943 Geschichte Deutschlands
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Ich möchte im Folgenden drei ausgewählte Ergebnisse meines Buches „Möge Gott unserer Kirche helfen!“ Theologiepolitik, ,Kirchenkampf’ und Auseinandersetzung mit dem NS-Regime: Die Evang. Landeskirche Badens, 1933–45 (Stuttgart 2015)
zur Diskussion stellen: Erstens, die Intaktheitsthese, zweitens die Neubewertung der Wiederausgliederung der Landeskirche aus der Reichskirche, drittens die Bedeutung der Stärke des aus der kirchlich-positiven Vereinigung hervorgegangenen Bekenntnismilieus im Kirchenkampf vor und nach Einrichtung der Finanzabteilung 1938. Lassen Sie mich wie schon in meinem Vortrag aus Anlass der Buchvorstellung in der Christuskirche am 18. Oktober letzten Jahres nochmals ausdrücklich zweierlei feststellen: Zum einen etwas zur Motivation. Ich habe mit der Studie keinerlei geschichts- oder erinnerungspolitische Agenda verfolgt, vielmehr ein rein zeitgeschichtliches Interesse. Es handelt sich um Ergebnisse eines DFG-Projekts, das der Kollege Jochen-Christoph Kaiser, Fachbereich Ev. Theologie/Kirchengeschichte der Philipps-
Universität Marburg, und ich als Neuzeit- und Allgemeinhistoriker der Universität Karlsruhe im sogenannten KIT eingeworben und durchgeführt haben. Um hier kein Missverständnis aufkommen zu lassen: Unser Anliegen und Interesse ist es, die kritische Aneignung der NS-Geschichte zu befördern, und zwar durch eine Differenzierung der Bewertung an einem konkreten Beispiel. Dies wird für die Glaubwürdigkeit zeitgeschichtlicher Vermittlung immer wichtiger, weil wir Zeithistoriker mit einiger Sorge beobachten, dass mit wachsendem Abstand zur NS-Zeit eine oft kenntnisarme, rein moralische Ex-post-Betrachtung einem kontextualisierenden Verständnis des nationalsozialistischen Zivilisationsbruchs vor allem bei Jüngeren zunehmend im Weg steht, die darauf mit Indifferenz und Ablehnung reagieren. Der Historiker ist weder ein anklagender Staatsanwalt noch ein verteidigender Advokat oder gar spruchfällender Richter, sondern ein rückwärts gewandter Prophet vorletzter Dinge, der versucht, Menschen in ihrer Zeit zu verstehen.
Die politischen und wirtschaftlichen Ereignisse der Republik Baden in der Zeit der Weimarer Republik
(2016)
Das demokratische Land Baden zwischen den zwei Weltkriegen existierte nicht lange, von 1919–1933. In dieser Zeit erlebte Baden mehr Tiefen als Höhen. Die Tiefen waren die schlechte Nachkriegsentwicklung seit 1918, das Krisenjahr 1923, die Weltwirtschaftskrise von 1929 und
die sich anschließende Auflösung der badischen Demokratie ab 1933. Die erstarkte Konjunktur seit 1924 war ein Höhepunkt in der Entwicklung Badens nach dem Ersten Weltkrieg, als die Zahl der verschiedenen Industriegebiete zu- und die Arbeitslosigkeit abnahm. Nach dem
Zweiten Weltkrieg ist das Land Baden nach anfänglichen Schwierigkeiten, ob es sich mit Württemberg zu einem Bundesland zusammenschließen sollte, mit Württemberg vereinigt ein wirtschaftlich starkes und zuverlässiges demokratisches Bundesland in der Bundesrepublik Deutschland geworden.
Dass Baden heute noch ein Bollwerk der Demokratie und Republik ist und, dass die deutsche und die badische Republik in Baden fest verankert ist – sah der Vorsitzende der SPD-Landtagsfraktion Ludwig Marum im Sommer 1924 als eines der zentralen Verdienste der Weimarer Koalition in Karlsruhe an. Im November 1925 resümierte sein Stellvertreter, Leopold Rückert, die gemeinsame Arbeit von Zentrum und Sozialdemokratie in der badischen Regierung mit den Worten: Wir wollen diese Politik fortsetzen, weil sie eine bewährte ist. Die stabile Politik der Weimarer Koalition, so die Überzeugung Rückerts, habe
das Land vor bürgerkriegsartigen Ereignissen wie in anderen Ländern bewahrt: Ich darf daran erinnern, dass die nationalistische Welle an der Schwelle unseres Landes Halt gemacht hat. Wir dürfen heute mit besonderer Genugtuung daran erinnern, dass wir Zustände wie in Bayern niemals gehabt haben und, wie ich hoffe, niemals bekommen werden. Zustände aber, wie wir sie in Hamburg, wie wir sie im Westen unseres Landes, wie wir sie in Mitteldeutschland, in den letzten Jahren beobachtet haben, haben wir in unserem Lande ebenfalls nicht zu verzeichnen gehabt. Ähnlich positiv wie Rückert bewertet selbst im
Jahr 1932 noch der damalige Vorsitzende der Badischen Zentrumspartei, Ernst Föhr, die gemeinsame Zusammenarbeit. Obwohl sich die Koalition inzwischen über die Frage des Badischen Konkordats entzweit hatte, musste Föhr betonen, dass man in 14 Jahren gemeinsam viel fruchtbare Arbeit geleistet habe und man das Land vor Erschütterungen, die andernorts längst eingetreten seien, bewahrt habe.