920 Biografien, Genealogie, Insignien
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Riedböhringen! In meiner Erinnerung ist eine Fahrradtour aufbewahrt, die ich 1954 als Student von Freiburg über den Schwarzwald zum Bodensee unternahm mit dem Ziel der Insel Reichenau. Es war wohl in den Pfingstferien. Dies war nicht ganz ohne Mühen, denn wir hatten damals noch keine Mountainbikes, sondern mussten uns schon plagen mit den schweren Fahrrädern ohne differenzierte Gangschaltung — das Höllental hinauf, bis die Baar-Höhe geschafft war, die dann in mehr oder weniger sanfte Wellenbewegungen überging. Ich wollte der ‚alten‘ Donau, der ,Feldberg‘-Donau, entlangfahren, also Richtung Blumberg Kurs nehmen. So gelangte ich durch Riedböhringen, das erste und bisher einzige Mal. Nein, ich wusste 1954 nichts von Pater Augustin Bea, mir war auch nicht bekannt, dass Riedböhringen im Mittelalter zum Kloster Reichenau gehörte und dass der heilige Genesius, ein sonst wenig bekannter Märtyrer, als Kirchenpatron über die Reichenau nach Riedböhringen gekommen ist. Und zur Reichenau wollte ich ja fahren. Selbstverständlich ist dann die große Gestalt des Riedböhringer Augustin Kardinal Bea in der Medienöffentlichkeit und in der wissenschaftlichen Welt bekannt geworden — auch außerhalb der theologischen Disziplin, und nicht zuletzt in der landesgeschichtlichen Forschung, und ich habe 2003 in unserer Zeitschrift „Freiburger Diözesanarchiv“ (Band 123,126-147) einen grundlegenden Beitrag von Dr. Bernd Mathias Kremer veröffentlicht, dem ja dieser Ort Riedböhringen viel zu verdanken hat.
Am 28. Juli 2014 verstarb unser langjähriger
geschäftsführender Vorsitzender Prof. Dr.
Hans Ulrich Nuber nach kurzer, schwerer
Krankheit – spes contra spem. Im April hatte
er sich bei der Mitgliederversammlung – in
verantwortungsvoller Vorausschau auf die
schwierige Zeit der Behandlung in der Klinik – von den vielfältigen Pflichten der geschäftsführenden Vorstandschaft entbinden
lassen, sich aber voll Vertrauen in die Zukunft
zum stellvertretenden Vorsitzenden wählen
lassen. Dem Institut auf diese Weise eng verbunden zu sein und es mit seinem Rat zu unterstützen, ohne jedoch regelmäßige Pflichten zu haben, das war ihm leider nicht mehr
vergönnt. In der knappen ihm geschenkten
Zeit hat er maßgeblich seine Nachfolge vorbereitet und dabei für eine mehr naturwissenschaftliche Ausrichtung Sorge getragen.
In der Todesanzeige der Schüler und Freunde des Verstorbenen ist als Motto ein Zitat von Augustinus (Conf. IX, 10) gewählt worden, das aus dem Abschiedsgespräch mit der Mutter Monnica genommen ist: die Nähe zum Ewigen, als der Tag nahte, da sie aus diesem Leben scheiden sollte. Mutter und Sohn standen in Ostia am Tiber allein, gelehnt ans Fenster, von wo man in den inneren Garten des Hauses sah. „Et dum loquimur et inhiamus illi, attingimus eam toto ictu cordis — Und da wir also davon sprachen und danach verlangten, berührten wir das Ewige leise und wie mit einem vollen Schlag des Herzens“. Eine bewegende, ja erschütternde Metapher. Auf diese Weise ist das Wesen von Karl Suso Frank im Zentrum erfaßt und seine Gründung in den großartigen Texten der Kirchenväter und den Quellen der alten Kirchengeschichte, die er über Jahrzehnte gelehrt und erschlossen hat. Denn sein besonderes wissenschaftliches Interesse galt der Erforschung der Ursprünge der christlichen Askese und der Geschichte des Mönchtums. Dieses Wissen hat er in zwei wichtigen Werken versammelt:„Grundzüge des christlichen Mönchtums“ und „Lehrbuch der Geschichte der Alten Kirche“ — in viele Sprachen übersetzt. Geborgen in einer großen Familie war er mit sieben Geschwistern aufgewachsen in der Bescheidenheit und Einfachheit der Eltern, die als Korbmacher das Brot verdienten.
Hermann Eris Busse
(2007)
Am 15. August 1947 starb Hermann Eris Busse, der langjährige Geschäftsführer und Schriftleiter der Badischen Heimat. Seiner
Bedeutung für die Geschichte des Landesvereins und seiner Persönlichkeit sind sich in Baden nur noch wenige bewusst. Sein 60. Todesjahr soll daher Anlass sein, an das Leben und Werk Hermann Eris Busses zu erinnern und es kritisch zu beleuchten.
Das Besondere an Arnolds Kunst zu der damaligen Zeit: Er thematisiert den Kriegsalltag und seine Bilder haben außergewöhnliche Entstehungsgeschichten, oft unter dramatischen Umständen. Der Maler hat sie nicht im geschützten Atelier
ohne störenden Betrieb und Lärm gemalt, auch nicht auf der Staffelei inmitten einer Landschaft mit reizvollen, idyllischen
Motiven wie die damaligen Plain-air-Maler. Die Bilder sind vielmehr mitten im Kriegsgeschehen des Ersten Weltkriegs
entstanden, im Schützengraben, im Stollen, auf dem Beobachtungsstand. Die Arbeiten haben einen doppelten Wert: Sie zeigen den Schrecken des Kriegs und seiner Folgen und sie sind zugleich authentische historische Erinnerungsstücke des Ersten Weltkriegs.
Meine sehr verehrten Damen und Herren, die ersten Schritte in der Medizingeschichte unternahm Maike Rotzoll in der Bibliothek des Lübecker Instituts für Medizin- und Wissenschaftsgeschichte, als studentische Hilfskraft vor knapp 30 Jahren. Dietrich von Engelhard bestärkte sie darin, nach Florenz zu gehen, um über die Philosophie der Italienischen Renaissance zu arbeiten. Das mündete in eine Promotion über Petrus Leonius, genannt Pierleone, einem der Astrologie zugeneigten Mediziner, dem nach der Vergiftung Lorenzo de Medicis, dem er als Leibarzt diente, ein unschönes Ende widerfuhr. Den Giftmord konnte Maike Rotzoll in ihrer auf Italienisch abgefassten Dissertation nicht aufklären, dafür lieferte sie einen profunden Einblick in die Funktion der Astrologie in der Medizin der Zeit, und Pierleone wird in ihrem Buch zu einem Exempel für die Aufbrüche und Traditionen der Philosophie des 15. Jahrhunderts. An dieser Stelle muss auf die besondere Rolle Joachim Telles hingewiesen werden, der für lange Zeit ihr wichtigster akademischer Lehrer war.
Zur Errichtung des dritten Turenne-Denkmals in Sasbach (Mittelbaden) wurden zwischen 1826 und 1829 ungewöhnlich große Granit-Findlinge im Nord-Schwarzwald gesucht und schließlich als Rohmaterial verarbeitet. Der Autor suchte ebenfalls in den 90er-Jahren laufend nach überdimensionalen Gesteinsblöcken in ungewöhnlicher geologischer Position im Schwarzwald und anderen Mittelgebirgen, um seine These einer mächtigen Nordischen Inlandvereisung eines eigentlich nach Lehrbuch eisfreien Raumes in Mitteleuropa zu untermauern. Dadurch ergab sich der Kontakt mit dem gerade wieder eröffneten Turenne-Museum - zusammen mit dem Eigentumsübertrag an die Gemeinde Sasbach - und die Aussicht, den Ursprung und die Dimension der großen Findlingsblöcke für das dritte Turenne-Denkmal zu erforschen.
Am 14. August 1849, Punkt 4 Uhr morgens, ereignete sich am Mannheimer Hauptfriedhof ein Justizmord, der nie gesühnt wurde. Die Ausführung des fadenscheinigen Todesurteils wurde rasch vollzogen. Keine 12 Stunden zuvor war es im Gerichtssaal des Alten Kaufhauses in Nl gefällt worden. Als Richter fungierten preußische Offiziere, die eigentlich für die Gerichtsbarkeit in Baden gar nicht zuständig waren. Und das Urteil gegen von Trützschler stand von Anfang an fest. Darüber machte sich der Delinquent, der selbst Jurist war, keine Illusionen.
Die Katholische Kirche ist mit reformbeflissenen Kritikern aus den eigenen Reihen nicht immer gut umgegangen. Zwar durften manche die Genugtuung erfahren,
noch zu Lebzeiten offiziell rehabilitiert zu werden, andere, denen die amtskirchliche
Anerkennung lebenslang versagt blieb, fanden immerhin nach ihrem Tod früher oder
später, wenn die Zeit und die Umstände reif sein mochten, einen ihnen gebührenden Respekt, wiederum andere sind gänzlich und endgültig ausgesondert worden, obwohl ihre
vermeintlich irrigen Ideen im institutionellen Gedächtnis der Kirche gespeichert blieben
und - wenn auch als abgelehnte - die Wirkung des Widerspruchs entfaltet haben, so dass
in einem gewissen Sinne auch die Häretiker zur Kirche gehören.
Ein Kardinal aus Durlach
(2009)
Die Zweiteilung der badischen Markgrafschaft
in die Gebiete der Linien Baden-Baden
und Baden-Durlach im 16. Jahrhundert brachte
bekanntlich nicht nur politische, sondern
auch – viel stärker trennende – konfessionelle
Grenzlinien hervor. Baden-Baden blieb auf der
Seite der katholischen Kirche, Baden-Durlach
führte die Reformation ein. Im Kampf der
beiden konfessionellen Lager auf der Ebene des
Reiches hielt sich Baden-Baden eng an den
Kaiserhof in Wien und blieb damit bei einer
alten Tradition des badischen Hauses. Baden-
Durlach dagegen tat sich unter den evangelischen
Reichsständen durch besonderen
Eifer hervor.
Badische Weltkunde
(2011)
Unter den überaus zahlreichen Publikationen von Wolfgang Hug fürs allgemeine Publikum ist seine »Geschichte Badens« (Stuttgart 1992) wohl die wichtigste und bekannteste. Es gelang ihm hier, den Ertrag seines intensiven Studiums der komplexen Materie unter einsichtigen Fragestellungen souverän zu ordnen und so das bis heute maßgebende Werk über dieses Thema zu schaffen.
Am 10. Mai 1786 vernahm der vierzehnjährige Schüler Christian Griesbach im Unterricht am Karlsruher Gymnasium den Rat, »sich ein Tagebuch zu machen«. Dieser Anregung ist er sofort gefolgt; und er hat das Tagebuch dann zwanzig Jahre lang bis 1806 fleißig geführt. Zweihundert Jahre später ist der sehr umfangreiche Text, soweit noch erhalten, zum überwiegenden Teil von Klaus Edelmann aus der Handschrift übertragen worden. Das vorläufige Ergebnis liegt nun als Word-Datei im
Umfang von mehr als 600 Seiten vor. Es gewährt interessante Einblicke in das Denken und Fühlen des jugendlichen Verfassers und in die sozialen, politischen und kulturellen Verhältnisse seiner Zeit.
Die Lampe des Nachtarbeiters
(2003)
Über die Anfänge der Stadt Karlsruhe ist eine erstaunlich frühe Geschichtserzählung auf uns gekommen. Sie ist nicht wie die Akten der Behörden Teil der Ereignisse selbst und erst einmal nur für die Zeitgenossen bestimmt, sondern versteht sich von vornherein als historiographisches Werk mit der Zielsetzung, das Geschehen um den Ursprung der Stadt und in ihren ersten
Jahren mit literarischem Anspruch und in würdiger Form der Nachwelt zu überliefern. Diese erste Stadtgeschichte ist 1728 in dem 13 Jahre jungen „Caroli-Hesycheum" auf Lateinisch gedruckt worden. Sie ist bisher niemals auf Deutsch erschienen und deshalb nur von wenigen benutzt und kaum so gewürdigt worden, wie sie es verdient - bei aller Umständlichkeit ihrer Gedankenführung und trotz der Begrenztheit ihres Quellenwertes.
Heimat auf Rädern
(2020)
Nachdem Manfred Kranz 1947 aus einem englischen Internierungslager in Norddeutschland entlassen worden war, fand er für einige Zeit Arbeit als Leiter und Vorführer eines Filmtheaters in Hamburg. Als gelernter Kameramann aus der Schule des badischen Chefkameramanns Sepp Allgeier (tätig für die Filmproduktionen von Dr. Arnold Fanck, Luis Trenker und Leni Riefenstahl) und als gelegentlicher Aushilfs-Filmvorführer im Unterhaltungsprogramm der deutschen Wehrmacht konnte er nun in Friedenszeiten auf die ihm wohlvertrauten Filmprojektoren und die Tontechnik der bekannten Ernemannn-Werke (Zeiss-Ikon), Dresden, zurückgreifen, die schon tausendfach von den NS-Gaufilmstellen für ihre damals hochmoderne mediale Propaganda eingesetzt worden waren.
Irdene Leidenschaft
(2019)
Zu Beginn des 20. Jahrhunderts kannte man in der südlichen Oberrheinebene typische Hafner- oder Töpferorte, in deren Umgebung an geologisch aufschlussreichen Lagerstätten beidseits der Vorbergzonen des Schwarzwalds und der Vogesen geeignete Tonerden zur keramischen Produktion gewonnen wurden. Zu ihnen zählte auch die kleine Landschaft Staufen am Ausgang des Schwarzwälder Münstertals, nur wenige Kilometer südlich von Freiburg im Breisgau gelegen und vor allem durch Dr. Fausts jähes Ende im örtlichen Gasthaus >>zum Löwen<< weithin bekannt geworden. Nur wenige Hafner übten zu dieser Zeit noch ihr altüberliefertes Handwerk aus, das in vergangen Jahrhunderten sogar in einer Hafner-Bruderschaft organisiert gewesen war.
Karlsruhe – die Fächerstadt, viel bestaunt als der Entwurf eines idealen Miteinander von Schloss und Stadt, von Fürst und Bürger, von Badenern und Fremden, von Menschen verschiedenen Glaubens. Von so traumhafter Art, wie es uns als Vision des Markgrafen Karl Wilhelm in der Legende von der Stadtgründung erzählt wird. Man wird nachdenklich und möchte fragen: In wessen Kopf entstand dieser Plan? Woher kam die brillante Idee zu dieser auf der ganzen Welt einzigartigen Gestaltung einer Hauptstadt? Woher die Kraft zu ihrer Verwirklichung? Allen Respekt der einzigartigen Leistung eines jungen Regenten, sich kurzer Hand ein neues Landes- und Lebenszentrum, seine fürstliche Residenz mit Schloss und Stadt zu erschaffen: als eine neue friedliche Heimat für ihn, den Fürsten, und für die verjagten und verarmten Menschen seines in Kriegen verelendeten Landes. Neben seinen Erfahrungen des Krieges, die seine Friedenssehnsucht stärkten, und äußeren Umständen wie der Zerstörung seines Lands und seiner Residenz Durlach sowie den Streitigkeiten mit der Durlacher Bürgerschaft, die den Gedanken einer neuen, zeitgemäßen Residenz förderten, war die Ausführung dieser Pläne offensichtlich von theologischen Reflektionen bestimmt.
Die evangelische Stadtkirche in Karlsruhe wurde im Zweiten Weltkrieg bei einem Bombenangriff stark zerstört und musste nach Kriegsende wieder aufgebaut werden. Auch ihr Geläut wurde neu konzipiert, und es wurden neue Glocken gegossen. Jedes Mal, wenn diese Glocken läuten, erinnern sie auch an Wilhelm Rumpf (1900–1964), der von 1934 bis 1964 Orgel- und Glockensachverständiger der badischen Landeskirche war. Mit der Schlagtonmelodie as – c' – es' – f' – as' vermachte Wilhelm Rumpf der evangelischen Stadtkirche den Anfang des kirchentonalen ‚Te deum laudamus’. Nach dem Krieg arbeitete er landesweit am Aufbau der zerstörten Geläute und Orgeln. In Karlsruhe hatte Rumpf von 1917 bis 1920 das Lehrerseminar besucht und zunächst als Volksschullehrer seine Karriere begonnen. Neben seiner Tätigkeit als Musiklehrer am Fichtegymnasium war er seit 1930 Organist an der Christuskirche, 1932 übernahm er den Bachverein, den er über dreißig Jahre lang leitete. Im Jahr 1933 wurde er zum Kirchenmusikdirektor ernannt. Er wechselte als Organist an die Stadtkirche und wirkte, als diese im Zweiten Weltkrieg zerstört wurde, vorübergehend bis 1959 auch an der Markuskirche.
Urs Graf machte sich im Buchgewerbe zu Beginn des 16. Jahrhunderts im Oberrheingebiet einen Namen. Ab 1509 war er für Basler Drucker tätig. Als Reisläufer nahm er an Kriegszügen teil. Sein derber Lebenswandel – Schlägereien, feuchtfröhliche Gelage, Umgang mit Prostituierten – ist in den Basler Gerichtsakten belegt. In seinen Werken schlägt sich sein Charakter
wie bei keinem anderen Künstler seiner Zeit nieder oder wird von humanistisch gesinnten Druckern und Verlegern zurückgedrängt.
Seit Oktober 1999 wurden die Druckwerke der Fürstlich Fürstenbergischen Hofbibliothek in Donaueschingen in verschiedenen Auktionshäusern versteigert oder anderweitig auf dem Antiquariatsmarkt angeboten. Die Donaueschinger Bibliothek war seit 1855 auch Standort der umfangreichen Büchersammlung des Gelehrten Joseph Maria Christoph Freiherrn von Laßberg (1770-1855). Das Land Baden-Württemberg hat große Anstrengungen unternommen, die wichtigsten
Teile der Laßbergschen Bibliothek zu erwerben und für die Öffentlichkeit zu bewahren. Diese Bücher haben in der Badischen Landesbibliothek in Karlsruhe eine neue Heimat gefunden, wo sich bereits ein Teil seines Nachlasses, seiner Handschriften, vor allem die deutschsprachigen Schätze des Mittelalters und deren Abschriften, und auch viele seiner Inkunabeln befinden.
Sehr geehrte Damen und Herren, heute können wir einen freudigen Tag für unser Land in der Badischen Landesbibliothek
feiern: Historische Dokumente, ein Teil südwestdeutscher Geschichte, bleiben im Original für Wissenschaft und Forschung, für die Öffentlichkeit erhalten. Bibliotheken und Archive werden häufig als Gedächtnis unserer Gesellschaft zitiert. Deshalb ist es gut, daß das Erbe Laßbergs an gedruckten Büchern in der Badischen Landesbibliothek zugänglich bleibt. Und zwar im Kontext, im Zusammenhang mit Laßbergs Nachlaß, seinen deutschen Handschriften und mittlerweile knapp 1000 neu erworbenen Bänden aus Laßbergs Bibliothek. Laßbergs gedruckte Bücher, das möchte ich besonders hervorheben, sind neben seltenen Rara nicht einfach Drucke, die es anderen Ortes auch gibt, sondern sie zeigen die Spuren seiner Arbeit, insbesondere seiner Beschäftigung mit dem Mittelalter und dessen deutscher Literatur. Sie sind damit wichtige und einzigartige Quellen, vergleichbar mit dem Briefwechsel. Damit nenne ich bereits ein Thema, das im Mittelpunkt unserer Ausstellung steht.
Ein Haus- und Arzneibuch des 15. Jahrhunderts aus der Bibliothek des Sammlers Joseph von Laßberg
(2006)
Vor 200 Jahren, am 19. Januar 1805, konstituierte sich die „Gesellschaft der Freunde vaterländischer Geschichte und Naturgeschichte an den Quellen der Donau"', die heute noch als „Verein für Geschichte und Naturgeschichte der Baar" floriert.
Joseph Freiherr von LAßBERG, ( 1770- 1855) gehörte zu den Gründern der Gesellschaft. LAßBERG, der besonders als Handschriftensammler und früher Germanist bekannt wurde, war damals als Landesoberforstmeister bei der Fürstlich Fürstenbergischen Zentralverwaltung in Donaueschingen tätig. In der neu gegründeten Gesellschaft war er daher für das Gebiet der Naturgeschichte im Allgemeinen und die Forstwirtschaft im Besonderen zuständig. Joseph von LAßBERG, der – wie seine Bibliothek zeigte – ohnehin enzyklopädisch interessiert war, sammelte natürlich nicht nur literarische Handschriften im engeren Sinne, wie zum Beispiel seine berühmte 'Nibelungenlied'-Handschrift (C), sondern auch fachliterarische.
»Warhafftige und Erschröckliche Geschicht ...« Mit diesen Worten beginnt ein
kleiner, achtseitiger Druck in der Württembergischen Landesbibliothek Stuttgart. [1]
Er handelt von einer Familientragödie, die sich am 12. Januar 1590 in
Lauffen am Neckar in der Familie des Conrad Hermann zutrug. Der Lauffener Bürger Wendel Rösch hat sie in Gedichtform gebracht und bereits am
1. Februar desselben Jahres veröffentlicht.
Durch die Arbeit an einer bauhistorischen Untersuchung [1] zum sog. Jägerhof
in Neckarwestheim, Lkr. Heilbronn, wurde auch die Frage nach der Herkunft
des Hausnamens aufgeworfen. Bei der Einsichtnahme in Bauakten und Güterverzeichnisse wurde schnell klar, dass der Name Jägerhof vom Volksmund aus
der Nutzung des Gebäudes im 18./19. Jahrhundert abgeleitet wurde. Doch
bevor näher auf die ehemaligen Bewohner und Nutzer des Anwesens eingegangen wird, soll kurz das Gebäude selbst vorgestellt werden.
Der Familienname Müller ist sicherlich einer der am häufigsten vorkommenden Familiennamen in unserer Region und somit oftmals genealogisch nur
schwer zu bewältigen. Auch bei der alteingesessenen Lauffener Familie Müller zeigen sich diese Schwierigkeiten, da bereits im 16. Jahrhundert zahlreiche
Vertreter dieses Familiennamens mit gleichen Vornamen erscheinen. Zusätzlich heirateten immer wieder andere Müllers von außerhalb nach Lauffen ein.
Dieser Aufsatz soll nun aufzeigen, dass neben der genealogischen Primär -
quelle – Kirchenregister – auch besitzrechtliche Quellen wie Lagerbücher,
Güterverzeichnisse und Kaufbücher wichtige Dokumente für die Erforschung
einer Familiengeschichte sein können. Eine dezidierte Auswertung dieser
Quellen zeigt häufig Besitzübergänge innerhalb einer Familie an und lässt so
direkt auf familiäre Zusammenhänge schließen. Im Fall der alten Lauffener
Familie Müller ist hier von besonderer Bedeutung, dass diese unmittelbar mit
der alten Burgmühle in Verbindung zu bringen ist. Von 1431 bis 1508 waren
Mitglieder der Familie Erblehensnehmer der Mühle. Ab 1537 war die Familie
Lehensnehmer des württembergischen Drittelhofes in Lauffen. Dieser herrschaftliche Hof wurde schon seit dem 15. Jahrhundert als Erblehen vergeben
und zumeist von zwei Bauern anteilig bewirtschaftet. Ein Drittel der Einkünfte musste an die Herrschaft auf der Burg abgegeben werden.
In Heft 4/2018 der Badischen Heimat erschien der Aufsatz »Ein Standpunkt zur ›Stadtpunkte‹-
Tafel in Mannheim« A 1, 2-3 von Hans-Otto Brinkkötter (S. 584–589). Der folgende Text ist
eine Replik des Leiters des Mannheimer MARCHIVUM Ulrich Nieß auf die Kritik des Autors
an Textformulierungen und Bildern auf der Stadtpunkte-Tafel zu Friedrich Engelhorn.
Bezirkskantor Ernst Wacker
(2016)
Am 24. April 2015 wurde der ehemalige Bezirkskantor von Lahr, Ernst Wacker, 90 Jahre alt. Geboren und aufgewachsen ist er als Ältester von zwölf Geschwistern in einer landwirtschaftlichen Familie in Edingen am Neckar. Bereits als Jugendlicher wurden ihm Organisten- und Chorleiterdienste in der Heimatgemeinde übertragen. Wacker erhielt als Schüler Orgelunterricht bei Ludwig Mayer, dem Kantor der Mannheimer Trinitatiskirche und legte 1943 am humanistischen Gymnasium in Heidelberg seine Abiturprüfung ab. Nach zweijährigem Kriegsdienst nahm er 1945 das Studium am Kirchenmusikalischen Institut in Heidelberg auf. Zu seinen Lehrern gehörten u.a. Hermann Meinhard Poppen, Wolfgang Fortner und Siegfried
Hermelink; von letzterem empfing er starke Impulse für seine eigenen Forschungen zum Werk Bachs. Begleitend studierte er Musikwissenschaft und Theologie an der Universität Heidelberg. Mit seinem Kommilitonen Enrico Raphaelis, dem nachmaligen Bezirkskantor in Lörrach, verband ihn lebenslang eine kollegiale Freundschaft. Eine persönliche Begegnung mit Albert Schweitzer, von der er stets mit Rührung und Ehrfurcht erzählt, markiert den Beginn seiner beruflichen Laufbahn als Kantor. Nach seiner ersten Anstellung als Kirchenmusiker in Schwetzingen wurde Ernst Wacker 1959 die neu geschaffene Bezirkskantorenstelle an der Stiftskirche in Lahr übertragen.
Die ersten fotografischen Dorfansichten von Tennenbronn – ab 1. Mai 2006 Ortsteil von Schramberg – stammen aus der Zeit um 1890. Erkundigt man sich bei den nicht mehr ganz jungen Einwohnern Tennenbronns nach dem Fotografen dieser Bilder wird meist recht spontan mit »Heinrich Martin – der Vater der bekannten, im Oktober 1999 verstorbenen Heimatforscherin, Mundartdichterin, Buchautorin und Tennenbronner Ehrenbürgerin Esther Haas« geantwortet. Schaut man den so Antwortenden dann etwas verunsichert und ungläubig an, wird in aller Regel schnell nachgebessert: »Ja, da war doch noch der Bäslecarl; ich glaube, der hat schon vor Heinrich Martin in Tennenbronn fotografiert.«
Die Liste bedeutender, überregional bekannter Baumeister, Architekten und Ingenieure, die in
Emmendingen heute noch Spuren hinterlassen haben, ist kurz. Mitte der 1980er-Jahre kam
vielleicht ein weiterer hinzu: Hans Niesenberger von Graz, der Werkmeister, der von 1471 bis
1491 mit Freiburg vertraglich verbunden war und in dieser Zeit die Arbeiten am Hochchor des
Münsters geleitet hat. Er soll auch der Baumeister des Chores, wenn nicht gar der ganzen heutigen
evangelischen Stadtkirche Emmendingens sein (Abb. 1). So behauptete jedenfalls Wilhelm
Schneebeli es in der Festschrift zum Abschluss ihrer Renovierung von 1988: ,,Es erstaunt
nicht wenig, dass ein so berühmter Architekt wie Hans Niesenberger [ .. . ] 1492 mit der Planung
und Oberleitung des Kirchbaus in Emmendingen betraut wurde und dass er diese Aufgabe
im hohen Alter von über 80 Jahren angenommen und ausgeführt hat."
Nicht zuletzt aufgrund dieser Aussage beging die Gemeinde 1993 eine Woche lang das 500-
jährige Chorjubiläum. Aber ebenfalls Anfang der l 990er-J ahre erklärte die Kunsthistorikerin
Karin Groll in einem nicht veröffentlichten Text, die Annahme der „Entstehung [des Chores
1492/93 sei] eine unhaltbare These".
Am 31. Oktober 2000 verstarb Walter Linsenmaier im Alter von 83 Jahren in seinem Heimatort Ebikon. Der
Tod kam überraschend, da es seit Jahren kaum ernsthafte gesundheitliche Probleme gegeben hatte, und riss ihn aus seinem wissenschaftlichen und künstlerischen Schaffen heraus. Noch in seinem letzten Lebensjahr hat er mit seiner Frau Franziska in Spanien bisher unbekannte Goldwespenarten entdeckt, hat die Ehrung erfahren, dass ihm in seinem Heimatort eine
Straße gewidmet wurde, und hat das Erscheinen seiner umfangreichen Bearbeitung der Goldwespen Nordafrikas erleben dürfen; doch sein geplantes Werk über die Goldwespen der Türkei fertigzustellen, war ihm nicht mehr vergönnt. Das Schicksal wollte es, dass seine geliebte Frau Franziska wenige Wochen nach seinem Tod ebenfalls verstarb. Mit seinen beiden Töchtern und ihren Familien trauern seine Freunde, Fachkollegen und Bewunderer in aller Welt.
Dr. Walther, für dessen Verdienste im Nordrachtal 2013 eine Straße benannt wurde, wurde geboren am 01.08.1855 als Sohn
eines Apothekers in Limbach im Erzgebirge. Während seines Medizinstudiums in Leipzig lernte er Hope Adams kennen und
reiste ihr nach England nach. Hope war in einem geistig anregenden Elternhaus aufgewachsen. Schon 1830 gab es in England die „early radical femin ists". Deren Ideen beeinflussten auch die Erziehung von Hope.
Jakob Ernst Leutwein, Pfarrer in Unterschüpf (1730-1763), überliefert in seiner spätestens 1755 abgeschlossenen „Schüpfer Kirchenhistorie“ das während einer Reise geführte Gespräch. Seinem Begleiter erzählte der Chronist, dass an der Spitze der
Geistlichkeit der 1632 erloschenen Herren von Rosenberg ein Superintendent gestanden hatte. Der Gesprächspartner kommentierte, es wäre aliquid inauditi, also völlig ausgeschlossen, dass adelige Herren einen Superintendenten hätten, ja es fehle ihnen dazu auch das Recht. In beiden Haltungen drückt sich unmissverständlich das Besondere dieser reichsritterschaftlichen Superintendentur aus – hier Leutweins Bewunderung für diese außergewöhnliche Einrichtung; dort der andere, die Existenz einer solchen Einrichtung bestreitend, damit ex negativo das Außergewöhnliche, ja Singuläre der Superintendentur in einer Adelsherrschaft betonend. Was hat es mit diesem Amt auf sich? Die Reformation bildete, wie allgemein bekannt, einen (nicht nur) religiösen Fundamentalprozess. Weit weniger ist im landläufigen Bewusstsein verankert, dass sich daran u.a. eine ganze Reihe rechtlicher Probleme anschloss.
Gleichgültig, wen man als den wichtigsten Träger der Reformation bewertet, ob Fürstenreformation oder – wie G. D. Dickens es sehen wollte – die Glaubensneuerung als „urban event“, als Magistratsreformation, nie ist bezweifelt worden, dass zwischen ihr und der Intensivierung und Ausweitung der öffentlichen Gewalt ein enger Zusammenhang – genauer – eine Wechselwirkung – bestand: Auf der einen Seite die Schaffung eines lutherischen Kirchenregiments unter Nutzung des politischen Potentials, auf der anderen die Stabilisierung der politischen Macht durch das Obrigkeitsverständnis der Reformatoren; im Ergebnis: Der frühneuzeitliche Obrigkeitsstaat auf dem Fundament eines konfessionell homogenen Untertanenverbandes. Geradezu paradigmatisch wird dies in der Vorrede zur Großen Kirchenordnung des Herzogtums
Württemberg von 1559 zum Ausdruck gebracht: Wie wir uns dann vor Gott schuldig erkennen [… ] wie auch des Gott, der Allmechtig, in seinem gestrengen Urteil von uns erfordern würdet, vor allen dingen unser undergebne Landtschafft mit der reinen Leer des heiligen Evangelii, so den rechten friden des Gewissens bringt unnd die hailsame waid z(o)m ewigen Hail unnd Leben ist, versorgen.
Im späten 16. Jahrhundert beobachteten kurpfälzische Visitatoren und Pfarrer mit höchstem Befremden die Durchsetzung der calvinistischen Landesreligion mit „Praktiken“, die sie nicht anders denn als paganen Ursprungs bewerteten und die sie längst ausgerottet geglaubt hatten. Dazu hat Bernard Vogler das Folgende bemerkt: „Diese Praktiken einer mündlichen Gesellschaft hinterlassen nur schriftliche Zeugnisse, wenn die Obrigkeit zufällige Vorkommen auch registriert [….]. Es ist wahrscheinlich aufgrund dieser Situation, daß die verurteilten Praktiken eine gewisse Wichtigkeit bewahren und daß die überlieferten Quellen nur einen kleinen Teil des Eisbergs erfassen. Deshalb steht die Arbeit des Historikers in diesem Bereich auf wackligen Füßen, denn das Problem bleibt offen, inwieweit unsere historischen Zeugnisse zentrale oder marginale Begebenheiten beschreiben“. Vogler spricht hier Erscheinungen an, die sowohl in der Erforschung des Untertanenwiderstands nach dem Bauernkrieg als auch in der Reformationsforschung nur wenig Beachtung gefunden haben. Zurecht hat er dies mit der Zufälligkeit und damit Seltenheit der Überlieferung solcher „Praktiken“ erklärt. Um es vorauszuschicken: Die vorliegende Studie thematisiert die Auflehnung von Untertanen des Dorfes Eberstadt (Stadt Buchen, Neckar-Odenwald-Kreis, Baden-Württemberg) im Jahre 1593 gegen den Ortsherrn Hans Rüdt von Bödigheim und
Collenberg. Anders jedoch als die ‚klassischen‘ Ursachen wie Konflikte um die Fronen – solche hatte die Herrschaft der Rüdt in den Siebzigerjahren erlebt – , die Erhebung der Schatzung u. ä. speiste sich hier die Widersetzlichkeit von Untertanen nicht zuletzt aus dem Verbot von Vorstellungen und Bräuchen, die sich in den Augen des Dorfherrn und seines Pfarrers als paganes und vermeintlich altkirchliches Erbe nicht mit dem Luthertum vereinbaren ließen und die eine frappierende Ähnlichkeit mit den von Vogler beschriebenen pfälzischen „Praktiken“ aufweisen.
„Das ist kein Null-acht-fünfzehn-Baugebiet, das ist ein Stück Heidelberger Geschichte“, erinnerte im März 2003 Oberbürgermeisterin Beate Weber bei der Grundsteinlegung zum neuen Wohnquartier an die 1853 gegründete Fuchs Waggonfabrik, die seit 1902 ihren Standort in Rohrbach hatte. „Wir haben darauf bestanden, dass das Quartier ein Stück von seinem Charakter bewahrt. Wenn Mauern und Giebel zu sehen sind, bekommt man eine Ahnung davon, was sich da abgespielt hat.“ Auch bei der Namensgebung der Straßen wurde ein deutlicher Bezug zur Waggonfabrik gewünscht. So hatte
der Gemeinderat bereits im Dezember 2002 beschlossen, die industrielle Technikgeschichte des Baugebiets in den Vordergrund zu stellen. Namensgeber für die neuen Erschließungsstraßen wurden deshalb bedeutende Techniker, Erfinder und Ingenieure wie Felix Wankel, Franz Kruckenberg, Konrad Zuse, Georg Mechtersheimer, Rudolf Hell und Freiherr Karl von Drais. Zur Verdeutlichung ihrer jeweiligen Bedeutung tragen die Straßenschilder neben dem Namen auch die dazu gehörenden Kurzbiografien. Hier werden die jeweils wichtigsten Heidelberger Leistungen auf dem Gebiet der Eisenbahnentwicklung vorgestellt.
Simon Meisner (1912-1994)
(2001)
»Voila! Ich will euch eine Geschichte erzählen«, begann Simon Meisner oft, wenn
man ihn nach Erlebnissen und Begebenheiten aus seinem Leben fragte. Geschichte, ob persönliche oder gesellschaftliche, wird erst durch Geschichten, Beispiele oder Biographien lebendig. Der letzte jüdische Lehrer in Freudental war so
ein »Geschichts-Erzähler«. Bis in sein hohes Alter war er als überzeugter, frommer jüdischer Lehrer und Pädagoge aktiv. Durch seine Geschichten erreichte er
mehr als durch Predigten, schrieb man in einem Nachruf über ihn.
Wahrscheinlich im Sommer 1465 schrieb der in Heidelberg weilende Humanist Petrus Antonius de Clapis einen lateinischen Brief an den 16- oder 17-jährigen Pfalzgrafen Philipp. In diesem lobte Petrus den Lehrer des zukünftigen Kurfürsten: „So hat man es nun, in Vertrauen auf das Vorbild des Königs Philipps [von Makedonien], der festlegte, dass seinem Sohn Alexander Sokrates zur Unterweisung in der Wissenschaft zugeordnet sein sollte, gewollt, dass man den hochgelehrtesten Mann Peter Brechtel, der mit einzigartiger Klugheit versehen und im römischen Recht gebildet ist, zu Deinem Lehrer machte, auf dass nach dessem allervortrefflichsten Vorbild an Gewähltheit und höchstem Wissen in den litterae dein Geist, der in deinem adligen Körper hervortritt, noch edler und edelmütiger gemacht werde.“ Abgesehen davon, dass Petrus Antonius Sokrates mit Aristoteles verwechselt, wird in dem Brief des im Umfeld des Heidelberger Hofs wirkenden Italieners der humanistische Anspruch deutlich, Fürsten durch die Unterweisung in den „litterae“, das heißt vor allem in der lateinischen Sprache und Literatur, zu besseren Menschen und Herrschern zu erziehen. Es muss allerdings beachtet werden, dass der Adressat des Schreibens zwar Pfalzgraf Philipp war, es aber fraglich ist, ob der Fürst überhaupt genug Latein beherrschte, um den Brief lesen zu können. Tatsächlich dürfte es dem Humanisten vor allem darum gegangen sein, das Interesse des am Hof gut vernetzten Peter Brechtel zu wecken. Zudem muss die Darstellung des weisen, überaus gelehrten Lehrers, kritisch hinterfragt werden. Die im Umfeld des Heidelberger Hofs während der Regierungszeit von Pfalzgraf Philipps Adoptivvater Friedrich I. „dem Siegreichen“ entstandenen historiographischen Werke, Fürstenspiegel, Gedichte und andere Texte tendieren dazu, fürstliche Bildungsbestrebungen, sei es als Mäzene oder Rezipienten gelehrten Wissens, topisch überhöht darzustellen. Wie Fürsten tatsächlich zu gelehrtem Wissen standen, wird im Fall des Heidelberger Hofs von einer Mauer aus Panegyrik verdeckt. Eine der Möglichkeiten, hinter diese zu schauen, ist, einen Blick auf jene Personen zu werfen, die dieses Wissen an die Fürsten vermittelten. Es handelt sich um die gelehrten Erzieher, die in den zeitgenössischen Quellen meist als Präzeptoren oder Zuchtmeister bezeichnet werden. Ihre Rolle am spätmittelalterlichen Heidelberger Hof steht im Mittelpunkt dieses Beitrags.
Wer in Bruchsal die Langentalsiedlung als Ausflugsziel für einen Sonntagsspaziergang wählt, sollte nicht den Hinweisschild unbeachtet lassen, der zum Feldkirchle hinweist. Der Weg führt zum Gewann Hirschmann, einem der schönsten Fleckchen Erde der Bruchsaler Gemarkung, wo in den Jahren 1903 bis 1908 der damalige Stadtpfarrer Josef Kunz das Kirchlein und die sechs Stationen zu Ehren der Muttergottes erbauen ließ. „Unter meinen verschiedenen Schöpfungen in Bruchsal, stelle ich das Feldkirchle mit den Stationen an erste Stelle. Es ist das mein Lieblingswerk gewesen und zugleich die Sprache meines religiösen wie sozialen Herzens". So schrieb Kunz in seinen Aufzeichnungen über seine vielfältige Arbeit. Weiter schreibt er: "Es bestand für Bruchsal kein religiöses Ausflugsziel in der Nähe; der schöne Michaelsberg ist zu weit entfernt und nur für rüstige Fußgänger erreichbar. Da legte ich im Jahre 1903 den Grund zu einem solchen und zwar im Gewann Hirschmann. Es war ein stilles liebliches Tälchen, abgelegen und durch einen Feldweg mit der Stadt verbunden." So entstand die Idee für das Feldkirchle, mit dem er folgende Überlegungen verband: Naturpoesie und Religion für Erfrischung, Gebet und Trost.
Die Haltung des Freiburger Pastoraltheologen Linus Bopp (1887-1971) zum und im Nationalsozialismus
(2007)
Die Freiburger Albert-Ludwigs-Universität, zu deren historischen Kernfächern die (Katholische) Theologie gehört, kann 2007 auf ihr 550-jähriges Bestehen zurückblicken. Ein Jubiläum dieser Art ist immer auch ein Anlass zum historischen Rückblick. Dabei hängt die Qualität eines solchen Rückblicks wesentlich von der Bereitschaft ab, sich auch kritischen Phasen und Ereignissen zu stellen, zu denen zweifelsohne die Zeit des Nationalsozialismus gehört. Dieser Aufsatz richtet den Blick auf Linus Bopp, der in diesen Jahren Professor für Pastoraltheologie an der Theologischen Fakultät der Universität Freiburg war. Zunächst soll ein kurzer Überblick über seine Person und sein Werk gegeben werden (1). Danach wird Bopps Haltung zum Nationalsozialismus im Kontext der gegenwärtigen kirchengeschichtlichen Forschung thesenartig umschrieben (2). In einem dritten Schritt ist darauf zu schauen, in welche Richtung die Weichen in Bopps pastoraltheologischem Denken vor 1933 gestellt waren (3). Anschließend wird geschildert, wie der Freiburger Pastoraltheologe im „Dritten Reich“ zu einem „Brückenbauer“ wurde, aber auch, wie er zum nationalsozialistischen Regime zunehmend auf Distanz gegangen ist (4). Überlegungen, wie sich der Freiburger Theologieprofessor Bopp nach Ende des Zweiten Weltkriegs über den Nationalsozialismus geäußert hat und wie diese Erfahrungen sein (pastoraltheologisches) Denken beeinflusst und verändert haben, schließen diesen Beitrag ab (5).
Steinbeis – Das ist ein Name, der im Gedächtnis bleibt. Aber wer verbirgt sich hinter der Person, in der die Begriffe „Stein“ und „beißen“ scheinbar aufeinanderprallen? Hinter dem Namensgeber für den weltweiten Steinbeis-Verbund für Wissens- und Technologietransfer und dessen Niederlassung in Villingen? Ferdinand von Steinbeis ließ sich von Widerständen nicht beirren, eckte an, revolutionierte mit seinen Ideen. Er gilt als „Wegbereiter der Wirtschaft“ in Württemberg. Dabei hätte er eigentlich Pfarrer werden sollen.
Eberhard Gothein (1853-1923)
(2003)
„Keiner von uns und keiner, der auf uns folgt, wird je wieder ein solcher Polyhistor zu werden vermögen wie es der alte Gothein war als einer der letzten Zeugen des Jahrhunderts Goethes, als einer der großen, Humanisten, deren Reihe nördlich der Alpen mit Erasmus beginnt und die wohl mit Burckhardt, Gothein, Gundolf zu Ende gegangen ist". Das schrieb Edgar Salin 1954 über seinen Lehrer und dessen fazettenreiches Leben. Doch Gothein war nicht nur Kulturhistoriker und Nationalökonom; als einer der Gründer zweier Hochschulen, Organisator und Dozent von Fortbildungsveranstaltungen, Mittler zwischen
Wissenschaft und Praxis, endlich als Politiker wirkte er auf vielen Ebenen originär und motivierend. Er beschritt Wege, die bis in unsere Zeit führen.
Eine badisch-preußische Ehe
(2006)
Vor 150 Jahren, 1856 – war es wirklich eine „gute alte Zeit“? Sechs Jahre zuvor hatte die Revolution das Großherzogtum erschüttert, Soldaten hatten gemeutert, Großherzog Leopold war mit seiner Familie geflüchtet. Die Preußen mußte er um Hilfe bitten, und Wilhelm, Prinz von Preußen, der Bruder des preußischen Königs, sorgte mit seinen Truppen als Zwingherr für die nachfolgende Reaktion. Mit mehr als einem Drittel des Staatshaushalts von 20 Millionen Gulden berechnete man später die Revolutionsschäden, davon allein 1,5 Millionen Gulden für die preußische Besatzung.
„Nun sind wir hier angelangt. Baden ist ein
wahres Paradies der Schönheit. Die gestrige
Eisenbahnfahrt war allerdings furchtbar; die
Hitze war schon des Morgens, als wir abfuhren,
sehr groß, steigerte sich aber noch …. In
Karlsruhe wurde für eine Stunde Aufenthalt
gemacht, und die Königin besuchte die Großherzogin
Mutter. Das Schloss, in dem sie
wohnt, ist sehr schön und wundervoll eingerichtet
… Um 8 Uhr ging es weiter nach
Baden, wo wir nach 9 Uhr anlangten und wo
auf dem Bahnhof großer Empfang war. Dann
fuhren wir nach dem Haus Messmer, in dem
die Königin immer wohnt. Dicht vor demselben
liegt das Konversationshaus und die
Promenade; der Blick aus den Fenstern auf die
Berge ist bezaubernd.“ Das schrieb 1862 Adele
Gräfin zu Dohna[1] in Briefen an ihre Mutter,
gesammelt in einem umfänglichen Band, den
das Generallandesarchiv Karlsruhe 1995 mit
anderen Akten, den sogenannten Augusta-
Koffern, aus markgräflichem Besitz erworben
hat.[2]
Wirken in Wirren
(2006)
Seine schillernde Biographie ist allein schon faszinierend. Mit brillanter Gelehrsamkeit ausgestattet und politischem Ehrgeiz
erfüllt, wußte er zu überzeugen, wenn auch seine Wirkung begrenzt schien. Als badischer Unterrichtsminister war er wohl am erfolgreichsten, sicher auch als Hochschullehrer, der zu allen Zeiten seine Hörer gefangen hielt. Ein demokratischer Liberaler und zugleich kritischer „Antiparlamentarier“, wie einige ihn gescholten haben, mit Mussolini sympathisierend und in skeptisch abwehrender Distanz zu Hitler, drum ein Gegner der Rassenideologie, und doch Promotor einer Völkerpsychologie, die andere für „angepaßt“ hielten, charakterfest mit opportunistischen Zügen, auf jeden Fall eine bemerkenswerte Persönlichkeit.
Die nachstehenden Quellen spiegeln Beobachtungen eines Zeitzeugen, der im 19. Jahrhundert als bedeutender Jurist, ja als »Taufzeuge« des damaligen öffentlichen Rechts galt. Seine grundlegenden Werke wie die Arbeit zum Völkerrecht gehörten zum Literaturfundus von Anwälten und Diplomaten. Weniger bekannt ist Klübers Tätigkeit für den badischen Hof, dem er in einflußreichen Ämtern diente. Man gewinnt Informationen, oft mit einer eigenwilligen Position vorgestellt, über politische
und kulturhistorische Vorgänge aus seinen Briefen, die ein Müllwerker im Abfall vor der Entsorgung gerettet und dem Generallandesarchiv Karlsruhe zugeleitet hat, hier erstmals in der Originalform zitiert.
Die Literatur über Karls Friedrich und seine Zeit füllt Regale. In den letzten Jahren sind zusätzliche Publikationen erschienen, die diese Epoche der Umbrüche noch detaillierter und damit durchsichtiger beschrieben haben. In dieser wissenschaftlichen Arbeit wird nur in Erinnerung an seinen Todestag skizziert, wie sich ein Regent in dieser Periode voller Umbrüche verhalten hat, wohl verhalten musste.
In Schulen nichts Neues?
(2004)
Als einen „kommenden Mann" hatte Willy Hellpach, badischer Minister für Kultus und Unterricht 1922-24, den Leiter des Goethe-Gymnasiums Karlsruhe Karl Ott bezeichnet, „ein junger, zukunftsträchtiger, von reichen Gesichtern erfüllter Erzieher". In der Tat lohnt auch heute noch eine Begegnung mit Otts Schriften angesichts des neuen Bildungsplans des baden-württembergischen Ministeriums für Kultus, Jugend und Sport, von dem es im Vorwort heißt, es sei „ein pädagogischer
Meilenstein in der Entwicklung unserer Schulen".
Der letzte Palatin
(2007)
Die heute Hundertjährigen – und das sind nicht wenige – könnten sich daran erinnern, dass für sie als Elfjährige die Monarchie ihrer Kinderzeit plötzlich verschwunden war und sie als Republikaner in einer grauen Nachkriegszeit aufwuchsen. In ihrem Geburtsjahr 1907 feierte man aber noch, oder wieder einmal die wilhelminische Monarchie in ihrer ganzen
Prachtentfaltung, und die Beerdigung des letzten Palatins diente für ein grandioses pompes funèbres. Als Palatin, als Quasipfalzgraf, so hatte man Moltke (1891 †) und Bismarck (1898 †) als die Getreuen das alten Kaisers empfunden, und nun war auch der letzte „Führer des heroischen Zeitalters“ dahingegangen, so tönte es in den Zeitungen, jener Proklamationsszene im Versailler Schloss Januar 1871, deren Bild in jedem Schulbuch an die Gründung des Deutschen Reiches erinnerte.
„Straßentumult in Karlsruhe“
(2007)
Liberales Baden? Da blickt man in erster Linie auf die Zeit Großherzog Friedrichs I. (1852–1907) zurück, als der Liberalismus
regierende Partei wurde. Historikern schien freilich schon die Zeit vor der Revolution 1848, der Vormärz in Baden anders akzentuiert zu sein als anderswo, durch bekannte Professoren und Journalisten, durch Abgeordnete der II. Kammer, durch eine qualifizierte Beamtenschaft, den sogenannten „Geheimratsliberalismus“ geprägt, ein „Testfeld für Fortschrittlichkeit“ trotz des bundesdeutschen Metternich-Systems, eine „Schule des vormärzlichen Liberalismus“ trotz Obrigkeitsstaat, so Franz Schnabel.
Friedrich Keim 1852–1923
(2012)
In einem Besichtigungsbericht des badischen Oberschulrats über das Karlsruher Mädchengymnasium und dessen Leiter vom Dezember
1907 heißt es: Direktor Keim, der daneben einer übergroßen Höheren Mädchenschule mit 743 Schülerinnen vorsteht, hat "ein väterlichfreundliches Herz, ohne patriarchalische und pastorale Allüren, echt männlich, wissenschaftlich, ernst. Lehrer und Lehrerinnen sehen in ihm das vollendete Muster und Vorbild. Seine Erziehungsgrundsätze bringt er mehr durch sein Beispiel, als durch Vorschriften zu allgemeiner Anerkennung. Jeder Individualität gönnt er ihre Rolle … Auch den Schülerinnen wird viel Freiheit gegönnt. Sie dürfen z. B. Wahlsprüche, in Holz gebrannt, in die Klassenzimmer hängen, wobei der Humor sein Recht bekommt. In einer Klasse hing z. B. der Spruch "Stelle dich nicht dümmer an als du bist".