920 Biografien, Genealogie, Insignien
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Erst lange nachdem ich zugesagt hatte, im Rahmen dieser heutigen Veranstaltung über Erik Wolf zu sprechen, ist der Gedanke aufgekommen, dieser Vortrag könnte zugleich die lectio aurea aus Anlass meines goldenen Doktorjubiläums sein, auch
wenn dessen exakter Termin erst der 12. Juli ist. Diese Verknüpfung ist von der Sache her nicht unpassend. Sie hat durchaus ihren Sinn, ja sie unterstreicht einen notwendigen Zusammenhang, ist doch Erik Wolf mein Doktorvater. Er hat es mir ermöglicht, mich mit einer Dissertation zu qualifizieren.
Hermann Maas als Kreisdekan
(2008)
Im Rückblick auf sein Leben schrieb Hermann Maas 1952: Im Sommer desselben Jahres [1945] wurde ich wieder in den aktiven Kirchendienst aufgenommen und zum Kreisdekan für die zehn Dekanate Nordbadens ernannt. So habe ich als alter Mann fast mehr zu tun als je in meinem Leben, weil die Ökumene, der Kampf gegen den Antisemitismus, die Arbeit und Fürsorge für die einst Geknebelten und Verfolgten, die Pflege der Beziehungen zu den amerikanischen Männern, ein großer Briefwechsel mich im Banne halten, neben der eigentlichen Berufstätigkeit in meiner Kirche.
Die Regierung der Bundesrepublik Deutschland wird gegenwärtig von demokratischen Parteien gestellt, die sich als christlich oder sozial oder als beides bezeichnen. Die christlichen Parteien vertreten programmatisch ein christliches Menschenbild, das
sie den anderen absprechen, aber dennoch von ihnen einfordern, sogar von Nichtchristen, die Bürger der BRD sein oder werden wollen. Was diese programmatische Forderung inhaltlich bedeutet, wird zumeist nicht erläutert, sondern als bekannt vorausgesetzt.
Im 19. Jahrhundert verfassten zahlreiche Pfarrer Autobiographien sowohl für den engeren Familienkreis als auch für eine mögliche Publikation. Diese Memoiren bieten oft schillernde Einblicke in das Leben einer Pfarrfamilie, lassen aber nicht
selten einen Blick über die Mauern des Pfarrgartens vermissen. Bei solchen Pfarrern indes, die durch sittlich-moralische oder politische Gründe in Konflikte mit der weltlichen und kirchlichen Obrigkeit kamen, war dies gelegentlich anders und politische
sowie soziale Verhältnisse traten durchaus in den Blick. Das ist beispielsweise bei solchen Pfarrern der Fall, die in den Jahren 1848/49 politisch durch freisinnige Gedanken auffielen und deshalb Konsequenzen, wie etwa Strafversetzungen, zu erleiden
hatten. Bei allen Selbstzeugnissen ist freilich der subjektive Blickwinkel zu berücksichtigen und zu fragen: Welche Erinnerungen erscheinen dem Verfasser berichtenswert und wie hat er sein Leben beschrieben? Folgt er religiös-literarischen Schablonen, wie sie etwa die pietistische Autobiographie prägen, oder zeichnen sich seine Aufzeichnungen durch Originalität aus?
Als „Zeitzeuge“ soll ich erzählen, wie ich die Kriegs- und Nachkriegszeit und die Kirche in dieser Zeit erlebt habe. Ich will es versuchen. Es ist allerdings für mich gewöhnungsbedürftig, Zeitzeuge für Nachgeborene zu sein. Es ist ein deutliches
Zeichen des Alters! Allzu viel darf man von mir nicht erwarten, wenn es um die Kriegs- und unmittelbare Nachkriegszeit geht. Ich bin 1934 in Freiburg geboren und in Lahr in einem kleinbürgerlichen Elternhaus aufgewachsen. Am Kriegsende war ich 11 Jahre, gehöre also zu der bevorzugten Generation, die am Kriegsgeschehen nicht mehr aktiv beteiligt war. Es sind darum nur Kindheitserinnerungen, die ich aus der Kriegszeit weitergeben kann. Auch in den ersten Jahren der Nachkriegszeit war ich noch ein Junge, dann Heranwachsender, der allerdings in der kirchlichen Jugendarbeit, vor allem durch die Schülerarbeit, als Jugendleiter und als Helfer im Kindergottesdienst entscheidend geprägt worden ist und intensive Erfahrungen mit Kirche gemacht hat. Als ich 1953 mit dem Theologiestudium begonnen habe, waren immer noch Nachwirkungen des Krieges zu spüren. Man freute sich, wenn man am Studienort ein nahrhaftes Paket von zu Hause bekommen hat. Man begegnete noch Kommilitonen, die spät aus der Kriegsgefangenschaft entlassen worden waren oder als Flakhelfer die letzte Kriegszeit erlebt und in dieser Zeit sich dann für den Beruf des Pfarrers entschieden hatten. In die Studienzeit fallen auch die ersten Begegnungen mit der Landeskirche – durch den damaligen Ausbildungsreferenten Heidland, später mit Oberkirchenrat Hof.
Fluchtpunkt Jerusalem
(2007)
Die Forschung zur Kirchlichen Zeitgeschichte Badens hat in den letzten drei Jahrzehnten eine bemerkenswerte Blüte erlebt. Die besonderen Entwicklungen in Baden mit einerseits seiner liberalen politischen Tradition, die sich auch auf innerkirchliche
Demokratisierungs- bzw. Partizipationsprozesse auswirkte, und andererseits seiner religionspolitisch-theologischen Gemengelage nach der Verbindung aus fortschrittlichen, konservativ-positiven, pietistisch-erwecklichen, religiös-sozialistischen und auch deutsch-christlichen Kräften, die je eigene und doch auch gemeinsame Mentalitäten herausbildeten, sind für Historiker ein reizvolles Forschungsfeld. Neben diversen Einzelstudien zum 19. und 20. Jahrhundert stellt ohne Zweifel die sechsbändige Quellensammlung zur badischen Landeskirche im Dritten Reich einen editorischen Meilenstein der badischen Kirchengeschichte dar.
Die Lampe des Nachtarbeiters
(2003)
Über die Anfänge der Stadt Karlsruhe ist eine erstaunlich frühe Geschichtserzählung auf uns gekommen. Sie ist nicht wie die Akten der Behörden Teil der Ereignisse selbst und erst einmal nur für die Zeitgenossen bestimmt, sondern versteht sich von vornherein als historiographisches Werk mit der Zielsetzung, das Geschehen um den Ursprung der Stadt und in ihren ersten
Jahren mit literarischem Anspruch und in würdiger Form der Nachwelt zu überliefern. Diese erste Stadtgeschichte ist 1728 in dem 13 Jahre jungen „Caroli-Hesycheum" auf Lateinisch gedruckt worden. Sie ist bisher niemals auf Deutsch erschienen und deshalb nur von wenigen benutzt und kaum so gewürdigt worden, wie sie es verdient - bei aller Umständlichkeit ihrer Gedankenführung und trotz der Begrenztheit ihres Quellenwertes.
Laudatio auf Jo Niemeyer
(2003)
Bernau ist nicht nur ein kleines, idyllisch gelegenes Dorf inmitten einer der schönsten europäischen Mittelgebirgslandschaften, aus Bernau stammt bekanntermaßen auch einer der größten deutschen Künstler. Und als Folge
dieser Verbindung zwischen jenem kleinen Dorf und einem großen Maler wurden andere Künstler wie Karl Hubbuch beispielsweise, wie Anselm Kiefer und K. R. H. Sonderborg, deren Namen überall in der Welt einen guten Klang haben, hier mit dem Hans-Thoma-Staatspreis des Landes Baden-Württemberg geehrt und ausgezeichnet.
In memoriam Dr. Hermann Kopf
(2003)
Er hat geholfen, Freiburg, seine Universität und das Land nach dem Krieg wieder aufzubauen. Ein unkritisches "Wiederaufbauen" aber war seine Sache nicht. Horst Linde denkt und fragt stets auch in die Zukunft. Der Freiburger Architekt beging 2002 seinen 90. Geburtstag. Sein Weggefährte Walter Gabelmann würdigt ihn für diese Zeitung.
Am 17. Dezember 1903 gelang den Brüdern Orville und Wilbur Wright in Kitty Hawk/North Carolina mit dem Doppeldecker „Flyer" der erste Motorflug der Geschichte. Es war ein Flug von 70 Metern. Knapp drei Jahre später folgte der erste europäische Motorflug des Dänen Jakob Ellehammer mit dem „Ellehammer-Anderthalbdecker" auf der Ostseeinsel Lindholm. Ellehammer war 42 Meter weit geflogen. Erst 1908 glückten die ersten deutschen Motorflüge den unabhängig voneinander operierenden Flugzeugbauern August Euler, Hans Grade und Hermann Dorner in kurzer zeitlicher Folge. In den Jahren 1909 und 1910 erlebte die Fliegerei einen deutlichen Aufschwung. Es waren nun statt der bisherigen „Flugsprünge" Flüge von mehreren Kilometern Länge möglich. Schon 1910 wurde im Deutschen Reich der Flugschein eingeführt. Als erster
geprüfter Flugzeugführer ging August Euler in die deutsche Geschichte ein. Er erwarb seinen Flugschein am 1. Februar 1910 in Darmstadt. Obwohl Darmstadt nicht allzuweit weg liegt, dauerte es noch über zwei Jahre, bis die Fliegerei nach Baden kam. Am 24. Mai 1912 erwarb der Elsässer Paul Senge in Mannheim den ersten Flugschein auf badischem Boden. Das
Flugzeug, das Senge steuerte, war der „Dr.-Hübner-Eindecker". Der Konstrukteur dieses Flugzeuges war Hugo Hübner.
Eine bewegte Epoche badischer Geschichte hat er miterlebt und mitgestaltet, stieg vom Rechtspraktikanten auf in hohe Staatsämter. Hermann Fecht wurde am 20. Mai 1880 in Bretten geboren, wo sein Vater Ludwig als städtischer Oberförster angestellt war. Seine Mutter Frieda geb. Gerwig stammte aus einer Karlsruher Beamtenfamilie. Der ältere Bruder von deren Vater, der Ingenieur Robert Gerwig, war der bekannte Erbauer der Schwarzwaldbahngewesen. Als Vater Fecht im Jahre 1883 das Forstamt Bretten verließ und in den badischen Staatsdienst übertrat, wurde er kurze Zeit in Gengenbach und in Freiburg verwendet, bis ihm 1885 die Oberförsterstelle in Oberweiler bei Badenweiler übertragen wurde. Die Familie bezog das alte Forsthaus, gemeinsam mit seiner jüngeren Schwester Helene verbrachte der junge Hermann dort frohe Kindheitsjahre. Ein Jahr lang erhielt er Privatunterricht durch einen Dorflehrer, dann beschlossen die Eltern, ihn der besseren Ausbildungsmöglichkeiten wegen zur (Stief-)Großmutter Gerwig zu geben, die im Witwenstande nach Baden-Baden gezogen war.
Zu meinen frühesten Kindheitserinnerungen in den Jahren nach dem Zweiten Weltkrieg in Karlsruhe gehören drei Bilder an der Wand: Ein großes fast düsteres Ölbild in opulentem Goldrahmen: An einem einfachen Holztisch in einer Bauernstube sitzt ein ernster, dunkelhaariger Mann. In seiner rechten Hand hält er die Hand eines Mädchens, das mit scheu gesenktem Blick und verlegen mit der linken Hand nach der Schürze greifend, vor ihm steht. Die beiden anderen Ölgemälde sind etwas kleiner. Das eine zeigt einen ernsten, braunhaarigen Mann mit Bart und klaren grauen Augen in dunklem Anzug, das andere eine freundlich lächelnde Frau in einem schlichten trachtenähnlichen Kleid. Sie sitzt an einem Tisch und hält in der linken Hand eine Tasse, in der sie mit einem Löffel in der rechten Hand rührt.
Die vor 150 Jahren entstandene große Ansicht der Stadt Freiburg von Osten, die nach ihrem Schöpfer Joseph Wilhelm Lerch als "Lerchplan" bezeichnet wird, steht in der Tradition der für Stadtdarstellungen seit der frühen Neuzeit beliebten Vogelschauansichten. Das 1,46 Meter hohe und 2,06 Meter breite Wasserfarbengemälde hing über lange Jahre im Lesesaal des Freiburger Stadtarchivs und befindet sich heute wieder im Depot des Augustinermuseums. Es war im Frühjahr 2002 Mittelpunkt der Ausstellung „Freiburg aus der Vogelschau", die vom Museum für Stadtgeschichte erarbeitet und im Augustinermuseum gezeigt wurde.
In einer Zeit, in der immer deutlicher wird, was alles mit der Religion verloren geht, in der (deswegen!) ein neues Interesse an ihr erwacht, ist der „glaubensmüde" Reinhold Schneider aus „Winter in Wien" ein viel gewichtigerer Zeuge für die Überlebensfähigkeit von Religion als der katholische Dichter, der er zuvor war, und worauf ihn viele gerne festgelegt hätten. Für eine kommende Generation sah er die Chance, dass sie „dort beginnen könnte, wo bisher alle endeten: mit des großen Glaubens großer Enttäuschung." (W. 159)
Es gab eine Zeit, da herrschte lange Nacht über Deutschland. Betrügerischen Versprechungen, falschen Hoffnungen nachgebend waren wir Deutschen in ein Zwangssystem hineingeraten, aus dem es kein Entrinnen mehr gab. Schritt für Schritt wurden die Freiheit der Information, die Freiheit der Meinungsäußerung, die Freiheit der Kunst, oft schließlich die
Bewegungsfreiheit des einzelnen beschnitten. Bald schon überzog das verbrecherische Regime ganz Europa mit einem brutalen Eroberungskrieg, zeitgleich verschleppte es voller Rassenwahn Millionen schuldloser Menschen in die Vernichtungslager. Und wer dagegen aufbegehrte, hatte bald um Leib oder Leben zu fürchten. Wenn einer gleichwohl kritisch seine Stimme erheben wollte, musste er sich verklausuliert, absichernd, in Andeutungen und in Gleichnissen äußern. Stets riskierte er den Zugriff der allgegenwärtigen Geheimpolizei. Zu den wenigen, die damals mutig hervortraten, zählte der Schriftsteller Reinhold Schneider. Ich will Ihnen vorab schildern, unter welchen Umständen ich erstmals von ihm erfuhr.
Gespräch mit Adrien Finck
(2003)
- Sie sind ein Kind des Sundgaus, wie Professor Georges Zink oder die Dichterin Lina Ritter, die ein Jugenddrama über den Landvogt Peter von Hagenbach geschrieben hat. Sie beziehen sich ebenfalls auf zwei andere Figuren aus dem Sundgau: die Dichter Charles Zumstein, den Ihr Vater gekannt hat, und Nathan Katz, dem Sie bestimmt selbst noch begegnet sind. Könnten Sie auf Ihre Familienherkunft und den Rahmen Ihrer Kindheit zurückkommen und dabei das Spezifische des HOMO SUNGOVIUS charakterisieren?
Betrachtet man das umfangreiche Werk des badischen Komponisten Franz Philipp (1890-1972), so spiegelt sein musikalisches Œuvre wie kaum ein anderes im 20. Jahrhundert die Tragödie der jüngsten deutschen Geschichte wider. Über 30 Jahre nach dem Tod dieses außerordentlich produktiven Tonkünstlers, der vornehmlich geistliche Werke hinterlassen hat, können Person und Werk Franz Philipps nicht ohne ihre Brüche und Widersprüche dargestellt werden. So erscheint heute Franz Philipp als beinahe tragisch anmutende Persönlichkeit und stellt zugleich ein typisches deutsches Schicksal dar. Deshalb ist es besonders vor dem Hintergrund von Deutschlands dunkelsten Jahren schwer, ein objektives Bild dieses Komponisten zu zeichnen, das allen Facetten seines Schaffens und seiner zwiespältigen Haltung zu Staat und Kirche gerecht wird. Wie so viele Menschen seiner Generation, die Erfahrungen mit drei politisch gänzlich unterschiedlichen Systemen von Kaiserreich, Republik und
schließlich Diktatur gemacht hatten, empfand Philipp die beiden bewusst miterlebten Weltkriege als persönliche Zäsur.
,, ... der Himmel ist nirgends so blau, und die Luft nirgends so rein, und alles so lieblich und so heimisch als zwischen den Bergen von Hausen ... ". Erinnerungen an seine Kindheit im Wiesental haben in dem Dichter und Kirchenmann Johann Peter Hebel (1760 bis 1826) zeitlebens Heimwehgefühle geweckt. Nach einer erneuten Reise ins „Oberland" im Frühjahr 1799 entstand die erste Gruppe der ,Alemannischen Gedichte".
„Meine Herkunft ist mein Schicksal", sagte Rene Schickele, 1883 geboren. Er verkörpert die Situation des im Elsass Geborenen, der ein Leben lang den Ausgleich über den Rhein hinweg sucht, der ihn literarisch bauen will, mit literarischen Brücken, die diesen Brückenbau für immer dokumentieren: "Der Fremde", "Hans im Schnakenloch", "Das Erbe am Rhein", "Die Witwe Bosca", ,,Himmlische Landschaft" u. a., dazu viele Essays, vielfältige lyrische Belege, geschrieben von einem französischen Staatsbürger und einem deutschen Literaten.