943 Geschichte Deutschlands
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»… und ruht in Gottes Hand«
(2021)
Die Union der lutherischen und reformierten Kirche in Baden ist von der Geschichte des entstehenden Großherzogtums nicht zu trennen. Möglich wurde die Union durch die Auflösung des konfessionellen Kirchentums. Sinnvoll wurde sie als Bündelung der protestantischen Kräfte in einer mehrheitlich katholischen Bevölkerung und zur Konsolidierung der als Staatsanstalt begriffenen Kirche. In kirchlicher Sicht ging es um zwei Errungenschaften: die Bildung einer vereinigten Kirche aus dem Geist der freien Schriftforschung und einer für die Kirchengemeinschaft tragfähigen konsensualen Lehre im Abendmahl. Nicht vollendet war die Union für die, denen zur freien Kirche auch die Freiheit einer selbständigen Kirche gehörte, die in der verfassungsmäßigen Gestalt der Generalsynode als Repräsentativorgan zur Geltung kommen sollte. Darin liegt die geschichtliche Dynamik der der Unionskirche im 19. Jahrhundert.
Eine der wesentlichen Erkenntnisse der Kirchenkampfforschung von vor bereits 30 Jahren ist gewesen, dass eine Darstellung des Kirchenkampfes nicht 1932 oder 1933 einsetzen kann, sondern schon und insbesondere die Vorgeschichte: die Geschichte der Weimarer Republik, zu betrachten ist. Hier, in einer vor allem theologiegeschichtlichen Betrachtung, bedeutet das die Frage der allgemeinen Umbrüche 1918/19 zu konzentrieren auf die spezielle Frage nach theologischen Einstellungen, Prägungen und Mentalitäten. Genauer betrachtet stellt sich hier umgehend ein Problem: nämlich ob die Prägung der Akteure als genus subjectivus oder objectivus zu verstehen sei. Will sagen: Geht es um die Frage, wer in der Weimarer Republik die Theologie geprägt hat, vor allem im Umkreis der Universität Heidelberg, oder geht es um die Frage, wer im kirchlichen Dienst der badischen Landeskirche mit welcher theologischen Prägung agierte? Oder geht es um die Frage, ob und wieweit bei den nun strukturell transformierten Akteuren, nämlich den Kirchenparteien, theologische Strömungen zu erkennen sind, die explizit oder implizit auf theologischen Prägungen beruhen? Mit den Fragen sind erste und vorläufige Antworten schon vorbereitet. In aller Vorläufigkeit – auch hier machen sich schmerzlich Forschungsdesiderate bemerkbar – sind heute alle drei Aspekte zu würdigen. Ich betone die Vorläufigkeit der hier vorgetragenen Beobachtungen.
Im Jahre 1913 – also noch zu Zeiten der formalen Geltung des landesherrlichen Kirchenregiments in Baden – definierte die RGG (in erster Aufl.) den Begriff „als ein(en) wenig glücklich(en) Ausdruck für die Sonderstellung, die in den deutschen ev. Landeskirchen der Landesherr als Kirchenglied einnimmt. Als Summepiscopus (= Erster oder Oberbischof) ist der Landesherr Träger des *Kirchenregiments […]; über die Ableitung dieses Rechtes vgl. *Episcopalismus […], *Territorialismus, *Kollegialismus. Ueber die Bedeutung und den Wert dieser Stellung des Landesherrn vgl. *Landesherrliches Kirchenregiment […]“ Damit sind bereits zwei Erkenntnisse gewonnen: erstens geht es um die kirchenverfassungsmäßige Sonderstellung des Fürsten in der evangelischen Kirche; und zweitens ist der diese bezeichnende Begriff als „wenig glücklich“. Zwar verrät der
Verfasser (Förster) nicht, warum die Begrifflichkeit ihn unglücklich stimmt, aber vielleicht nahmen wir eben schon beim Hören an seinem Unglück Anteil, wenn wir den ganzen Verweiskatalog auf die staatskirchenrechtlichen Begriffe zur Kenntnis
nahmen, die manchen unter uns im Laufe des zweiten theologischen Examens zum ersten und vielfach auch letzten Mal im Fach Kirchenrecht vor Augen getreten sind. Wie war das noch mit Episkopalismus, Territorialismus und Kollegialismus?
Nun möchte ich Ihnen sogleich diese Sorge nehmen, dass wir in diesem Kurzvortrag den Begriffskatalog abarbeiten könnten. Dazu fehlt uns die Zeit und es soll ja um die badischen Verhältnisse gehen. Zugleich muss uns klar sein, dass Begriff und
Wesen des Summepiskopates nicht isoliert zu entwickeln sind, sondern historische Voraussetzungen und Niederschläge kennen, die anhand ausgewählter Stationen der badischen Kirchengeschichte beschrieben werden sollen.