 792 deutschen Ärztinnen, die dort in fast
15-jähriger mühsamer Recherche erfasst werden konnten, befand sich auch Olga Hempel. Frau Jutta Buchin, die an dem Projekt maßgeblich beteiligt war, stellte mir die entsprechenden Ergebnisse freundlicherweise zur Verfügung. Sie vermittelte mir auch den Kontakt zu Olga Hempels Enkelin Irene Gill im englischen Oxford, die neben zahlreichen Briefen die Lebenserinnerungen ihrer Großmutter verwahrt, welche diese von 1948 an für ihre Familie in drei umfangreichen Notizbüchern niedergelegt hat. Unlängst konnte das Freiburger Stadtarchiv ein Exemplar dieser Aufzeichnungen in seine Sammlung aufnehmen.
Adelheid Steinmann
(2011)
Adelheid Steinmann wurde am 26. April 1866 in Heidelberg in ein großbürgerliches Elternhaus hineingeboren. Ihr Vater Heinrich Holtzmann war Professor für Theologie zunächst in
Heidelberg, später in Straßburg. Auch den Kindern wurde selbstredend die höchstmögliche Bildung zuteil. Bruder Robert studierte Geschichte, Bruder Friedrich Medizin, beide schlugen
ebenfalls die akademische Laufbahn ein, beide brachten es wie der Vater zu einer Professur. So
war es nur natürlich, dass auch Adelheid 1886 mit 20 Jahren standesgemäß ins Bildungsbürgertum einheiratete. Ihr Ehemann war der hoch gebildete und zehn Jahre ältere Gustav Steinmann,
Geologieprofessor zuerst in Jena, später in Freiburg. Adelheid Steinmann war eine Politikerin, welcher die Stadt Freiburg ebenso wie die Universität viel zu verdanken hat, die aber im kollektiven Gedächtnis der Stadt nur wenige Spuren hinterlassen hat. Ein erster Schritt, dies zu ändern, war die Benennung einer Straße im Rieselfeld.
Straßenschilder sind kleine Denkmäler, und sie bergen ebenso wie diese eine Gefahr, nämlich
die, dass man zwar den Namen kennt, vielleicht auch täglich an ihnen vorbeigeht, sie aber
eigentlich gar nicht richtig wahrnimmt. Kaum jemand verspürt den Wunsch, mehr dahinter entdecken zu wollen als eben die Kennzeichnung einer Straße, was im Alltag ja in erster Linie dazu
dient, dass sie vom Briefträger oder von der Paketzustellerin gefunden wird.[1]
Der Frauenbeauftragten Frau Ursula Knöpfte ist dafür zu danken, dass sie die vermeintlich
zwingende Logik von kurzer Denkmalehrung und schnellem Vergessen aufgebrochen hat -
zunächst 2006 mit dem Frauengeschichtsplan der Stadt Freiburg, dann mit einer Vortragsreihe,
bei der im Januar 2007 Adelheid Steinmann genauer vorgestellt werden konnte (Abb. 1)[2]
Guntram von Schenck
(2011)
Als Grenzgänger zwischen Geschichtswissenschaft, aktiver
Politik und Diplomatie sind mir Erfahrungen zugefallen, die
verhältnismäßig selten sind. In meine Tätigkeit in der aktiven
Politik ist immer geschichtliches Wissen eingeflossen, es hat
mich bereichert und gestützt. Historische Kenntnisse und
konkrete, politische Erfahrung waren mir in der Diplomatie
gleichermaßen von Nutzen.
Meinen Weg habe ich mit Publikationen begleitet - soweit das
möglich war. Vieles konnte und einiges kann heute noch nicht
veröffentlicht werden. Die Publikationen sind Teil dieser
Lebenserinnerungen, sie sind unverändert eingearbeitet.
Vom "Aufrührer" in der Studentenrevolte 1966-1969 zum
Deutschen Botschafter in Rom, vom promovierten Historiker
über die Politikberatung und kritische Publizistik zur aktiven
Politik und (spät) in das Auswärtige Amt führt in Deutschland
kein gerader Weg, keine vorgezeichnete Karriere. Die
Bundesrepublik war und ist Werdegängen nicht günstig, die
hergebrachten Vorstellungen zuwider laufen.
Man kann es nicht anders sagen: die Lektüre von Heideggers “Sein und Zeit” versetzt heute noch in innere Unruhe, in ein forttreibendes Suchen und bestürzendes Für-Wahr-Halten. Es gilt Hegels Satz, Philosophie sei ihre Zeit, in Gedanken gefasst. Auch heute noch, rund 80 Jahre nach Erscheinen des Werks. Gerade für Historiker im Blick auf den Zweiten Weltkrieg und die Nazi-Zeit.
Heidegger repräsentiert wie wenige die geistige Aristokratie des damaligen Deutschland, er ist der große Exponent einer Philosophie, die ohne den Fundus und die Tradition deutscher Philosophie undenkbar ist. Er ist ein Deuter seiner Zeit mit internationaler Ausstrahlung, ein Meister aus Deutschland. Und doch ist er abgestürzt in die Gläubigkeit an einen Zeitenbruch 1933.
Am 11. März 2010 jährt sich zum 90. Male der Tag des Abschlusses der großen Reichsfinanzreform Matthias Erzbergers. Es ist uns ein willkommener Anlass, diesen Aspekt des Wirkens des Biberacher Reichstagsabgeordneten in den Vordergrund zu stellen. In vorangegangenen Veranstaltungen der VHS Biberach waren Erzbergers Rolle als Delegationsleiter bei den Verhandlungen des Waffenstillstands am Ende des Ersten Weltkriegs und sein Beitrag zum Völkerbundgedanken behandelt und gewürdigt worden.
Matthias Erzberger wurde am 21. Juni 1919 zum Reichsfinanzminister berufen. Um erfassen zu können, was Erzberger mit der Reichsfinanzreform geleistet hat, müssen wir uns knapp und stichwortartig seinen politischen Werdegang, der aufs engste mit der deutschen Politik am Ende des Ersten Weltkriegs verknüpft ist, nochmals vergegenwärtigen. Erzbergers Steuerreform und Außenpolitik greifen - wie wir sehen werden - so eng ineinander, dass eine Darstellung, die diesen Zusammenhang vernachlässigt, unmöglich ist.
Jeder große Erfolg hat seine Voraussetzungen. Gerade die Politik unserer Tage zeigt uns, wie schwierig die Umsetzung intellektuell noch so überzeugender Konzepte notwendiger Steuerreformen ist. Die besten und schönsten (Bierdeckel-) Konzepte bleiben Chimären, wenn sie nicht realisiert werden. Dem Mann aus Biberach, Matthias Erzberger, ist die Durchsetzung der großen Reform gelungen - gegen alle Widerstände.
Die erste Jahreshälfte 1974 dürfte vielen vor allem durch die politischen Skandale auf internationaler und nationaler Ebene in Erinnerung geblieben sein: dem Rücktritt des spionagegeschädigten Bundeskanzlers Willy Brandt im Mai des Jahres und der Watergate-Affäre mit der anschließenden Abdankung des US-Präsidenten Nixon. Manch einer mag sich auch nostalgisch an Deutschlands Auftritt als große Fußballnation zurückerinnern, als man Anfang Juli 1974 die Fußballweltmeisterschaft im eigenen Land gewinnen konnte. Doch noch zu Anfang jenes Jahres rauschten andere Themen durch den Blätterwald der Boulevardpresse: Da gab es einen smarten jungen Israeli namens Uri Geller, der in Wim Thoelkes Sendung „3 x 9" auftrat, auf ungewöhnliche Art und Weise Uhren reparierte, Schlüssel unbrauchbar machte und dafür sorgte, dass sich in Deutschlands Küchenkommoden die Gabeln verbogen. Und es trat ein Mann ins Rampenlicht, der Tausende von Leuten
dazu brachte, in ein Dorf am Rande des Schwarzwalds zu fahren und ihn zu konsultieren: Josef Weber, der „Wunderheiler von Schutterwald".
Das heute noch existierende Gebäude der früheren jüdischen Lungenheilanstalt in Nordrach ist einer der bemerkenswertesten Orte südbadischer
Geschichte im 20. Jahrhundert. An kaum einem anderen Ort traten zwei
der Hauptziele des nationalsozialistischen Staates in so konzentrierter
Weise auf: die Vertreibung und Vernichtung jüdischen Lebens, sowie der
Versuch, die „arische Rasse" zu vermehren. In dem stattlichen Haus in der
Nordracher Ortsmitte war vor der NS-Zeit fast vier Jahrzehnte lang die einzige jüdische Krankenheilanstalt in der Ortenau ansässig. Der regionalgeschichtlichen Bedeutung des Gebäudes steht das geringe Interesse von
Seiten der historischen Forschung gegenüber. Bislang ist die Geschichte
des Hauses und seiner Bewohner/-innen nur in Ansätzen bekannt. [1]
Am 30. November 1939 wurde der jüdische Fotograf Wolf Schmuel Borowitzky in Nordrach aus seiner Wohnung heraus verhaftet und in das Konzentrationslager Sachsenhausen nördlich von Berlin eingeliefert. Dort teilte man ihm die Häftlingsnummer 010121 zu und brachte ihn im Häftlingsblock 38 unter. Am 26. Februar 1940 kam Borowitzky im KZ Sachsenhausen im Alter von 48 Jahren ums Leben . Über die Todesursache gibt es keine Angaben, eine Grabstätte existiert nicht. Es ist eine grausame Ironie, dass keine Fotografie oder keine Porträtaufnahme existiert, die uns zeigen könnte, wie der Fotograf Borowitzky selbst ausgesehen hat. Nachdem er über zwanzig Jahre in dem bekannten Schwarzwälder Kurort lebte und arbeitete, ist sein Schicksal heute fast völlig in Vergessenheit geraten. Auch eine Nachfrage nach Hinweisen zu Borowitzky in den Nordracher Allgemeinen Bekanntmachungen blieb unlängst ohne jegliche Reaktion .
Der Kippenheimer Höfer-Fund
(2007)
Mit der offiziellen Übergabe von mehreren hundert professionell restaurierten und archlvisch erschlossenen Originalunterlagen als Depositum an das Kreisarchiv des Ortenaukreises am 24. September 2004 fand ein Projekt des Fördervereins Ehemalige Synagoge Kippenheim e.V. seinen erfolgreichen Abschluss, das in Zusammenarbeit mit dem Hauptstaatsarchlv Stuttgart und durch die großzügige Förderung der Stiftung Kulturgut Baden-Württemberg einen in Form und Umfang einzigartigen Bestand zur Geschichte des Ortenauer Landjudentums der Forschung zugänglich macht. Mitte der 1990er-Jahre hatte der Kippenheimer Metzgermeister Hans Höfer während Renovierungsarbeiten auf dem Dachboden seines Hauses, verborgen unter alten Schindeln und teilweise eingewickelt in Einschlagpapiere, zahlreiche Dokumente und Schriftstücke gefunden, die sich der Familiengeschichte der im 19. Jahrhundert in diesem Haus lebenden jüdischen Familie Weil/Weill zuordnen ließen. Hans Höfer wandte sich mit seinem überraschenden Fund an den Förderverein Ehemalige Synagoge Kippenheim e.V. Nach einer längeren Vorlaufphase, in der das Material erstmals gesichtet wurde und vor allem Fragen zu den Besitzverhältnissen und der endgültigen Aufbewahrung geklärt werden mussten, konnte der Bestand zwischen 2003 und 2005 archivisch aufgearbeitet werden.
In den Morgenstunden des 13. Juli 1943 wurde ein junger Soldat der deutschen Wehrmacht zu einem Steinbruch nahe der ukrainischen Stadt Melitopol am Asowschen Meer geführt. Dem Mann stand seine Hinrichtung bevor. Ein Feldkriegsgericht
hatte ihn wegen „Fahnenflucht im Wiederholungsfall" zum Tode verurteilt. Mehr als vier Jahrzehnte später berichtete ein Augenzeuge über die nun folgenden Minuten: ,,Zur Verkündigung des Urteils mußte der Hinrichtungszug auf ein Kommando
stramm stehen und das Gewehr präsentieren und die Offiziere mußten grüßen. Eine Fahne war, glaube ich, auch dabei. Dann verlas der Schreiber-Unteroffizier mit lauter Stimme feierlich das Urteil: ,Im Namen des Volkes! Der Soldat Hermann Keller wird wegen Fahnenflucht im Wiederholungsfall und Feigheit vor dem Feind zum Tode verurteilt!"
Als im September 2003 anlässlich der Neueröffnung der restaurierten ehemaligen Synagoge in Kippenheim als Gedenk-, Lern- und Begegnungsstätte zahlreiche frühere jüdische Bürgerinnen und Bürger Kippenheims eingeladen waren, war beim Blick auf die Namensliste der jüdischen Gäste eine Lücke feststellbar. Während bei diesem feierlichen Anlass eine Reihe von
Mitgliedern der jüdischen Familien Auerbacher, Maier, Wachenheimer und Wertheimer bzw. deren Verwandte oder Nachkommen anwesend sein konnten, suchte man den Namen der früheren Kippenheimer Kaufmannsfamilie Durlacher vergeblich. Zwei Gründe sind dafür verantwortlich: Zum einen fielen die letzten in Kippenheim verbliebenen Angehörigen der Familie der nationalsozialistischen Vernichtungspolitik zum Opfer. Die Namen von fünf Familienmitgliedern befinden sich auf der Gedenktafel für die Kippenheimer Opfer des Nationalsozialismus, die 1998 in der Vorhalle der ehemaligen Synagoge angebracht wurde. Demzufolge sind heute keine Mitglieder aus der Familie Durlacher mehr am Leben, die das Leben in
Kippenheim noch aus eigener Anschauung kennen und darüber berichten könnten. Ein zweiter Aspekt ist die Abwanderung eines größeren Zweiges der Familie in die Großstadt Hamburg gegen Ende des 19. Jahrhunderts, wo es den Durlachers gelang, sich neue ökonomische Möglichkeiten im Weinhandel zu erschließen. Dieser Wegzug trug mit dazu bei, dass die Familie Durlacher im Vergleich zu den anderen genannten jüdischen Familien Kippenheims im 20. Jahrhundert weitaus weniger Mitglieder im Ort umfasste. Der folgende Beitrag versucht, die Entwicklungsgeschichte dieser „vergessenen" Kippenheimer Familie anhand schon bekannter sowie neu entdeckter Quellen in ihren Grundzügen zu rekonstruieren. Da der nach Hamburg umgesiedelte Familienzweig zudem exemplarisch für den seit langem als Desiderat angesprochenen, bislang aber noch immer nur ansatzweise erforschten Urbanisierungsprozess der oberrheinischen Landjuden steht, soll diesem Punkt ein besonderes Augenmerk verliehen werden. Hier werden Hinweise darauf gesucht, welche Bedeutung der ursprüngliche Heimatort für die Identitätsbildung der verbürgerlichten einstigen Landjuden hatte bzw. es wird der von Heiko Haumann eingebrachten Frage nachgegangen, welche diesbezüglichen Einschätzungen und Ansichten bei den Juden vorherrschten, die die Landgemeinden hinter sich gelassen und ihr Glück in den größeren Städten gesucht hatten.
Sklavenarbeit in Offenburg
(2004)
Am 25. oder 26. März 1945 kam der 18-jährige Marko Moskowitz als KZ-Häftling und Sklavenarbeiter in die Stadt Offenburg. Er gehörte einem Transport mit etwa 580 bis 650 Häftlingen an, der wenige Tage zuvor im oberpfälzischen Konzentrationslager Flossenbürg zusammengestellt und daraufhin nach Offenburg überführt wurde. Das Häftlingskommando, jetzt der Kommandantur des KZ Natzweiler unterstellt, war in die Stadt verlegt worden, um auf dem Bahngelände Blindgänger abgeworfener Bomben zu entschärfen sowie Aufräum- und Reparaturarbeiten durchzuführen. Die
Geschehnisse um diesen Flossenbürger Häftlingstrupp wurden schon mehrfach beschrieben, zumal damit eines der bedrückendsten Ereignisse der NS-Geschichte in der Stadt Offenburg verbunden ist: das Massaker an 41 KZ-Gefangenen am 12. April 1945 durch SS-Wachpersonal. Marko Moskowitz überlebte die Wochen als Sklavenarbeiter in Offenburg und
konnte am 20. April 1945 während eines Evakuierungstransports in Freiheit gelangen. Die Umstände des Arbeitseinsatzes der Flossenbürger KZHäftlinge in Offenburg sind inzwischen weitgehend bekannt. Noch immer fehlen jedoch genaue Angaben über die Zahl der nach Offenburg transportierten Gefangenen sowie nähere Kenntnisse über deren individuelle Einzelschicksale. Nur ein Bruchteil der Häftlingsnamen sind bislang dokumentiert, zu fast keinem der Gefangenen sind darüber hinaus gehende Informationen bekannt. Ein Dokument aus dem Holocaust Memorial Museum in Washington macht diesbezüglich auf das Schicksal eines der Offenburger Häftlinge, des ungarischen Juden Marko Moskowitz, aufmerksam.
Vor nunmehr 50 Jahren, im Frühjahr 1952, erschien in der Ortenauer
Rundschau ein Artikel unter der verheißungsvollen Überschrift „Der
Mann, der las, ohne zu sehen". Der anonyme Verfasser berichtet darin von
einem Bürger aus Offenburg namens „Leo Kahn", der unter dem Pseudonym „Professor Alkadar" mit okkultistischen Experimenten aufgetreten
sei, dabei äußerst erfolgreich gewesen war und es mit seinen Fähigkeiten
sogar bis zum „Hofkünstler am englischen und russischen Hofe" gebracht
habe. In Offenburg, seiner Heimatstadt, habe er seine Experimente hingegen nur im privaten Kreis durchgeführt. Mit Kahn zusammengearbeitet
hatte in Offenburg der Chefarzt des Krankenhauses, Dr. Hofmann, ,,der für
Hypnose, Somnambulismus, Okkultismus, Parapsychologie großes Interesse hatte". Für den Verfasser des Artikels war Kahn „ein ausgesprochener
Schwarzer Magier", dessen Experimente „alle mit großer Verblüffung [gelangen]."[1]
Über Schiedsrichter im Fußball herrscht gemeinhin die Meinung, dass sie gerade dann am besten und wirkungsvollsten agieren, wenn man ihre Mitwirkung am Spielgeschehen gar nicht bemerkt. Tatsächlich stellen die Schiedsrichter innerhalb des Fußballbetriebs nicht unbedingt die am meisten beachtete Akteursgruppe dar, obwohl ohne ihre Leitungsrolle kaum ein offizielles Fußballspiel durchgeführt werden kann. Gleichermaßen verhält es sich mit der Präsenz von Schiedsrichtern in fußballgeschichtlichen Rückblicken oder Analysen. Während über Spieler und Trainer mittlerweile eine
Vielzahl von mehr oder weniger seriösen historischen Darstellungen vorliegt, lässt sich das über die Gruppe der Schiedsrichter nicht behaupten. Außer vereinzelten autobiographischen oder journalistischen Werken zu Schiedsrichtern liegen so gut wie keine Darstellungen zur Geschichte der Schiedsrichter im Fußball vor. Lässt sich das für die Fußballgeschichtsschreibung generell feststellen, wird man in der sportgeschichtlich orientierten Regionalgeschichte, zumal in der Ortenau, ein vollständiges Fehlen von Darstellungen zu Schiedsrichtern im Fußball feststellen müssen. Der folgende kurze Abriss zum Schiedsrichter-Funktionär Fritz Sieger kann deshalb nur ein erster textlicher Anpfiff für zukünftige angemessenere Wahrnehmung der Schiedsrichter in der (regionalen) Fußballgeschichte sein.
Jacob Kast (um 1540-1615)
(2001)
Wir sind heute hier zusammengekommen, um die Erinnerung an den Kammerrat, Murgschiffer und Holzgroßhändler Jacob Kast von Hörden wach zu halten. Er lebte im 16. und zu Beginn des 17. Jahrhunderts, einer Epoche des Übergangs vom Mittelalter zur Neuzeit. Es ist das Zeitalter der Renaissance, einer Periode grosser geistiger wie religiöser Umwälzungen.
Sie bricht mit dem mittelalterlichen Traditionalismus, führt zu einer optimistischeren Grundhaltung und vermittelt neues Lebensgefühl. Allgemein kommt es zu wirtschaftlichem und demographischem Wachstum. Gleichzeitig erfolgt der Ausbau von Flächenstaaten und Landesherrschaften.
Oberforstmeister und Kammerherr Friedrich Heinrich Georg Freiherr Drais von Sauerbronn (1758-1833)
(2000)
Kein Beruf baut wohl mehr auf der unermüdlichen und stillen Arbeit und Hingabe mehrerer Generationen auf, als der des Forstmannes. Erst die Enkel kommen in den Genuß dessen, was andere vor ihnen gesät, gepflanzt und gehegt haben. Wie leicht wird man aber bei solch großen Zeitspannen dazu verleitet, alle die zu vergessen, die an den heutigen Ergebnissen einst tätigen Anteil hatten. An den, der den haubaren Bestand vormals begründete, denkt der, der ihn nutzt, meist selten! Es sei daher gestattet, mit einem Abriß über das an Arbeit und Mühe so reiche Leben des Oberforstmeisters F. H. G. von Drais zugleich auch die forstliche Aufbauarbeit unserer Vorväter zu würdigen und dabei aber auch anzuerkennen, wie ungeheuer viel Gutes und Bewunderungswürdiges von ihnen mit Weitblick und Energie in jahrzehntelanger Arbeit geschaffen und
erreicht wurde. Friedrich Heinrich Georg Freiherr Drais v. Sauerbronn, aus einer alten lothringischen Familie stammend, ist 1758 in Ansbach als Sohn des markgräflich brandenburgischen Geheimen Raths und Obristen Friedrich von Drais geboren.
Sie war fromm, sie war tätig und sie war mächtig. Großherzogin Luise von Baden, Prinzessin von Preußen war eine der herausragenden Persönlichkeiten der badischen Landesgeschichte im „langen“ 19. Jahrhundert. Ihre exzeptionelle Bedeutung ist von mehreren Faktoren gefördert worden. Beispielsweise ist ihre preußische Herkunft als Tochter des ersten deutschen Kaiserpaares Augusta und Wilhelm I. von Hohenzollern zu nennen. Mit ihrer Alleinstellung als einzige Kaisertochter, spätere Kaiserschwester und nicht zuletzt als agnatische Tante des letzten Kaisers Wilhelm II., war die familiäre Verbundenheit und Vertrautheit zwischen dem badischen und preußischen Hof gewährleistet. Gerade in den Anfangsjahren ihrer Ehe, nur sieben Jahre nachdem von Luises Vater in Baden die Revolution von 1848/49 blutig niedergeschlagenen worden war, förderte die familiäre Nähe das bilaterale Verhältnis der Herrscherhäuser zueinander. Schließlich war es die Aufgabe der jungen Landesfürstin, andere Töne aus Preußen als die von Kanonen mitzubringen. So verwundert es nicht, dass es Großherzog Friedrich I. von Baden, Schwiegersohn des preußischen Königs, war, der 1871 am Ende des Deutsch-Französischen Krieges im Versailler Schloss den legendären Toast „Es lebe unser Kaiser Wilhelm“ als Konsensformel für die deutsche Kaiserproklamation ausrief.
Die Regierung der Bundesrepublik Deutschland wird gegenwärtig von demokratischen Parteien gestellt, die sich als christlich oder sozial oder als beides bezeichnen. Die christlichen Parteien vertreten programmatisch ein christliches Menschenbild, das
sie den anderen absprechen, aber dennoch von ihnen einfordern, sogar von Nichtchristen, die Bürger der BRD sein oder werden wollen. Was diese programmatische Forderung inhaltlich bedeutet, wird zumeist nicht erläutert, sondern als bekannt vorausgesetzt.
Wozu Melanchthon-Forschung?
(2010)
Vorbemerkung: Mit Ulrich Köpf fühle ich mich seit vielen Jahren menschlich und theologisch verbunden. Da er außer seinem Hauptamt als Ordinarius auch noch Leiter einer Arbeitsstelle der Heidelberger Akademie der Wissenschaften und damit einer
meiner Kollegen war, schien es sinnvoll zu sein, ihm die Bilanz meiner Tätigkeit bei dieser Akademie, die nahezu gleichzeitig mit der Vollendung seiner Akademie-Arbeit, dem Lutherregister, angesagt war, zu widmen. Am 31. Oktober 2009, dem Reformationsfest, wurde das Melanchthonjahr 2010 in Bretten und in Wittenberg feierlich eröffnet. Dort ist der aus Bretten und Heidelberg stammende Humanist und Reformator am 19. April vor 450 Jahren gestorben. 1960, im 400. Todesjahr Melanchthons, habe ich mein Studium mit der Promotion in Kirchengeschichte abgeschlossen. Seit 1961, meinem 30. Lebensjahr, bin ich hauptamtlich in der Melanchthon-Forschung tätig. Jetzt, nach 48 Jahren, kann ich den letzten Rest meiner Amtspflichten an eine Vertreterin der nächsten Generation übergeben.
Nach mehr als 80 Jahren endlich bekannt: Die Schöpferin der schönen Plastiken im Villinger Stadtpark
(2018)
Am 1. Juli 1934 erhielt die Fayence-Manufaktur Kandern Richard Bampi einen Großauftrag der Stadt Villingen für sieben fast lebensgroße Plastiken. Sie sollten den neu zu schaffenden Kurpark schmücken, der im an das Kneipp-Freibad angrenzenden Gelände im Entstehen war. Im selben Jahr fand Richard Bampi mit Erna Kientz eine aus Freiburg stammende Künstlerin, von deren großem Geschick und Talent er wusste. Einige der Villinger Plastiken tragen die Signatur "EK", von der in Kandern nicht mehr bekannt war, als dass es das Markenzeichen von Erna Kientz-Vogel, Mitarbeiterin in der Werkstatt des Kanderner Keramikers Richard Bampi, war. Denn lange Zeit stand die falsche Schreibweise des Namens der Künstlerin dem Rechercheerfolg im Wege.
Die sich später nach der Limpurg bei Schwäbisch Hall nennende Familie übte an den
Höfen der Stauferkönige das Schenkenamt aus. In manchem ihrer Wappen ist daher
ein Trinkgefäß zu sehen. Nach dem Ende der Stauferzeit gelang es den Schenken, die
dem Grafenstand angehörten, eine kleine Herrschaft aufzubauen. Es entwickelten
sich zahlreiche Haupt- und Nebenlinien mit mehr oder weniger stattlichen Burgen
im Limpurger Land. Noch heute ist das Limpurger Land bekannt als Teil des Schwäbisch-Fränkischen Waldes zwischen Kocher und Bühler; im Osten grenzt es an das
Ellwanger Gebiet, im Norden an Schwäbisch Hall und im Süden an die Lein. Als die
Familie 1690 mit Schenk Wilhelm Heinrich von der Gaildorfer Linie und 1713 mit
Schenk Vollrat von der Obersontheimer Linie ausstarb, gab es insgesamt zehn Erbtöchter. In einem komplizierten Erbgang ging das Limpurgische Erbe verschiedene
Wege. Hier ist lediglich von Interesse, dass Graf Christian Wilhelm Karl von Pückler
1737 eine Enkelin des letzten Schenken Vollrat heiratete, nämlich Gräfin Karoline
Christiane von Löwenstein-Wertheim, Tochter des Grafen Heinrich Friedrich von
Löwenstein-Wertheim (1682–1721) und der Amöna Sophie Friederike Gräfin von
Limpurg (1684–1746).
Bruno Epples Spiegelbilder
(2000)
Ich habe ihn gesehen, dort in seinem Atelier, manches Mal, und er hat auch davon erzählt. Er arbeitet diszipliniert, Stunde um
Stunde. Das Atelier hat ein großes Fenster, hinaus in den Garten. Dennoch ist er ganz bei sich selbst, schöpfend aus seinen inneren Bildern. Musik ist sein Vorhang, literarische Texte aus Kassetten. Das schirmt ihn ab, birgt ihn bei sich selbst.
Die Welt des Bruno Epple
(2000)
Fast jeder Künstler ist geprägt durch seine Heimat, seine Herkunft, sein Umfeld. Mancher befreit sich davon, entwächst, oft bleibt er entwurzelt. Für viele ist dies der Grund, auf dem ihr Werk gedeiht, der Nährboden für ihre innere Welt. Erlebnisse erweitern den Horizont, glückliche oder schmerzliche Erfahrungen tragen zum Reifen bei. Bruno Epples Bildwelt ist zweifellos aus diesem Quell gespeist. Er ist ihr immer treu geblieben, hat sich zu ihr bekannt, selbst auf die Gefahr hin, als provinziell eingeengt zu gelten. Seine Bildthemen sind die kleinen Leute vom See, die Menschen zwischen Geburt und Tod, die Arbeitswelt der Fischer, Bauern und Handwerker, die Spiele der Kinder im Kreis des Jahres, die mythische Welt und die reale Welt, die südwestdeutsche Landschaft.
Bei Schlossführungen in Ludwigsburg und der Solitude erfährt der staunende
Besucher nicht nur etwas über die Mätressen des Herzogs, sondern auch über
die Vielzahl seiner natürlichen Kinder. Vage Angaben beginnen bei über 100,
nach oben bestehen keine Grenzen.
Man erzählt sich, dass alle Rothaarigen von ihm abstammen sollen, wie
Baron von Bühler bei Schlossführungen berichtet und nicht zuletzt sollen alle
Bewohner auf den Fildern von Herzog Carl Eugen abstammen.
Gerhard Raff erwähnte, dass sogar Prof. Decker-Hauff blaues Blut gehabt
habe und Decker-Hauff soll einmal gesagt haben, dass die Anzahl seiner
Nachkommenschaft eine Zahl in vierstelliger Höhe erreicht haben soll. Weiter
zitiert Raff Prof. Peter Lahnstein, der geschrieben habe, dass der Herzog in
unzähligen Stundenliebschaften sein Land mit Bastarden übersät habe.
Andreas Abel schreibt über die Nachkommen des Regierungsrats Feuerlein:
»Zu den offenen Geheimnissen Württembergs gehört die Tatsache, dass
Carl Eugen etwa 300 illegitime männliche und etwa eben so viele weibliche
Nachfahren gezeugt hat.« [2]
Über die Mätressen des Herzogs berichtet u. a. auch Susanne Dieterich in
ihrer Publikation »Liebesgunst. Mätressen in Württemberg«.
Eberhard Ludwig (1676-1733) war neun Monate alt, als sein Vater Herzog Wilhelm
Ludwig (1647-1677) starb. Die Vormundschaft für ihn übernahm sein Onkel Friedrich
Carl (1652-1698) aus der Linie Württemberg-Winnental als Herzog-Administrator,
die Herzoginmutter Magdalena Sibylla geb. von Hessen-Darmstadt (1652-1712) fungierte als Mitvormund. Die Erziehung Herzog Eberhard Ludwigs lag von 1684 bis
1693 in den Händen des Hofmeisters Johann Friedrich von Staffhorst, und Informator von 1687 bis 1693 war der Durlacher Rat Johann Rudolf Seubert.
Zur Erziehung eines jungen Prinzen gehörten insbesondere Schreiben, Lesen,
Rechnen, Gottesfurcht, Ethik, Geographie, Geschichte, französische, lateinische und
italienische Sprache, Kriegskunst, Staats- und Lehensrecht, Reiten, Fechten, Ballspiele. Friedrich Carl und Magdalena Sibylla waren den schönen Künsten sehr zugetan und Eberhard Ludwig genoss auch Unterricht in Musik und Tanz.
Im Jahre 1681 wurde im Landtag Klage darüber geführt, dass die Prinzessinnen
und der junge Herzog von einer französischen Dame als Landhofmeisterin in der
französischen Sprache und von einem französischen Tanzmeister unterrichtet werden. Diese Leute, die der papistischen (katholischen) Religion zugetan seien, würden
die fürstlichen Kinder »gar ernstlich in ihrer zarten Jugend verführen und corumpieren« (verderben). Der Prälat von Blaubeuren wird beauftragt, bei Hofe vorstellig
zu werden, »dass ihr künftiger Regent, dieser ihr junger Landesfürst, wie auch die gesamte fürstliche Familie in wahrer Gottesfurcht und einer Lehre des heil. Evangeliums als recht christlich und fürstlich und nicht eben allamodisch [nach der Mode]
und französisch auferzogen werde«. Man möge doch diese papistischen Leute entfernen, an ihrer Stelle sollen andere, der evangelischen Religion mit Mund und Herzen zugetane Leute angenommen werden. Der Landtag konnte sich nicht durchsetzen. Der Tanzmeister Courtel blieb bei Hofe.
Auf der Internetseite der Stadt Leinfelden-Echterdingen kann man einen ortsgeschichtlichen Rundgang durch Echterdingen machen. [1]
Unter Nr. 27 gibt es
Informationen zum Gasthaus »Hirsch«. Durch sie erfährt man, dass der damalige Schultheiß Johann Ludwig Stäbler (1719 –1781, seit 1756 im Amt) das
Gasthaus 1772 mit Unterstützung des Herzogs Carl Eugen wiederaufgebaut
habe: »Der Landesherr [...] verkehrte nämlich gerne im Hause des schlagfertigen Schultheißen Stäbler, was nicht zuletzt an dessen junger, gut aussehender
Tochter Anna Katharina (geb. 1753) lag, der er ausgesprochen herzlich zugetan war. Als sie ein Kind von ihm erwartete, führte ihr der Herzog den Plieninger Wirtssohn Johann Friedrich Bayha als Ehemann zu. Sie waren tüchtig
und betrieben den Hirsch mit viel Erfolg. Auch der Herzog selbst war dort
noch oft als Gast, wenn er zur Jagd ging. [...] Das großformatige Ölgemälde
mit seinem Portrait, das der Herzog Karl-Eugen nach der Fertigstellung des
Hauses als Zeichen seiner besonderen Gunst gestiftet hatte, hängt noch heute
an seinem Platz im schön renovierten ›Saal‹ des Hirschs.«
Auch im digitalen Zeitalter liegen sie in Buchhandlungen aus: Werbekataloge, die das Lesepublikum über Neuerscheinungen und das lieferbare Programm eines Verlags informieren. Das Angebot allein sagt bereits viel über das werbende Unternehmen aus, Käuferansprache und Gestaltgebung ergänzen gezielt die Außenwirkung. Der vorliegende Beitrag stellt den ehemaligen Baden-Badener Herbert Stuffer Verlag anhand seines Prospektarchivs vor und zeigt, dass Verlagskataloge mehr als nur eine Produktpalette abbilden.
Joseph Victor von Scheffel
(2011)
Die Bibliographie erfaßt die Ausgaben von Werken Joseph Victor von Scheffels sowie die
deutschsprachige und fremdsprachige Sekundärliteratur zu Scheffel aus dem Zeitraum 1945
bis 2011 nach Möglichkeit vollständig. Zu diesem Zweck wurden die in Abschnitt B verzeichneten
Bibliographien und Nachschlagewerke ausgewertet.
Joseph Victor von Scheffel
(2006)
Die Bibliographie erfaßt die Ausgaben von Werken Joseph Victor von Scheffels sowie die
deutschsprachige und fremdsprachige Sekundärliteratur zu Scheffel aus dem Zeitraum 1945
bis 2005 nach Möglichkeit vollständig. Zu diesem Zweck wurden die in Abschnitt B verzeichneten
Bibliographien und Nachschlagewerke ausgewertet. Die Recherche wurde im März
2006 abgeschlossen.
Joseph Victor von Scheffel
(2001)
Die Bibliographie erfaßt die Ausgaben von Werken Joseph Victor von Scheffels sowie die
deutschsprachige und fremdsprachige Sekundärliteratur zu Scheffel aus dem Zeitraum 1945
bis 2001 nach Möglichkeit vollständig. Zu diesem Zweck wurden die in Abschnitt B verzeichneten
Bibliographien und Nachschlagewerke ausgewertet. Die Recherche wurde im
März 2001 abgeschlossen.
Als Sproß einer bedeutenden Familie Offenburger Demokraten ursprünglich römisch-katholischen, dann altkatholischen
Glaubens wurde Oskar Geck am 8. August 1867 in Offenburg geboren. Sein Onkel, der Verleger Adolf Geck (1854-1942), ein Freund August Bebels, wandte sich unter dem von 1878 bis 1890 geltenden Sozialistengesetz der Sozialdemokratie zu und fungierte seit dessen Auslaufen als erster Landesvorsitzender seiner Partei in Baden, die er später auch im badischen
Landtag und im Reichstag vertrat. Oskar Geck selbst trat nach dem Studium der Volkswirtschaft und der Staatswissenschaften in Freiburg, Zürich, Straßburg und Heidelberg im Jahre 1901 in die Redaktion der Tageszeitung „Volksstimme“ ein, die 1890 als Organ der Mannheimer Sozialdemokratie gegründet worden war. Er galt als begabter und politisch maßvoller Journalist in einer Stadt die ein blühendes Zeitungswesen aufwies, und entwickelte die „Volksstimme“ zu einem auch außerhalb der Partei angesehenen Organ.
SI AN DIC VNT NIT AN MIC
(2016)
Im ersten der sechs „Bestandskataloge der weltlichen Ortsstiftungen der Stadt Freiburg im
Breisgau“, der die kunstgewerblichen Arbeiten aus Metall umfasst, findet sich die eingehende
Beschreibung einer Zinnplatte, die – als bisher einzige Arbeit – aufgrund des Beschau- und des
Meisterzeichens dem Freiburger Zinngießer Ludwig Dürckenheimer zugewiesen werden kann,
der das Stück für die Adelhauser Dominikanerinnen gefertigt hat – oder vorsichtiger formuliert:
deren Konvent als Vorbesitzer der Dürckenheimer-Arbeit (siehe Abb. 5) anzusehen ist.
Ein Akt der Verzweiflung
(2000)
Die von langer Hand und unter strikter Geheimhaltung vorbereitete Deportation von 350 jüdischen Männern, Frauen und Kindern aus Freiburg nach Gurs schlug sich im Tagebuch der Polizeidirektion, das für den 22. Oktober 1940 auch den Besuch der Sicherheitsdienste (SD) von Mülhausen und Freiburg vermerkt, in einer siebenzeiligen Notiz nieder: ,,Dienstag, 22. Oktober und Mittwoch, 23. Oktober 1940: An beiden Tagen wurden die jüdischen Familien abtransportiert. Hierbleiben durften nur diejenigen Juden, bei denen entweder der Mann oder die Frau arischer Abstammung sind. Weiter blieben auch die Mischlinge hier. Zwei Juden haben Selbstmord verübt; eine Jüdin hat sich die Pulsadern durchschnitten und starb in der Klinik, ein Jude hat sich erhängt. Der Abtransport ging in aller Ordnung vor sich."
Fast in jedem Ort gibt es Häuser, die im Sprachgebrauch der Ortsansässigen
einen Familiennamen tragen. Auf welcher Grundlage die Namensgebung
erfolgte und wie lange der Name bereits tradiert wird, ist ganz unterschiedlich. Antworten darauf sollen ansatzweise am Beispiel einiger Markgröninger
Kulturdenkmale gegeben werden. Die Schäferlaufstadt, am Rande des langen
Feldes und auf einem Hochflächensporn zwischen Glems und Leudelsbach
gelegen, konnte sich ihr mittelalterliches Stadtbild in vielen Bereichen bewahren. Aufgrund ihrer bemerkenswerten historischen Fachwerksubstanz ist sie
Mitglied der Deutschen Fachwerkstraße und bietet beste Voraussetzungen für
interdisziplinäre Forschungen, die die historischen Hilfswissenschaften Genealogie und Heraldik mit der Geschichtswissenschaft, Architekturgeschichte und der modernen Untersuchungsmethode Dendrochronologie verbinden.
Martin Heidegger (1889-1976) studierte in Freiburg im Breisgau als Alumne des erzbischöflichen ,Collegium Borromaeum‘ ab dem Wintersemester 1909/1910 vier Semester katholische Theologie, verließ dann aber das Collegium und wechselte im WS 1911/12 zum Studium der Mathematik, Geschichte und Philosophie. Fünfzig Jahre später ruft der sonst nur spärlich aus seiner Biographie erzählende Philosoph gleich zweimal seinen Dogmatikprofessor Carl Braig (1853-1923) in Erinnerung. Dem Theologen Eugen Biser empfiehlt er etwa zur selben Zeit: „Lesen Sie Braig!“ Im letzten Jahr seiner Freiburger Gymnasialzeit stieß Heidegger auf Braigs Lehrbuch „ Vom Sein. Abriß der Ontologie“ (Freiburg 1896), im Wintersemester 1910/1911 hörte er erstmals eine dogmatische Vorlesung bei Braig. Von ihm ging, sagt der alte Heidegger, „die entscheidende und darum in Worten nicht faßbare Bestimmung für die spätere eigene akademische Lehrtätigkeit“ aus. Jede Vorlesungsstunde Braigs wirkte die langen Semesterferien hindurch auf Heidegger, die er „stets und ununterbrochen bei der Arbeit im Elternhaus (s)einer Heimatstadt Meßkirch verbrachte.“
Der Freiburger Erzbischof Dr. Hermann Schäufele ( 1906-1977) und sein Geburtsort Gemmingen-Stebbach
(2007)
Am 14. Mai 1958 wurde Dr. Hermann
Schäufele von Papst Pius XII. zum Erzbischof
von Freiburg und Metropoliten der
Oberrheinischen Kirchenprovinz ernannt,
am 16. September in sein Amt eingeführt
und am 23. Dezember in Rom von Papst
Johannes XXIII. mit dem Pallium bekleidet.
Er leitete die Erzdiözese über 19 Jahre
lang und verstarb, völlig unerwartet, im
Jubiläumsjahr 1977, in dem die Erzdiözese
den 150. Jahrtag ihrer Errichtung feierte2 .
Erzbischof Schäufele war Konzilsvater
beim Zweiten Vatikanischen Konzil,
Protektor des Deutschen Caritasverbandes,
Mitglied der römischen Kongregation für
die Bischöfe, Mitglied der Kommission der
Deutschen Bischofskonferenz für gesellschaftliche
und sozial-caritative Fragen.
Die Erzabtei St. Martin in Beuron zog mit ihrer Liturgie in der ersten Hälfte des 20. Jahrhunderts unzählige Menschen in ihren religiösen Bann, darunter Schriftsteller und Philosophen wie Romana Guardini, Max Scheler, Martin Heidegger und Edith Stein. Selbst Edmund Husserl, der Begründer der Phänomenologie, äußerte 1934 einmal den Wunsch, nach Beuron zu fahren. Bei den Mönchen trafen sie auf aufgeschlossene Gesprächspartner. Erwähnt seien nur die Mitbrüder, die sich durch eine besondere philosophische Begabung auszeichneten: P. Placidus Pflumm, P. Anselm Manser, P. Alois Mager und P. Daniel Feuling. Pater Daniel lebte für die Philosophie, aus der wiederum seine Liebe zur Theologie und sein Eifer für die Seelsorge erwuchsen. Wer war Prof. P. Dr. Daniel Feuling OSB?