943 Geschichte Deutschlands
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Mit der Entstehung des Großherzogtums Baden entstand auch die Evangelische Landeskirche, die mit der Markgrafschaft Baden-Durlach als Kern weitere lutherische Territorien und mit der Kurpfalz ein reformiertes Kirchenwesen einbezog. Sie alle konnten auf unterschiedliche Traditionen zurückblicken, so dass neben vielen anderen Aufgaben die Schaffung einer gesamten evangelischen Kirchengeschichte unumgänglich war, um der neugeschaffenen Landeskirche eine ihr zukommende Beschreibung und auch Legitimierung zu bieten. Bildete Burkhard Gotthelf Struves Kirchengeschichte der Kurpfalz eine zuverlässige Stütze, sah dies für die meisten anderen Territorien und vor allem für die Reichsritterschaft ungleich schlechter aus. Es währte denn auch mehr als vier Jahrzehnte, bis Karl Friedrich Vierordt (1790–1864), Direktor des Karlsruher Lyzeums,
diese Herausforderung annahm und mit seinem auch heute noch beeindruckenden zweibändigen Werk zum Abschluss brachte.
Im Jahr 2017 wurde deutschlandweit das 500-jährige Jubiläum der Reformation gefeiert. Die Junker von Menzingen waren eine der ersten Lehnsherren im Kraichgau, die sich den reformatorischen Ideen Luthers anschlossen. Schon damals hatte Luthers Gedankengut für einen Wandel in der Gesellschaft geführt. Vielerorts brachen Bauernaufstände aus, in denen sich die Aufständischen durch die Bibelübersetzung und Luthers Schrift Von der Freiheit eines Christenmenschen auf göttliches Recht beriefen. Diese Aufstände gingen als Bauernkriege in die Geschichte ein. Ihre Forderungen gegenüber dem Schwäbischen Bund hatten die Aufständischen in Memmingen in den sogenannten 12 Artikeln festgehalten, die sich von dort ausgehend dank der neuen Erfindung des Buchdrucks rasant verbreiteten. Schließlich gelangte dieses Gedankengut auch in den Kraichgau, wo sich die Bauern unter Anton Eisenhut, einem Pfarrer aus Eppingen, zusammenschlossen.
„Staub, nichts als Staub“
(2020)
Am 24. März 1946 stimmten die Bad Rappenauer Gemeinderäte für Fritz Hagner als Gemeindeoberhaupt und wählten den kommissarisch von der amerikanischen Besatzungsmacht eingesetzten Nachkriegsbürgermeister Walter Staubitz ab. Durch die Ernennung des Antifaschisten Walter Staubitz zum Bürgermeister in Bad Rappenau wollten die Amerikaner nach der Hitler-Diktatur die Menschenwürde, das Rechtsstaatsprinzip und gleichberechtigte Mitwirkungsmöglichkeiten für alle Bürger absichern. Unter Achtung dieser Grundsätze entscheidet in einer freiheitlichen Demokratie die Mehrheit der Wähler, welchen Weg die Politik nimmt. Staubitz, der Bad Rappenau demokratisieren wollte, war selbst nicht demokratisch legitimiert und die Mehrheit der Bad Rappenauer unterstützte ihn nicht. Nach seiner Abwahl verabschiedete er sich durch die aus der Nazizeit verbliebenen Ortslautsprecher von der Bevölkerung. In Anspielung auf seine Vorgänger, Philipp Freudenberger (Bürgermeister 1895–1922) und Hermann Hofmann (Bürgermeister 1922–1945) resümierte er: „Freudenberger: die Freude; Hofmann: die Hoffnung; Staubitz: Staub, nichts als Staub“. Als Staubitz ab 1951 als Mitglied der kommunistisch ausgerichteten „Sozialdemokratischen Aktion“ für den Frieden eintrat und gegen die Westbindung der Bundesrepublik protestierte, entfernte er sich noch weiter von der Bevölkerungsmehrheit und wurde aus der SPD ausgeschlossen. Damit nicht genug: Die Generalbundesanwaltschaft warf ihm inmitten der McCarthy-Ära vor, durch einen Umsturz das System der sowjetischen Besatzungszone auf Westdeutschland übertragen zu wollen. Er kam in Untersuchungshaft auf den Hohen Asperg.
Etwa 1050 Jahre nach der Erstnennung des Kraichgaus wandelt ein edler Fund die gesamten
Lebensbedingungen des im Osten gelegenen Ortes Rappenau. In 180 Metern Tiefe wird ein
mächtiges Salzlager entdeckt. Fortan profitiert die östliche Hochfläche von diesem Ereignis.
Vom Leintal herkommend markiert der abrupte Abbruch zum Neckartal, festgemacht an vier
Höhenmerkmalen, das östliche Ende des Kraichgaus.
Neue Heimat Kraichgau
(2019)
Im Dreißigjährigen Krieg erlitt der Kraichgau ungeheure Bevölkerungsverluste. Der sich über Jahrzehnte hinziehende und vom Pfälzischen Erbfolgekrieg nochmals unterbrochene Wiederaufbau gelang nur durch den Zuzug Zigtausender Neusiedler. Die größte Gruppe unter diesen bildeten »Wirtschaftsflüchtlinge« aus der Schweiz, die vom Kriegsgeschehen weitgehend verschont geblieben war. Der Beitrag benennt die Herkunftsgebiete und wichtigsten Berufsstrukturen dieser Eidgenossen, die in zwei großen Auswanderungswellen in den Kraichgau kamen – und dort erstaunlich mobil geblieben sind.
Mit der Annahme der böhmischen Königswürde durch Kurfürst Friedrich V. im Jahr 1619, bekannt
geworden als der Winterkönig, trat die Kurpfalz in den Dunstkreis des Dreißigjährigen Krieges.
Die Kurpfalz, das Bistum Speyer und Kurmainz wurden immer wieder durch Kriegshandlungen
beeinträchtigt. Von großen Schlachten an der unteren Kraich wird nicht berichtet. Es
sind aber Kriegshandlungen wie Durchmärsche von Truppen und Brandschatzungen, die die
Bevölkerung und das Land an der unteren Kraich verelenden ließen.
,,Der Staat bin ich!"
(2011)
In Zeiten klammer öffentlicher Kassen finden sich glücklicherweise immer mehr Menschen, die sich ihres Verstandes ohne Leitung eines anderen bedienen können. Ihnen könnte man unterstellen, dass sie den Ausspruch „Der Staat bin ich!" auf ihre
eigene Weise interpretieren, nämlich: Wenn der Staat seine Aufgaben nur noch unzureichend erfüllen kann, dann ist es meine Aufgabe, für ihn einzuspringen. Wir alle sind der Staat und nicht nur der Herrscher ist der erste Diener des Staates, wie Friedrich der Große es formulierte.
Vom 20. Juni bis zum 19. Juli 2013 zeigte die Sparkasse Kraichgau in ihren Brettener
Kundenräumen die Ausstellung ,,' ... war gar kunstlich gemachet', Spuren der
Kunst um 1500". Bemerkenswert aus der Sicht der Heimatforschung im Kraichgau
war die Tatsache, dass die kunsthistorischen Aussagen dieser Schau sich fast durchgängig
auf konkrete Beispiele aus der Region bezogen und damit in gelungener
Weise eine Brücke zwischen Kunst- und Regionalgeschichte schlugen. So gingen
einzelne Aufsätze des umfangreichen und vielfach bebilderten Ausstellungskatalogs
unter anderem auf kunst- und baugeschichtliche Aspekte des Heidelberger
Schlosses, des Firstständerhauses in Zeutern, des Brettener Simmelturms sowie verschiedener
Kraichgauer Klöster und Pfarrkirchen ein.
Die Weimarer Zeit ist oft ein Stiefkind der Ortsgeschichte. Das mag damit zusammenhängen, dass es Experimente mit „Arbeiter- und Soldatenräten" in kleineren Ortschaften nicht gab und Deutschland damals stärker zentralisiert wurde, als je zuvor. Trotzdem ist auch in der Weimarer Zeit eine Zusammenschau lokaler und überregionaler Ereignisse lohnenswert: Die lokalen Ereignisse werden vor dem Hintergrund größerer Zusammenhänge besser verstehbar und die Ortsgeschichte kann ihrerseits konkretisieren, warum die Weimarer Republik mit Problemen kämpfte. Der vorliegende Beitrag nähert sich der Geschichte Rappenaus und seiner Umgebung in der Weimarer Zeit anhand von zeitgenössischen Presseartikeln. Berücksichtigt wurde vor allem der liberale „Landbote" aus Sinsheim und das SPD-Blatt „Volkszeitung", das in besonderer Weise zeigt, wie die Ortsgeschichte in die große politische Geschichte eingebunden ist. Wegen der damaligen gesellschaftlichen Gegensätze besaßen allerdings auch Katholiken (mit dem „Pfälzer Boten"), Konservative (mit den „Heidelberger Neuesten Nachrichten"), und Nationalsozialisten (mit der „Volksgemeinschaft") eigene nordbadische Regionalzeitungen, die in der Karlsruher Landesbibliothek eingesehen werden können und hier nur vereinzelt zitiert werden.
Aufbruch in eine neue Zeit
(2018)
2017 feierten die evangelischen Kirchen am 31. Oktober den Tag, an dem nach der Überlieferung vor 500 Jahren der Mönch und Doktor der Theologie Martin Luther an der Schlosskirche zu Wittenberg 95 Thesen angeschlagen hat, über das Thema
„Buße". Dieser Tag gilt als die Geburtsstunde der Kirchen der Reformation. Die 500ste Wiederkehr dieses Tages ist über den Raum der Kirche hinaus von so großer Bedeutung, dass er im Jubiläumsjahr ein staatlicher Feiertag war, und dass die Vorbereitungen für dieses Jubiläum schon vor einigen Jahren begonnen hatten.