940 Geschichte Europas
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- Weltkrieg 〈1914-1918〉 (8) (entfernen)
"Fastnacht der Hölle"
(2014)
"Fastnacht der Hölle" – so umschrieb Ernst Jünger die apokalyptischen Eindrücke, die im ersten voll industrialisierten Krieg auf die Soldaten einstürmten. Die gleichnamige Ausstellung des Hauses der Geschichte Baden-Württemberg versucht zu rekonstruieren, welche Reize die
sinnliche Wahrnehmung von Kriegsteilnehmern, aber auch Zivilisten zwischen 1914 und 1918 vor ungeahnte Herausforderungen stellten. Sie fragt wie die Menschen den Krieg sahen, hörten, rochen, schmeckten und fühlten. Ausgewertet wurden dafür Tagebücher und Feldpostbriefe von Menschen aus Baden und Württemberg. Desillusionierte Soldaten, von der Familie getrennte Familienväter, besorgte Eltern und verzweifelte Hausfrauen kommen zu Wort. Visuell erzeugten die Kämpfe sowohl "großartige Schlachtenpanoramen" als auch "schreckliche Bilder" von zerstörten Landschaft en und entstellten Leichen "ohne Gesicht". In der Heimat bekam man jedoch nur Bilder von fröhlichen Soldaten zu sehen. Selbst Aufnahmen aus Lazaretten zeigten eine heile Welt mit einem "Zauber von Heiterkeit". Zu hören war an der Front die "Höllenmusik" tausender Geschütze. In Städten wie Freiburg, Karlsruhe, Mannheim oder Stuttgart ertönten hingegen "Sirenen und Alarmschüsse", die vor Fliegerangriff en warnten.
Nationale und militärische Symbole spielten in der Gesellschaft des Kaiserreichs bereits nach den Befreiungskriegen (1813/15), spätestens jedoch nach der Reichsgründung 1871 eine große Rolle. Kaiserbüste oder -bild, Kriegsspielzeug und Andenken an die Militärzeit gab es in vielen Haushalten. Der Erste Weltkrieg verstärkte diese Tendenz. Andenkenartikel in Form von Gedenkblättern, Münzen, Schmuck und Geschirr wurden massenhaft produziert und verkauft. Fast alle deutschen Steingut- und Porzellanmanufakturen beteiligten sich an diesem Hype. Wandteller, Sammeltassen und Vasen mit patriotischen Sprüchen und Dekoren, Kriegsmotiven und Durchhalteparolen sowie figürliche Keramik in Form von Infanteristen und Dragonern halfen, den Inlandsmarkt zu mobilisieren und den infolge des Krieges reduzierten Auslandsumsatz zu kompensieren. Mit ihrer Hilfe sollte kommenden Generationen der "Geist der großen Zeit" veranschaulicht und im Volk die patriotische Gesinnung gefestigt werden. Gleichzeitig dienten diese Erinnerungsstücke als Bindeglied zwischen Front und Heimat, und ihr Kauf wurde in der Bevölkerung als moralische Unterstützung der Soldaten verstanden.
Milliardenfach verschickt, stellen die Bildpostkarten bedeutsame visuelle Zeugnisse aus dem Ersten Weltkrieg dar, die insbesondere unter mentalitäts- und kulturgeschichtlichen Aspekten interessant sind. Als persönliche Mitteilungen eröffnen sie ihrem Betrachter die Möglichkeit, sich dem Ersten Weltkrieg und seinen Auswirkungen aus einer anderen Perspektive, der privaten, zu nähern. Dank ihrer Eigenschaft als Objekte zeitgenössischer Sammelbegeisterung fanden zahlreiche Karten aus den Kriegsjahren ihren Platz in privaten Postkartenalben und haben sich so für die Nachwelt erhalten. Neben Briefen waren Postkarten auf lange Zeit oftmals die einzige Kommunikationsmöglichkeit, das einzige Bindeglied zwischen den Soldaten an der Front und ihren Angehörigen in der Heimat. Den Bildpostkarten kam somit der Charakter eines Lebenszeichens von Seiten der Soldaten zu, dessen Ausbleiben Grund zu Besorgnis gab: das Fehlen einer Nachricht konnte Verwundung, Vermisstsein, Kriegsgefangenschaft oder sogar Tod bedeuten. Für die Kartenschreiber stand ein breites Angebot an Bildpostkarten zur Verfügung, aus dem für jeden Anlass und jeden Empfänger die passende Karte ausgewählt werden konnte. Die dargestellten Motive reichen von Zeichnungen und Fotografien vom Kriegsschauplatz über naive Liebespostkarten und patriotischen Festtagsgrüßen bis hin zu Porträtaufnahmen einzelner Soldaten. Bei der Mehrzahl der Bildpostkarten handelt es sich um industriell produzierte Massenware. Es finden sich jedoch auch einzelne Serien, beispielsweise mit Jugendstilmotiven, die sich durch eine hohe künstlerische Qualität auszeichnen. So unterschiedlich die Bildpostkarten auch sein mögen, verbindet sie jedoch eine zentrale Gemeinsamkeit: Die oftmals grausame Realität des Kriegsalltags ist auf ihnen nicht zu sehen. Vielmehr zeigen sie tröstliche Klischeebilder einer friedlichen Idylle, unwahre und verharmlosende Konstruktionen einer idealisierten Gegenwelt zur Hölle des Krieges.
Museen am Oberrhein organisieren 2014 das europaweit wohl größte grenzüberschreitende Netz von Ausstellungen zum Ersten Weltkrieg. Das Dreiländermuseum Lörrach zeigt eine Überblicksausstellung zum Ersten Weltkrieg in Baden, dem Elsass und der Nordwestschweiz. Der folgende Beitrag hält die wesentlichen Inhalte der Überblicksausstellung fest und beschreibt die Jahre 1914 bis 1918 am Oberrhein im grenzüberschreitenden Vergleich. Zugleich berichtet er über die Entstehung und Idee der 35 miteinander verbundenen Ausstellungen des Netzwerks Museen.
Große Anzahlen von Glocken fielen bereits den früheren Kriegen, insbesondere dem Dreißigjährigen Krieg, sowie der französischen Revolution zum Opfer, um, unter anderem, zu Kriegsmaterial umgegossen zu werden. 1917 mussten die Kirchtürme erneut beisteuern. Ein Teil des bereits während des 19. Jahrhunderts wiederhergerichteten Geläutes verschwand damals. Das Gleiche sollte sich nochmals während des Zweiten Weltkrieges abspielen, jedoch blieben die Schäden wegen des kurzen Zeitraums weit geringer.
Die Badische Landesbibliothek zeigt bis Anfang Oktober 2014 eine Ausstellung zum Thema "Die Feldpresse des Ersten Weltkriegs" (Abb. 1 ist das Plakatmotiv der Ausstellung). Soldatenzeitungen, die an der Front mit mobilen Vervielfältigungsapparaten oder in den Druckereien besetzter Städte hergestellt wurden, spielten im Ersten Weltkrieg eine besondere Rolle, da der Angriffskrieg an allen Fronten sehr schnell in einen langwierigen Stellungskrieg überging. In den Gefechtspausen nahmen Langeweile und Überdruss überhand. Das Bedürfnis nach Zerstreuung befriedigten vor allem auch die Feldzeitungen, die von Soldaten für Soldaten hergestellt wurden. Schon die Zeitgenossen rühmten ihren hohen Wert als "Wellenbrecher gegen geistige Abspannung im grausamen Kriegslärm".
Manche Redaktion von Feldzeitungen in den besetzten Gebieten entwickelte sich zur kleinen Verlagsfirma mit Buchsortiment. Mit 30 solcher Unternehmen von allen Fronten, aus Schützengräben, Etappenorten, Genesungsheimen und Internierungslagern präsentiert die Badische Landesbibliothek in ihrer Ausstellung beispielhaft das ganze Spektrum der Feldpresse des Ersten Weltkriegs und den Ehrgeiz deutscher Frontsoldaten, den ersten Medienkrieg der Weltgeschichte publizistisch wirksam zu unterstützen.
Schon während der Revolution von 1789 und auch zur Zeit der Belagerung Straßburgs im Jahre 1870 hatte das Straßburger
Priesterseminar als Lazarett gedient. Es wurde das auch wieder während des Ersten Weltkrieges. Eine Serie von Fotografien
und auch Notizen des späteren Chanoine Gass ermöglichen es, über die erste Zeit (1914-1915) des dort eingelagerten „Festungslazarettes XXII a" zu berichten.
Wärme in der Weihnachtszeit
(2014)
Eine aktuelle Karte Mitteleuropas, welche in einheitlicher Farbe die Staaten zeigt, welche Mitglied der EU sind, und eine historische Karte, welche die in den Ersten Weltkrieg verwickelten Länder ebenfalls kenntlich macht, zeigen das gleiche Bild: Mitten drin ein weißer Fleck: die Schweiz. Es wäre nun natürlich eine verfehlte Annahme, dass während den gut vier Kriegsjahren in der Schweiz alles seinen normalen Gang genommen hätte. Sie konnte sich zwar aus der Urkatastrophe des 20. Jahrhunderts heraushalten, aber sie war vom Großen Krieg doch in vielfacher Hinsicht betroffen. Der Beitrag analysiert die Belastungen (inklusive harten Rationierungen und Anbauschlacht) vor denen die Alpenrepublik stand.