920 Biografien, Genealogie, Insignien
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Vor mehr als 30 Jahren, im Ortenau-Jahrbuch 1967, veröffentlichte Wilhelm Gräßlin seinen Aufsatz über den Korker Dekan Gottlieb Bernhard Fecht. Das Revolutions-Gedenken gibt Anlass, sich dieses Mannes zu erinnern, der wie wenige das Schicksal der heute weithin vergessenen badischen Reformer verkörperte. Geduldig, durch staatliche Schikanen weder
verbittert noch entmutigt, setzten sie ihre ganze Kraft ein, den Absolutismus der Monarchen mittels der „Constitution", der „Verfassung", in Schranken zu weisen - um am Ende dann doch zu scheitern.
Josef Ignaz Peter, der aus Achern stammende Justizminister der badischen Revolutions-Regierung, floh 1849 in die Schweiz. Auf Betreiben der Großherzoglich Badischen Regierung verwiesen die Eidgenossen den am 9. April 1850 zu 20 Jahren Zuchthaus Verurteilten ihres Landes. Über Straßburg floh Peter weiter nach Paris. Dort lebte er von Juni 1850 an in ärmlichen Verhältnissen. 1854 erlaubte ihm der Kanton Thurgau, nach Frauenfeld zu seiner mit dem Arzt Dr. Konrad Reiffer verheirateten Tochter Emma zu ziehen, wo er auch seine Frau und seine unverheiratete Tochter Maria fand. 1862 erließ ihm Großherzog Friedrich den Rest der Strafe. Josef Ignaz Peter starb am 19. September 1872 in Achern im Alter von 83 Jahren. Die kinderlos gebliebene Emma Reiffer hinterließ den Nachlass ihrer Eltern den Kindern der Schwester ihres Vaters, Helene Peter. Die Papiere, welche an die „Mina" genannte Cousine Anna Wilhelmine verheiratete Blaß in Freiburg gelangten, befinden sich heute als Dauerleihgabe im Staatsarchiv Freiburg. Andere Papiere kamen an Minas fünf Jahre älteren Bruder, den Achemer Handelsmann und späteren Bürgermeister Franz Peter, in der Folge an dessen Tochter Marie Helene verheiratete Gerner. Darunter befinden sich 13 Briefe Helene Peters von März 1848 bis Januar 1851 an Tochter Mina und Schwiegersohn Konrad Blaß in Freiburg. Sie lassen noch heute die Nöte und Sorgen jener Jahre spüren.
„Grabdenkmale und Grabsteine mit ihren Inschriften zählt man mit vollstem Rechte zu den verlässlichsten Hilfsquellen der Geschichte. Jene sind zudem Denkmale der gleichzeitigen Kunst und Technik; diese geben uns, wenn sie lesbar erhalten sind, mehr oder minder bestimmte Namen und leider so oft allzu karge Daten über einzelne Personen, ihren Rang und ihre Wirksamkeit im Staate, in der Kirche und in der bürgerlichen Gesellschaft, und über ihre Familien, ihre Herkunft, Vermählungen und Abzweigungen. Derlei Inschriften ergänzen anderweitige mangel- oder lückenhafte Angaben, berichtigen Irriges, führen alte, ehrwürdige und verdienstvolle Namen ins Gedächtniss zurück, geben manchmal neue Kunde von verschollenen Personen und rufen weitere Forschungen hervor. Besondere Beachtung verdienen daher solche Denkmale und Inschriften aus früheren Jahrhunderten, indem man keine, oder nicht sorgfältig geführte Todtenbücher hatte oder dieselben zu Grunde gegangen sind.“ Und weiter: „Wie viele interessante und gut gearbeitete Grabdenkmale und Inschriftsteine findet man in Kloster- und Land-Kirchen und in Familiengruften hoher und niederer Herrschaften.“ So die Aussage von Joseph Bergmann 1837. Wie sehr gerade sein letzter Satz auch heute noch zutrifft, zeigt eine Anfrage an den Verfasser, aufgrund einer Grabstein-Inschrift in der Burgkapelle Obergrombach, ob der dort genannte „michael von jöhlingen“ ein Ortsadeliger („wenn es so etwas in Jöhlingen gab“) war oder er ganz einfach Michael Anselm (aus) Jöhlingen hieß.
Hebel als Theologe
(2010)
Den Eröffnungsvortrag am 9. Juli hielt Schuldekan Dr. Uwe Hauser aus Müllheim. Er sprach über das Thema „Wir aber hielten ihn fest mit ausdauerndem Mute“. Von der Wandelbarkeit und Vielgestaltigkeit der Theologie Johann Peter Hebels. Die Ausführungen Hausers sollen im Folgendenden referiert werden. (1. Vorbemerkung) Hebel ist durch und durch Theologe (gegen Klaus Oettinger, der ihn als „Physikotheologen“ oder Paul Katz, der ihn als „rationalistischen Supranaturalisten“ qualifiziert).
Die Stadt Freiburg feiert Reinhold Schneider. Am heutigen Tag wäre er hundert Jahre alt geworden. Freilich, schon der Gedanke, Schneider hätte in Ruhe und Frieden das erreicht, was man ein „gesegnetes Alter" nennt, ist abwegig: zu einem literarischen oder philosophischen Patriarchen von der Art Russells, Julien Greens, Ernst Jüngers oder Gadamers fehlte dem zeitlebens angefochtenen und kränkelnden Mann so gut wie alles. So hatte es wohl seine Richtigkeit - wenn man denn im
Biographischen überhaupt von „Richtigkeiten" sprechen kann-, dass sein Leben bereits in der Mitte des Patriarchenalters abbrach: nach einem Sturz auf der Straße starb Reinhold Schneider am 6. April, dem Ostersonntag des Jahres 1958, im Loretto-Krankenhaus in Freiburg an Gehirnblutungen, noch nicht ganz 55 Jahre alt. Fassungslos standen damals viele
Freiburger - auch ich - vor seinem im Münster aufgebahrten Leichnam.
Dr. Leo Wolff aus Appenweier
(2006)
In Appenweier lag wie in anderen Landorten ähnlicher Größe die Betreuung der Kranken durch ausgebildete Helfer bis ins 19. Jahrhundert hinein im Wesentlichen in den Händen der Chirurgen, Wundärzte oder Barbiere, die wie die Hebammen einer gewissen staatlichen Aufsicht unterstanden. Für einen Arzt, der an einer Universität studiert hatte, besaß das Dorf offensichtlich noch wenig Anreiz. Als 1810 das zweite Landamt Offenburg in Appenweier eingerichtet wurde, war damit auch ein Physikat, die Stelle eines Bezirksarztes, verbunden. Dr. Jessele aus Offenburg übernahm diese Aufgabe, er war aber nicht bereit, seinen Wohnsitz aufs Land zu verlegen, auch nicht, als ihm das Ministerium mit einer Gehaltskürzung gedroht
hatte. Die Gemeindeverwaltung jedoch bemühte sich sehr, ihre Einwohner ordentlich medizinisch zu versorgen, und bot jedem qualifizierten Manne, wenn er sich im Ort niederließ, freie Wohnung im Rathaus mit Keller, Nebengebäude, Garten und Holzlieferung; er musste dafür allerdings die Ortsarmen ohne Entgelt behandeln. Erst 1829 hatten die Gemeindeväter
Erfolg. Wie sehr der Gemeinderat die ärztliche Arbeit schätzte, zeigt, dass er später die Leistungen um ein Wartegeld von 500 M erhöhte.
Eduard Schopf
(2016)
Der Artikel ist die erste umfassende Vertextung des Lebens von Eduard Schopf, dem Begründer des Versandunternehmens Eduscho, dem zeitweiligen »Marktführer« der Konsumware Kaffee in Deutschland. Vielen älteren Bürgerinnen und Bürgern sowie begeisterten Kaffeetrinkern wird der Name Eduscho heute noch geläufig sein; jedoch aktuell bleibt Eduscho beim Thema Kaffeetrinken nur noch im Zusammenhang mit dem Tchibo-Produkt »Eduscho-Gala« augenscheinlich und lebendig. Der gelernte Bankkaufmann und Unternehmer baute Eduscho
»durch modernen Versandhandel zu einem der größten Kaffeeröster Deutschlands aus.« Über das Leben und Wirken dieses bedeutenden Kaufmanns erfahren wir bislang sehr wenig, weil das gesamte Firmenarchiv seiner Fabriken und Anlagen in Bremen im August 1944 aufgrund eines alliierten Luftangriffs zerstört wurde.
Anders als bei seinem indirekten Nachfolger Gebhard ist es uns auch heute noch
vergönnt, an Konrads Grab vorbeizugehen, in dem sein Kopf nach wie vor liegt. In den
Zeiten der Reformation nach Meersburg in Sicherheit gebracht, konnte ein Partikel des
ersten Heiligen in der Konstanzer Bischofsliste bis heute erhalten bleiben. Aber nicht
nur der Kopf, sondern auch eine Armreliquie wird in der Meersburger Stadtpfarrkirche
verwahrt. Zu verdanken ist dies alles dem Konstanzer Bischof Hugo von Hohenlandenberg (1447–1532), der im Jahre 1526 die Konradsreliquien nach Meersburg brachte. Ab
diesem Zeitpunkt hatte der Kopf eine weite Reise vor sich – weit ab von Meersburg lag er
nun in Prag – und so benötigte es das diplomatische Geschick des damaligen Konstanzer Generalvikars Johannes Pistorius (1546–1608), damit der Kopf am 6. Dezember des
Jahres 1605 nach Konstanz zurück gebracht werden konnte. [2]
Es gibt verschiedene Wege, sich mit Geschichte zu beschäftigen. Einer davon ist der Zugang über Biographien. Ob ich die Vergangenheit geistesgeschichtlich oder sozialgeschichtlich deute, ob ich nach Verfassungen, Gesetzen oder Bekenntnissen frage, immer ist der Mensch der Agierende und der Reagierende, Täter und Opfer. Er ist Träger neuer Ideen und Verteidiger der alten. Er findet Verhältnisse von seinen Vorfahren vor und gestaltet neu für seine Nachkommen, er ist Kind seiner Zeit und gleichzeitig prägt er seine Zeit. Was ich intellektuell sezieren und unterscheiden kann, fließt zusammen in der Existenz eines Menschen. In einer Biographie muss darum beides zum Ausdruck kommen: was der Mensch vorfindet und was er selbst beiträgt. Nun gibt es einen Faktor, der den Menschen in doppelter Hinsicht prägt, der seine Verhältnisse, die Bedingungen, die er vorfindet, mitbestimmt, und gleichzeitig seine körperlichen, seelischen und geistigen Fähigkeiten bedingt: die Familie. Neben der „Biographie“ eines Einzelnen ist darum auch die „Oikographie“ einer Familie, eines Geschlechts, von Interesse, vor allem dann, wenn Familien Geschichte geprägt haben. Betrachtet man die Geschichte der badischen Landeskirche, dann sind es bestimmte Namen, die unter den Pfarrern, später auch Pfarrerinnen, immer wieder auftauchen, seit dem 16. Jahrhundert begegnen uns beispielsweise die Familien Fecht, Hitzig, Sachs oder Eisenlohr und bis in die heutige Zeit hinein Bender, Kühlewein oder Schmitthenner. Nicht immer sind Vater und Sohn gleichermaßen bedeutsam in ihrem Beitrag für die Geschichte, nicht immer folgt der Sohn dem Vater in das geistliche Amt, manchmal sind es erst Enkel oder Urenkel, und nicht immer übernimmt der Nachkomme automatisch die theologische Position seiner Vorfahren, oft muss er sich nicht nur mit dem theologischen Erbe seiner Zeit, sondern mit dem theologischen Erbe der Väter auseinandersetzen, um eine eigene Position zu finden. Und dennoch findet man immer wieder auch das Familientypische.
Eine Familie, die unsere badische Kirche und Gesellschaft seit dem 18. Jahrhundert geprägt hat, ist die Familie Frommel. Zahlreiche Theologen, Künstler und andere Gelehrte hat sie hervorgebracht. Der vorliegende Aufsatz porträtiert den ersten Pfarrer der Familie, Johann Christoph Frommel (1724-1784), und macht durch kurze Lebensskizzen einiger seiner Nachkommen beispielhaft deutlich, wie stark Pfarrfamilien vom 18. bis 20. Jahrhundert kulturprägend und –tragend waren.
Von kräftiger Statur, energisch, klug, charmant und höchst attraktiv soll er gewesen sein:
Karl III. Wilhelm von Baden-Durlach. Mit der Gründung der Residenz Carols’ Ruhe 1715
schrieb der Markgraf eine wahre Erfolgsgeschichte. Heute ist Karlsruhe mit rund 300 000
Einwohnern nach Stuttgart die zweitgrößte Stadt des Landes Baden-Württemberg. Aus Anlass
des 300-jährigen Stadtjubiläums würdigte das Badische Landesmuseum Karlsruhe in
seiner Großen Landesausstellung Karl Wilhelm 1679–1738 erstmals Leben und Wirken des
legendären Stadtgründers und konnte hierfür kostbare, sehr persönliche, nie zuvor öffentlich
gezeigte Exponate in die ehemals markgräfliche Residenz zurückholen. Aus dem Zusammenspiel
von barocker Rauminszenierung und neuen Vermittlungsformaten gelang eine lebendige,
informative Ausstellung, die nicht nur den Karlsruhern in Erinnerung bleiben wird.